Archiv des Autor: Franz-Karl

Die Rietburg

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Namensgeber der Burg oberhalb des Dorfes Rhodt sind die Herren von Riet. Das pfälzische Geschlecht stammte aus der Gegend zwischen Germersheim und Speyer. Sie waren erst

Lehnsleute der Benediktinerabtei Weissenburg. Erstmals taucht Konrad von Riet in einer Schenkungsurkunde auf. Es ist eine auf 1150 datierte und von Bischof Rapodo von Speyer in

Würzburg ausgestellte Urkunde. Dabei geht es um eine Schenkung des Bischofs und seiner Brüder Hartmann und Otto für das Kloster Eußerthal. Als Zeuge wird ein Konrad von Riet genannt.

Dieser tritt selbst als Schenkender auf und zwar schenkt er seine Güter in Offenbach dem Kloster Hördt. 1195 bestätigt Heinrich VI. diese Schenkung, als er das Kloster in seinen Schutz nimmt.

“Heinrich VI. “nimmt das Stift Hördt (ecclesiam in Herde) mit allen Besitzungen und allen Personen in seinen Schutz, wie es schon sein verstorbener Vater, Kaiser Friedrich, getan habe, und verbietet, das Stift in seinen Besitzungen zu belästigen, namentlich in denen zu Offenbach und Altheim, die Konrad von Riet dem Stift übertragen habe (in Offenbach et Altheim, que allodia Cůnradus de Riet eidem ecclesie contulit). “ (Heinrich VI. – RI IV,3 n. 473 vom 25. September 1195, in Kaiserslautern

ausgestellt). Konrad hatte mit seiner Gattin Adelheid 6 Söhne nämlich  Konrad, Hermann, Bertold, Heinrich, Friederich und Eberhart. Der älteste Konrad baute zwischen  1200 und 1204 die Rietburg. In der Urkunde, die Philipp am

29. April 21200 in Spigelberg ausstellt, bestätigt er fast gleichlautend die Urkunde, die Heinrich VI. ausgestellt hatte (RI V,1,1 n. 47). Konrad, der hier als Zeuge auftritt, nennt sich in der Urkunde noch von Ried.

In einer Urkunde des Speyrer Bischofs Conrad III.  wird er aber “von Riethberg” genannt. Man kann also annehmen, dass dort jetzt eine Burg steht. Aus den Lehensleuten des Kloster Weissenburg waren nun Lehensleute und Ministeriale

der Staufer geworden. Als Konrad II. starb, übernahm sein Vetter Hermann die Herrschaft über die Burg. Die Staufertreue der Herren von Riet brachte sie aber letztlich um Burg und Herrschaft. 1245 hatte Papst Innozenz IV. den Staufer

Friedrich II. für abgesetzt erklärt. Die deutschen Fürsten hielten aber bis auf wenige geistliche Fürsten zum Kaiser. Unter Führung der Erzbischöfe von Mainz und Köln wählten diese den Thüringer Landgrafen Heinrich Raspe zum Gegenkönig.

Er ließ 1247 Reutlingen und Ulm belagern, wurde bei einem Scharmützel verletzt und zog sich auf die Wartburg zurück. Dort starb am 16. Februar 1247. Die antistaufische Opposition gab aber noch nicht klein bei. Sie wählte nun Wilhelm von Holland zum Gegenkönig.

Wilhelm  und seine Gemahlin Elisabeth von Braunschweig, eine Welfin, waren 1255 auf einer Fürstenversammlung. In Begleitung  des Reichstatthalters Graf Adolf von Waldeck und ihrer Hofdamen  reiste Elisabeth im November von Worms auf den Trifels. Hermann von Riet lauerte ihr und der Reisegesellschaft in Edesheim auf, nahm sie gefangen und brachte sie auf die Rietburg.  Aber regionale Fürsten und Städte zwangen Hermann seine Gefangene freizugeben. Er selbst blieb am Leben, die Burg wurde möglicherweise 1255 zerstört.1256 wurde sie Reichsburg.  Zusammen mit seiner Gemahlin Christina von Strahlenberg und seinen 3 Schwestern, Jutta von Magenheim, Elisabeth von Steinach und Susanna, Gemahlin Rudolphs von Batzendorf verkauft er den noch verbliebenen Rietburgschen Besitz um 700 Pfund Heller. Was weiter aus Hermann von Riet geworden ist, ist nicht bekannt.

Die Gefangennahme Elisabeths liest sich den Regesten zu Wilhelm  so :”Befreiung der königin aus der gefangenschaft der Hermann von Rietberg. Dieser überfiel die königin, welche sich nach der abreise des königs mit graf Adolf von Waldeck nach Trifels begab, bei Edesheim (zwei stunden nördlich von Landau), beraubte sie ihrer kleinode, und führte sie gefangen auf seine nordwestlich von Edesheim gelegene burg Rietberg. Indessen wurden sie am 4 dec. wieder befreit, nachdem Ludwig herzog von Baiern, Friedrich graf von Leiningen, die Raugrafen, Philipp von Hohenfels, Philipp von Falkenstein und Werner von Bolanden mit den bürgern von Worms Oppenheim und Mainz vor die burg gezogen waren und den Hermann von Rietberg zur unbedingten übergabe genöthigt hatten. “

(Wilhelm – RI V,1,2 n. 5285a vom 4. Dezember 1255)

Rudolf von Habsburg übergibt die Burg an Otto III. von Ochsenstein. Rudolfs Schwester Kunigunde war in zweiter Ehe mit Otto verheiratet. Rudolf hatte seinen Verwandten zum Landvogt vom Elsass und Breisgau  ernannt.

Otto III. Tochter, Agnes  heiratet den Grafen Joffried von Leiningen . Dadurch kam die Rietburg wohl an Leiningen. Joffrieds Vater hatte diese zusammen mit den Orten Weiher, Fischlingen und
Schifferstadt an das Bistum Speyer verkauft. Wann genau das geschehen ist, lässt sich nicht sagen, aber 1325 befand sich dort der bischöfliche Burggraf Johannes. 1330 war Walram in Speyer Bischof. Wegen der finanziellen Schieflage des Bistums

verpfändete er in diesem Jahr die Burg und die Dörfer Weyher und St. Martin an die Witwe seines Neffen  und deren Kinder, des verstorbenen Grafen Friedrichs von Veldenz um dreitausend Pfund Heller. Die Witwe verpflichtete sich aber, in einer

am selben Tag ausgestellten Urkunde, diese für dieselbe Summe wieder an den Bischof oder dessen Nachfolger auszulösen.Das schaffte dann aber erst sein Nachfolger, Bischof Gerhard. Er hatte dafür einen Teil des Ertrages des Bienwalds an Ritter

Eberhard von Kageneck versetzt. Es reichte nicht ganz. Er mußte noch zusätzlich Geld vom Propst Peter von der Mur zu Wimpfen aufnehmen. 1349 war die fürs Hochstift wichtige Burg wieder im Besitz des Hochstifts. Allerdings konnte der Bischof

die Finanznot des Bistums nicht dauerhaft   lindern und so musste er weiter schauen, wie er zu Geld kam. Damit die Burg Rietburg nicht in fremde Hände kam, verkaufte er sie zusammen mit Weyher und St. Martin für 3000 Pfund Heller an das eigene Domkapitel mit dem Recht, diese für dieselbe Summe wieder zu kaufen. Erzbischof Gerlach von Mainz segnete 1366 diesen Handel ab. Die Zeiten blieben aber schlecht.  1349 wütete die Pest in Speyer, was unter anderem ein Pogrom gegen die Juden in der Stadt zur Folge hatte. Güter konnten nicht bestellt werden. Die Rietburg war in ziemlich schlechtem Zustand. Gebäude, Gräben und Mauern

hätten eigentlich renoviert werden müssen. Zwar hatte Kaiser Karl IV. am 19. April 1366 dem Bischof Lambrecht von Speyer alle Rechte und Besitzungen, die in einer umfassenden Urkunde aufgeführt sind bestätigt (Karl IV. – RI VIII n. 4298)

Lambrecht war enger Berater Kaiser Karls.

Das änderte aber nichts an dem Reparaturbedarf der Burg. Aber auch das Domkapitel hatte wegen ”wersals und kriege” nicht das dazu nötige Geld. Im Dezember 1373 besiegelte Bischof Adolf von Nassau seinem Domkapitel die Erlaubnis zum

Verkauf der Rietburg und der der Dörfer Weyher und St. Martin für 3800 Gulden an den “ehrsamen und frommen Ritter” Arnold von Engassen mit dem Vorbehalt des Rückkaufs für diese Summe. Der Ritter musste

sich verpflichten, 400 Gulden für die Ausbesserung der Burg einzusetzen, mit dem Recht, diese bei Rückkauf auf die Kaufsumme aufzuschlagen. Es wurde außerdem vereinbart, dass Arnold und seine Nachkommen stets Mannen des Stiftskapitels

sein müssen.

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Inzwischen war Nikolaus Bischof von Speyer geworden. Dem neuen Speyrer Oberhirten fehlte das nötige Geld, die verpfändeten Burgen des Hochstifts einzulösen. Er genehmigte aber den Ankauf eines Drittels des Anteils an der Rietburg an Hans

Contzmann, den Vogt von Pforzheim. Er verwendete auch viel Geld, um die Speyrischen Burgen, darunter die Rietburg wieder auszubessern. Kurz danach konnte er auch die Verpfändung der Rietburg einlösen und so kam sie wieder ganz an das Hochstift.

Allerdings musste sein Nachfolger Raban die Burg wieder verpfänden und zwar an Graf Friedrich von Zweibrücken-Bitsch. Bis 1434 hatte Bischof Raban die Pfandsumme bei den Grafen von Zweibrücken-Bitsch abgelöst und nun setzte er seinen

Neffen Hanns von Helmstatt als Burgvogt ein. Bischof Reinhard, der Nachfolger  aus der Familie von Helmstatt war der Sohn des Amtmanns Hanns von Helmstatt. Er setzte Simon von Zeiskam als Burgvogt auf der Rietburg ein.

In den Jahren um 1460 war es zu zahlreichen Fehden zwischen dem Kurfürsten Friedrich I. von der Pfalz und Herzog Ludwig von Pfalz-Zweibrücken gekommen. Die Pfalz hatte die Grafschaft Veldenz an Ludwig zu Lehen gegeben, war aber mit der

Vererbung in weiblicher Linie nicht einverstanden, war Ludwig in einen prinzipiellen Gegensatz zu seinem Vetter, dem Kurfürsten geraten, der auch in militärische Auseinandersetzungen ausgetragen wurden.

Auch die Rietburg wurde davon betroffen. Deer Speyrer Bischof war mit dem Kurfürsten verbündet. Auf der Gegenseite standen die Grafen von Leiningen. Die Haufen des Grafen von Leiningen nahmen die Burg ein. Zu dieser Zeit waren viele Vorräte und auch Geld auf der Burg. Bewohner der bischöflichen Dörfer zogen vor die Burg. Man einigte sich mit den Leiningern auf Abzug.Diese ließen die Burg leer und geplündert zurück.

Den Bauernkrieg von 1525 hatte die Burg unbeschadet überstanden.

Albrecht II. Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach war der Markgraf, der es auf kirchliche Güter abgesehen hatte auch in das Gebiet des Hochstift Speyer eingefallen und dort viele Orte gebrandschatzt. Er hatte auch die Rietburg besetzt. Auf die Kunde

vom Anrücken des Heeres von Karl V. zog er dann allerdings ab, ohne weiteren Schaden anzurichten.

Im Dreißigjährigen Krieg aber kam das Ende für die Burg. Sie wurde zerstört. In einem amtlichen Bericht von 1681 wird sie als Ruine genannt.

1822 kaufte Rhodt den Burgberg mitsamt der Ruine.

1931 errichte der Pfälzer Waldverein in den Ruinen eine Hütte.

1954 wurde der Sessellift erbaut. Die Talstation ist oberhalb der Villa Ludwigshöhe. Das ist das Schloss, das der bayrische König Ludwig I. von 1846-1852 errichten ließ.

Unbenannt

12 Aug. 2014

Reichsburg Trifels

Unbenannt

Die Burg ist eine der populärsten Burgen der Pfalz, was mit ihrer wichtigen Rolle in der Zeit der Salier und Staufer zusammenhängt. Erstmals urkundlich wird 1081 und so sie für uns greifbar Ein Diemar von Trifels

wird 1081. genannt.Allerdings gibt es Funde aus der Kelten-und der Römerzeit, die belegen, dass es auf dem Sonneberg über dem heutigen Annweiler schon Wehranlagen gegeben hat. 1937 wurde ja intensiv

am Trifels gegraben und dabei wurden Reste einer hölzernen Burganlage entdeckt, die aus dem 10. Jahrhundert stammen, also schon in die Zeit der Sachsenkaiser zurückgehen.

Diemar von Trifels stammt aus der Familie der Reginbodonen, einem mittelrheinisch-fränkischen Adelsgeschlecht. Er war wahrscheinlich mit Adelheid,einer Schwester des Speyrer Bischofs Johann (1063-1104)

verheiratet.Ihre Mutter Azela war nach den Speyrer Annalen eine Schwester Kaiser Heinrichs IV. Diese Eheschließung brachte ihn auch in den Besitz der Burg Trifels. Dieser Diemar gehörte der Opposition gegen

Heinrich IV. an. Er übergab sein Erbgut an seine Neffen mit der Maßgabe, es an Kloster Hirsau weiterzureichen. Mit den Schenkungen an die Hirsauer Mönche, die damals gerade ihre Tochtergründung Reichenbach in der Nähe gründeten, wurde das einfacher.

So erscheint Diemar auch im Schenkungsbuch des Klosters, das zwischen 1099 und 1105 und ein zweites das 1145-1153 verfasst wurde. Dort wird der Trifels erstmals erwähnt und zwar im Jahre 1081. Als Besitzer wird Diemar genannt,

der sich schon nach dem Trifels nannte. Das Schenkungsbuch vermerkt auch, dass dieser Diemar in Hirsau ins Kloster eintrat. Die Burg hat er, wie das Schenkungsbuch berichtet, dem König übergeben. Das war allerdings Heinrichs Gegenkönig

Hermann von Salm (um 1035-1088). Die Sachsen und Schwaben haben ihn 1081 in Ochsenfurt als Gegenkönig zu Heinrich gewählt, während dieser in Italien weilte.

Die Schenkung wird auch im Hirsauer Codex angeführt: “Diemar von Trifels [gab] 12 Hufen und einen Weingarten und eine Mühle in Obernkeim und zehn Hufen und eine halbe Mühle in Zuzenhausen und drei Hufen in [Neckar-] Katzenbach mit dem ganzen Recht und Eigentum unter der Bedingung, dass dies den Brüdern des heiligen Gregor zugestanden wird [n.1082]”

Der Nachfolger von Bischof Johann, Bruno von Saarbrücken (1107-1123) gab Ansprüche auf den Trifels und die Madenburg an seinen Bruder Adalbert I. weiter, der Erzbischof in Mainz war. Kaiser Heinrich V. hatte diesen 1112 gefangen genommen und von ihm

die Herausgabe des Trifels erzwungen, der sich also in seinem Besitz befunden haben muss. Er war zunächst entschiedener Parteigänger des Königs. Er hatte ihn auch in seinem Kampf gegen seinen Vater Heinrich IV. unterstützt.

Heinrich V. hatte ihn 1110 zum Erzbischof von Mainz ernannt und war bis 1112 auch sein Kanzler. Dann  allerdings kam es zu Bruch, wohl auch weil er zu eigenständige Territorialpolitik in seinem Bistum verfolgte. Vor allem aber ging es

um Besitzrechte und zwar auf der Madenburg und dem Trifels. Er setzte ihn auf dem Trifels fest. Die Gründe erschienen schon den Zeitgenossen fadenscheinig. Ihm wurde Hochmut, charakterliche Verkommenheit

aber auch eine Verschwörung vorgeworfen. Allerdings vermerkt der Chronist Ekkehard von Aura “quod vix quisquam crederet” (was kaum jemand glauben wollte). Er wurde 1113 kurz freigelassen, aber nur, um den Trifels zurückzugeben.

Das geschah an Ostern 1113, als Heinrich V. in Worms war. In Urkunden aus der Zeit von 1113 bis 1116 treten ein Konrad, Werner und Heinrich  “von Trifels” als Zeugen auf.Wahrscheinlich waren sie von Heinrich auch mit der Burgverwaltung betraut

worden. Der Kaiser nutzte die Burg zu mehreren Zwecken. Sie war Gefängnis. Bischof Adalbert war ja dort inhaftiert, bis er die Burg übergab. Von 1113-1115 war Wiprecht von Groitzsch auf dem Trifels gefangen. Er hatte an der Seite Heinrichs IV.gekämpft,

war auch Gefolgsmann des Sohnes. Als er aber ein Bündnis mit dem Landgrafen Ludwig von Thüringen und Graf Siegfried von Orlamünde gegen Heinrich geschlossen hatte, wurde er 1113  bei Warnstedt unter der Führung Hoyers von Mansfeld geschlagen.

Über Wiprecht wurde die Todesstrafe verhängt, dies dann allerdings gegen Einziehung seiner Güter wieder aufgehoben. Er wurde dann auf dem Trifels inhaftiert.

Kurz vor seinem Tod in Utrecht am 23. Mai 1125 übergab Heinrich  die Reichsinsignien seinem Gefolgsmann Friedrich von Schwaben. Dieser verbrachte sie auf den Trifels, wo sie bis 1298 dreimal verwahrt wurden.

220px-Reichskleinodien

Seine Hochzeit erlebte der Trifels in der Stauferzeit. Man liest zwar öfter, der Trifels sei die Lieblingsburg Kaiser Friedrich I. Gemessen an der Zahl seiner Aufenthalte scheint das nicht zu untermauern zu sein. Er war nur zweimal auf dem Trifels.

Auch gibt es nur zwei Urkunden, die auf dem Trifels ausgestellt worden sind, eine am 11.12. 1155. Sie betrifft das Augustinerchorherrenstift  Hördt. Die andere ist 2.8. 1174 ausgestellt und  dort wird den Bürgern Zollfreiheit gewährt.

Am 11,11.1186 stellte Friedrich das Kloster Eußerthal, das 1148 gegründet worden war, unter den Schutz des Reiches. Das ist im Zusammenhang mit dem Trifels interessant, da die Mönche als Burgkaplan auf dem Trifels tätig waren und während der

Aufbewahrungszeit der Reichskleinodien auf dem Trifels, diese auch zu bewachen hatten. Unter seine Sohn Heinrich rückte die Burg ins Zentrum des politischen Geschehens. Er suchte die Burg öfters auf. Auch er stellte Urkunden auf dem Trifels aus.

So nahm auch er das Kloster Eußerthal  mit der Urkunde vom 12. Mai 1194 in seinen Schutz und den Abt Wichmann, wobei die besondere Frömmigkeit dieses Abtes gerühmt wir. Auch unter Heinrich gab es Gefangene. Da war einmal

der berüchtigte normannische Seeräuber Margeritos von Brindisi, der im Dienste von Wilhelm II. von Sizilien stand. Bei der Belagerung von Palermo wurde er gefangen genommen und geblendet.Mit ihm kam auch ein naher Verwandter seiner Frau,

ein Graf Richard in Haft. Er wurde ebenfalls geblendet. Beide waren bis zu ihrem Lebensende auf dem Trifels eingekerkert.  Der prominenteste Häftling war aber sicher Richard Löwenherz. Der 3. Kreuzzug endete nicht nur für Friedrich Barbarossa

unglücklich, der ja 1190 im Fluss Saleph ertrunken war. Richard hatte sich bei Akkon mit Leopold von Österreich, der nun die deutschen Kreuzfahrer anführte, überworfen. Auch anderen Kreuzzugteilnehmern gegenüber hatte er sich recht undiplomatisch verhalten,

so gegen den französischen König Philipp II. Er handelte einen Waffenstillstand mit Saladin aus. Philipp war nach der Schlacht von Akkon schon nach Frankreich zurückgekehrt. Dort hatte er mit Richards Bruder Johann Ohneland, der England während Richards

Kreuzzug England verwaltete, einen Vertrag abgeschlossen. Dieser gab dem französischen König einen Teil der englischen Besitzungen in Frankreich. Im Gegenzug sicherte er Johann für die restlichen Gebiete Verwaltungshoheit zu.

Auf diese Nachrichten aus der Heimat  hin, brach Richard den Kreuzzug ab. Auf der Fahrt übers Mittelmeer erfuhr Richard, dass der französische König alle Häfen sperren lassen hatte. Der Sage nach wurde Richards Schiff von Piraten angegriffen. Sein Schiffskoch und

der Piratenkapitän kannten sich aber. So konnte Richard auf das Piratenschiff umsteigen. Auf der Halbinsel Istrien wurde er zusammen mit einem Begleiter abgesetzt. Er zog nach Kärnten, wurde dort zwar erkannt aber nicht gefasst.

Er wollte weiter nach Bayern zu seinem Verwandten Heinrich dem Löwen. Er entschied sich, nicht über die verschneiten Alpen, sondern über den Semmering nach Bayern zu gelangen. Dazu musste er über Wien. In Erdberg, einem Vorort von Wien,  fiel er wieder auf und

wurde dieses Mal gefasst. Er wurde Leopold vorgeführt und dann nach Dürnstein gebracht. Dort wurde er längere Zeit festgehalten. Inzwischen hatte Leopold Heinrich VI. über seinen Fang informiert. Dieser hatte mit dem französischen König

vereinbart gehabt, Richard gefangen zu nehmen.

Heinrich und Leopold schlossen nun einen Vertrag, dass Richard erst nach Zahlung einer stattlichen Lösegeldsumme frei kam. Richard sollte nämlich 100.000 “Kölner Mark” zahlen. Das entspricht 23 Tonnen Silber!

Das führte dazu, dass bis heute keine größeren Gegenstände aus Silber aus dieser Zeit in England vorhanden sind.

Außerdem sollte Richard Waffenhilfe für einen Feldzug Heinrichs nach Sizilien leisten. Es wurden noch einige Heiratsvereinbarungen getroffen. Richard sollte sich beim Papst, dafür einsetzen, dass Leopold nicht exkommuniziert wurde.

Einen Mann gefangen zu nehmen, der das Kreuz genommen hatte, noch dazu einen, der als Kreuzzugsheld galt, war ein schwerer Verstoß gegen den Kreuzzugsgedanken.

Leopold erklärte sich nun bereit, Richard gegen einen Anteil des Lösegelds nach Deutschland auszuliefern. Auf dem Reichstag von Speyer im März 1193 wurde Richard übergeben und danach auf dem Trifels in Gefangenschaft gebracht.

Richard wurde natürlich in allen Ehren behandelt. Er schmachtete keineswegs bei Wasser und Brot. Er konnte sich, zwar unter Bewachung frei bewegen, sogar Besucher und Abordnungen empfangen und Verhandlungen führen.

König Philipp von Frankreich und Richards Bruder Johann Ohneland wollten eine Freilassung natürlich verhindern. Das versetzte Heinrich in eine sehr komfortable Lage, die er rücksichtslos ausnützte. Neben der Fahrt auf dem Piratenschiff ranken sich auch sonst

einige Sagen um den Aufenthalts Richards auf dem Trifels. Die bekannteste ist die von dem Minnesänger Blondel. Er reiste auf der Suche nach seinem König von Burg zu Burg und sang dort immer ein Lied, das nur Richard bekannt war.

Auf dem Trifels erklang nun die Antwort des Königs auf die Erkennungsmelodie. So wusste der Sänger, dass Richard auf dem Trifels ist und konnte befreit werden. Das allerdings ist nicht die historische Realität.

170px-Richard_and_PhilipIm Winter traf dann das Lösegeld ein und Richard Löwenherz wurde zu dem Reichstag nach Mainz eingeladen. Von dort konnte er in Begleitung vieler englischer Adliger das Land verlassen. Zuvor hatte er sein eigenes Land

aus der Hand des Staufers entgegennehmen müssen. Er wurde am 17. April 1194 in Winchester nochmals festlich gekrönt, um keinen Zweifel an der Souveränitat aufkommen zu lassen. Nach seiner nochmaligen Krönung musste Richard seine französischen

Besitzungen verteidigen. Er kam bei Kämpfen bei Limoges 1199 ums Leben. Heinrich aber war auf dem Höhepunkt seiner Macht angelangt. Er konnte nicht zuletzt dank des Lösegelds das Normannenreich erobern. Auch der dabei in die Hände der Staufer gefallene

Normannenschatz wurde auf dem Trifels verwahrt. Auch hochrangige sizilianische Gefangene, darunter Erzbischof Nikolaus von Salerno, kamen auf die Burg.  Nikolaus war Berater von Tankred und Wilhelm II.von Sizilien. Er wurde der Verschwörung gegen Heinrich verdächtigt und kam auf den Trifels. Erst Philipp von Schwaben hatte die sizilianischen Gefangenen 1198 freigelassen. Nikolaus ist dann in der Umgebung des Papstes Innozenz III. (1198 bis 1216) nachzuweisen. Wezel von Berg, ein Reichsministerialer, war zu der Zeit Burgverwalter. Das muss er schon in Barbarossas Zeiten gewesen sein, den er tritt in Urkunden als Zeuge auf, zum Beispiel im
November 1186(RI IV,2,4 n. 3028) und wird dort als Wezel von Berg/Trifels aus der Reihe der Ministerialen aufgeführt.

1206 beherbergte der Trifels einen weiteren prominenten Gefangenen, den Kölner Erzbischof Bruno IV. Der Thronstreit zwischen Philipp und Otto zeigte sich im ganzen Reich. Als der Kölner Erzbischof Adolf I, bisher Parteigänger Ottos, die Seiten

wechselte und zu Philipp überging, wurde er exkommuniziert. Die welfische Partei wählte dann Bruno Graf von Sayn zum Kölner Bischof. Bei der Schlacht von Wessenberg 1206, bei der das welfische Heer vernichtet wurde, fiel er in die Hände Philipps.

Er wurde auf den Trifels verbracht und blieb dort für ein Jahr gefangen. Dann wurde er in Richtung Rom entlassen. Erst nach der Ermordung Philipps konnte er in sein Bistum nach Köln zurückkehren.

Heinrich VI. starb früh, schon im Alter von 32 Jahren 1197 im September 1197 wohl an Malaria. Allerdings ging auch das Gerücht um, seine Frau Konstanze habe ihn vergiften lassen.

Als Philipp 1208 in Bamberg ermordet wurde (siehe dazu auch Blog Andechs) verwaltete der Speyrer Bischof Konrad von Scharfenberg die Reichsinsignien. Er war kurz vor seinem Tod von Philipp zum Reichskanzler ernannt worden.

Er stammte von der Burg Scharfenberg, das ist die Burg, die direkt neben dem Trifels liegt. Das Königtum war zwischen Philipp von Schwaben und seinem Gegenspieler Otto IV. aus der Familie der Welfen  bisher strittig.1198 waren mit Philipp und Otto

zwei Könige gewählt worden. Otto wurde am 12. Juli 1198 in Aachen zum König gekrönt. Die Insignien befanden sich allerdings in der Hand des Staufers Philipp. Zur Krönung hatte sich Otto von niederrheinischen und französischen Goldschmieden

neue anfertigen lassen. Reichsschwert und Reichsapfel sind bis heute erhalten. Nach der Ermordung Philipps wurde der Speyrer Bischof auch von Otto ausdrücklich als Reichskanzler bestätigt.

Daraufhin übergab er die Insignien an Otto, nun König ohne Gegenspieler. Allerdings machte nun auch Friedrich II., “das Kind von Pülle”, der Sohn Kaiser Heinrichs VI. seinen Anspruch geltend. Er war beim Tod seines Vaters erst 2 Jahre alt und kam somit für die Thronfolge natürlich noch nicht in Frage. 1211 hatte das Reich wieder zwei Herrscher, denn die Erzbischöfe von Mainz und Magdeburg, Siegfried und Albrecht, Landgraf Ludwig von Thüringen und der böhmische König Ottokar wählten ihm zum “anderen König”.

Von Italien aus begab sich Friedrich nach Deutschland. Am Bodensee konnte Friedrich mit Konstanz eine bedeutende Stadt im Südwesten gewinnen, nur weil er ein bisschen früher in Konstanz war und dort durch Bischof Konrad eingelassen wurde.

Bei Bouvines erlitt Otto eine vernichtende Niederlage als er zur Unterstützung seines englischen Bündnispartners Johann Ohneland mit seinem Heer nach Frankreich aufgebrochen war. Damit war die Partie für Friedrich entschieden.

1215 befand sich der Trifels in der Hand Friedrichs. Er maß der Burg und der Stadt, die sich unterhalb des Trifels befand, Annweiler große Bedeutung zu. 1219 erhob Friedrich II. Annweiler zur freien Reichsstadt. Es ist damit zweitälteste Stadt der Pfalz.

Außerdem verlieh er seiner neuen Stadt das Münzrecht. Zunächst hatten nur Bischofskirche und Abteien das Münzrecht. Annweiler war die erste Stadt überhaupt, die das Münzrecht erhielt. Der Ertrag aus dem Münzrecht sollte ausdrücklich für

den baulichen Unterhalt des Trifels verwendet werden. Es wurden dann auch wirklich umfassende Baumaßnahmen durchgeführt. Der 12111 geborene Sohn Friedrichs Heinrich war 1220, also mit 9, zum römisch-deutschen König gewählt worden.

Die Reichsverweserschaft übernahm der Kölner Erzbischof Engelbert von Köln. Als dieser 1225 starb, übernahm Ludwig der Bayer dieses Amt. 1228 wechselte er aber auf die Seite des Papstes. Nun übernahm Heinrich selbst die Regierung.

1232 kam es aber auch zum Bruch mit dem Vater. 1235 verweigerte Heinrich dem Vater die Herausgabe des Trifels und damit auch der Reichsinsignien. Im Swiggerstal schlug Friedrich seinen Sohn. Er musste sich in Wimpfen unterwerfen.

Er setzte mit Konrad von Osternohe einen Parteigänger als Burgverwalter auf dem Trifels ein. Er war ein Deutschordensritter und verwalte wohl auch das Amt Trifels mit. Laut Reichssteuerverzeichnis von 1241 war das Amt eines der ergiebigsten

Besitztümer des Reiches. Auf ihn folgte 1242 der Reichsministeriale Konrad Kropf von Flüglingen, der Konradin nach Italien begleitet hatte und in der Schlacht bei Tagliacozzo mit ihm als sein Marschall in Gefangenschaft geriet und dann in Neapel hingerichtet wurde. 1246 war Reichstruchsess Philipp I. von Falkenstein Burgverwalter. Dieser stammte aus der Familie von Bonlanden. Verwalter der Reichsinsignien auf dem Trifels war mit Unterbrechungen bis 1259. Konrad IV., der einzige Sohn Friedrichs aus der Ehe mit

dessen zweiter Ehefrau Isabella von Brienne war von 1235-1254 Herzog von Schwaben. 1237 war er als 8-Jähriger zum römisch-deutschen König gewählt worden.

In einer am 17. September 1246 auf dem Trifels ausgestellten Urkunde bestätigte König Konrad IV.  “dass Isengard, die hausfrau seines truchsessen Philipp von Falkenstein, ihm geantwortet habe die burg Trivels und die kaiserlichen zeichen, mit namen unsers herrn holz mit einem goldnen kreutz, St. Johann baptisten zahn, St. Mauricien speer, unsers herrn nagel, das kreuz mit der ketten und dem heiligthum, die goldene krone mit goldenem kreuze, zwei schwerter mit zwei scheiden, den goldenen fingerring mit dem rubin und vier saphiren, den goldnen apfel mit einem kreutz, den kaiserlichen mantel, drei goldne sporn, eine albe von weissem sammt, zwei scharlachene hosen und zwei schuhe mit steinen geziert, und andere angegebene gegenstände” übergeben hat.

Der Ministeriale Wilhelm von Wimpfen wird 1251 von Konrad zum Burggrafen vom Trifels ernannt und in einer Urkunde vom 19. September 1253, die Bischof Hermann von Würzburg ausstellt (WUB Band V., Nr. 1269, Seite 33-34) wird Wilhelm als Hüter der Reichsinsignien in Trifels bezeichnet.

Auch nach dem Tod Konrads 1254 waren die Reichsinsignien auf dem Trifels.  König Wilhelm von Holland “schreibt dem abt von Egmond seinem vicecanzler, dass als er kürzlich nach Oberdeutschland kam, er dort eine ihm sehr günstige stimmung gefunden habe, dass alle über seinen anblick sich freuen wie eine mutter sich freut über den ihres todt geglaubten sohnes, dass die burg Trifels mit den kaiserlichen zierden, den reichsheiligthümern, der lanze und der krone nunmehr in seinem besitze sei. “

(Regestae Imperii Wilhelm – RI V,1,2 n. 5239 )inzwischen war wieder Philipp I. von Falkenstein Burgverwalter. Nachdem Wilhelm von Holland 1256 in einer Schlacht fiel, gab es wieder eine Doppelwahl. Der Burgverwalter übergab die Insignien an

Richard von Cornwall. Er wurde dann wieder mit der Bewachung der Insignien betraut. Dieses Amt ging an seinen Sohn Philipp II. über. 1273 endete die Amtszeit der Falkensteiner. Auf ihn folgte Reinhard von Hohenecken. Reinhard übergab dem

neugewählten König Rudolf von Habsburg nach dessen Wahl Burg Trifels und die Reichsinsignien. Nun verlor die Burg ziemlich schnell die Bedeutung, die sie während der Stauferzeit gehabt hatte. König Rudolf ließ die Insignien auf Burg Kyburg in der Schweiz bringen, die sich in seinem Besitz befand. Dort wurden die Insignien von 1273-1325 verwahrt. Albrecht von Habsburg, der nach der kurzen Königszeit von Adolf von Nassau auf den Thron kam, ließ 1298 auch den Reichsschatz abtransportieren.

König Rudolf hatte die Burg nach wie vor von einem Burggrafen verwalten lassen. Er machte sie aber auch zu dem Sitz eines hohen Beamten, des Landvogts im Speyergau. Der erste Landvogt unter Rudolf war Graf Friedrich IV. von Leiningen.

Vom  28. Februar 1309 gibt es folgende in Speyer ausgestellte Urkunde: “König Heinrich teilt dem Adligen Raugraf Georg, seinem Getreuen (nobili viri Georgio co­mi­ti Irsuto fideli suo dilecto), mit, daß er den Grafen Georg von Veldenz zum Landvogt für den Speyergau er­nannt hat (per Spirkowiam provincialem fecimus advocatum); daher befiehlt er ihm, diesem sämt­liche Befestigungen und Burgen, die sein verstorbener Vater im Namen des Reiches in­ne­hatte, unverzüglich und ohne Widerspruch zu übergeben. – Nobili viro […]. Quia de circumspeccionis industria.” (Heinrich VII. – RI VI,4,1 n. 60)Raugraf Georg war der Sohn  des Landvogtes im Speyergau. Er hatte sich in seinem Amt wohl Erpressungen zuschulden kommen lassen. Die Übertragung des Amtes auf den neuen Landvogt könnte durchaus eine Reaktion darauf sein. Am selben Tag  hatte er die Ernennung auch den Schultheißen, Schöffen, Ratsherren und allen Bürgern von Kaisers­lautern, Weißenburg, Landau, Selz, Hagenbach, Germersheim und Annweiler, seinen Ge­treuen “ mitgeteilt.

(Heinrich VII. – RI VI,4,1 n. 59#)

Ludwig der Bayer traf am 22. Januar 1330 eine für die Burg folgenschwere Entscheidung: “Ks. Ludwig verpfändet den Pfalzgrafen Rudolf [II.] und Ruprecht [I.] bei Rhein für 6000 Mark Silber die Städte Neckargemünd, Eberbach, Mosbach, Sinsheim sowie die Burgen Trifels, Neukastel, Germersheim, Annweiler, Guttenberg, Falkenburg, Wegelnburg und die Dörfer Haßloch und Böhl.” (Ludwig – [RI VII] H. 4 n. 33).

Die beiden Pfalzgrafen machten Ludwig auf den ungenügenden Bauzustand der als Pfand genommenen Reichsburgen aufmerksam. Da erteilte Ludwig den beiden die Ermächtigung, alles was an den Reichsburgen verbaut würde mit “rechter Kundschaft” zu dem Pfandschilling zu schlagen, also praktisch das Guthaben beim Reich um diese Summe zu erhöhen.Auch Karl IV. anerkannte 1359 eine Höhe der Reichsschuld um 1000 Gulden. Sicher reizten die Pfalzgrafen das auch aus, denn es lag ja durchaus in deren Interesse,

die Wiedereinlösung möglichst zu erschweren oder gar unmöglich zu machen. Die Pfalzgrafen betrachteten die Burg mehr und mehr als ihr Eigentum, wenn sie auch 1353 von Karl darauf hingewiesen wurden, dass der Trifels Reichseigentum war und

kein Erbgut der Pfalzgrafen. Aber einlösen konnte er die Burg nicht. Dazu hatte er schlicht das Geld nicht. Die Pfalzgrafen aber behandelten den Trifels ähnlich wie ihr sonstiges Eigentum. Sie ließen Burg und Amt durch ihre Burgverwalter verwalten.

Da auch die Pfalzgrafen klamm waren, nutzten die Pfalzgrafen 1402 und 1407 die Burg selbst als Pfandobjekt. Sie verpfändeten sie ebenfalls. 1410 gab es einen Besitzwechsel.

Kurfürst Ruprecht III. von der Pfalz, der 1400 zum deutschen König gewählt worden war, hatte 4 Söhne Ludwig (III.), Johann, Stefan und Otto (I.) Im Mai 1410 machte er sein Testament und verfügte die Aufteilung seines Familienbesitzes unter seinen

4 Söhnen. Er starb nur ein halbes Jahr nach der Erstellung seines Testaments und gemäß dem Testament wurde sein Herrschaftsgebiet unter seinen Söhnen aufgeteilt. Das ist die pfälzische Erbteilung von 1410. Der Trifels und die benachbarte Burg Scharfeneck fielen

an Stephan von Simmern- Zweibrücken. Für den Trifels änderte sich zunächst nichts. Nur die Verwaltung wurde ausgetauscht. Nun saßen Amtsleute von Simmern-Zweibrücken auf dem Trifels. Auch die Unterverpfändungen

gingen weiter, so 1427, 1432 und vor 1442.

Der 15. Februar 1486 ist ein weiteres wichtiges Datum für den Trifels. In einer in Frankfurt ausgestellten Urkunde bestätigt Friedrich III. den versammelten Fürsten und Kurfürsten alle vom Reich erhaltenen Ämter und Pfandschaften und zählt diese auf.

Darunter ist auch der Trifels. Das bedeutet für die Burg, dass sie nicht mehr Reichsburg ist. Die Bedeutung der Burg ging aber weiter zurück. Seit 1509 wurde Burg Trifels und Neukastel in Personalunion mit einem Burgverwalter verwaltet und der saß auf

Neukastel.Zwischen 1558-1565 wurde auch das Amt Trifels aufgehoben. Es wurde dem Amt Neukastel inkorporiert.

Im Bauernkrieg 1525 kam der Trifels vergleichsweise glimpflich davon. Die Nachbarburg Scharfeneck war zerstört worden. Der Nussdorfer Haufe hatte zwar Neukastel und den Trifels eingenommen. Da sie aber freiwillig eingelassen worden waren, kam es kaum zu Zerstörungen.Die Burg blieb acht Tage besetzt und die Bauern hielten sich an den Vorräten schadlos. Die geringen Schäden wurden noch im Jahr 1525 repariert.

Seit 1565 lag auch das militärische Kommando bei einem Hauptmann mit Sitz auf Neukastel.1568 ließ Herzog Wolfgang von Pfalz-Zweibrücken die Räumlichkeiten der Burg wieder instand setzen, vor allem aber Fenster und Türen

diebstahlsicher machen. Aus dem Jahr 1595 ist eine Inventarliste überliefert, die die geradezu armselige Ausstattung der Burg belegt. 1602 wurde die Burg bei einem schweren Unwetter vom Blitz getroffen und brannte weitgehend aus. Die Schäden wurden wohl nur noch notdürftig behoben.

Im Dreißigjährigen Krieg waren um 1632 die Truppen des Grafen Mansfeld in der Gegend . Die Bevölkerung suchte in diesen Zeiten Schutz und Unterschlupf auf dem Trifels. Als dann 1635 die Pest ausbrach, wurde auch der Trifels aufgegeben.

Er wurde 1706 der Stadt Annweiler als Steinbruch überlassen. Schon 1660 ließ Herzog Friedrich Ludwig Marmorplatten und Marmorsäulen aus der Burg  nach Annweiler in die dortige Kirche verbringen, weil ihr der Einsturz drohte.

Ab 1841 führte die bayrische Staatsregierung Sicherungsmaßnahmen durch. 1866 wurde der Trifelsverein gegründet. Der Verein hatte sich zur Aufgabe gemacht die Verbesserung der Aufgänge, die Aufräumung der Anlage, die Burgruine den Freunden der Natur und den Verehrern der historischen Vergangenheit näher zu bringen, die Beschwerden beim Bergsteigen zu mindern. Man begann dann auch mit den Aufräumarbeiten, wie es der Vereinszweck vorsah.

Zur Zeit des Nationalsozialismus traf der Trifels plötzlich wieder auf gesteigertes Interesse. Die Nazis sahen den Symbolwert dieser geschichtsträchtigen Burg und nutzten ihn für ihre politische Selbstdarstellung. 1935 wurden wissenschaftliche Grabungen durchgeführt und 1937/38 mit dem Wiederaufbau begonnen. Architekt war Rudolf Esterer. Von 1937 bis 1945 wirkte er als Berater des bayerischen Finanzministeriums in Baufragen. Von 1945 bis 1952  war er Präsident der Schlösserverwaltung .

Er orientierte sich nicht am historischen Bauzustand. Kriegsbedingt stockte der Aufbau sehr rasch und kam nicht zum Ende. 1966 war der Bau weitgehend abgeschlossen. Es erfolgten dann noch weitere Sanierungsmaßnahmen.

Der Ausbau erfolgte dann nicht mehr so, wie Esterer ihn geplant hatte. Man kann aber an dem heutigen Ausbau durchaus nachvollziehen, nach welchen Gestaltungsprinzipien in der Zeit des Nationalsozialismus gebaut wurde

Und das als solches zu dokumentieren, ist ja auch denkmalwürdig.

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01 Aug. 2014

Christoph Martin Wieland

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Christoph Martin Wieland verstarb am  20. Januar 1813 in Weimar.Und so ist es eigentlich folgerichtig, dass 2013 das “Wielandjahr” war und als solches in Biberach mit großem Programm begangen wurde.

Das Museum eröffnete den Gedenkreigen mit der großen Jubiläumsaustellung “Christoph Martin Wieland, der Voltaire der Deutschen”.  Das “ Theater ohne Namen” brachte ein Theaterstück zu Wieland.

Eine Abendführung “Nächtliche Annäherung an Wieland” auf den Spuren Wielands folgte den Spuren, die Wieland in Biberach hinterlassen hatte. Ganz zufällig kam für mich noch eine Führung

im Schloss Warthausen dazu, das ja auch sehr eng mit Wieland verbunden ist. Eine Fahrt nach Weimar und ein Besuch von Oßmannstedt rundete mein persönliches Wielandjahr ab.

Als ehemaliger Schüler des Wielandgymnasiums bietet es sich natürlich an, sich mit Wieland auch in einem Blog näher zu befassen. Hingewiesen sei auf die beiden Blogs Sophie La Roche und die Familie von Stadion,

die  mit dem Dichter verknüpft sind. Amüsiert hat mich bisher immer, dass der “große Sohn Biberachs” eigentlich gar nicht in Biberach, sondern in Oberholzheim(siehe oberes Bild, das Geburtshaus von

Christoph Martin Wieland in Oberholzheim) zur Welt kam. Ich hab das immer als Hilfskonstruktion gesehen. Oberholzheim war ein spitälisches Dorf, gehörte also Biberach. Bei meinen Recherchen zu Wieland habe ich allerdings

verblüfft festgestellt, dass “Wieland stets Biberach als seinen Geburtsort genannt hat” (in Johann Gottfried Gruber, C.M.Wielands Leben, Leipzig 1827, S.4). Und Wieland ist durchaus stolz auf seine Abstammung.

Im Neuen Teutschen Merkur in der Aprilausgabe von 1800 schreibt er “so findet sich, daß ich, Dank sey dem Himmel! von einer uralten, seit Kaiser Ruperts Zeiten im Gebiete meiner Vaterstadt angesessenen Bauernfamilie

abstamme..” S. 265 und auf der gleichen Seite schreibt er kurz vorher, “waren meine Voreltern seit zweyhundert Jahren bloße Bürger einer freyen Reichsstadt, die (wie ich) von der Feder Profession machten”

Die Familie Wieland war im Schwäbischen weit verbreitet, mit Wielands eigenen Worten eine alte Bauernfamilie. Die Sippen, denen Christoph Martin Wieland entstammten, übrigens auch die seiner Cousine Sophie Gutermann

waren seit der Reformation in Augsburg und Biberach beheimatet. Beide Städte sind etwa zur gleichen Zeit Reichstädte geworden. In Augsburg ist seit 1231 die Heranziehung zur Reichssteuer belegt. Seit 1241 wird Augsburg in den Reichsmatrikeln geführt.

Am 9.3.1276 verlieh Rudolf von Habsburg Augsburg das Stadtrecht und Biberach wurde 1281 zur freien Reichsstadt erhoben. Noch eine Gemeinsamkeit haben beide Städte, nämlich die Parität. Dies ist im Westfälischen Frieden in Artikel V § 3 festgehalten:

“ Die Städte Augsburg, Dinkelsbühl, Biberach und Ravensburg sollen ihre Güter, Rechte und Religionsübung {nach dem Stand} des besagten Jahres und Tages behalten; aber hinsichtlich der Ratsstellen und anderer öffentlicher Ämter soll unter den Anhängern beider

Religionen Gleichheit und gleiche Anzahl sein. “ Dies hatte durchaus eine Auswirkung auf das Lebensgefühl seiner Einwohner. Die Familien gehörten zur Oberschicht der Stadtrepubliken.

Beginnen wir die Ahnenreihe von Christoph Martin mit Georg Wieland. Er war Gastwirt in Biberach und Büchsenmeister der Bauernzunft gewesen. Er hatte auch das Wappen der Familie erworben. Sein 1588 geborener Sohn Sebastian war wie der Vater

Gastwirt auf dem Schwarzen Bären (Marktplatz 2) und war Senator in Biberach geworden. Er begründete auch die Familientradition, ein reichstädtisches Amt zu übernehmen. Aus seiner ersten Ehe mit Apollonia Spät (1590-1622) hatte er sieben Kinder.

Hans Ulrich Wieland, der aus dieser Ehe hervorging, wurde in Augsburg ansässig, daraus wuchs der Augsburger Familienzweig der Familie Wieland. Aus der zweiten Ehe mit Barbara Zoller entstammte Martin Wieland. Dieser studierte in Tübingen,

Straßburg und Basel die Rechte und promovierte zum Dr. utr.jur. Er schlug in Biberach die Ämterlaufbahn ein. Er wird als kräftiger Esser und starker Zecher überliefert und verkörperte wohl durchaus barockes Lebensgefühl. Er war dreimal verheiratet.

Seine erste Frau war Maria Walpurga Wern. Ihr Vater und Großvater waren jeweils Mitglieder des Inneren Rats der Reichsstadt. Das Ehepaar hatte sieben Söhne und fünf Töchter. Der dritte Sohn war Thomas Adam Wieland d.Ä., später Pfarrer in

Oberholzheim wie sein Sohn Thomas Adam d. J., der Vater von Christoph Martin. Dr. Martin Wieland war Geheimer Rat und Spitalpfleger in Biberach. Im Dezember 1674 wurde er zum evangelischen Bürgermeister gewählt. 1674 hatte er auch

das Haus in der Gymnasiumstraße 27 erworben und umgebaut. Die Portalumrandung und die Haustüre ist jetzt noch in Biberach zu bewundern.

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Seine zweite Ehe mit Barbara Lay,der reichen Witwe des Biberacher Handelsmann Johann Jakob Altensteig währte nur kurz. Denn Barbara Lay war schon kränklich. Sie starb nur ein Vierteljahr nach der Eheschließung am 6.5.1669.

Sie war auch die Tochter eines reichen Ulmer Handelsmanns und hatte nach Dr. Wielands Worten “ein großes Vermögen hier eingebracht” Kurz nach dem Tode seiner zweiten Ehefrau heiratete Martin Wieland in Augsburg die Witwe seines Halbbruders,

Johann Ulrich,  Anna Maria Wieland. Er nahm sich auch der Kinder seines Halbbruders an.

Thomas Adam Wieland studierte Theologie in Tübingen. Seine Dissertation und Disputation mit dem Thema “Disputatio Theologica Contra Fatuum Ignem Purgatorii Papistarum” erfolgte 1676 in Tübingen und ist digitalisiert bei der UB Uni Heidelberg

abzurufen. In der Uracher Stiftspflege Münsingen / 1670-1806 ist 1689 die Bestellung von Thomas Adam Wieland als Pfarrer in Mundingen (heute Teilgemeinde von Ehingen)  vermerkt. 1693 tritt er die Pfarrerstelle in Oberholzheim an

und behält diese bis kurz vor seinem Tod 1729. Als 1680 in Biberach eine Predigerstelle neu besetzt wird konnte Dr. Martin Wieland seinem Sohn nicht zu dieser Stelle verhelfen.Es scheint aber auch, dass Thomas Adam sehr zufrieden war, mit

seiner Pfarrerstelle in Oberholzheim. So schreibt L.F. Ofterdinger in ”Christoph Martin Wielands Leben und Wirken in Schwaben und der Schweiz” auf Seite 3: ”Allein es gefiel ihm in dem freundlichen, von blumenreichen Gärten und Wiesen umgebenen Pfarrhause

so wohl,dass er alle Anerbietungen, in seine Vaterstadt  zu kommen, ausschlug; lieber “als kleiner Papst” in Oberholzheim hauste und sich mit dem von seinem Vater überkommenem  und von seiner Frau mitgebrachten Vermögen heitere Tage machte”.

Thomas Adam Wieland war mit Anna Maria Brigel verheiratet und hatte mit ihr 12 Kinder, von denen mehrere studierten. Dass die Söhne ihm doch auf der Tasche lagen, konnte ihn nicht verdrießen. Er nannte sie seine “Batzenschmelzer”. Zwei waren  in

Halle. Sie schrieben ihm nur, wenn sie neues Geld brauchten, was er ihnen aber immer anstandslos schickte.  Der ältere studierte  Theologie, der jüngere, er hieß Thomas Adam (1704-1772)wie der Vater, studierte Jura in Tübingen. Da starb der ältere und Thomas

Adam d.J. brach sein Jurastudium ab und begann in Halle ein Theologiestudium. Dort lehrte August Hermann Francke, der Begründer des Pietismus. Laut Jutta Heinz im Wieland-Handbuch war  Franckes Frau Anna Magdalena eine Verwandte der Wielands in

Biberach. Insofern bestanden also familiäre Verbindungen nach Halle. Thomas Adam d. J. war stark vom Pietismus geprägt. Francke weilte 1717 zu Besuch in Biberach. Er war vom evangelischen Rat eingeladen worden und er hielt am zweiten Adventssonntag eine

Predigt  in der Martinskirche. Thomas Adam hörte diese als Dreizehnjähriger und diese beeindruckte ihn so tief, dass er noch im Alter davon erzählte.

Der nächste Sohn Georg Christoph konnte nicht studieren. Er wurde Goldschmied und ist 1684 erstmals in Augsburg nachweisbar. Von ihm sind nur wenige Arbeiten überliefert. Diese weisen ihn aber als handwerklichen Könner und bedeutenden Künstler aus.

Erwähnt sei hier auch, dass es enge Familienverbindungenzwischen den Familien Wieland und Dinglinger gab. Johann Melchior Dinglinger war der bedeutendste Goldschmied und Juwelier des Barock und arbeitete zusammen mit seinem Bruder Georg Friedrich, der

Emailleur war,  am Dresdner Hof von August dem Starken.(siehe dazu Blog Die Goldschmiedefamilie Dinglinger)

Zurück zu Thomas Adam. Er  wurde am 5. April 1714 in Halle immatrikuliert. Francke war damals Prorektor. 1724 promovierte er in Halle. Seine Dissertation hatte das Thema “De Haeresiologia Secvli Post Christvm Natvm Primi Et Secvndi “. Er folgte seinem Vater auf der Pfarrerstelle in Oberholzheim nach. Kurz nach seiner Anstellung heiratete er Regina Katharina Kick, deren Vater Christoph Martin Wieland in dem oben erwähnten Artikel im Teutschen Merkur beschreibt. Johann Christian Kick habe sich “unter Eugen von

Savoyen und Prinz Ludwig von Baden vom gemeinen Soldaten bis zum Oberwachtmeister hinaufgearbeitet” aber von seinem martialischen Geist sehr  wenig auf seine Tochter und seinen Sohn fortgepflanzt” (s.o.). Sie war von pietistischer Frömmigkeit

geprägt. Sie war lebhaft,geistreich und elegant. Sie putze sich auch gerne, soweit das für eine Pfarrersfrau statthaft war.

Am 5. September 1733 kam Christoph Martin als zweites Kind der Familie zur Welt. Insgesamt hatte die Familie fünf Kinder (Johann Gottlieb,Justin Sebastian,Maria Justina Regina) wobei allerdings nur zwei das Erwachsenenalter erreichten, nämlich Christoph Martin

und Thomas Adam, der nach Vater und Großvater benannt war. Er kam am 13.12.1735 noch in Oberholzheim zur Welt. Der Taufschein von Christoph Martin belegt, dass die Familie Wieland gut in Biberach vernetzt war. Taufpaten waren der Spitalpfleger und

Geheime Rat in Biberach Johann Gottlieb Gaupp und Maria Christina Rauch Tochter des Biberacher Apothekers und Oberbaumeister Georg Ludwig Rauh. Diese war in zweiter Ehe mit Major Kick dem Vater Regina Katharina verheiratet und somit ihre Stiefmutter.

Über Georg Ludwig Rauh war die Familie Wieland auch mit der Familie Gutermann verwandt.Thomas Adam hatte das Angebot bekommen, Spitalprediger in Biberach zu werden und anders als sein Vater nahm er dieses Angebot sofort an. Die Familie

zog also 1736 nach Biberach in das Haus in der heutigen Waaghausstraße 3 (Bild siehe oben) Kurz nach dem Umzug erkrankte Christoph Martin an Blattern und zwar so schwer, dass man um sein Leben fürchten musste. Er selbst schrieb später dieser

Erkrankung in Kindertagen sein reizbares Nervensystem sowie eine Schwäche am linken Auge zu. Das Kind erholte sich und sein Vater begann, ihm Lateinunterricht zu erteilen. Da war der kleine Christoph Martin grade mal drei Jahre alt!

Er wechselte dann an die Biberacher Lateinschule, die er von 1739-1742 besuchte. Dort war Johann Jakob Doll Rektor. Er war klein und dick. Seine Frau war “ein kleines,dickes,unförmliches Weibchen, eine streng gebietende, leicht zu erzürnende Trutschel”,

wie Wieland sie beschreibt. Auf die Ehefrau seines Rektors brachte er lateinische Verse zu Papier “in genere adonico”. Da zeigte sich wohl auch schon Wielands satirisches Talent. Er nahm eine Juvenal-Stelle zum Motto: “Et levis erecta consurgit ad oscula

planta” (Leicht mit erhobener Sohle hebt sie sich auf zu seinem Kusse).Von seinem 7. bis 14. Lebensjahr hatte Wieland bereits viele Verse in deutsch und lateinisch geschrieben, die viele Schachteln füllten und die seine Mutter sorgfältig als

“Dichterwindeln” aufbewahrte. Als seine Mutter ihm stolz die Sammlung überreichte, als er von Erfurt zurückkam, verbrannte er sie aber einfach kurzerhand, so dass von seinen dichterischen Gehversuchen nichts übrig ist. Ein Gedicht des 13-Jährigen

ist per Zufall entdeckt worden. 1746 feierte Johann Jakob Gutermann sein 50-jähriges Jubiläum als Prediger. Er hatte in Tübingen und Wittenberg studiert und war dann Pfarrer in Zaberfeld geworden. Ab 1701 kam er als Siechenprediger wieder in seine Heimatstadt

Biberach. Wieland hatte zu diesem Jubiläum ein Preisgedicht auf Gutermann verfasst. Es ist im oben erwähnten “Christoph Martin Wielands Leben und Wirken in Schwaben und der Schweiz” auf Seite  22/23 abgedruckt.

Christoph Martin las mit 8 schon die vita des Nepos, wie er in einem Brief an an Leonhard Meister am 28. Dezember 1787 schreibt. Auch Rektor Doll scheint die liebe Not mit diesem begabten Schüler gehabt zu haben, und als Christoph Martin 13 war

las er Horaz und Virgil und kam damit besser zurecht als sein Lehrer. Mit 14 hatte er eine fundierte Ausbildung in Latein, Griechisch und Hebräisch.Aber auch in Mathematik, Logik und Geschichte war er gut ausgebildet. Fortschritte hatte er auch

in Zeichnen und der Musik gemachte. Der Vater hatte das Talent seines Sohnes früh erkannt und nach besten Kräften gefördert- eine Parallele übrigens zu seiner späteren Verlobten Sophie Gutermann, die ebenfalls hochbegabt war

und die auch  von ihrem Vater unterrichtet worden war.

Vor wir auf einen Blick auf seine weitere schulische Laufbahn werfen, einen Blick darauf, was der junge Wieland gelesen hat. Für seine frühen lateinischen Versuche hatte er ja durchaus Vorbilder wie z.B. Juvenal. An deutschen Schriftstellern befasste er sich schon

früh mit Johann Christoph Gottsched (1700-1766). Sein Lieblingsautor aber wurde der Hamburger Barthold Heinrich Brockes (1680-1747). Dessen wichtigstes Werk war eine Gedichtsammlung “Irdisches Vergnügen in Gott”, die zwischen 1721 und 1748 in 9 Bänden

erschien.Dieses Werk machte ihn schnell weit über Hamburg hinaus bekannt und er wurde mit seiner Dichtung das Vorbild der Naturlyrik von Haller bis Klopstock. Aber er wurde auch schnell kritisiert, so von Breitinger und Gottsched und schon zwei Jahrzehnte

nach seinem Tod konnte man ihm nicht mehr viel abgewinnen. Aber schon der junge Wieland wurde mit 10 Jahren von diesem Dichter stark beeindruckt und das hielt sein ganzes Leben an. Sein Vater hatte sämtliche Werke Brockes in seinem

Besitz, allerdings lange an einen Biberacher Patrizier ausgeliehen. Als er alle auf einmal zurückgab, wurde der junge Wieland mit Brockes bekannt, nachdem er bis dahin seine Sprache nur aus der Bibel und dem Gesangbuch kannte.

Noch 1797 schrieb er im Merkur (1.Stück 1797  S. 96,”Ich bewunderte oft und bewundere noch jetzt, die Gewandheit, den hartnäckigen Fleiß und die ungemeine Sprachfertigkeit, die dieser in der Geschichte unserer Literatur so merkwürdige Mann

in seinen Bruchstücken eines großen, aber nicht ganz zu Stande gekommenen physikalischen Stanzenwerkes bewiesen hat.” und er schreibt weiter zu seinen Naturschilderungen “steht ihm immer unsre ganze Sprache mit allen ihren damals

bekannten und von ihm selbst ansehnlich vermehrten Schätzen zu Gebot.” Ebenfalls stark beindruckt das philosophische Lexikon von Schneider, wie  Ofterdinger in seinem Buch auf Seite 24 schreibt. Allerdings habe ich leider nichts über dieses Lexikon

herausbekommen auch woher das Wielandzitat stammt geht aus dieser Stelle leider nicht hervor.

Mit 13 war Wieland intellektuell soweit entwickelt, dass das Biberacher Bildungsangebot die Fähigkeiten des jungen Christoph Martins nicht mehr ausreichend gefördert hätte. Für den Vater war wichtig, dass auch der religiöse Hintergrund

stimmte. Zwei Bildungsanstalten kamen in Betracht. In Halle hatte Francke eine Vorbereitungs-Anstalt für die Universität gestiftet. Und für Thomas Adam, selbst Francke-Schüler, war das natürlich zunächst erste Wahl. Aber etwa gleichzeitig machte

ein anderes Institut, nämlich Kloster Bergen bei Magdeburg, von sich reden.

Johann Adam Steinmetz war evangelischer Geistlicher und einer der bedeutendsten Schulmänner des 18. Jahrhunderts. Steinmetz war zunächst Prediger in Teschen. 1738 kam er als Abt nach Kloster Bergen.Sein Vorgänger Abt Breithaupt hatte dort eine Schule

eingerichtet, die zur zweiten Bildungsstätte des Pietismus wurde und unter Abt Steinmetz ihre volle Blüte erreichte.

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Lehrer und vor allem die Rektoren wählte er mit größter Sorgfalt aus. Er machte häufige Klassenbesuche. In seiner Amtszeit erlebte die Schule einen enormen Zulauf und wurde zur gesuchten Bildungsstätte  angesehener Familien des Adels und des gehobenen Bürgertums.Jährlich wurden 30-50 Schüler aufgenommen und unter Abt Steinmetz absolvierten dort 930 junge Menschen ihre Schulausbildung. Neben Wieland gingen eine Reihe von Schülern aus Kloster Bergen ab, die später in Staat oder Kirche Karriere machten.

Erwähnt sei noch Johann Christoph Adelung, der nachdem er das Gymnasium in Klosterbergen absolviert hatte, in Halle Theologie studierte und später Bibliothekar der kurfürstlichen Bibliothek in Dresden wurde. Bekannt ist er vor allem für seine  grammatischen

und lexikographischen Schriften. Er hat aber auch historische, naturwissenschaftliche, pädagogische und journalistische Arbeiten veröffentlicht.

Für Wielands Besuch von Kloster Bergen sprach, dass das Leben dort nicht zu sehr von dem Leben unterscheiden würde, das er bisher geführt hatte. Auch bot Kloster Bergen die Möglichkeit, die schon in Biberach erworbenen Kenntnisse auszubauen.

In Bergen wurde großes Gewicht auf Cicero gelegt, und ebenso große Fortschritte machte er im Hebräischen. Noch in späteren Jahren las Wieland die Psalmen in hebräischer Sprache und er hatte sie immer als Taschenbuch auf seinen Spaziergängen dabei.

Die Abiturienten hielten nicht nur Abitursreden. Sie verfassten förmliche Abhandlungen und Disputationsschriften. Das hatte schon durchaus akademischen Charakter.Über Wielands Zeit in Kloster Bergen hatte Goethe später einmal gesagt,

Wieland habe dort in allen konzentrierten jugendlichen Zartgefühlen gewandelt und er habe dort zu höherer literarische Bildung den Grund gelegt. Wieland selbst fasst seine Zeit in Kloster Bergen in einem Brief an einem Brief an Leonhard Meister

Weimar am Dez.1787 so zusammen: “Mit 13 1/2 Jahren ward ich nach Kloster Bergen bey Magdeburg, eine damahls unter des bis zur Schwärmerei devoten Abts Steinmetz Aufsicht stehenden berühmten Schule geschickt. Ich blieb dort zwey Jahre, machte

starke Progressionen in litteris, schwärmte anfangs mit, kam aber bald wieder durch mein damahliges Lieblingsstudium, nähmlich durch eine poetische Manier in den metaphyischen Terris incogniti herum zu vagiren, ins freye und von einem System aufs andere.”

In Bergen kam Wieland auch mit Voltaire in Kontakt, obwohl der Freigeist im Kloster natürlich verboten war. Dort lernte er auch die Schriften des Schweizer Kritiker Johann Jacob Breitinger kennen. Und er las Albrecht von Hallers Gedichte. Seine Gedichtsammlung

“Versuch Schweizerischer Gedichte” war 1732 erschienen. Darin befand sich das von Haller auf 1729 datierte Gedicht “Die Alpen”. Es gab zu der Zeit keinen deutschen Dichter, der dieses Gedicht nicht kannte. Wichtig waren aber “Neue Beiträge zum Vergnügen

des Verstandes und Witzes”, da diese in Bremen erschienen meist nur Bremische Beiträge genannt. Im 4. Band waren die drei ersten Gesänge des Messias von Friedrich Gottlieb  Klopstock. Sie erregten sofort großes Aufsehen. Und auch Wieland wurde von

der Klopstockbegeisterung erfasst. “Als ich den Klopstock las, glaubte ich erst mich selbst zu verstehen.” (zitiert nach L.F. Ofterdinger S.31). Seine ersten Dichtungen zeigten auch, wie stark er von Klopstock beeinflusst worden war.

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An Ostern 1749 verließ Wieland Kloster Bergen, ohne einen Abschluss gemacht zu haben. Er ging weiter nach Erfurt und lebte dort für ein Jahr bei Johann Wilhelm Baumer, einem Verwandten der Familie Wieland. Baumer hatte in Halle und Jena Philosophie

und Theologie studiert. In Jena hatte er den Grad eines Magister der philosophischen Wissenschaften erhalten. Von 1742 – 1746 war er Pfarrer in Krautheim, heute Ortsteil von Volkach. Diese Stelle gab er aus gesundheitlichen Gründen auf und ging wieder nach

Halle. Dort promovierte er 1748 zum Doktor der Medizin. Danach unternahm er eine Gelehrtenreise und ließ sich dann als Arzt in Erfurt nieder. Zu der Zeit kam dann Wieland zu ihm. Baumer muss ein durchaus universal gebildeter Mann gewesen sein.

In Erfurt wurde er 1754 Professor der Physik und 1757 Professor der Medizin. 1764 wechselte er als Professor der Medizin nach Gießen und wurde dort zugleich Bergrat und Landphysikus. 1777 wurde er in Gießen ordentlicher Professor der Mineralogie und

der Chemie. Vor allem als Mineraloge hatte er sich einen Namen in der Wissenschaft gemacht. In Erfurt war er  zum geistigen Vater der 1754 gegründeten “Churfürstlich-Mayntzischen Gesellschaft oder Academie nützlicher Wissenschaften” geworden.

aus der die heutige Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt hervorgegangen ist. Bei Baumer studierte Wieland Philosophie.Er Wurde mit Wolff vertraut gemacht. Als Thomas Adam in Halle Theologie studierte, herrschte dort gerade der Streit zwischen Wolff und seinem aufklärerischen Rationalismus

und pietistischen Dozenten an der Universität. Diese setzten sich durch und Wolff musste sein Amt aufgeben. Wolff war Universalgelehrter, Jurist und Mathematiker. Er entwickelte sich zu einem der wichtigsten Philosophen der Aufklärung zwischen

Leibniz und Kant. Er war ein bedeutender Vertreter des Naturrechts. Er gilt als der eigentliche Begründer der Begriffsjurisprudenz. Ihre Grundlage ist die Anwendung logischer Methoden auf das Recht. Für die deutsche Philosophie schuf Wolff die terminologische

Grundlage. Für einen 16-Jährigen durchaus schwerverdauliche Kost, wie Wieland das selbst empfand oder wie er sich ausdrückte “schwere Seelenspeise”. Aber Baumer legte bei Wieland einen soliden Grund in der Philosophie.

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Wichtig war für Wieland auch das Privatissimum, das er von Baumer über Don Quijote erhielt. Wieland sagt später darüber,dass Baumer ihn aus Quijote heraus Menschen-und Weltkenntnis gelehrt habe. Baumer stellte Don Quichotte und Sancho Pansa

als die Repräsentanten des Menschengeschlechts dar. Sicher war dieses Jahr bei dem umfassend Gebildeten für den jungen Wieland enorm wichtig, wenn gleich er einige Zeit brauchte, um das richtig einzuschätzen. In einem Brief an Friedrich Justus  Riedel

schreibt er am 10. August 1768 “weil ich das Glück oder Unglück hatte, das ganze Jahr 1749 unter seinen (Baumer) Augen zu leben, an seinem Tische zu hungern (denn vom Essen war nicht viel die Rede) und von seiner Philosophie eine so abscheuliche Menge

von Seelenblähungen zu bekommen…” Und als er in Erfurt Professor wird, liest er über den Don Quijote. In einem seiner Romane, der “Geschichte des Don Sylvio von Rosalva“ übernimmt er das Muster des Don Quijote.

Im Frühjahr 1750 kehrte Wieland nach Biberach zurück. Im Sommer kam es zu einer folgenreichen Begegnung. Der  Augsburger Arzt Georg Friedrich Gutermann schickte seine Tochter Sophie Marie zu seiner Cousine nach Biberach, nämlich

der Mutter von Christoph Martin. Er hatte gerade durchgesetzt, dass die Verlobung von Sophie mit Giovanni Ludovico Bianconi, der Leibarzt des Augsburger Fürstbischofs war, gelöst worden war. Der zukünftige Gatte war katholisch, Sophie aber evangelisch.

Die zukünftigen Töchter Sophies sollten evangelisch erzogen werden, darauf ging Bianconi aber nicht ein. Die Verlobung platzte. (Siehe Blog Sophie von La Roche). Das Verhalten ihres Vaters verletzte Sophie zutiefst. Sie fügte sich zwar, vergaß das ihrem Vater aber

nie. Dieser Aufenthalt in Biberach sollte Sophie helfen, ihren Geliebten zu vergessen, aber auch ihrem Vater aus den Augen zu kommen. Schließlich war das Verhältnis massiv gestört. Sophie war 19, Christoph Martin 17. Was aber nie und nimmer im Plan der Eltern

war, die beiden verliebten sich aufs heftigste. Zum Entsetzen beider Elternteile verlobten die beiden sich sogar. Am Morgen dieses Tages,es war der 23. August 1750, hörte Sophie zufällig den jungen Wieland Klavier spielen, was tiefen Eindruck auf sie gemacht

haben muss. In ihren “Schattenrissen abgeschiedener Stunden” erzählt sie auf Seite 44, wie sie Wieland am Abend ihrer Ankunft in Ossmannstedt Klavier spielen hört und erinnert sich an diese Szene in Biberach und das war ja immerhin 49 Jahre zuvor.  L.F.

Ofterdinger erzählt wie Sophie im weiteren Tagesverlauf eine Predigt von Thomas Adam Wieland über den Text “Gott ist die Liebe” hört. Die beiden jungen Leute unterhielten sich über diese Predigt. Sophie bat Christoph Martin, die von ihm vorgebrachten

Gedanken zu ordnen und auf zuschreiben. Das Ergebnis wurde 1752 in Halle in Druck gegeben: “Die Natur der Dinge in sechs Büchern”

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Thomas Adam sah das etwas pragmatischer. Der junge Christoph Martin  sollte erst mal einen Brotberuf erlernen. Die Mutter arbeitete aber gegen das junge Paar. Als Wieland erst in Tübingen war und später in Zürich, hielt sie Briefe

an Sophie zurück. Als Wieland in Zürich bei Bodmer weilte, schrieb seine Mutter am 10. Oktober 1753 an diesen “Sie mag ihr nicht ein Loch an dem Strumpf vernähen, sie reisst es lieber zusamen und wirfft es in einen Winkel. Wann mein Sohn das Mensch zu seiner

Frau bekomt, so ist er sein Lebtag ein armer Mann und Märtherer, er möchte so viel Einkommen haben als er wollte, so würde sie vorher allemal mehr verliederlichen, als er einzunehmen häte …“ Der Brief ist heute im Besitz der Zentralbibliothek Zürich.

Christoph Martin soll nun ein Studium beginnen. Er geht nach Tübingen. Der Vater hatte eigentlich gewünscht, dass Christoph Martin Theologie studiert. Da aber der Junge ja von nicht allzu kräftiger Gesundheit war, sprach das eigentlich gegen eine solche

Laufbahn. Also sollte er Jurisprudenz studieren, wie schon sein Großvater, der es ja zum evangelischen Bürgermeister in der Stadtrepublik gebracht hatte. Die Unterkunft war praktischerweise schon vorgegeben, nämlich das Hochmannium in Tübingen.

In der Tübinger Pfleghofstr. 13 hatte der 1528 in Biberach geborene Johann Hochmann und spätere Professor des kanonischen Rechts und Universitätsrektor ein Wohnheim gestiftet, in dem Studierende aus seiner Familie und der seiner Frau

dort freie Kost und Logis bekamen. Auch Wieland hatte durch Familienansprüche das Recht auf ein solches Stipendium, was mit ein Grund war, dass er in Tübingen studierte. Vorlesungen über Jurisprudenz besuchte er nur am Anfang. Da er aber bald

den Eindruck hatte, dass Vorlesungen ihm seine beste Zeit kosteten, ging er bald gar nicht mehr hin. Statt sich mit Rechtswissenschaften zu befassen, las er Pierre Bayle, einen französischen Schriftsteller und Philosophen, der zu den Zentralfiguren der

französischen Aufklärung zählt. Sein wichtigstes Werk ist das “Dictionnaire historique et critique” erstmals erschienen 1697. Leibniz stand ebenfalls auf seinem Leseplan, dann Lucrez und der Anti-Lucrez von Polinac.Das ist eine Widerlegung des Lucrez

in metrischen Versen, die von Voltaire gelobt wurde und auch von Goethe sehr geschätzt worden sein soll. Und er dichtete selbst. Die oben erwähnte Natur der Dinge schrieb er in nur drei Monaten. Das Manuskript schickte er an Professor Georg Friedrich Meyer

in Halle. Ich bin mir nicht ganz schlüssig, wie ich das bewerten soll –naiv oder frech. Meier war ordentlicher Professor der Philosophie in Halle und  lehrte dort Philosophie und Ästhetik. Meier hatte in dem poetologischen Streit, der in der Zeit zwischen Gottsched

und den Schweizern Breitinger und Bodmer die Intellektuellen im deutschen Sprachraum beschäftigte (s.u.),  Partei für die beiden Schweizer ergriffen. Seine sehr positive Stellungnahme “Beurteilung des Heldengedichts der Messias” von Klopstock trug wesentlich zu dessen Anerkennung und auch zur Begeisterung für

sein Werk beim Publikum bei. Dies war sicher auch der Grund, weshalb Wieland sein Manuskript gerade an Meier schickte. Wieland legte ein anonymes Begleitschreiben bei und Meier wusste tatsächlich nicht, wer der Verfasser dieses Lehrgedichts war.

Er hielt ihn  für einen Adligen aus dem Schwäbischen und wäre wahrscheinlich mehr als überrascht gewesen, wenn er gewusst hätte, dass das das Werk eines 17-Jährigen ist. Meier veröffentlichte das Werk und versah es zudem mit einem sehr positiven Vorwort.

Er schreibt darin, dass er das Werk anonym erhalten hat, ohne Unterschrift und Angabe des Ortes und dann wörtlich “Weil es uns Deutschen bis itzt an großen Original-Lehrgedichten fehlt, und mir dieses Gedicht gefallen hat: so habe ich kein Bedenken getragen,

dasselbe zum Druck zu befördern.” Seite 4 der Vorrede. Die gute Aufnahme seines Manuskripts spornte ihn an, weiter Neues zu schreiben. Man besang  damals gerne Helden der deutschen Urzeit. Und so fasste er den Plan, das Heldengedicht Hermann zu verfassen.

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Auch dieses schickte er ein, diesmal an Bodmer in Zürich. Er bittet den “Hochedelgebornen und Hochgelehrten Hochzuverehrenden Herrn Professor”(Ausgewählte Briefe Von C.M.Wieland an verschiedene Freunde in den Jahren 1751-1810 geschrieben, Brief vom

4.8.1751 an Bodmer) das übersandte Gedicht, eben den Hermann, zu beurteilen.Bodmer nahm dieses Gedicht positiv auf, scheint aber einige Anmerkungen gemacht zu haben. In einem Antwortschreiben an Bodmer macht er nun Angaben zu sich “Ich bin eines

Predigers Sohn aus Biberach, ohnweit dem Federsee” (ausgewählte Briefe Seite 7). Am 20. Dezember 1751 schreibt er aus Tübingen, dass das Gedicht nur dazu gedient habe, seine Bekanntschaft zu machen und habe damit seine Bestimmung erreicht.Er gedenke

nicht,diese jugendliche Arbeit umzuarbeiten oder zu verbessern. In Tübingen entstehen insgesamt 6 Werke und zwar 1.“Die Natur der Dinge” ein Lehrgedicht in 6 Büchern, Halle 1751, 2. “Zwölf moralische Briefe” in Versen, Heilbronn 1752

3. “Anti-Ovid oder die Kunst zu lieben” Amsterdam (Heilbronn) 1752. Erzählungen, Tübingen 1752, 5. Der Frühling Tübingen 1752, 6.Lobgesang auf die Liebe Tübingen 1753.

Daneben verfasste er Oden, die er auch an Bodmer schickte.

Vom Briefwechsel an Sophie, damals noch Gutermann, aus seiner Verlobungszeit sind nur vier Briefe erhalten. Der erste, den es noch gibt, stammt vom 5. Juni 1572 – ein flammender Liebesbrief, darin angehängt die Ode, die er auch an Bodmer schickte.

Darin heißt es unter anderem: “Englische Sophie, mein Herz, mein Licht

Du bist selbst, ja Du bist selbst die Tugend;

Aus der Anmuth aufgeblühter Jugend

Reizt sie selbst in Dir ein klug Gesicht.

O wie strahlt aus Deinen Blicken

wo sich weiser Ernst mit Anmuth paart,

eine Seele von Seraph’scher Art,

Fähig mehr als Weise zu entzücken“  (Briefe an Sophie von La Roche von Christoph Martin Wieland, hsg von Franz Horn S.7).

Im Juni 1752 verließ Christoph Martin Tübingen und ging zurück zu seinen Eltern natürlich auch in der Hoffnung, dort mit Sophie zusammen zu kommen. Christoph Martin gab sein Studium auf, was natürlich nicht im Sinne des Vaters lag.

Er schlug ihm vor, in Göttingen Jurisprudenz zu studieren. Christoph Martin bemühte sich aber um eine Tutorenstelle in Braunschweig. Dort war der evangelische Theologe Johann Friedrich Wilhelm Jerusalem als Berater Herzog Karl I. in Verwaltungsangelegenheiten

aber auch für das Kirchen-und Bildungswesen tätig. Er schlug dem Herzog eine neuartige Bildungseinrichtung vor, die eine vertiefte Kenntnis der schönen Wissenschaften und vor allem der griechischen und lateinischen Kultur vermitteln und so

einen leichteren Anschluss an das Universitätsstudium zu ermöglichen. 1745 wurde dann das Collegium Carolinum gegründet, aus dem später die Technische Universität Braunschweig hervorgegangen ist. Genau für diese Einrichtung bewarb sich Wieland.Allerdings, ein

junger  Student mit 19 Jahren, der gerade dabei war, sein Studium abzubrechen, hatte natürlich nicht die besten Karten. Im Sommer 1752 wurde er aber von Bodmer nach Zürich eingeladen. Wieland reiste am 15. Oktober in die Schweiz ab, zu einem

Aufenthalt der dann aber 8 Jahre dauern sollte.

Um diese Zeit bewegte eine spannende Auseinandersetzung das literarisch interessierte Deutschland. Auf der einen Seite stand Johann Christoph Gottsched (Bild links), auf der anderen Seite Johann Jakob Bodmer (Bild rechts) und Johann Jakob Breitinger.

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Gottsched studierte in Königsberg. Er erwarb dort den Magister Artium. Nachdem er aber von den brutalen Methoden preussischer Militärwerber gehört hatte ging er lieber nach Leipzig, das ihm in dieser Hinsicht sicher erschien.

Dort freundete er sich mit dem Historiker Johann Burckhardt Mencke an, der ihn  als Hauslehrer für seine Söhne engagierte. Über ihn fand er Aufnahme in die “Teutschübende Poetische Gesellschaft”. 1727 wurde er zum Senior gewählt.

Er wandelte sie um zur “Deutschen Gesellschaft”. Die Deutsche Gesellschaft sollte auf eine überregionale, von mundartlichen Färbungen und Fremdwörter gesäuberte deutsche überregionale Einheitssprache hinarbeiten. Der deutsche Sprachraum

war in dieser Zeit nicht nur konfessionell sondern auch sprachlich gespalten. In der protestantischen Mitte Deutschlands und im Norden hatte sich ein auf Martin Luther basierendes Früh-Neuhochdeutsch durchgesetzt. Im katholischen Süden

wurde die oberdeutsche Schriftsprache verwendet. So stand “Lutherdeutsch” gegen “Jesuitendeutsch”, beides bewusst abwertend verwendet. Dazu kam noch mit der reformierten Schweiz alemannisch als dritte Sprache dazu.

Gottsched stand zu der Zeit auf dem Höhepunkt seiner Popularität und Autorität. Er hatte mit “ Die vernünftigen Tadlerinnen” 1725 die erste Frauenzeitschrift herausgegeben. Seine Bekanntschaft und Zusammenarbeit mit Johann Neuber und

dessen Frau Friederike Caroline ließ ein regelgerechtes deutsches Nationaltheater entstehen und mit seinen “Beyträge zur critischen Historie der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeitverschaffte ihm schnell überregionale Bekanntschaft.

Er war maßgebender Lehrbuchautor. Er war Theoretiker und Gesetzgeber. Er glaubte alle Bereiche der Kunst in erlernbare Regeln systematisieren zu können. Wie oben gezeigt wurde, hatte sich ja auch der junge Wieland mit Gottsched auseinandergesetzt.

Als Theaterreformer orientierte er sich vor allem am französischen Theater, was ihm dann Lessing entschieden vorhielt. “Niemand  sagen die Verfasser der Bibliothek, wird leugnen,dass die deutsche Schaubühne einen großen Theil ihre erste Verbesserung dem

Herrn Professor Gottsched zu danken habe. Ich bin dieser Niemand. Ich leugne es geradezu” (Lessing in “Briefe die neueste Litteratur betreffend, Berlin 1759, S. 97) und er fährt dann fort “ er wollte nicht sowohl unser altes Theater verbessern, als der Schöpfer eines

ganz neuen seyn. Und was für eines neuen? Eines Französierenden ohne zu untersuchen, ob dieses französisierende Theater der deutschen Denkungsart angemessen sey oder nicht” (ebd. S. 99). Und dann schreibt er weiter, dass wir mehr in den Geschmack

der Engländer einschlagen als der Franzosen”und weiter “ dass das Große, das Schreckliche, das Melancholische besser auf uns wirkt, als das Artige, das Zärtliche, das Verliebte” und das bedenkend würde geradewegs auf das englische Theater führen.

Die Übersetzung des Shakespeare hätte weit bessere Folgen für das deutsche Theater gehabt “ als dass man sie mit dem Corneille und Racine so bekannt gemacht hat” Und dies wurde fast durchgängig so von den Literaturgeschichten übernommen.

In Zürich war Bodmer als Professor für helvetische Geschichte und Politik am Gymnasium tätig. Dort arbeitete auch sein Freund als Professor für die hebräische und später für die griechische Sprache. In den Jahren 1732-1739 stand man in Briefwechsel und ging fast

freundschaftlich mit einander um. 1740 erschien Bodmers  “Critische Abhandlung vor dem Wunderbaren”, die als Verteidigung Miltons angekündigt war.Er plädierte darin für für eine erweiterte Geltung der Einbildungskraft, des Wunderbaren und der Phantasie.

Und es erschien Breitingers zweibändige “Critische Dichtkunst”. Da zeigte sich schon im Titel die Rivalität zu Gottscheds gleichnamigen Lehrbuch. Gottsched ging 1742 auf das Buch Breitingers ein. Er vermisste hilfreiche Regeln zur Abfassung von Gedichten.

Die Schweizer waren die ersten, die auf Shakespeare hinwiesen, der auf Gottsched sicher barbarisch wirkte. Aber seine Vormacht kam ins Wanken. Die Schweizer plädierten nun für eine Hinwendung zu den neueren englischen Dichtern statt der Geschmacksdiktaturdes französischen Klassizismus, die Entdeckung poetischen Neulandes statt der Bestätigung eines Kanons. Bodmer gewann immer mehr Freunde und Anhänger aus der deutschen Literaturszene. In Norddeutschland standen Brockes mit ihm Kontakt; aber auch Johann Ulrich von König, der aus Esslingen stammte, und über Hamburg-dort gründete er mit Brockes die Teutschübende Gesellschaft zur Pflege der deutschen Sprache und Literatur- und Leipzig nach Dresden, wo er Hofpoet am Hofe August des Starken wurde. In Dresden war er zunächst Förderer von Gottsched, überwarf sich aber mit ihm und stand dann in enger Verbindung mit Bodmer. Der in Durlach geborene Karl Friedrich Drollinger. Er war als Archivar der Markgrafen von Baden nach der

Einäscherung Durlachs tätig. In seiner Dichtung war er ein Vorläufer von Haller und stand ebenfalls auf Seite der Züricher. Auch Friedrich von Hagedorn gehörte zu diesem Kreis. Hagedorn seinerseits stand wieder mit Klopstock und Gleim in Verbindung,  aber

auch zu Lessing hatte er Kontakt. Bodmer gab an Hagedorn im Tausch in Zürich erschiene Werke weiter und erhielt dafür von Hagedorn englische Werke, vor allem Shakespeare, die in Hamburg leichter erhältlich waren.

Gleim, der Gründer des Halberstädter Dichterkreis, pflegte einen Briefwechsel mit Bodmer und schließlich bat der Züricher auch Professor Meier in Halle den Messias zu beurteilen. Diese Beurteilung hatte ja Wieland veranlasst, sein Erstwerk an

Meier zu schicken. Gottsched wurde schließlich zum Inbegriff lächerlich geistloser Pedanterie und Zeitgenossen sahen die Züricher als Sieger in dieser Auseinandersetzung.

1750 hatte Bodmer Klopstock nach Zürich eingeladen. Kurz zuvor waren  die ersten Teile des Messias in den Bremischen Beiträgen erschienen. Danach dichtete er seine ersten Oden, die vor allem bei den Gegnern von Gottscheds “vernünftiger” Poetik, also in

Zürich einen regelrechten Begeisterungssturm entfachten. Kontakte nach Zürich wurden geknüpft und das Resultat war die Einladung. Allerdings lag schon von Anfang an ein gewisses Missverständnis vor. Bodmer erhoffte sich Vervollkommnung seines eigenen

Gedichtes Noah. Und Bodmers Moral und Wertvorstellungen standen denen Klopstocks ziemlich diametral entgegen. Dazu kam sicher noch Eifersucht und Enttäuschung. Der junge Dichter zog nämlich die Gesellschaft von “Jünglingen” und “Mädchen” der seinigen vor. So etwas war für die zentrale Figur der Züricher Aufklärung sicher eine völlig neue Erfahrung. Auslösendes Moment für den Bruch war wohl die Fahrt auf dem Züricher See, zu der Klopstock “von einem halben duzend Galopins (französisch Schlingel, Spitzbube) entführt”

worden war, was dem sittenstrengen Züricher Mäzen Erklärung genug war, dass Klopstock mit seinem Messias nicht vorankam. Es kam zum Bruch und Klopstock reiste aus Zürich ab. Erleichtert wurde ihm das, da er vom dänischen König ein Jahresgehalt von

400 Reichstalern ausgesetzt bekommen hatte und die Reisekosten nach Kopenhagen. Nach diesen sehr ernüchternden Erlebnissen war man in Zürich natürlich vorsichtig geworden.Wieland hatte sich ja sozusagen in Zürich selbst beworben. Zum einen wird

ein Briefwechsel mit  dem Theologen Heinrich Schinz eingefädelt. Schinz stand auch mit Bodmer in sehr engem Briefkontakt. Zwischen Wieland und Schinz entwickelte sich bald sehr reger Briefverkehr. Das wurde noch ausgeweitet. Auch auf Anregung Bodmers

führten die die beiden Verlobten Sophie von Wieland und Barbara Meyer von Schinz ebenfalls einen Briefwechsel. Zudem wurden im Mai noch der Theologe Johann  Kaspar Hess, der Arzt Hans Caspar Hirzel und der Theologe Johann Georg Sulzer

nach Tübingen geschickt. Sie sollten Wieland besuchen und prüfen, ob dieser der Förderung durch Bodmer würdig sei. Man hatte über Martin Künzli auch noch Erkundigungen bei dem Professor der griechischen Sprache Johann Adam Osiander eingeholt.

Dieser beurteilt Wieland als”ingenium praecox”,  weiß aber nur Gutes über Wieland zu berichten. Er sagt, der Jüngling stecke immer zu Hause und studiere. Dies schreibt Künzli in einem Brief an Bodmer am 14. April 1752 (in Thomas C. Starnes: Christoph Martin

Wieland- Leben und Werk, Sigmaringen 1987, Bd. 1-3  I,S.22). Wieland selbst hält sich mit vielen Briefen an Bodmer im Gespräch.Und er macht natürlich auch einige Angaben über sich, die Bodmer bestimmt gefallen “Ich bin ein großer Wassertrinker, und ein

geborener Feind des Bacchus”  ( Am 4. Februar 1752 an Bodmer in ausgewählte Briefe S. 30)Die Einladung erfolgt und Wieland schreibt am 8. Juni 1752 überglücklich an Bodmer zurück “Ich danke der Vorsehung mit innigster Rührung für ihre Freundschaft und ich

müsste sehr unglücklich seyn, wenn ich mich in der Hoffnung betröge, in etlichen Wochen mehr durch ihren Umgang gebessert werden, als es bisher in ganzen Jahren geschehen konnte” (ebd. S.83).

Die Abreise Wielands nach Zürich verzögerte sich noch ein bisschen, weil er unbedingt noch mit Sophie zusammen treffen wollte. Wieland hatte inzwischen schon einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht. Dass solch in der gesamten literarischen Welt

angesehenen Männer wie Bodmer und Breitinger einen Briefwechsel mit dem noch sehr jungen Mann unterhielten, dass sie ihn sogar nach Zürich einluden, versöhnte auch den Vater damit, dass er allmählich Abschied von den Vorstellungen nehmen musste,

die er vom beruflichen Werdegang seines Sohnes hatte.  Ofterdinger erzählt in seinem bereits öfter erwähnten Buch auf Seite 78 von dem Abschiedsfest, das er für seinen Sohn in Birkendorf gab. Am 15. Oktober reiste Christoph Martin ab und wurde

am 18.Oktober von Schinz in Schaffhausen abgeholt. Dann blieben sie für eine Woche in Wespersbühl bei Johann Christoph Billeter. Das war der Onkel der Braut von Schlinz. In seinem Tagebuch vermerkt Bodmer die Ankunft Wielands am 25. Oktober.

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Als Wieland nach Zürich kam,   erlebte das literarische Leben in der Schweizer Stadt eine absolute Blütezeit und der Streit zwischen Zürich und Leipzig fand ja im ganzen literarisch interessierten deutschsprachigen Raum große Anteilnahme.

Die beiden Gelehrten Bodmer und Breitinger, hatten einen literarisch produktiv tätigen Kreis um sich gesammelt. Und man hatte ja auch die Szene beobachtet und interessante Talente nach Zürich geholt, eben erst Klopstock, dann Wieland.

Ewald von Kleist bemerkt zum Geistesleben Zürichs “Statt daß man indem großen Berlin kaum 3-4 Leute von Genie und Geschmack antrifft, trifft man in dem kleinen Zürich mehr als 20-30 derselben an.” (Kleist an Gleim in Sauer II, S 213)

Der junge Wieland wurde im Klopstockzimmer untergebracht. In einem ersten Brief an Sulzer schreibt Bodmer dazu ”Jetzt ist der Verf(asser) der Natur der Dinge in meinem Hause. Ich kann sowohl in Absicht auf den moralischen Charakter als auf die

Gelehrsamk (eit) ohne poetische Entzückung sagen: hier ist mehr als K (lopstock) ohne Vergleichung mehr. … Er ist fähig in der Kritik und der Poesie die größten Verrichtungen zu vollführen. …Er trinkt so wenig Wein als ich, raucht nicht Tabak und brauset und tanzt

nicht  ..” (Bodmer an Johann Georg Sulzer, 29. Oktober 1752, in Starnes I, S.33. Wieland ist gleich überaus produktiv. Er schrieb die “Ankündigung einer Dunciade für die Deutschen”. Er schickte sie anonym an Gleim, der sie in Halberstadt drucken ließ. Sie war eine

Antwort, auf die Schriften, die in der Auseinandersetzung zwischen Zürich und Leipzig kursierten, hier vor allem “Die ganze Ästhetik in einer Nuss, oder neologisches Wörterbuch” von Christoph Otto Freiherr von Schönaich, einem “geschworenen

Gottschedianer”, wie in Lessing einordnete. Gleim war darin auch angegangen worden und ließ dieses Werk mit Vergnügen drucken. Erst viel später gestand Wieland Gleim, dass er der Verfasser war. Im Neuen Teutschen Merkur schreibt er dann auch auf Seite 201

“ Ich erinnere mich noch zu gut, was für eine Gemüthstimmung und welche Beweggründe mich im Jahre 1752 zum Verfasser der Ankündigung einer Dunciade für die Teutschen machten, um nicht zu wissen, zu welchen Excessen die schwärmerische Verehrung

und Liebe eines wirklich oder vermeintlich großen Mannes einen sonst gutartigen und edeln, aber feurigen und unbesonnen Jüngling hinreißen kann”. (Neuer Teutscher Merkur 1. Band 1797). Außerdem schrieb er eine “Neue Vorrede zu Bodmers Syndflut”,

“Anmerkungen zu Bodmers Milton-Übersetzung” und die “Vorrede zu J.J. Bodmers Gedichten”. Bodmer hatte Wieland auch zu seinem einzigen biblischen Epos veranlasst, das 1753 erschien: “ Der gepryfte Abraham, ein Gedicht in vier Gesängen”.

Er wirkte an der Herausgabe der “Sammlung Züricherischen Streitschriften zur Verbesserung des deutschen Geschmacks wider die Gottsched’sche Schule” mit. Auch das “Schreiben von der Würde und Bestimmung eines schönen Geistes” kam heraus.

Das “Gebet eines Christen”, “Das Gebet eines Deisten” und “Die Briefe von Verstorbenen an die hinterlassenen Freunde” waren die letzten Schriften, die er sehr pietistisch angehaucht, verfasst hatte. Sowohl Nicolai, als auch Lessing verwiesen auf die

Hohlheit von Wielands Schreiberei- Nicolai schreibt  im siebten Brief “ Über den itzigen Zustand der schönen Wissenschaften in Deutschland” auf Seite 66 “ Die Muse des Herrn Wielands ist ein junges Mädgen, das auch die Betschwester spielen will,

und sich der alten Wittwe zu Gefallen in ein altväterisches Käppgen einhüllet, welches ihr doch gar nicht kleiden will” im Gegensatz zur Muse Bodmers, “eine betagte Matrone, die die Welt vergisst, weil die Welt sie vergessen hat, die beständig von der Kasteiung

des Fleisches redet, und auf die böse verderbte Welt und die verschlimmerten Zeiten schilt”. (ebda)Und Lessing  schreibt im 7. seiner “Briefe, die neueste Literatur betreffend” dass Wieland gerne aus dem Gedächtnis getilgt habe, dass er der Verfasser der Natur der

Dinge ist und dann ”So viel ist unwiedersprechlich,dass jenes Lehrgedicht und die Moralischen Briefe uns den Herrn Wieland auf einem ganz anderen Wege zeigen, als ihm hernach zu betreten beliebt hat (Seite 15) und weiter im 8. Brief

“Auch mir sind die Empfindungen des Christen das anstößigste gewesen. Er bringt dann Beispiele aus den Empfindungen und schreibt dazu ”Schön! – aber sind das Empfindungen? Sind Ausschweifungen der Einbildungskraft Empfindungen?

Wo diese so geschäftig sind, da ist bestimmt das Herz leer,  kalt (Seite 17). Er vergleicht dann Wieland mit Johann Wilhelm Petersen, “Stimmen aus Zion” und er bringt ebenfalls Beispiele und urteilt dann “Könnte ich nicht die  Verehrer des Herrn Wielands

(seine Anbeter; er hat dergleichen) mir erhabenere und pathetische Stellen in seinen ganzen Empfindungen zu zeigen ? Herr Wieland ist reich an Blühmchen, an poetischem Geschwätz; Petersen an starken Gedanken, an großen Gesinnungen; ohne Zwang,

ohne Schwulst” (Seite 18).

Am Anfang verkehrte Wieland nur mit ganz wenigen Leuten Bodmer, Breitinger, Hess und Schinz. Das war ganz im Sinne Bodmers. Er sah schließlich Klopstock verführt von den jungen Leuten, mit denen er Umgang hatte. Es kommen dann noch

der Züricher Stadthauptmann Hans Blarer von Wartensee dazu sowie der Ratsherr und spätere Züricher Bürgermeister Johann Conrad Heidegger. Aus dem Bodmer Umkreis kam dann der Arzt Laurenz Zellweger aus Trogen in den Freundeskreis,

der von Bodmer über Wieland brieflich informiert war. Auch Martin Künzli aus Winterhur wurde in den Freundeskreis einbezogen. Wieland lernte ihn im Frühjahr 1753 persönlich kennen. Künzli hatte bei Osiander in Tübingen Erkundigungen über Wieland

eingezogen.Ein weiterer Arzt aus dem Umfeld Bodmers, nämlich Johann Georg Zimmermann, gesellte sich zum Kreis um Wieland. Wichtig wurde schließlich auch Salomon Gessner. Dieser war nicht nur Maler und Dichter von Idyllen, er war auch Teilhaber des

Züricher Verlags Orell, Gessner, Füssli und Comp.und brachte über Jahre hinweg viele Werke von Wieland heraus. So erschien der Agathon bei OGF & Comp. oder die Shakespeare-Übersetzungen.

Wieland, nun im Hause Bodmer untergebracht, war nun der finanziellen Sorgen enthoben. Allerdings musste er  für Bodmer gegen Gottsched Partei ergreifen. Wie wir aber oben bei der Dunciade gesehen haben, bereitete ihm das keine Probleme.

Aber auch  für seine Dichtung waren Regeln vorgegeben, Tabus, die zu beachten waren. So erlaubte ihm Bodmer bei der Sujet-Wahl nur biblische Themen und für die Verswahl nur Hexameter. Diese poetische Bevormundung war doch eine Kreativitätsblockade.

Wieland hatte sich  Bodmer so angepasst, dass “die Sprache seiner Zürcher Dichtungen oft kaum von derjenigen seiner Freunde und Bewunderer zu unterscheiden ist” wie Martin Bircher feststellt. Ja es geschah sogar, dass einige seiner  anonym erschienen

Werke mit Bodmers verwechselt wurden. 1760 ließ Wieland alle seine “poetischen Werke, die seit 1751 einzeln und ohne Namen erschienen” waren in “3 Oktavbänden zusammen herausgeben, teils sie dem Publico in einer verbesserten korrekten Gestalt zu

zeigen, teils um zu verhindern, daß man mir nicht länger Sündfluten, Patriarchen und Parzivale zur Last legt,an denen ich keinen Anteil habe.” (Wieland in einem Brief an seinen späteren Verlege Phillipp Erasmus Reich, 30. März 1760 in BW 6.1,S.18)

Mit Bodmers und Breitingers Hilfe vertiefte  Wieland seine klassischen Studien. Bodmer hatte ja Homer übersetzt und er wurde für Wieland Vorbild als Übersetzer klassischer Schriftsteller. Aber er hat Wieland ja auch an die mittelalterliche Dichtung herangeführt,

wobei Bodmer nicht der Entdecker der Nibelungenhandschrift C war. Das war der Wundarzt Jacob Hermann Oberreit aus Arbon, mit dem Wieland später eng befreundet war. Als Milton-Übersetzer hat Bodmer Wieland auch auf englische Literatur

gebracht. Wie wir oben gesehen haben, hatte sich Bodmer über Hagedorn ja Shakespeares Werke kommen lassen.

Bodmer sorgte rührend für seinen Schützling. Er warb für ihn einen Freundes-und Verehrerkreis quer durch Deutschland. Er wies seinen Schüler Johann Georg Sulzer, der seit 1747 in Berlin tätig war und seit 1750 Mitglied der Königlichen

Akademie der Wissenschaften war, auf das junge Talent hin, dies schon gleich nachdem er den Hermann erhalten hatte. Er hielt ihn über Wielands Arbeiten auf dem Laufenden. Sulzer wiederum war mit Johann Wilhelm Ludwig Gleim befreundet.

Und er machte sich bei Gleim für Wieland stark. Bodmer selbst hatte Gleim Wieland als “den zweiten Klopstock” gepriesen. Er besorgte auch die Hymne mit einer Vorrede in Berlin zum Druck. (Fritz Budde in Wieland und Bodmer S. 30)

Wieland weilte nun schon ein Jahr bei Bodmer. Der Freundeskreis suchte für Wieland eine passende pädagogische Betätigung.

Von Bodmer angeregt entwarf Wieland den Plan einer Akademie zur Bildung des Verstandes und junger Leute zu entwerfen. Er schrieb da am 5. Juni 1753 auch Sophie davon. “ Die Sache selbst, die ich darin geschrieben habe, indeß verdient alle

Aufmerksamkeit, sonderlich das project des Herrn B…” (C.M. Wielands Briefe an Sophie von La Roche, herausgegeben von Franz Horn S 24/25). Genaueres über dieses Projekt erfährt in einem Brief an Müchler (abgedruckt in der Nr. 32 des Morgenblatt für gebildete

Stände vom 7. Februar 1814) Johann Georg Müchler war zu der Zeit Hauslehrer bei Herrn von Arnim auf Suckow. Und von dort hatte Wieland eine Angebot erhalten, als Lehrer an einem vom brandenburgischen Adel zu gründenden Erziehungsinstitut

mitzuwirken.. In diesem Brief lehnt er das Angebot ab und erzählt gleichzeitig von seinen Akademieplänen. “Ich habe mit einigen Freunden ein Projekt einer Akademie gemacht, welche ein Antipode der deutschen  Akademien und Gymnasien.

Pädagogien und wie sie heißen, seyn sollte. Die Wissenschaften, die darin gelehrt werden sollten, wären Philosophie, Geschichte und Mathematik, vor allen die Moral und Politik und die nöthigste Kunst, die Kenntnis der Menschen.”

Mit “einigen Freunden” ist mit Sicherheit Bodmer gemeint aber natürlich auch Künzli. Er war es, der kurz zuvor ja in Winterthur diesen Plan dort in Druck gegeben hat. (nach L.F. Ofterdinger S. 92). Zwar war der Plan ohne Namensnennung veröffentlicht  worden. Aber es war doch bald ruchbar geworden, dass er von Wieland stammte. Und so erhielt er vier Schüler, den Sohn des Amtmann Grebel,  einen Sohn des Zunftmeister Waser zwei Söhne des Kaufmanns Ott. So konnte er daran denken, bei Bodmer auszuziehen. Er wohnte zunächst bei Doktor Gessner, dem Schwager Bodmers. Vorher war aber etwas für Wieland unfassbares geschehen. Sophie hatte ihre Verlobung gelöst und Wieland mitgeteilt, dass sie Frank La Roche heiraten werde.

Es war ja schon oben gezeigt, dass Wielands Mutter alles andre als begeistert war mit Christoph Martins Wahl. Ludmilla Assing, die erste Biographin von Sophie (Siehe Blog Sophie von La Roche) bemerkt dazu in “Sophie von La Roche, die Freundin Wielands”

auf Seite 61 “Das Betragen von Wieland’s Mutter erreichte einen unerträglichen Grad der Gehässigkeit.” Sophie ging also zurück zu ihrem Vater nach Augsburg. Aber auch dort hatte sich die Situation total geändert. Sophies Vater hatte sich wieder verheiratet.

Das ohnehin schon schwierige Vater-Tochter Verhältnis wurde noch zusätzlich dadurch belastet, dass er seinen Stiefsohn bei seiner Wiederverheiratung als Erben eingesetzt hatte. Sophie stand nun auch unversorgt da. Sie war “schon” 23 und die gelöste

Verlobung mit Bianconi und die eigentlich wenig zukunftsträchtige Verbindung mit dem jungen Dichter, der wie Vater Gutermann meinte, nie  “Brodwissenschaft” studieren wollte, erhöhte ihre Chancen auf dem Heiratsmarkt keineswegs.

Als sie auf Drängen ihres Vaters die Verlobung mit Bianconi gelöst hatte, wollte ihr Bräutigam Sophie zur Flucht überreden. Christoph Martin hätte diese Kraft und Entschlossenheit, die zu einem solchen Entschluss nötig gewesen wäre,

nicht aufgebracht und Sophie wusste das. Und Wieland saß ja auch völlig glücklich in Zürich und ahnte nicht, was sich in Biberach und Augsburg anbahnte. Sophie schrieb nun an ihre Stiefmutter in Augsburg und erklärte ihr, dass die Verbindung mit Wieland gelöst

sei und kündigte ihre Rückkehr nach Augsburg an. Zu dieser Zeit war Frank von La Roche, der kurmainzische Rat und Sohn des Grafen von Stadion in Augsburg. Er lernte die Familie Gutermann und damit auch Sophie kennen. Er warb um sie. Vater und Stiefmutter

setzten Sophie stark unter Druck und schließlich gab sie nach. Auch Frank La Roche war katholisch. Aber bei Georg Friedrich Gutermann spielte das diesmal keine Rolle mehr. Es gab auch keinen Ehevertrag wie bei Bianconi, der die Verbindung zum

Platzen brachte.  Man hat den Eindruck, dass der Vater einfach froh war, dass die Tochter aus dem Haus kam, zumal der künftige Gemahl ja auch keine schlechte Partie war. Für Sophie musste es eigentlich schon befremdlich sein, dass ihr Vater diesmal

seinen protestantischen Religionseifer nicht herauskehrte, obwohl sie ja mit Christoph Martin verlobt war und der ja protestantisch war.

Wieland erfuhr das alles erst im Dezember 1753 eben über den Brief, den Sophie an ihre Stiefmutter geschickt hatte. Diesen hatte die Stiefmutter an Wieland geschickt begleitet von der Mitteilung, dass Sophie Herrn von  La Roche ihre Hand geben würde.

Der junge Wieland ist natürlich aus seinen schönsten Träumen gerissen. Er zertritt Sophies Bild, lässt das Glas allerdings gleich am nächsten Tag wieder reparieren. Er fasst sich und schreibt am 12. Dezember 1753 an Sophie:

“Erlauben sie mir, meine Wertheste, Sie daran zu erinnern, dass wir uns tausendmal in dem Angesicht Gottes zugesagt haben, uns so lange zu lieben, als wir die Tugend lieben und wir meinten damals, dass das soviel sey, als ewig. Sollte diese Zusage

itzt ungültig seyn?” (C.M. Wielands Briefe an Sophie von La Roche, herausgegeben von Franz Horn  S. 25/26) 6 Wochen später, nämlich am 30. Januar 1754 schreibt er wieder an Sophie. Er rekapituliert sein Schreiben vom Dezember “Ich kam also dann

zu dem mir sehr angelegenen Punkt, daß ich nicht einsehen könne, daß die zärtliche Verbindung unserer Seelen, oder unserer Freundschaft um Ihrer Vermählung willen gebrochen werden müsse; indem eine herzliche, edle Freundschaft, welche zugleich

mit vielen unterhalten werden kann, sich mit der ehelichen Liebe zu Einem gar wohl verträgt, und ich Ursache habe zu glauben, daß ich Ihrer Freundschaft noch so würdig bin als vor einem Jahr” (ebda S. 29).  Am 19. März 1754 schreibt er

direkt an La Roche. Er bringt darin zum Ausdruck, dass er sich sehr freut, dass Sophie, “dieses außerordentliche werthe Geschöpf” an einen “so edelmüthigen und seinen Werth so gut empfinden Besitzer gekommen ist, wie Sie mein vortreffleicher Freund”

(ebda S 32.)Natürlich teilt er seinem väterlichen Freund Bodmer mit, dass die Beziehung nicht mehr besteht. Er schreibt ihm am 2. Juni 1754 von Winterthur aus. Er sieht das Aus nicht als Sophies Schuld, sondern “daß es ein Schicksal ist, das mich

des redlichsten und liebenswürdigsten Mädchen beraubt hat” (Ausgewählte Briefe von C. M. Wieland Band 1, Zürich 1815 S. 132)

Am 24. Juni 1754 verläßt er Bodmers Haus. In seinem Brief an Bodmer mit diesem Datum bringt er seine tiefste Dankbarkeit zum Ausdruck und sagt, dass er eigentlich noch weit mehr sagen wollte, dies aber “aus Furcht der geringsten Ähnlichkeit mit einem

Schmeichler” nicht tut und dann weiter “Sie haben die ganze Güte Ihres vortrefflichen Herzens über mich ausgebreitet; Sie waren väterlich für mich besorgt und nahmen den zärtlichsten  Antheil an meinen unglücklich scheinenden Begebnissen”

(er spielt dabei auf Sophie an) er bezieht in seinen Dank auch Bodmers Frau ein wie wohl er sagt “ich bin nicht im Stand mit Worten so viel als ich wünsche, alle zärtliche Dankbarkeit auszudrücken, die ich für die ausnehmende Güte der Frau Professorin

gegen mich in vollem Maße empfinde” (ebda S. 135 ff.)

Außer den schon erwähnten Werken schrieb Wieland während seines Aufenthalts bei Bodmer “Der Frühling” (im Mai des Jahres 1752 aufgesetzt und in Band 1 der Poetischen Schriften s.o. gedruckt.) Der Fryhling in Bodmerscher Schreibweise müsse

Klopstock in den Schatten stellen. Er schrieb an Zellweger “ein allerliebstes Werk, das bei Klopstock den Gedanken erwecken muss, es sei einer da, der ihm gleichkommen oder in gewissen Stücken übertreffen könne” am 17. Mai 1752.

Zurück zu Wielands Tätigkeit als Erzieher. Er nahm diese Tätigkeit sehr ernst und er hatte diesbezüglich schnell einen enormen Ruf in Zürich. So erzählt Georg Gessner in seiner Johann Kaspar  Lavaters Lebensbeschreibung, Winterthur 1802 Bd. 1

auf Seite 63 von der Zeit als Wieland nach Zürich kam, dass auch Lavater von dem Aufsehen erfuhr, das Wieland erregte. “Da erzählten sich die Knaben unter einander von dem Manne, der so viele Sprachen verstühnde, der mit dem blossen Blick

ein Zimmer ausmessen, und sagen  könnte wie viele Linsen d’rin Raum hätten. Der Mann nähme Schüler an aber nur vornehme und ausgesuchte Köpfe; er lehr’ in Einem Tag mehr als andere in Wochen u.s.w” . Natürlich erregte “dieses Gerede” über Wieland

auch Lavaters Interesse ohne dass er zu der Zeit zu näherer Bekanntschaft mit ihm kam.

Ab Juni 1754 lebte Wieland im Haus des Amtmann Grebels, dessen Sohn ja schon zu seinen Zöglingen zählte. Nach Ofterdinger wurde Wieland als höheres Wesen betrachtet und Frau von Grebel unterstützte ihn in allem.

Es war dies eine Zeit großer Veränderung in Wielands Leben. Er war von seinem väterlichen Mentor weg gezogen. Er war nun als Erzieher tätig und vor allem , er musste die Trennung von Sophie verarbeiten. In diesen Jahren von 1754 erschienen teils poetische, teils

philosophische Werke. Über die Kritik an diesem Werk von Nicolai und Lessing ist ja oben schon geschrieben worden.

Wieland studierte die Schriften der griechischen  Philosophen, um sich in der griechischen Sprache gründlich auszubilden. Auch englisch lernte er, was er schon in Tübingen am 26. März 1752 in einem Brief an Schinz angekündigt hatte. “ Ich werde

nächstens das Englische zu lernen anfangen. Ich brenne vor Begierde, Milton, Pope, Addison, Young, Thomson in ihrer Sprache zu lesen.” (Ausgewählte Briefe, S.55).

Sein neuer Wirkungsbereich war zeitaufwendig für Wieland. In einem Brief an Johann Georg Zimmermann vom  15. Dezember schildert er seinen Tagesablauf. Er steht morgens um  7 auf, braucht aber nach eigenem Bekunden etwa eine Stunde,

bis er in die Gänge kommt. “Um acht Uhr dejeunire ich und lese insgemein etwas dazu.” Von neun bis elf unterrichtet er und bis zwölf erledigt er kleinere Arbeiten. “Bis nachmittags um zwey pflege ich nichts zu arbeiten”. Dann folgt wieder Unterricht.

Danach muss er seinen Freundeskreis pflegen, das heißt er bekommt Besuche oder er macht Besuche. Auch seine Hausherren (“Hauspatrone”) bekommen Besuch und er muss der Höflichkeit halber dabei sein. Auch gesellschaftliche Pflichten fordern ihren Tribut.

“Ueberdem sind etwan ein halb  Dutzend Häuser,  wo ich um allerley Verbindungen willen von Zeit zu Zeit einen Besuch machen muss.” Er beklagt sich im weiteren, dass zu seinen Arbeiten nur ein paar Abende und “die Stunden der Nacht, die ich dem Schlaf zu

entwenden pflege”(Ausgewählte Briefe von C. M. Wieland Band 1, Zürich 1815 S. 230 ff.) Die wenige Freizeit, die ihm blieb, verbrachte er in Damengesellschaft. In seinem männlichen Bekanntenkreis stieß sein seraphischer Gedankenflug, auf dem er seit seiner

Trennung von Sophie war,  auf leise Ironie. Aber dankbare Zuhörerinnen fand er unter Damen reiferen Alters. Da war zum einen  eine ältere Verwandte im Hause Grebel,”welche schon längst mit dieser Welt abgeschlossen hatte und sich nur mit dem Jenseits

befasste”. (zitiert nach L.F. Ofterdinger  S. 106). Wieland sagte selbst “er lebte in  platonisirenden Morgenträumen” harmonierte gut mit “der Devotin”. Ihr zu Gefallen dichtete er die “Empfindungen eines Christen”, die auf so herbe  Kritik Lessings stießen. In

Weimar äußerte er sich später dazu: “Als mir später die Schuppen von den Augen fielen, ergrimmte ich besonders über diese heilige Prüderie und affectirte Züchtigkeit und die Marter, die mir damals jene tantalisirende Fromme, mit der ich unter Einem Dache

wohnte, angethan hatte, die Erfahrungen, die ich damals gemacht hatte, haben gewiß vorzüglich viel dazu beigetragen, daß ich zu meinen Gedichten dem Anschein nach so wollüstige und lockende Themen genommen und con amore (aber immer mit dem reinsten

sinne) ausgemalt habe.” (Historisches Taschenbuch, Band 10 von Wilhelm Maurenbrecher,Friedrich ¬von Raumer S. 398 Wieland über seine Geliebten). Wichtig war für Wieland aber vor allem Frau von Grebel-Lochmann. Ihr verstorbener Mann war ein Vetter

des Amtmann Grebel, bei dem er wohnte. Wieland selbst sagt über Frau Grebel “Meine feurigste Liebe in Zürich war zu einer Frau von Grebel,

einer jungfräulichen Witwe von 40 Jahren” ( Historisches Taschenbuch S. 399)und ab S. 401 “Nur hielt es sehr schwer, Sie unter vier Augen zu sprechen. Zu ihr zu gehen, wäre nach zürcher Wohlstandsgesetzen ein Staatsverbrechen gewesen.

Nun hatte sie einen Neffen und man kam überein, dass Wieland diesem ein Privatissimum in Philosophie erteilte. Dadurch erhielt Wieland das Recht, ihr Rechenschaft über die Fortschritte ihres Neffen zu geben. Dieser fungierte praktisch als Postillon

d’Amour. “Der Herr Vetter brachte nur immer ein zugesiegeltes Buch von seiner Tante und ich schickte ihr eines durch eben diesen Botschafter. Aber in diesen Büchern lagen immer gegenseitige zärtliche Briefchen. Bald kam es soweit, dass fast kein Tag,

ohne in einem Briefchen uns gegenseitig gestreichelt zu haben verfloß.” (Historisches Taschenbuch S. 402). Beiden war klar, dass ihre Beziehung keine Zukunft hatte. “Die Ungleichheit des Alters war das größte Hindernis (ebda.) Die Beziehung

dauerte 4 Jahre. Dann warb ein Züricher Witwer um sie. Frau Grebel machte Wieland “zum Vertrauten dieses Antrags” und er riet “selbst herzlich zu dieser neuen Verbindung” zumal Alter und Vermögen dafür sprach. Und Wieland konstatierte

“So endigte diese Liebe”. Natürlich hatte dem sittenstrengen Bodmer diese Frauenbekanntschaft missfallen. Aber Wieland verteidigte diesen Umgang. “Ich verdiene keine Vorwürfe wegen meines Umgangs mit Frauenzimmern. Es sind wenige,

und Personen von gutem Charakter und bekannten edlen Sitten, mit denen ich umgehe oder umgegangen bin.” (im Brief an Bodmer vom 22. November 1754 Ausgewählte Briefe von C. M. Wieland Band 1, Zürich 1815 S. 144). Bodmer war wohl

einfach eifersüchtig. Er fühlte sich zurückgesetzt und war eben nicht mehr einziger Vertrauter des Dichters. Auch befürchtete er, dass Wieland seine Zeit vergeude statt sich um Poesie und guten Geschmack zu kümmern. Zwar blieb der Verkehr immer noch rege.

Wieland kam jeden Sonntag auf Besuch zu  Bodmer oder traf ihn bei Breitinger. Er lieh sich nach wie vor Bücher bei Bodmer für sein Studium. Aber die Beziehung war doch brüchiger geworden. Über Frau von Grebel kam Wieland in vielerlei Gesellschaften und

sein Bekanntenkreis weitete sich. Er nahm Kontakt auf mit dem Fabeldichter Meyer von Knonau. Schon von Tübingen aus erkundigte sich Wieland bei Bodmer über Meyer von Knonau. Dass Wieland jetzt den Kontakt suchte, verwundert nicht. Wilhelm Scherer

arbeitet in der Zeitschrift für Deutsches Altertum in Heft 20 das Beziehungsgeflecht heraus. (S. 320 ff). Er bezieht sich auf Wielands Brief an Bodmer vom 29. Mai 1754, indem er mitteilt, dass er einen Brief “von der Frau Gr. G.” erhalten habe und gesagt bekommt,

dass er im Constanzer Haus Unterkommen erhalte. Und dann erläutert Scherer, dass Frau Amtmann Grebel die Frau des Amtmann Hans Georg Grebel im Constanzer Haus ist. Er wird Erzieher des Sohnes des Amtmann und Frau Grebel ist wie eine zweite Mutter zu

ihm. Sie ist die 1713 geborene Verena Meyer von Knonau, eine Schwester des Fabeldichters Johann Ludwig Meyer von Knonau, der ja auch mit Bodmer befreundet war. Der Dichter bewohnte das Schloss seiner Gerichtsherrschaft von Weiningen, wo dann Wieland

auch oft zu Gast war. Auch Salomon Gessner wollte Wieland schon lange kennen lernen. So lange er bei Bodmer wohnte, hielt er es allerdings für nicht opportun. Gessner hatte einen großen Ruf als Idyllendichter. In Frankreich wurde er fast  noch mehr bewundert

als in Deutschland. Sein Vater Konrad war Verleger. Salomon war seit 1761 Teilhaber des Verlagshauses Orell, Geßner & Cie bei dem ja auch Wielands frühe Werke erschienen. Schließlich gab es später familiäre Verbindungen, den Salomon Gessners Sohn Heinrich

heiratete 1795 Wielands Tochter Lotte. Die wichtigste Bekanntschaft die Wieland in dieser Zeit machte, war die mit Johann Georg Zimmermann, der zu der Zeit Stadtarzt in Brugg war.  Über Breitinger hatte Wieland von dem Arzt in Brugg gehört. Was er von ihm

hörte, ließ ihn auf Seelenverwandtschaft schließen. Der Brief vom 11. Mai 1756 ist der erste erhaltene Brief an Zimmermann. Da schreibt er “Es war mir ausnehmend erfreulich, von Ihnen eine Betätigung meiner eigenen Beobachtungen zu erhalten,dass wir220px-Johann_Georg_Zimmermann

in vielen Stücken mit einander sympathisieren. Wie kann ein Mann, dessen Empfindungen so zart und edel sind, anders als mit mir verwandt seyn.” (Ausgewählte Briefe von C. M. Wieland Band 1, Zürich 1815 S. 175 f.) Über Breitinger  hatte Wieland

auch von Zimmermann Gedicht “Die Zerstörung Lissabons” gehört, dass dieser über alle Maßen gelobt hatte. Wieland bot sich im Brief von 19. Mai 1756 an, “die Correktur des ersten Probebogens besorgen zu dürfen” (S. 178) Daraus entwickelte sich eine beständige

Korrespondenz. Sie schickten sich gegenseitig ihre Werke zu und kritisierten sie. Zimmermann hatte in Göttingen Medizin studiert, wo er Schüler seines Schweizer Landsmanns Albrecht von Haller war, der Mediziner, Botaniker und Wirtschaftspublizist

war. Aber auch als Dichter tat er sich hervor. Auf diesem Gedicht war sein Werk “Die Alpen” das wichtigste. Zimmermann schreibt immer wieder an Haller, gibt ihm Hinweise auf Wielands Werke und möchte auch Hallers Meinung zu Johanna Gray erfahren.

Hallers Urteil hat sicher Zimmermanns Einschätzung zu Wieland beeinflusst. Beide beeinflussten sich sehr positiv. Der Spott Zimmermanns brachte Wieland dazu, den “platonischen und seraphischen Mantel abzuwerfen” (Rudolf Ischer, Johann Georg Zimmermanns

Leben und Werke Bern 1893 S. 65). Natürlich erweiterte der Briefwechsel mit einem Arzt und Naturforscher Wielands Horizont beträchtlich.Auch andere Lektüre kam allmählich auf Wielands Leseplan. Er las jetzt Xenophon und Lucian, englische Schriftsteller,

Shaftesbury und vor allem Shakespeare. 1758 erscheint das Trauerspiel Lady Johanna Gray. Wieland verfasste es nach Nicolas Rowe. Lessing bemerkt in seinem 64. Literaturbrief, dass Wieland sich bei Rowe bedient habe. Aber im 63. Brief von 1759

schreibt er auch auf Seite 242 “Freuen sie sich mit mir! Herr Wieland hat die aetherischen Sphären verlassen und wandelt wieder unter den Menschenkindern”. Er schreibt dann weiter mit leicht ironischem Ton,

dass es in der Schweiz aufgeführt worden sei. Es wurde von der Ackermannschen Theatertruppe am 20. Juli 1758 in Winterthur uraufgeführt. Wieland war bei der Aufführung anwesend. Wieland hat mit diesem Werk erstmals in der deutschen

Literatur den Blankvers, übernommen,der damals auf der englischen Bühne üblich war. Gleichzeitig arbeitete er an einem Epos, nämlich “Cyrus”.Es war von Xenophon inspiriert. Cyrus war der persische Herrscher, der das jüdische Volk aus der

babylonischen Gefangenschaft entließ.Das Vorbild aber war Friedrich II. von Preußen, der im Kreise Bodmers als Streiter gegen den Katholizismus gefeiert wurde.Wieland hielt den Cyrus für sein erstes Hauptwerk. Es folgte das Trauerspiel Clementina von Poretta,

das er nach einer Erzählung von Samuel Richardson dramatisiert hatte. Es erschien 1760 in Zürich.

Inzwischen waren Wielands Zöglinge im Hause Gröbel so groß geworden, dass seine Aufgabe dort zu Ende ging. Er musste sich also nach einer neuen Existenzgrundlage umsehen. Vor einem akademischen Lehramt “grauete und ekelte es sich ihm” wie er sagt

Er denkt daran, nach Biberach zurück zu kehren dort seine angefangenen Werke, vor allem den Cyrus zu beenden und sich eventuell um eine Magistratsstelle zu bewerben, wenn sich die Gelegenheit ergibt oder anderswo als Literat zu leben und eine gelehrte

Zeitschrift zu redigieren. Ganz unverhofft bekam er aber ein Angebot für eine Hofmeisterstelle in Marseille. Zimmermann war 1752 nach Bern gekommen, um dort eine Praxis zu eröffnen. Er hatte ein Empfehlungsschreiben seines Lehrers an den Schultheißen

Sinner bekommen.Und das war auch der, der einen Erzieher für seinen Sohn suchte. Wieland schwankte zwischen Marseille und Bern. Er entschied sich aber für Bern. Sein doch schon längerer Aufenthalt in der Schweiz und die Freundschaft zu Zimmermann

haben wohl den Ausschlag gegeben.

Wieland kam 14. Juni 1759 in Bern an. Er war jetzt 26 und hatte auch in Bern einen guten Ruf und jeder wollte ihn kennen lernen. Friedrich Sinner, dessen Kinder der Dichter erziehen sollte, war Ratsherr in Bern und später amtierender Schultheiss.

Er hatte eine große Bibliothek, wie Wieland seinem Freund Zimmermann erzählt und auch eine bedeutende Gemälde-und Kupferstichsammlung. Über seine neue Aufgabe ist er aber nicht sehr glücklich. Am 25. Juni 1759 schreibt an seinen Freund:

“Die Knäblein * * sind so unwissend, ungeschickt, kindisch und ungelehrig, daß ich nie aufhören werde, mich und meine verlorene Zeit zu bedauern.” (Ausgewählte Briefe von C. M. Wieland Band 2, Zürich 1815 S. 41) und am 4. Juli schreibt er ““:

“Wenn das Amt , alle vier Tage vier Stunden in den Elementen der Grammatik zu unterweisen, lange fortdauerte; so würde der Geist, der den Cyrus denken, und mit Shaftesbury Diderot und Rousseau wetteifern soll, gänzlich verlöschen oder

wenigstens zum Pygmäen werden.” (ebda S. 47) Wieland hatte rasch Freunde gewonnen so die Ratsherren Bonstetten, Fellenberg und Tscharner sowie Professor Stapfer aus der Berner Theologenfamilie Stapfer. Diese sahen, dass die neue Tätigkeit dem Dichter

Wieland nicht förderlich war. In diesem Sinne wirkten sie auch auf Herrn von Sinner ein. Das Verhältnis im Hause Sinner wurde schon im Juli freundschaftlich gelöst. Sie verschafften ihm dafür ein Kollegium in Philosophie. Er hielt vier jungen Patriziern mit

Vorkenntnissen täglich zwei Stunden Vorlesungen. Dafür erhielt er 200 Kronen. Seine Existenz war so gesichert und er behielt genug Zeit für sich, zu arbeiten. Wieland wurde gleich von Beginn an in der Berner Gesellschaft herumgereicht. Das war zwar

erfreulich aber eben auch mit sehr viel Ablenkung verbunden. Auch auf zwei Damen wird er hingewiesen und zwar die Freundinnen Marianne Fels und Julie Bondeli. Beide zeichneten sich durch Geist und Gelehrsamkeit aus. Marianne Fels zeigte nach Ofterdinger

allerdings einen so ausgeprägten Männerhass, dass sich daraus keine bleibende Beziehung entwickeln konnte,  anders Julie Bondeli. Allerdings war Wielands erster Eindruck nicht besonders gut. Über sie schreibt er an Zimmermann : “ Mademoiselle Bondeli

a parfaitement réussi à m’ennuyer pendant deux heures continues. C’est une fille éffroyable que cette Mademoiselle Bondeli (ebda. S 49 f.). Aber bei der ersten Begegnung wollte eben jeder einen möglichst günstigen Eindruck machen oder wie Ofterdinger

das schildert: “sie wollte durch ihre Gelehrsamkeit imponiren, was bei einem Manne wie Wieland lächerlich herauskam; er aber zeigte sich als ein berühmter Dichter ,“der alle Frauen durch die Superiorität seines Genies zwingen könne, ihn bon gré mal gré

zu lieben” (Ofterdinger S.130) Das änderte sich aber rasch. Wieland sagte später dazu “ Meine leidenschaftlichste Liebe war die Bernerin Julie Bondeli, die älteste Tochter eines Patriciers von sehr vornehmen Stamme und die witzigste und klügste ihres Geschlechts in der Schweiz. (in Historisches Taschenbuch 10 S. 403 f.) Wer war diese Frau, die Wieland sehr schnell völlig anders beurteilte? Julie Bondeli wurde im Dezember 1731 geboren. Die Kirchenbücher geben nur den Tauftag aber nicht den Geburtstag an.

Julie wurde am 1. Januar 1732 getauft. Sie war also ein Jahr älter als seine große Liebe Sophie. Sie war in ihrer geistigen Entwicklung ähnlich frühreif wie Sophie und auch Christoph Martin. Mit zehn hatte sie den katholischen und den protestantischen Katechismus

auswendig gelernt “ da sie in einem paritätischen Land lebte” (in Julie Bondeli: Die Freundin Rousseaus und Wielands von P. J. J. Schädelin Bern 1838 S.8) Ihre Jugend verbrachte sie auf dem FamiIiengut Buchsi in Köniz bei Bern. Dort wurde sie von Samuel Henzi

unterrichtet, ein außerordentlich gebildeter Mann, der auch Bodmer in seinem Streit mit Gottsched unterstützte. Henzi wurde 1749 als einer der Henzi-Verschwörer hingerichtet. Julies Vater musste Henzi als dieser in Burgdorf  war,  in seiner Eigenschaft als

Schultheiss von Burgdorf verhaften und nach Bern überführen, obwohl er auf sein sehr freundschaftliches Verhältnis zu Henzi hingewiesen hatte. Als ihr Vater Friedrich Landvogt in Burgdorf wurde, kam sie auch nach Burgdorf. Dort wurde sie von

Pfarrer Johann Rudolf Gruner unterrichtet. Er war Sammler und Chronist. In Burgdorf führte er ein Schulfest ein und begründete die Stadtbibliothek. In 386 Bänden trug er topografische, historische und genealogische Quellen zusammen u. a. die für die

Anfänge des Pietismus in Bern unentbehrlichen “Acta pietistica”. Mit 15 wollte Julie Philosophin werden. Sie entwickelte sich zu einer Intellektuellen. Sie stand in Austausch mit intellektuellen Männern und Frauen und galt in der europäischen Gelehrtenrepublik als

weibliches Genie. In Bern stand sie  in Verbindung mit Bernhard Tscharner, den wir oben schon im Freundeskreis von Wieland sahen, dann Johann Rudolf Tschiffeli, der Mitglied der Helvetischen Gesellschaft war, ein Kreis aufklärerisch gesinnter Schweizer

Persönlichkeiten, wo es auch wieder viele Querverbindungen zu Wieland gibt. Tschiffeli hatte 1759 die ökonomische Gesellschaft begründet. Dieser gehörte auch Nicolaus Anton Kirchberger an. Und auch er zählte zu Julie Bondelis Freundeskreis und war seinerseits

wieder eng mit Rousseau, aber auch mit Wieland befreundet. Mitbegründer der Ökonomischen Gesellschaft war auch Samuel Engel.  Er war Bibliothekar, Geograph und Ökonom und war auch in diesem erlesenen Kreis. Hier wurden historische, philosophische und

dichterische Arbeiten vorgelesen und besprochen. Julie beherrschte diesen Kreis. Tscharner schrieb an Zimmermann “Mademoiselle Bondeli ist ohne Widerspruch die Seele dieser liebenswürdigen Gesellschaft, welche Freundschaft und Übereinstimmung des

Geschmacks zusammenhält.” (Julie von Bondeli und ihr Freundeskreis von Eduard Bodemann Hannover 1874 S.10).Wieland entflammt für Julie, sie aber hält sich zurück, wie er Zimmermann am 24. Juli 1759 schreibt “Die Jungfer Bondeli ist eine prude par

principes, und will nichts von Liebe hören. Sie ist meine Freundin und ich soll ihr Freund seyn. So Sey es denn so” (Ausgewählte Briefe von C. M. Wieland Band 2, Zürich 1815 S.59).

220px-JulieBondeli

Er schreibt an Zimmermann auch über die Schwierigkeiten die er sieht, eine Ehe mit Julie einzugehen.”Sie würde mich unaussprechlich glücklich machen.Aber ich sehe keine Möglichkeit.Ich müßte auf eine sehr anständige und vorteilhafte Weise etablirt sein,

wenn ich berechtiget seyn sollte, eine solche Prätension zu machen, und bisher ist kein solcher Anschein zu einem solchen Etablissement”(an Zimmermann ohne Datum Ausgewählte Briefe von C. M. Wieland Band 2, Zürich 1815 S 109.)

Eine Zeit lang hoffte er, in Biberach eine Stelle zu erhalten. Wegen des damaligen Bürgermeisters ließ sich diese Hoffnung nicht realisieren. Wieland wollte auch auf Zuraten seiner Berner Freunde eine Buchhandlung in Zofingen zu erwerben, die dort zum Kauf

angeboten wurde. Eine Buchdruckerei sollte mit angelegt werden. Da wollte er eigene Werke sowie Sammlungen interessanter Stücke aus Philosophie, der schönen Literatur und Übersetzungen der schönsten Schriften des Altertums und Auslands verlegt werden.

Er dachte zum Beispiel an Xenophon und Shaftesbury. In einem Brief an Zimmermann erzählt er davon (1. Mai 1760).

Aber noch ehe der Kauf getätigt werden konnte, erfährt er von seinen Mutter, dass der Bürgermeister, der Wieland nicht wohl gesonnen war, verstorben sei. Sein Vater teilte ihm dann mit, dass er in Biberach zum Senator gewählt worden ist und zwar einstimmig

und wie der Vater erwähnt, “zur Freude aller evangelischen Bürger” (nach Gruber S.308). Beide Elternteile ermahnen ihn, die Stelle anzunehmen. Julie befand sich da gerade in Neufchatel. Die Abreise erfolgte so schnell, dass sich Wieland nicht einmal

verabschieden konnte. Nach seiner Aussage hatten sie sich aber vorher ewige Liebe geschworen und der Briefwechsel wurde fortgesetzt. (in Historisches Taschenbuch 10 S. 408). Der Briefwechsel kam aber sehr rasch zum Erliegen, wohl auch durch Wielands Schuld.

Allerdings bedeutete sein neues Arbeitsfeld sicherlich auch eine enorme Umstellung für ihn, so dass Briefwechsel-egal mit wem- auch zwangsläufig zunächst mal eher hinten anstand. Wieland schildert auf der gleichen Seite auch wie er nach Biberach kam.

“Ein Herr von Hiller, der Nächste nach dem Bürgermeister in Biberach ein roher Mann, der aber gewisse äußere Talente und männliche Schönheit hatte, bewarb sich um Cateau (die jüngere Schwester von Sophie La Roche). Sophie wünschte ihre jüngere Schwester in der Nachbarschaft in Biberach zu haben und beförderte diese Heirath. Dies war alles während meiner sechsjährigen Abwesenheit in der Schweiz vorgegangen. Die Frau von Hiller hatte eine Stieftochter und legte mit ihrem Manne den Plan an, mich aus der Schweiz nach Biberach zurückzuangeln und mit ihrer Tochter so zu verkuppeln, daß ich ihr Schwiegersohn und Anbeter zu gleicher Zeit würde. Darum erhielt ich die Stelle als Stadtsecretair in Biberach und mußte sie auf dringendes Bitten meiner Aeltern auch annehmen”. (ebda.S. 407 f.) Die Stelle eines Senators war zwar ehrenvoll und auch mit großem Einfluss versehen, eine Lebensgrundlage bot sie aber nicht. Doch wurde kurz nach Wielands Wahl die Stelle des Kanzleiverwalters frei und Wieland bewarb sich und erhielt die Stelle zum 27. Juli 1760. Das war nun mit erheblichen Vorteilen verbunden. So erhielt er eine   geräumige Amtswohnung direkt neben dem Rathaus (heute Kugler-Maurer, mit einer Gedenktafel versehen, die wegen des Umbaus des Hauses in den 50-iger Jahren so hoch  angebracht ist, dass man sie nur bemerkt, wenn man sie sucht), ein für die damalige Zeit gutes Einkommen. In einem Brief an Bodmer sagt er dazu am 1.10. 1760  “Unterdessen befinde ich mich im Besitz eines der bequemsten Häuser unserer Stadt, bey einer Besoldung von 1000 Gulden, und bey Geschäften, die, wenn nur einmal die jetzigen Troublen vorüber sind, mir sehr wenig Mühen machen werden” (ebda S. 148)(um 1700 hatte ein Gulden die Kaufkraft von zwischen 40 und 50 €) Laut Ofterdinger erfährt Wieland erst später während der Prozesse, wie er zur Stelle des Kanzleisekretärs gekommen ist. Und Wieland erwähnt in seiner Erinnerung nicht, dass seine Mutter in dieser Angelegenheit wohl im Verbund mit

Cateau von Hillern tatkräftig mitgemischt hat. Wieland erinnert sich, dass die jüngere Schwester, “als er mit Sophie umging” schon mit ihm kokettierte. Sie sah auch jetzt, als sie verheiratet war, immer noch gut aus. Aber ihre Ehe war nicht glücklich.

Ihr Mann betrank sich damals fast täglich. Wieland wurde nun zum Seelentröster. Sie wurde für ihn durch “ihre reizende Figur ebenso gut als durch ihr Unglück”  interessant und all das schrieb er “in der Aufrichtigkeit meines Herzens immer feuriger und

lobpreisender” an Julie.Sie sah das anders und wohl auch klarer. “und was sie nicht sah, “enthüllte ihr Marianne Fleiß” (Wieland in Historisches Tagebuch S. 408)An Zimmermann schreibt Julie am 4. August 1761”Eine Schwester der Madame Laroche ist die Schuld

seines ganzen Unglücks. Er wurde verliebt in sie, sobald er sie sah; nachdem er drei Wochen in Biberach  war, hielt er sie schon für ein Modell der Vollkommenheit und nannte sie eine zweite Panthea. Sie wusste ihn geschickt zu gewinnen und er hätte nicht

Wieland sein müssen, um ihr zu widerstehen.(zitiert nach Bodemann S.64 f). Und Wieland resümiert ernüchtert ”so endete unsere Liebe” (Historisches Tagebuch S. 409) Zwar brachte Zimmermann nochmals eine Versöhnung zustande. Aber seine

Anstellung als Stadtschreiber blieb zunächst  nur vorläufig und  das dauerte bis 1764. Ein katholische Ratsherr hatte einen Prozess angestrengt, bei dem es um die Gleichstellung der Kanzlei und des Syndikats ging. In einer Stadt, die streng auf Parität achtete, natürlich ein Politikum ersten Ranges. Während des Prozesses war seine Stellung unsicher und zudem musste er des öfteren auch Erfahrungen mit dem Wankelmut seiner Gönner und Freunde machen. Am  7. April 1762 klagt er Zimmermann sein Leid “Ach! mein liebster Zimmermann, wenn Sie wüßten, was ich hier ausstehe, und in was für einem Labyrinth von Verwirrung und verdrießlichen Händeln ich ohne Ausgang herum irre oder vielmehr herumgetrieben werde…Der verdammte Prozess unserer beyden Magistratsanteile über die Parification der Canzley und des Syndicats um  dessentwillen ich nun schon zwanzig Monathe lang wie eine Seele im Fegefeuer leide, ist nun dahin gediehen, daß es mich meine Stelle vermuthlich gänzlich kosten wird.” (ebda. S. 174)Ganz so schlimm kam es nicht, aber der Prozess zog sich noch zwei Jahre hin und ging wohl erst dann positiv für Wieland aus, als sich Graf von Stadion in Wien sehr energisch  eingesetzt hatte. (Ofterdinger S. 154)

Als Bürgermeister von Hillern 1765 ganz plötzlich verstarb, dachte Wieland eigentlich “durch diese unerwartete Auflösung des Knotens die schöne Witwe meine Frau werden würde” (Historisches Tagebuch S. 410) Allerdings erklärt ihm Sophie, die so Wieland

“nie mit der Eitelkeit ihrer Schwester zufrieden gewesen war”, dass Cateau “zu stolz sei von der Frau Bürgermeisterin zur Frau eines blossen Officials (dazu gehörte der Stadtschreiber) herabzusteigen. (ebda. S. 411)Im Rückblick meint er,dass bei einer

Heirat mit Julie Bondeli “wäre ich im ruhigen Selbstgenusse nie der Schriftsteller geworden, der ich bin” (Ebda. S. 412) und weiter “Ganz unglücklich wäre ich aber gewesen, wenn ich die Hiller zur Frau bekommen hätte. Sie war eine imposante

herrschsüchtige Frau, die in Weimar überall Unmut und Missvergnügen erregt hätte.”

1761 war Wieland Direktor der Evangelischen Komödiantengesellschaft geworden Diese Position war mit seinem Amt als Stadtschreiber verbunden. Im ersten Jahr seiner Theaterleitung lernte er auch die 19-jährige Christine Hogel kennen.  Am 22 .

November, dem  Fest  der Heiligen Cäcilie  wurde in Biberach immer ein großes Musikfest veranstaltet, das zwar vom katholischen Teil der Biberacher Bevölkerung ausging. Doch auch die evangelische Bevölkerung beteiligte sich rege. Es war

ein wirklich gemeinsames Fest. Zunächst wurde immer ein Konzert gegeben und zwar ein Teil instrumental und ein Teil vokal. Danach erfolgte ein Ball. Christine war als Solosängerin dabei. Die beiden verliebten sich. Allerdings bezweifelt Michael Zaremba

in “Christoph Martin Wieland,Aufklärer und Poet, Köln 2007” auf Seite 118 diese Datierung, da Obereit (der Entdecker der Handschrift C des Nibelungenlieds)  Bodmer über die neue Beziehung Wielands schon im September informiert hat.

Der anbahnenden Beziehung stellten sich gleich zwei Hindernisse in den Weg. Christines Eltern waren nicht wohlhabend. Der Vater war Säcklermeister  und katholischer Mesmer. Eine erzkatholische Familie der künftigen Braut und eine nicht weniger strenggläubige  protestantische Familie des Christoph Martin machte die Lage nicht einfacher. Dazu waren weitere konfessionelle Verwicklungen sozusagen auf höherer Ebene zu erwarten. Die Taufpaten Christines waren  Hieronymus Eberhard von Brandenburg und Maria Anna Christina von Settelin, beides einflußreiche katholische Patrizier. Christines Vater war Mitglied der vom katholischen Patriziats gegründeten Bruderschaft vom Heiligen Blut Christi, die die Biberacher Blutreiter beim Weingartner Blutritt

stellten. Wielands Vater wieder war der höchste evangelische Geistliche der Stadt. Wieland stellte nun Christine als Haushälterin bei sich ein. Das beflügelte natürlich in dem kleinen Städtchen den Klatsch. Der Dichter aber erlebte einen wahren Schaffensrausch.

An Zimmermann schreibt er am 20. Dezember 1762 “Es wundert sie billig, daß ich in den unbegreiflich tollen und ermüdenden Umständen des 1761 und 1762 Jahrs den Agathon schreiben konnte. Verwundern Sie sich weniger oder mehr, wenn ich

Ihnen sage, daß es eine kleine Zauberin war, die dieses Wunder wirkte. Ohne sie würde ich tausendmahl unter der Last der Verzweiflung erlegen, oder in Anstößen von Trübsinn, Unmuth und Wildheyt auf verderbliche Extremitäten gefallen seyn….

aber ich bitte Sie, lassen Sie mir meine Zauberin, ich will Ihnen dafür aber auch gewiß versprechen, daß ich nicht bey meiner Haushälterin schlafen will” (Ausgewählte Briefe von C. M. Wieland Band 2, Zürich 1815 S. 203 f.)

Allerdings hat er sich nicht daran gehalten, denn Christine wurde schwanger.Aber eine Heirat war aus beruflichen, konfessionellen und gesellschaftlichen Gründen heikel. Der katholische Magistrat wollte keine Verbindung katholischer Mädchen mit

Männern anderer Konfession dulden. Die Protestanten, denen Wieland sein Amt verdankte, waren wegen des Skandals verärgert. Wieland hätte wohl nur in einem Prozess gegen beide Magistrate die Heirat erzwingen können und das hätte ihn wahrscheinlich

Amt und Bürgerrecht gekostet. Über Sophie bat er den Grafen von Stadion, ihm eine Dispens zu erwirken. Sophie brachte Christine erst mal bei den Englischen Fräulein in Augsburg unter. Durch eine Indiskretion war Christines Zustand  dort bekannt geworden

und sie konnte nicht länger bleiben. Wieland wollte sie durch einen Vertrauten abholen lassen, aber Christines Vater war ihm zuvorgekommen. Über Kloster Rot reisten sie zurück.Dort war ihr Bruder als Pater Sigismund im Kloster. Er vermittelte

Vater und Tochter beim Abt, das war Mauritius Moriz, eine Audienz. Wieland war wohl von seinem Vertrauten über die neue Situation informiert. Wieland eilte sofort nach Rot, doch Vater und Tochter waren schon auf dem Weg nach Biberach.

Aber Wieland erhielt nun seinerseits eine Audienz beim Abt. Dieser, ein  gebürtiger Biberacher,  war mit den verzwickten konfessionellen Verhältnissen  in der kleinen Reichsstadt vertraut.  Abt Mauritius  brachte Wieland großes Verständnis

entgegen und sah eigentlich keinen Hinderungsgrund für eine Ehe unter der Voraussetzung, dass Christoph Martin die Kinder in der katholischen Religion erziehen ließ, was ja auch alles andere als einfach gewesen wäre. Und dann wies er

darauf hin, dass dieses nicht seiner Kompetenz unterliege, sondern ausschließlich dem Dechanten in Biberach. Er habe auch schon Vater und Tochter geraten, sich ausschließlich an diesen zu wenden. Wieland  hatte nun auch eine

Unterredung mit dem Dechanten, die der Büchsenmacher Johann Daniel Dettenrieder vermittelte. Dieser war auch Amateurschauspieler. Er entwickelte unter Wieland sein Talent und machte zusammen mit seiner Frau Felicitas unter dem

Künstlernamen Abt eine große Karriere. Wieland machte noch einen zweiten Besuch beim Roter Abt. Da wurde er von dem Kenner der Biberacher Verhältnisse davon überzeugt, dass es das beste wäre, auf Christine zu verzichten. Wieland

sagte zu und hielt sich daran. Christine kam in Ulm nieder. Wieland hatte Sophie die Patenschaft angeboten. Die kleine Tochter wurde auf den Namen Cäcilia Christine Sophie getauft, starb aber bald nach der Geburt.

Wielands Mutter sah nun dringenden Handlungsbedarf, zumal es im “Wielandschen Prozess”, wie Ofterdinger das nennt, zu einem Vergleich gekommen war und damit Wielands finanzielle Situation gefestigt war.

Zudem war Christoph Martins Bruder gestorben, was ein weiterer Grund war, auf eine Ehe zu  drängen.  Er erzählt am 29. August 1764 Gessner vom glücklichen Ende des ihn sehr belastenden Prozesses und fährt dann fort:

“nun geht mir von den Bedürfnissen des menschlichen Lebens nichts ab, als ein Weib, und da ich durch den Tod meines Bruders die Ehre habe, der einzige von meiner Familie zu seyn, so werde ich von meinen lieben alten Eltern

über diesen Punkt so sehr in die Enge getrieben,daß ich bald genöthigt seyn werde, in die ganze Welt um ein Weib auszuschreiben.” (Ausgewählte Briefe von C. M. Wieland Band 2, Zürich 1815 S. 252) Am  5. November 1765

schreibt er ebenfalls an Gessner: “…ich habe ein Weib genommen oder eigentlicher zu reden, ein Weibchen, denn es ist ein kleines, wiewol in meinen Augen ganz artiges, liebenswürdiges Geschöpf, das ich mir, ich weiß nicht recht wie,

von meinen Eltern und guten Freunden habe beilegen lassen. Es ist nun so, ich bin zufrieden; meine Mitbürger auch, denn diese können nicht wol leiden, wenn ihre Vorgesetzten unbeweibt sind.-“ (abgedruckt bei J.G. Gruber, C.M.Wielands

Leben, Leipzig 1827 S. 400)Anna Dorothea Hillenbrand wurde am 28.07. 1746 als Tochter des Augsburger Bankiers und Kaufmanns geboren. Zwar schreibt Zaremba, dass die neunzehnjährige Anna Dorothea  nicht mit Geld aber mit neun Geschwistern gesegnet

war. Zu den Armen Augsburgs hat sie aber sicher auch nicht gezählt. Ihr Vater war Patrizier und Ratsherr und zählte so zur Augsburger Führungsschicht und Peter Fassl sagt in seinem Buch Konfession, Wirtschaft und Politik, dass   die Augsburger Kaufleute Laire,

Hillenbrand und Obwexer, die führende Stellung im Textilgroßhandel innehatten und 1757 erhielten sie von Kaiser Franz den Adelstitel und im Wappenbrief steht: “Sie drey GebrüderDavid, Johann Balthasar und Johann Hillenbrand selbsten aber haben sich von

Jugend auf angewendet, in allen und jeden wohlanständigen Sitten, Tugenden und besonders in dem Wechsel- und Mercantil-Negotio sich wohl erfahren, tauglich und geschickt zu machen; in Betracht dessen auch herrn David Hillenbrand von dem Magistrat

mehrbenandterStadt Augsburg eine bürgerliche Stadt Hauptmanns-Stelle ertheilt worden, welche Er zu jedermanns Zufriedenheit, mit allem Ruhm und unermüdeten Eifer verwaltet, sofort nebst Seinen zweyen Brüder Johann Balthasar und Johann Hillenbrand

durch die Gnade Gottes, und mit Ihren unaussezlichen Fleiß es dahin gebracht, daß Sie sowohl in ganz Deutschland, als Italien, sonderlich aber in Toskana ein starkes Wechsel und ein gros Mercantil-Negotium treiben, und dabei in bester Reputation und Credit

stehen, auch andurch bey dem Publico sich vieles Lob erworben”  (abgedruckt in www.heinle.news.de) Am 21. Oktober 1765 fand die Heirat in der Biberacher Stadtkanzlei statt. Christoph Martins Vater vollzog die Trauung.

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Gehen wir aber, nachdem wir wie im Historischen Tagebuch 10 ein Kapitel lautet “Wieland über seine Geliebten “ , Wielands Frauenbeziehungen betrachtet haben, wieder chronologisch vor. Ein wichtiges Ereignis gleich

zu Beginn von Wielands Biberacher Zeit war sicher der  Kontakt zu Friedrich Graf von Stadion in Schloss Warthausen. Am 11. Februar 1763 schreibt er an Zimmermann:” Biberach ist, ungeachtet verschiedner nicht geringer Vortheile,

die mir selbst gewiss sind, schlechterdings der Ort nicht, wo ich bleiben kann…” und dann weiter ” Hier gehen meine Talente für das Publikum verloren. Unter solchen Zerstreuungen, bey einem solchen Amte, ohne Bibliothek,

ohne Aufmunterungen, was kann ich da thun?” (Ausgewählte Briefe von C. M. Wieland Band 2, Zürich 1815 S.209 f). Als er Cateau von Hillern diesbezüglich sein Leid klagte, erzählte sie ihm, wie geistreich das Leben auf

Warthausen sei. Ihre Schwester Sophie war ja Gesellschafterin am Hof des Grafen. Er hatte zwar in dem oben zitierten Brief vom 12. Dezember 1753 geschrieben “und uns ungeachtet wir uns, wie ich hoffe, in dieser Welt nimmer sehen werden”.

Aber das war ja in Anbetracht der geplatzten Verlobung. Er rang sich zu einem Brief an Sophie durch und erhielt postwendend Antwort. Er wurde aufs Schloß  gebeten und bald auch dem Grafen vorgestellt. Man wies ihm ein Zimmer zu

seiner Disposition an und bot ihm an, nach Belieben von der Stadionschen Bibliothek Gebrauch zu machen. Und nun hatte er alles, über dessen Fehlen er sich bei Zimmermann beklagt hatte, einen geistreichen Kreis zur Unterhaltung,

eine Bibliothek, die noch heute ein Schmuckstück ist (siehe blog Die Familie Stadion). In seiner Trauerrede auf Wieland, die Goethe in der Freimaurerloge Anna Amalia zu den drei Rosen am 18. Februar 1813 hielt sagt er zu Wielands Kontakt zu dem gräflichen

Hof in Warthausen : “ In diesem angesehenen, wöhleingerichteten Hause wehte ihn zuerst die Welt- und Hofluft an;”(Text nach Wernekke, Hugo: Goethe und die Königliche Kunst. Leipzig: Poeschel 1905)

Gervinus bemerkt  im 4. Band seiner “Geschichte der poetischen National-Literatur der Deutschen” im 4. Band Kapitel über Wieland (Seite 270-318) zur Bedeutung der Bekanntschaft mit Graf Stadion (ab Seite 273)”Hier nun lernte er eine

Bildungssphäre kennen, die ihm bisher ganz fremd, und die der grellste Gegensatz gegen jene andere war, an der er sich in Bodmers Haus übersättigt hatte. Der Graf imponirte ihm durch Rang, Weltkenntniß und Hofton weit mehr, als es

Bodmer mit Frömmigkeit gekonnt hatte; die geistreiche Unterhaltung erfahrener Männer, feiner Gesellschafter und einer gebildeten Dame sagte ihm ganz anders zu, als der einförmige Verkehr mit den Zürichern; jene verständige Richtung

gegen alle Phantasterei und Empfindsamkeit, alles Excentrische und allen Aberglauben…” Und Gervinus weißt auch auf die Bedeutung der Stadionschen Bibliothek für Wielands weitere geistige Entwicklung hin.

Wir haben oben gesehen, dass sich Wieland nun in einem wahren Schaffensrausch befand und er selbst das “auf die kleine Zauberin” zurückführt. Aber das völlig andere Umfeld, der geistige Austausch und die Möglichkeit, eine Bibliothek

zu benutzen – über diesen Mangel hatte er sich ja gegenüber Zimmermann beklagt- taten sicher ein übriges.

1764 erscheinen “Der Sieg der Natur über die Schwärmerey, oder die Abentheuer des Don Sylvio von Rosalva. Eine Geschichte worinn alles Wunderbare natürlich zugeht”. Wieland stand wegen seiner Affäre mit Bibi Hogel unter großem

finanziellen Druck. Laut Zaremba (s.o. S. 120) hatte er Kanzleigelder zu privaten Zwecken entnommen, die er schnellstens erstatten musste. An Gessner hatte er am 24.6. 1762 geschrieben: “Ich muß von itzt an bis nächster Ostern

wenigstens 40 bis 50 Louis haben oder ich bin unwiderbringl. verlohren. Ohne diesen harten Umstand würde ich nimmermehr ein Buch geschrieben haben wie Don Silvio ist…” (Wielands Briefwechsel Bd. 3 S. 197)Kaum hatte er den Brief abgeschickt,

bot ihm der Ulmer Verleger Bartholomäi 500 Gulden an. Daraufhin schrieb Wieland an Gessner, ihm binnen 14 Tagen 30 Louis zu schicken “so soll der Sylvio Ihnen seyn. Darauf ging Orell & Partner nicht ein. Darauf erschien das Buch in dem Ulmer Verlag. Den Don

Sylvio hatte Wieland auch noch Julie Bondeli geschickt . Gegenüber Zimmermann sagte sie darüber “Der erste Teil des Don Sylvio war noch ein unschuldiger und selbst geistreicher Scherz, der zweite erscheint mir nichts als eine indecente Platitüde; abgesehen von der lasciven Geschichte des Prinzen Biribinker ist das übrige kalt und langweilig…” (in Julie von Bondeli und ihr Freundeskreis von Eduard Bodemann S. 287). Ähnlich scheint sie das auch Wieland direkt mitgeteilt zu haben. Er war darüber wohl ziemlich verschnupft,

was wahrscheinlich auch dazu beigetragen hatte, dass der Briefwechsel zum Erliegen kam.

Der Don Sylvio erschien 1764. Ein Jahr darauf erschienen die Komischen Erzählungen jetzt wieder in Zürich. Er bringt damit die komischen Romantraditionen von Cervantes in die deutsche Literatur ein. Er war ja in Erfurt durch Baumer auf Don Quichote hingewiesen

worden. Nachdem Don Sylvio bringt er die Verserzählungen heraus. Aber das wichtigste und umfassendste Werk an dem er in dieser Zeit arbeitete, war die Übersetzung von Shakespeares Werken. 1759 hat Sulzer in einem Brief an Wieland hingewiesen,

dass man sich mit Shakespeare befassen sollte, als er ihm einen Teil des Werkes zurückschickte:” Wenn doch ein geschickter Kopf die Arbeit übernehmen würde, diese Schauspiele im Deutschen so zu analysiren, wie Père Brumoy mit dem griechischen Theater

gethan hat…und weiter “Ich glaube, dass ein solcher Übersetzer vielen Dank verdienen würde. Wie kommt es doch, dass unter so vielen engländischen Übersetzern sich noch keiner daran gemacht hat? Es ist wahr, dass ein wenig mehr, als etwas Englisch, Feder und

Dinte dazu erfordert wird.” (Briefe von Wolfang Dieterich Sulzer, weiland Stadtschreiber von Winterthur von W. D. Sulzer, Winterthur 1866, S.9). Wielands Aufenthalt bei Bodmer, der ja Milton übersetzt hatte und im Streit mit Gottsched auf den Vorbildcharakter

des englischen Dramas hingewiesen hatte, hatte seine Aufmerksamkeit auf Shakespeare gelenkt. Auch Julie Bondeli war große Shakespeare-Verehrerin. “Sie verkündete den Leuten die Wiedergeburt eine Shakespeares, der für die Welt schon fast zwei Jahrhunderte todt lag” (Julie von Bondeli und ihr Freundeskreis

von Eduard Bodemann Hannover 1874 S. 27). Im September 1761 bringt Wieland erstmals Shakespeare in deutsche Sprache auf die Bühne und zwar den Sturm. Als Direktor der Evangelischen Komödiantengesellschaft hatte er das Stück in seiner Übersetzung

vorgeschlagen. So wurde also im Komödienhaus ein Stück deutscher Theatergeschichte geschrieben. Die Aufführung war ein finanzieller Erfolg wie das “Einschreib-Buch der Comoedien” ausweist (Zaremba S. 112)

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Es ist nicht zufällig,dass Wieland den Sturm auf die Bühne brachte. Der Sturm und der Sommernachtstraum waren die Lieblingsstücke “der Schweizer”, also dem Kreis um Bodmer.

Vor Wieland gab es nur zwei Einzelwerke Shakespeares auf Deutsch. Das war einmal Caspar Wilhelm von Borcks “Trauerspiel von dem Tode Julius Cäsar” aus dem Jahre 1741 und dann “Romeo und Julia”

von Simon Grynaeus, 1758 .

Zur Herbstmesse 1762 erschien dann der erste Band von Wielands  Shakespeare-Übersetzungen. Zwar stand ihm jetzt die Stadionsche Bibliothek zur Verfügung. Seine philologischen Hilfsmittel waren aber eher bescheiden. Die Ausgangsbasis

war die Edition von Pope und Warburton (London 1747). Diese ist allerdings recht freizügig mit Shakespeares Text umgegangen. Dann hatte er noch zwei Wörterbücher, nämlich ein “Dictionnaire Royal Francois-Anglais et Anglais-Francois”,

sowie eines zur Idiomatik Shakespeares. Das führte aber zu vielen neuen Wortschöpfungen, die auch heute noch geläufig sind, so Milch-Mädchen (milk-maid)Steckenpferd (hobby-horse). Aber auch Kriegserklärung, Weltliteratur oder das

politische Barometer gehen auf Wieland zurück. Zwar gab es vor Wieland schon drei Texte, die ins Deutsche übersetzt worden waren, aber erst seine Übersetzung, die von 1762-1766 in acht Bänden erschien und 22 von Shakespeares 38 Werken

umfasste, machte den englischen Dramatiker in Deutschland bekannt und löste eine regelrechte Shakespeare-Begeisterung aus. Lessing, Herder und Goethe entdeckten den Dichter nun als Naturgenie.

Auch für Verlag und Übersetzer hatte sich die Herausgabe gelohnt. Als die Edition 1766 abgeschlossen war, hatte Wieland etwa ein Jahresgehalt seiner beruflichen Tätigkeit erhalten.

Aber Wieland hatte diese Übersetzung auch als sehr anstrengend empfunden, wie er in einem Brief an Gessner am 24. Juni 1762 wissen lässt. “ Ich glaube nicht, daß irgendeine Art von gelehrter Arbeit der GaleerenSklaven-Arbeit ähnlicher

sey, als diese” (in Wielands Briefe 3)Da es dabei auch ums Honorar ging, war seine Klage wohl auch bewusst leidend formuliert.

Lessing war im 15. Stück seiner Hamburger Dramaturgie auf Wielands Shakespeare-Übersetzung eingegangen und hatte dazu bemerkt: “Wir haben eine Übersetzung vom Shakespeare. Sie ist noch kaum fertig geworden, und niemand bekümmert sich schon mehr

darum. Die Kunstrichter haben viel Böses davon gesagt. Ich hätte große Lust, sehr viel Gutes davon zu sagen. Nicht, um diesen gelehrten Männern zu widersprechen; nicht, um die Fehler zu verteidigen, die sie darin bemerkt haben: sondern, weil ich glaube, daß man

von diesen Fehlern kein solches Aufheben hätte machen sollen. Das Unternehmen war schwer; ein jeder anderer, als Herr Wieland, würde in der Eil noch öftrer verstoßen, und aus Unwissenheit oder Bequemlichkeit noch mehr überhüpft haben; aber was er

gut gemacht hat, wird schwerlich jemand besser machen. So wie er uns den Shakespeare geliefert hat, ist es noch immer ein Buch, das man unter uns nicht genug empfehlen kann. Wir haben an den Schönheiten, die es uns liefert, noch lange zu lernen, ehe uns die

Flecken, mit welchen es sie liefert, so beleidigen, daß wir notwendig eine bessere Übersetzung haben müßten”.

Wieland hat sich schon sehr früh mit Shakespeare beschäftigt. 1757 schrieb er “Die Theorie und Geschichte der Red-Kunst und Dicht-Kunst” Das war, als er Erzieher im Hause Groebel war. In seiner Theorie nimmt im Kapitel “Von den tragischen Poeten” nimmt

Shakespeare den größten Raum ein. Da heißt es “Vielleicht ist kein Scribent in der Welt, den man weniger aus Beschreibungen kann kennen lernen, als dieser dramatische Poet. Man findet weder unter den Alten noch Neuern jemand, mit dem er verglichen werden

könnte; er hat keinen seiner Vorgänger nachgeahmt, und es ist wahrscheinlich, dass er die Alten nur nicht gelesen hat. Niemals hat einer den Namen eines Originals mehr verdient als er. Die Natur war die einzige Quelle, woraus er schöpfte. Sein Genie war seine

einzige Muse und seine Poesie  war, wie Pope sagt, in der That Begeisterung. Der weite Umfang, die Stärke und die Delicatesse seines Genies sind fast unbegreiflich” (zitiert in Shakespeare- Rezeption, Die Diskussion um Shakespeare in Deutschlands,

hsg von Hansjürgen Blinn, Berlin 1982 S. 68)

Wielands Beschäftigung mit Shakespeare und deren Einfluss lässt sich auch in anderen Werken, die gleichzeitig mit den Übersetzungen entstanden, erkennen, wie Friedrich Gundolf in “Shakespeare und der Deutsche Geist” (Berlin 1920) zeigt.

Er sagt, dass im Don Sylvio von Rosalva Shakespeare “als seelische Substanz spürbar bis in die Tonfälle hinein” ist (S.179) Sachmotive, die Furcht des Pedrillo vor dem nächtlichen Wald (Sommernachtstraum), die Wahrsagung der Zigeunerin aus Pedrillos Hand

(Der Kaufmann von Venedig) aber auch die Requisiten wie nächtlich tanzende Feen oder Kobolde verweisen auf Shakespeare (ebda).

Den zweiten Paukenschlag (Heinz Wielandhandbuch, Stuttgart 2008) in seiner Biberacher Zeit ist die Geschichte des Agathon in Zürich 1766/67 in zwei Teilen erschienen. Schon 1762 hatte er “sub rosa” Teile an Salomon Gessner, Zimmermann,

Tscharner und Julie Bondeli geschickt. Und Julie Bondeli hatte Wieland auch auf Tristram Shandy von Laurence Sterne und dessen digressive Poetik aufmerksam gemacht. Hier konstituiert sich der Weg aus Abschweifungen. Sie scheinen so

etwas wie eine Haupthandlung zu verhindern um aus möglichst vielen Blickwinkeln zum Ziel zu führen. Sternes Erzähler (22. Kapitel 1. Buch)sagt, er setze zwei entgegengesetzte Bewegungen ins Spiel, die das Werk gleichzeitig abschweifend

und vorwärts schreitend gestalten. Wieland verarbeitet das sofort und so heißen Kapitel “Ein oder zwo Digressionen oder Eine kleine Abschweifung”.
Der Agathon ist der erste moderne deutschsprachige Roman. Er spielt im hellenistischen Zeitalter und ist eine Piraten und Entführungsgeschichte. Aber bald wird aus der Seeräubergeschichte ein philosophischer Dialogroman. Das Mittelmeer und der angrenzende

Lebensraum sind Kulisse für geistreiche Diskurse. Die Dialoge die der Titelheld mit dem Sophisten Hippias führt, gehören nach Zaremba (Ebda S. 116) in jedes gute Lehrbuch der Philosophiegeschichte.

Der Agathon begründete eine ganze Reihe von Bildungs-Erziehungs-und Entwicklungsromanen. Goethes Wilhelm Meister folgt der Struktur des Agathon, verändert sie aber auch und dieser wird dann zum entscheidenden Muster des

deutschen Bildungsroman. Der Agathon ist aber auch der Prototyp des “history-Romans”, der eigentlich von Henry Fielding, Die Geschichte des  Tom Jones eines Findlings (1749) geschaffen wurde.

Lessing, der ja Wielands Entwicklung immer beobachtete, schreibt im 69. Stück der Hamburgischen Dramaturgie “so kommen sie auch wohl einmal über den »Agathon« . Dieses ist das Werk, von welchem ich rede, von welchem ich es lieber nicht an dem

schicklichsten Orte, lieber hier als gar nicht, sagen will, wie sehr ich es bewundere: da ich mit der äußersten Befremdung wahrnehme, welches tiefe Stillschweigen unsere Kunstrichter darüber beobachten, oder in welchem kalten und gleichgültigen Tone sie davon

sprechen. Es ist der erste und einzige Roman für den denkenden Kopf, von klassischem Geschmacke. Roman? Wir wollen ihm diesen Titel nur geben, vielleicht, daß es einige Leser mehr dadurch bekömmt. Die wenigen, die es darüber verlieren möchte, an denen ist

ohnedem nichts gelegen.”

Das Verhältnis zum  Hause Stadion wurde allerdings eingetrübt. Zunächst ging es um eine rein private Angelegenheit. Graf Stadion besaß das Recht, das Pfalzgrafendiplom zu verleihen. Am 28. September 1765 verlieh er Wieland eine Bestallungsurkunde

zum comes palatinus. Er konnte nun bürgerliche Wappenbriefe ausstellen, Notare ernennen, auch unehelich Geborene legitimieren und er konnte “der Freyen Künste Magistros, Baccalaureos und Poetas laureatos” ernennen. Nur sich selbst,

das ging nicht, denn Selbstbegünstigung war hier untersagt. Wieland wähnte sich vorschnell im Besitz dieses Titels und er trug sich ohne Absprache mit dem Grafen im Adressbuch des Schwäbischen Kreises ein. Dies verärgerte den Grafen

so, dass er seinen Warthausener Verwalter  von La Roche anwies, den noch nicht rechtskräftigen Verwaltungsakt sofort zu annullieren. Wieland reagierte entsetzt und lamentierte. Auch Sophie wurde eingeschaltet. Graf Stadion beließ es bei der

internen Demütigung und erlaubte  Wieland nun die öffentliche Führung des Titels. Schwerer wog eine Auseinandersetzung zwischen Warthausen und der Stadt Biberach, in der sich La Roche als  Oberamtmann und Wieland als städtischer Kanzleidirektor

sozusagen von  Amts wegen gegenüber standen. Zunächst ging es um einen Handelsboykott um die Einkünfte der Biberacher Handwerksgilden zu sichern. Verschärft wurde der Streit wegen Meinungsverschiedenheiten wegen umstrittener

Gemarkungsrechte beim Holzeinschlag. Wieland verhielt sich in dieser Angelegenheit ziemlich ungeschickt. Mit nichtabgesprochenen Briefen verärgerte er Bürgermeister und Magistrat. In Warthausen zieh man ihn der Undankbarkeit und

erwog, den Pfalzgrafentitel abzuerkennen. Sophie versuchte zwar zu vermitteln, aber auch sie war verärgert und Wieland saß zwischen allen Stühlen. Der Graf aber zog sich nach Bönnigheim zurück. Wieland hatte nun keinen Zugang mehr

zur Warthausener Bibliothek und auch der Musenhof mit seiner intellektuellen Atmosphäre entfiel. In dieser Zeit mietete sich Wieland ein kleines Gartenhaus, ganz nah bei der Stadt gelegen.

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Es beherbergt heute das Wielandmuseum in Biberach. Er schreibt  “Nur ein kleines Tusculum geht mir noch ab, und bis ich erben werde (wozu vor den nächsten zwanzig Jahren wenig Hoffnung ist), sehe ich auch keine Möglichkeit eines zu bekommen.

In Ermangelung dessen habe ich ganz nahe an unserer Stadt, aber doch in einem etwas einsamen Orte, ein artiges  Gartenhaus gemiethet, wo ich die angenehmste Landaussicht von der Welt habe, und, so nahe es meinem Hause in der Stadt ist,

doch völlig auf dem Lande bin.” (Am 24. August 1768 an Riedel in  Auswahl denkwürdiger Briefe, Band 1von Christoph Martin Wieland S. 274)

In diesem Wielands Tusculum  vollendete er den 2. Teil des Agathon und hier begann er mit Idris und Zenide.

Auch dem Grafen von Stadion ging der geistreiche Umgang mit Wieland ab. In seinem letzten Lebensjahr kam der Graf  nach Warthausen zurück. Und dort versöhnte man sich auch wieder.  Auch hier trat Sophie als Vermittlerin auf.

Sein letztes Biberacher Werk war Musarion oder die Philosophie der Grazien. Es erschien 1768 und zwar erstmals  im Verlag Weidmann. Wieland hatte im Januar 1768 eine Korrespondenz mit Justus Riedel begonnen, der zu der Zeit Professor in

Erfurt war. Dieser knüpfte auch den Kontakt zu dem Leipziger Verleger Philipp Erasmus Reich. Es gab sicher einige Gründe zu der Trennung von Züricher Verlag Orell Gessner & Co. Zum einen hatte Wieland seine  Wünsche und Erwartungen

unverblümt zum Ausdruck gebracht, aber dem wurde nicht entsprochen. Das führte zu Mißstimmung. Aber er zweifelte auch an der Konkurrenzfähigkeit des Verlages. Er war zum Beispiel auch unzufrieden mit dem stockenden Absatz seines

Agathons, wie er 1771 aus Erfurt Gessner vorrechnete und darauf verwies, dass in 6 Jahren nur 1100 Exemplare verkauft worden. Reich habe in einem Drittel der Zeit doppelt so viel umgesetzt (Wieland an Gessner Erfurt 13.12. 1771)

Außerdem hatte ihm Reich ein weitaus höheres Honorar geboten. Nicht zuletzt sprachen auch die Rahmenbedingungen für Leipzig. In Zürich griff die Zensur viel stärker ein. In München, Wien und Zürich war der Agathon

verboten, in Leipzig nicht. Dem trug Wieland insoweit Rechnung, als er die Werke, die bis 1768 erschienen waren, in Zürich beließ, die neuen Werke aber bei Weidmann drucken ließ. Wielands neue Werke erschienen auch in neuer Ausstattung.

Adam Friedrich Oeser, Maler Bildhauer und Buchillustrator (Goethe zählte von 1765-1768 zu Oesers Schülern) zeichnete die Vignetten und Christian Gottlieb Geyser, auch ein Schüler Oesers stach die Kupfer und Vignetten. Verskunst und Ausstattung ergänzten sich

so ideal. In der zweiten Auflage ist das Dedikationsschreiben an “An Herrn Creyßsteuereinnehmer Weisse in Leipzig” abgedruckt. Die Datierung Warthausen den 15. März 1769 ist sicher auch als Dank an Warthausen zu sehen.

Wieland konnte eigentlich zufrieden sein. Seine Position in Biberach war gesichert. Sein literarischer Ruhm stieg. Und seine Frau hatte nach einer Fehlgeburt, die beide sehr belastet hatte, am 19. Oktober 1768 das erste Kind, die Tochter Sophie

Anna Katharina zur Welt gebracht. Aber Wieland hatte, schon vor der Briefwechsel mit Riedel begonnen hatte, über eine Professur in Erfurt nachgedacht. Der alte Graf von Stadion hatte Besuch aus Mainz, seinen früheren Sekretär  Franz Wilhelm von Loskant,

der jetzt für Kurmainz als Assessor am Reichskammergericht in Wetzlar war. Dann war zugegen der kurfürstliche mainzische Kämmerer Philipp Ernst Freiherr von Großschlag, der erste Minister des Mainzer Erzbischofs Joseph Emerich, dem Nachfolger vom

Dienstherrn des Grafen von Stadion. Beide waren erklärte Verehrer des Agathons. Graf von Stadion und La Roche fanden, dass Wieland gut nach Erfurt passen würde. Loskant machte dann in Warthausen gedeckt durch Minister  Großschlag den Vorschlag einer

Professur in Erfurt. Wieland war nicht abgeneigt. Er erklärte nach Ofterdinger (S.232) “daß, wenn er irgend in der Welt eine academische Stelle begleiten wollte, so wäre es in Erfurt.” Von Großschlag war für Wieland kein Unbekannter. Der Mainzer

Großhofmeister war aus  von Stadions Schule hervorgegangen.Vor allem La Roche hatte besten Kontakt zu von Großschlag. Laut Schulze-Maizier (Wieland in Erfurt, 1769-1722 S. 18) “galt La Roche bei Großschlag alles”.Bei den weiteren Unterhandlungen war

von La Roche ein hervorragender Ratgeber. Dank seiner langjährigen Tätigkeit in Mainz war er bestens mit den kurmainzischen Verhältnissen vertraut. Er verfügte ja aber auch über den notwendigen diplomatischen Verstand.

Im Gegenzug verschaffte ihm Wieland den Kontakt zu Salomon Gessner. Der Sohn Fritz kam zur Erziehung zu Wieland nach Erfurt. Die “Briefe über das Mönchswesen” erschienen dann ja auch in Zürich. Schnell hatte Wieland aber auch Bedenken.

Zum einen besorgte ihn der Abschied von seinem betagten Vater. Auch die Tatsache, dass er keinen akademischen Grad hatte, was von ihm ja eine Magisterpromotion erfordert hätte, machte ihm zu schaffen, zumal er ja Dank seines Pfalzgrafentitels

selbst Magister der freien Künste kreieren könne. Den Ausschlag gab ebenfalls nach Ofterdinger (S. 224) ein Reichsratsbeschluss, der Kanzleidirektoren eine hohe Verantwortlichkeit in finanziellen Angelegenheiten aufgebürdet hatte,

etwas, was Wieland verhasst war. Nachdem der Erfurter Senat auch Hindernisse wegen des fehlenden akademischen Grads aus dem Weg geräumt hatte, wurde Wieland im Februar 1769 zum ersten Professor der Philosophie ernannt. Verbunden

war das mit der Ernennung zum kurmainzischen Regierungsrat. Diese Stelle wurde mit 600 Talern dotiert. Gleichzeitig wurde ihm bedeutet, dass er keine Vorlesungen halten müsse, dass er über seine Zeit frei verfügen könne und dass man ihn vor allem

seines Namens wegen geholt habe. Dass Wieland gut zu verhandeln wusste, hatte er schon bei seinen Verhandlungen mit seinem Verlag gezeigt. Die 600 Reichstaler waren seine Bedingung gewesen. Aber er vergaß auch nicht die

Erstattung der Umzugskosten, die er pränumerando  “ in einem ehrlichen Wechselbrief à vue zu Augsburg” (Schulze-Maizier , S. 19) zu erhalten wünscht.

Die Universität Erfurt ist zwar die älteste in Deutschland. Ihr Gründungsbelegung stammt aus dem Jahr 1379. Heidelberg folgt dann erst mit 1385 und Köln mit 1388. Die große Zeit der Erfurter Universität war

im Humanismus. 1664 war Erfurt eine kurmainzische Landesuniversität geworden, deren Aufgabe hauptsächlich darin bestand, Beamte auszubilden. Die Universität sollte im Geist er Aufklärung nochmals neu belebt werden. Vor allem Karl Theodor von Dalberg

machte Erfurt wieder zu einem Zentrum von Kultur und Bildung. Er holte die großen Geister der Zeit an seine Statthalterei. Eine durchgreifende  Erneuerung gelang aber nicht und so verließ auch Wieland nach drei Jahren Erfurt schon wieder.

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Geradezu enthusiastisch begrüßte Riedel in der Erfurtischen gelehrten Zeitung , die er seit 1769 herausgab, in der Ausgabe vom 3. März im achtzehnten Stück “In dieser Zeitung habe ich noch keine so interessante und für alle, die sie lesen und nicht

lesen, so wichtige Nachricht ankündigen können, als folgende: Derjenige unsrer Teutschen Schriftsteller, mit dem wir am meisten gegen Ausländer trotzen können, dieses vaste Genie, wie es der selige Meinhard nennte, der Verfasser

der Natur der Dinge, der Sympathien, des Agathon, der komischen Erzählungen, des Don Silvio von Rosalva, der Musarion, des Idris- mit einem Worte Herr Wieland ist von Sr. Churfürstlichen Gnaden zum ersten Professor der Philosophie..

ernennt worden.” (in Christoph Martin Wieland Sämtliche Werke Bd. 50/51 Leipzig 182 S. 517)

Kurz vor Wielands Ernennung war Graf von Stadion am 28. Oktober 1768 in Warthausen gestorben. Zum Leichenzug war der gesamte oberschwäbische Adel zugegen. Die drei oberschwäbischen Prälaten von Ochsenhausen, Rot und Schussenried nahmen

die Aussegnungen vor und auch die Reichsstadt Biberach war mit einer Abordnung vertreten.

Wieland reichte nach seiner Ernennung zum Professor  seinen Amtsrücktritt ein, dem der evangelische Rat am 30. März 1769 entsprach. Das Bürgerrecht blieb dem nun doch schon recht berühmten Sohn erhalten. An Pfingsten verließ er Biberach.

Die einfachen Bürger waren mit dem Weggang Wielands unzufrieden. Am 31. Mai schreibt er an Riedel. In dem Brief regelt er zunächst Dinge für seinen bevorstehenden Umzug. Seinen Weggang vermerkt er so: “ Hier zu Lande

ist großer Lerm über mein Fortgehen, und zu Biberach glaubt das Volk, welches mich liebte, daß Gog und Magoz, als die Vorläufer des Antichrists, unmittelbar, sowie ich bey dem einen Thor ausziehe, bei dem gegenüberstehenden einziehen werde.

Unsäglich ist der Unwille, den die guten Leute über ihre Herren haben, weil man mich, wie sie meinen nicht gehen lassen sollte.” (Auswahl denkwürdiger Briefe S. 278)Und auf der vorherigen Seite schreibt er, “daß ich mein  ganzes

Domestique mitbringe. Ich kann nicht ohne eine schwäbische Köchin seyn.”

Obwohl ihm bei der Anstellung bedeutet wurde, dass er mehr als Aushängeschild dienen sollte, entwarf er für die Universität ehrgeizige Lehrpläne, wobei er von der Kenntnis Schweizer Schul-und Unterrichtspläne profitierte.

Wieland war Gründungsmitglied der 1754 gegründeten Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt. Er arbeitete an der Erfurtischen gelehrten Zeitung mit.

Seine Lehrtätigkeit begann er am 3. Juli 1769 mit Vorträgen über  die” Philosophie der Geschichte, oder über Iselins Geschichte der Menschheit” Er las außerdem  “Über griechische, lateinische,englische und französische Schriftsteller” “Gelehrte Geschichte:

griechische Dichter, Redner und Geschichtsschreiber”, “Encyklopädie der philosophischen Wissenschaften nach einem eigenen Grundrisse”,. Es gab “Geschichtskunde, was“Geschichte von Karl dem Großen bis zum Westfälischen Frieden” umfasste.

Die Berufung neuer Lehrkräfte lag nicht in der Verantwortung der Universität sondern war, wie ja auch bei Wieland ein hoheitlicher Akt des Landesherrn. Der Lehrkörper galt als überaltert und sehr konservativ und zog Studenten nicht unbedingt an.

Den Studentenschwund konnte auch Wieland nicht stoppen. Um Wielands Freund, Friedrich Justus Riedel, der in Erfurt einen Lehrstuhl für Ästhetische Wissenschaften innehatte, gab es eine Gruppe freigeistig orientierter Professoren

wie die protestantischen Theologen Carl Friedrich Bahrdt und Johann Christian Lossius, der ab 1770 einen Lehrstuhl für Philosophie in Erfurt hatte und ab 1772 zusätzlich für Theologie. Johann Georg Meusel lehrte in Erfurt Geschichte.

Johann Christian Schmid war dort seit 1769 außerordentlicher Professor der Rechtswissenschaften. Auch Johann Friedrich Herel, Altphilologe gehörte zu diesem Kreis. Als Anführer der konservativen Gruppe galt Andreas Nunn, Professor für

Medizin und Philosophie. Er war auch der Hauptgegner der Berufung Wielands zum Professor. In seinen Briefen an Sophie La Roche berichtet Wieland schreibt er ihr von gegen ihn und Riedel gerichteten Kabalen. Aber  Der Kurfürst habe seine Gegner mit

einem “schrecklichen” Dekret belegt. Er selbst und Riedel seien aber zu Beisitzern des akademischen Senats und der kurfürstlichen akademischen Kommission ernannt worden.Was böses Blut verursacht hatte und was man ihnen zum Vorwurf

machte, war, dass Wieland und Barth ihre akademischen Grade nicht auf reellem Wege erlangt hätten. Natürlich war auch die Berufung eines Verfassers komödiantisch-lasziver Schriften nicht die Traumvorstellung der katholisch-orthodoxen Fraktion

des Erfurter Lehrkörpers. Nunn und andere Professoren mussten 1769 die Universität verlassen. Allerdings trat damit keine Ruhe ein, die Relegierten denunzierten nun. Pater Jordan, vorher Professor in Erfurt,  war vor seiner Relegation einer der

übelsten Verleumder, wenn es darum ging, die freigeistigen Professoren zu bekämpfen. Nach seiner Entlassung wandte er sich sogar direkt an den Kaiser, um Bahrdt, Meusel, Riedel und Wieland als Gotteslästerer zu denunzieren.

Der Vorwurf der Gotteslästerung galt zu der Zeit als schwere Straftat, die entsprechend bestraft werden konnte.

Gleich nach seinem Amtsantritt hatte er sich auch damit ganz konkret zu befassen. Ein Student Joseph Schwarz und Schüler Wielands war anonym wegen Gotteslästerung denunziert worden  und zu Kerkerhaft verurteilt worden. Wieland konnte den Studenten aber

frei bekommen, ihm eine Hofmeisterstelle bei von Laroche in Ehrenbreitstein als Erzieher der Kinder von Laroche verschaffen. Als allerdings Kurfürst Emmerich am 11. Juni 1774 verstarb, wurde versucht, das Rad zurückzudrehen. Auch Nunn und Jordan bekamen ihre Stellen in Erfurt wieder. Josef Schwarz, mittlerweile Lehrer am Emmerizianischen Gymnasium in Mainz wurde wie zwei seiner Kollegen verhaftet und er kam sogar zu einem Inquisitionsprozess gegen sie. (Siehe dazu Bernd Seuffert,

Wielands Erfurter Schüler vor der Inquisition, Euphorion 3 S. 376-389 und 722-) Der Nachfolger Emmerichs Carl Friedrich erwies sich bald als noch freisinniger als sein Vorgänger. Schwarz erhielt eine Anstellung am Lehenshof in Mainz.

Es kamen noch weitere Probleme im unmittelbaren Umfeld Wielands vor, die ihm sein Arbeit an der Universität nicht erleichterte. Eine Schrift des Theologen Bahrdt war als ketzerisch verleumdet worden und er musste die Universität verlassen.

Sein Freund Riedel hatte Gelder aus der Universitätskasse entnommen und konnte diese nicht zurückzahlen. Schuldhaft und Universitätsverweis waren die Folge.

Dies und der ständige Widerstand  der katholisch-orthodoxen Fraktion an der Universität dürften ihn zum dem Stoßseufzer veranlasst haben, “ daß  man leichter einen Mohren weiß waschen, als die Erfurter Universität empor

bringen könnte”

Wie auch in Biberach reagierte Wieland auf diese misslichen äußeren Umständen mit starker literarischer Produktivität. Parallel zum ersten Vorlesungssemester erschien  Sokrates Maimonemos oder die Dialogen des Sokrates von Sinope,

eine philosophische Erzählung. Zur gleichen Zeit beendete er den zweiten Teil des Versepos Der neue Amadis, der schon in Biberach begonnen wurde. Er knüpft an das populäre Genre der Ritterromane an. Es ist eine Verserzählung und Wieland erklärt

im “Vorbericht zur gegenwärtigen  Ausgabe” (das ist die Wiederveröffentlichung des Neuen Amadis in der Werksausgabe von 1794 ff.) welches Versmaß er verwendet hat und warum er es verwendet hat. Das zeigt dass  eine wohlbedachte

Komposition zugrunde liegt. Dabei kommt es so leicht und locker daher und erweckt den Eindruck von locker aus dem Ärmel geschüttelten Zeilen. Es gezeugt auch wie die Grazien Wielands Affinität zum Rokoko.

Es folgte 1772 Der goldene Spiegel oder die Könige von Seschian. Es war das Hauptwerk seiner Erfurter Zeit. Der Goldene Spiegel ironisiert die Tradition des Fürstenspiegels. Es ist sein “Staatsroman”. Er illustriert Wielands anthropologische Skepsis.

Ein vollkommener  Staat im ewigen Frieden ist unter Menschen nicht denkbar. Versucht mans trotzdem muss das zur Katastrophe führen.

Wieland unternahm mit jedem seiner Werke etwas Neues. Keines folgte einer Tradition, die in der deutschen Literatur schon vorhanden war. Darin liegt auch seine Bedeutung. Er hatte an der Entwicklung der deutschen Literatur im

18. Jahrhundert sowohl literarisch als auch publizistisch einen maßgeblichen Einfluß. Er ist nach Heinz (Wielandhandbuch Stuttgart 2008). Er ist für Epik und Vers das, was Klopstock für die Lyrik und Lessing für das Drama bedeutete.

Am 11. Mai 1770 wurde seine zweite Tochter Maria Carolina Friederica geboren. Kurz nach der Geburt reiste er, zeitlebens reiseunlustig, nach Leipzig um dort seinen Verleger Philipp Erasmus Reich persönlich kennen zu lernen.

Er kam da auch mit Personen in Kontakt, die an der Herstellung seiner Oktavbände beteiligt waren. Auf Adam Friedrich Oeser wurde bei der Musarion schon hingewiesen. Er war Leipziger Akademiedirektor und kursächsischer Hofmaler.

Oesers Schüler Friedrich Heinrich Füger fertigte eine Porträtminiatur Wielands an.

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Ein Jahr später am 7. Mai 1771 begann er mit Fritz von La Roche eine 35 tägige Reise in die Rheingegend. Grund der Reise war, dass Fritz aus der Wielandschen Obhut wieder zu seinen Eltern nach Ehrenbreitstein zurückkehren sollte.

Allerdings waren die Bemühungen für die Bildung von Fritz nicht besonders erfolgreich. In seinem Brief an Sophie La Roche vom April 1770 schreibt ihr Wieland, dass Fritz nicht viel mehr gelernt habe, als er vor 10 Monaten wusste

“aber freylich hat er von der Gelegenheit, bey mir zu , wenig profitirt” und vorher hatte er festgestellt “ da es aber unmöglich ist, einen jungen Menschen mit Gewalt gelehrt zu machen” aber er macht Ihr trotzdem Hoffnung.

“Erwarten Sie von dem guten Naturell des jungen Menschen viel Gutes und ich hoffe, sie werden sich nicht betrogen finden.”(Neue Briefe Christoph Martin Wielands, vornehmlich an Sophie von La Roche, Stuttgart 1894 S.192 f.)

Man besuchte Gießen, Frankfurt, Wetzlar, Darmstadt, Koblenz, Mainz und Düsseldorf. Für Wieland war es die Gelegenheit,

wichtige Leute aus dem Mainzer Hofstaat persönlich zu treffen. In Mainz besuchte er Carl von Dalberg kurz nach dessen Ernennung zum Statthalter in Erfurt. Das hochkarätigste Treffen für Wieland war drei Tage später am 30. Mai

1771 eine Audienz beim Mainzer Kurfürsten Emmerich Joseph in Höchst. Bei dieser Gelegenheit besichtigte man auch die Gemäldesammlung vom Grafen von Stadion. Sechs Tage verbrachte Wieland bei seinem wichtigsten Gönner und Förderer,

dem Großhofmeister von Groschlag in Dieburg. Das persönlich bedeutendste Treffen war für Wieland sicher das Wiedersehen mit Sophie von La Roche am 13. Mai 1771 in Ehrenbreitstein (siehe dazu auch Blog: Sophie von La Roche).

In seiner Erfurter Zeit ergab sich ein intensiver Briefwechsel zwischen Erfurt und Halberstadt. Im brandenburgischen Fürstenturm war damals Johann Wilhelm Ludwig Gleim Sekretär des Halberstädter Domkapitels. Gleim unterhielt Korrespondenz mit allen

literarischen Größen seiner Zeit. Er hatte auch den Halberstädter Dichterkreis begründet, einem Bund junger Literaten. Zu Gleims Protégés gehörte auch Johann Georg Jacobi, der in Halberstadt ebenso anakreontische Dichtungen verfasste, wie

sein Gönner Gleim. Jacobi hatte Wieland brieflich die Freundschaft angetragen,was dieser freudig annahm. Dem schloss sich noch der jüngere Bruder Johann Georgs an, der Dichter Friedrich Heinrich Jacobi. Man bildete einen literarischen Zirkel,

man las gegenseitig  Manuskripte. Man tauschte sich aus. Gleim und die Brüder Jacobi befassten sich mit Wielands jüngsten Werken. Bei dieser Reise nun lernten sich die vier endlich persönlich kennen.

Am 11. Juni 1770 kehrt Wieland von seiner Reise zurück. Am Tag zuvor wurde seine dritte Tochter Regina Dorothea geboren.

Der Dichterbund kam kurz nach der Rückkehr in eine heftige Krise, die fast sein Ende bedeutet hatte. Wieland hatte nun mal nicht den Gleichmut, den er in seinen Werken propagierte. Auch bei Fritz hatte er ja eingestehen

müssen, dass er mit seiner Geduld überfordert war. Eine Schrift, die der anakreontische Dichter Johann Benjamin Michaelis verfasst hatte, hatte Wieland sehr bissig rezensiert. “Pastor Amor” hatte in Wielands Augen die Ehre

von Gleim und Georg Jacobi verletzt. Die beiden reagierten jedoch gelassen. Sie bekundeten sogar Verständnis. Das wiederum konnte Wieland nicht verstehen. Der Streit eskalierte. Und als Jacobi auch noch Sophie um Vermittlung

bat, reagierte Wieland noch verbohrter. Der “Grazienbund” war ratlos und verstummte.

Als Wieland in Ehrenbreitstein war, ging auch die Veröffentlichung von Sophie von La Roches “Fräulein Sternheim” voran. Wieland hatte sich ja für die Veröffentlichung stark gemacht.

”Allerdings beste Freundin, verdient Ihre Sternheim gedruckt zu werden; und sie verdient es nicht nur; nach meiner vollen Überzeugung erweisen sie Ihrem Geschlecht

einen wirklichen Dienst dadurch. Sie soll und muß gedruckt werden, und ich werde Ihr Pflegevater seyn” (zitiert nach MDZ Reader Bayrische Staatsbibliothek digital, Briefe an Sophie von La Roche, S.125)

“Die Geschichte des Fräulein von Sternheim” erschien dann 1771 in Wielands Leipziger Verlag. Er selbst fungierte als Herausgeber. Wieland ist ja der Schöpfer des modernen deutschen Romans. Doch als “Pflegevater”

verantwortete er auch den ersten deutschen Erfolgsroman, der von einer Frau geschrieben wurde. Er hatte den Kontakt zum Verleger hergestellt.  Ohne Datum schreibt er 1770 an Sophie von La Roche “ Reich soll sie

in einer nicht üppig gezierten aber simpel schönen Ausgabe verlegen..” (C.M. Wielands Briefe an Sophie von La Roche, herausgegeben von Franz Horn S. 125)Und auch sonst steht er ihr hilfreich zur Seite “ Bekümmern Sie

sich nicht um Correction, ich will das Nöthige schon besorgen…Sie machen der Welt und besonders Ihrem Geschlechte ein Geschenk mit einem Originalbuche, das in seinem Wert unschätzbar ist.” (Brief vom 24. November 1770

ebd. S 141). Wieland schreibt das Vorwort und tritt als Herausgeber auf.

Wielands Goldener Spiegel war durchaus auch mit der Absicht verbunden, nach Wien zu kommen. Er hoffte, in die Nähe von Joseph II. berufen zu werden. Sein Roman war aber in unmittelbarer Nachbarschaft sehr aufmerksam zur Kenntnis genommen,

nämlich in Weimar. Im Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach war die Herzogin Anna Amalia (1739-1807) seit dem 28. Mai 1758 verwitwet und hatte zwei Söhne, Carl August beim Tod seines Vaters 14 und Konstantin 13.

Sie war von ihrem Mann Herzog Ernst August II. Konstantin testamentarisch mit der vormundschaftlichen Landesadministration betraut worden. 1762 setzte sie den Grafen Johann Eustach von Schlitz genannt Görtz ein. Die Beziehung war aber beständig von

Misstrauen geprägt. Sie befürchtete, dass Görtz ihr ihre Söhne entfremden wolle. 1772 holte sie Wieland in die Gruppe der Prinzenerzieher und hoffte wohl auch, in ihm einen Verbündeten gegen Görtz zu finden.

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Im März 1772 war Wieland erstmals für einige Tage in Weimar. Wieland wurde mit großen Ehren bedacht. Er war täglich an der fürstlichen Mahlzeit dabei. Man veranstaltete einen Maskenball für ihn

mit einer Aufführung tänzerischer Szenen aus dem Neuen Amadis. Der Geehrte bedankte sich mit einem ausführlichen Brief an die Fürstin und fügte einen Erziehungsplan für den Erbprinzen bei. Die Antwort der Herzogin

kam eine Woche später. Wieland sandte einen weiteren Brief an Anna Amalia. Darin erläuterte Wieland der Herzogin seine erzieherischen Pläne. Man empfand gegenseitige Sympathien, aber Wieland blieb abwartend.

Als Wieland im April wieder nach Weimar reiste, wurde man in Erfurt hellhörig. Es gab aber auch Debatten im höfischen Staatsrat wegen der Prinzenerziehung. Es herrschte durchaus Skepsis, ob ein “Bürgerlicher” für das Hofleben

geeignet sei. Und auch um Honorarfragen ging es. Aber schließlich setzten sich die Befürworter einer Anstellung Wielands durch, wohl auch weil sowohl die Herzogin als auch der Erbprinz  zeigten, dass sie Wieland als Erzieher wollten.

Dann erhielt Wieland das Angebot einer Anstellung als Hofrat. Das war naturgemäß befristet, denn am 3. September 1775 wurde der Erbprinz volljährig und so lange sollte die Unterweisung dauern. Geboten waren 1000 Taler Gehalt und

600 Taler Rente bis ans Lebensende. Ein Problem stellte sich allerdings für Wieland, nämlich wie er “von guter Art von Erfurt loskommen könne”. Nachdem die Universitätsreform in Erfurt nicht sehr erfolgreich verlaufen war, hatten viele Professoren

Erfurt wieder verlassen. Und natürlich wollte Wieland seinen Förderer, den kurmainzischen Großhofmeister von Groschlag, nicht vor den Kopf stoßen. Er hatte ja einigen Anteil am glücklichen Ende des “Wielandschen Prozesses “, er hatte bei seiner

Berufung zum Professor mitgewirkt, er hatte ihm das Privileg der Postfreiheit verschafft und auch versucht, nicht autorisierte Nachdrucke zu verhindern. Wieland stand also durchaus in der Pflicht.

Nun hatte sich Görtz an Groschlag gewandt, die Herzogin Anna Amalia an den Kurfürsten. “Sie wage zwar viel durch diese Bitte, da sie wisse, wie sehr der Churfürst auf Wieland hinsichtlich der Aufnahme der Erfurter Universität rechne,

werde aber die Gewährung dieser Bitte als einen zuverlässigen Beweis von der Wirklichkeit und Fortdauer der freundschaftlichen Gewogenheit des Churfürsten betrachten.” (zitiert bei Heinrich Döring Christoph Martin Wieland ein biographisches Denkmal,

Sangerhausen 1840 S. 213) Am 25. Juli 1772 bat Wieland den Kurfürsten Emmerich schriftlich um seinen Rücktritt und am 4. September 1772 bestätigte ihm der Weimarer Hof seinen Eintritt in “Obervormundschaftliche Dienste.”

Am 17. September 1772 kam er schließlich in Weimar an.Vorher hatte er in zähen Verhandlungen noch seine Ernennung zum Hofrat auf Lebenszeit durchgesetzt, die Erstattung seiner Umzugskosten und das Ursprungsangebot noch erhöhen

können. Kurz nach seiner Übersiedlung starb sein Vater Thomas Adam am 26. Dezember 1772 in Biberach. Seine Mutter holte er kurz danach nach Weimar.

In seinem Brief an Sophie La Roche vom 7. August 1772 erläutert er seinen Beweggrund, der ihn zum Wechsel nach Weimar veranlasste und auch in seinem Entlassgesuch an Kurfürst Emmerich bringt er dies als Hauptgrund vor.

“dass die wenige Verbesserung des Einkommens  der Beweggrund nicht gewesen ist, der mich vermögen konnte, einen Entschluß zu fassen, wobei ich in mehr als einer Betrachtung so viel risquiere. …Aber da wider mein ehemaliges Vermuthen,

und ohne, daß ich den kleinsten Schritt gethan  hätte, sie Sache zu befördern, der Antrag an mich kam, den Verstand und das Herz eines jungen Fürsten ausbilden zu helfen, der in wenigen Jahren regieren soll, so konnt’ ich unmöglich anders,

als denken, dies sey eine Gelegenheit, mehr Gutes zu bewirken, als ich in meinem ganzen bisherigen Leben zu thun im Stande gewesen bin.” (C.M. Wielands Briefe an Sophie von La Roche, herausgegeben von Franz Horn S.  162 f.)

Und an Kurfürst Emmerich  schreibt er  zunächst, dass eine “schuldige ehrfurchtsvolle Zurückhaltung gegenüber dem Kurfürsten, ihm verbiete, alle Beweggründe darzulegen. “ Nur dies sei mir erlaubt zu sagen, daß in der Verlegenheit, worin mein

Gemüth durch diesen völlig unerwarteten Antrag (das Angebot der Herzogin, den Erbprinzen zu erziehen) gesetzt ward, nichts als die völligste Überzeugung meines Gewissens, daß ich die Gelegenheit durch Theilnahme an der Erziehung und Bildung

eines hoffnungsvollen und mit seltenen Fähigkeiten begabten jungen Fürsten einen vorzüglichen Nutzen zu stiften, ohne Verletzung meiner wesentlichen Pflichten gegen Gott und Vaterland, nicht von mir abweisen könne…”

(zitiert bei Heinrich Döring S.215).

Wieland war noch in Weimar gebeten worden, literarisch zum Geburtstag der Herzogin am 24. Oktober 1772 beizutragen. Er brachte den Text zum Singspiel Aurora mit, das von Anton Schweitzer vertont wurde und zum Geburtstag der

Herzogin seine Uraufführung erlebte. Ein knappes halbes Jahr später folgte die Oper Alceste, der Text wieder von Wieland und die Musik von Anton Schweitzer . Sie wurde am 28. Mai 1773 am Hoftheater von Weimar erstmals

aufgeführt.Sie machte ihren Komponisten,der schon seit seinem Singspiel “Die Dorfgala” kein Unbekannter mehr war, berühmt. Alceste wurde allein in Weimar 25 mal aufgeführt, danach in Dresden, Leipzig, Mannheim, Frankfurt/M., München, Berlin,

Hamburg aber auch in Danzig und Prag.Sie war in dieser Zeit dann die meistgespielte Oper auf deutschen Bühnen. Sie gilt als Meilenstein auf dem Weg zu einer deutschen Oper. Nach Döring hatte Christoph Willibald Gluck Wieland schriftlich

aufgefordert,ihm ebenfalls eine ähnliche Oper zu schreiben (S. 225)

In einem Brief an Gluck vom 13. Juli 1776 schreibt er:“Ich habe Augenblicke, wo ich eifrig wünschte, ein lyrisches Werk hervorbringen zu können, das werth wäre,von Gluck Leben und Unsterblichkeit zu empfangen. Zuweilen ist mir aber auch, ich könnt es. Aber dies ist nur ein vorübergehendes Gefühl,nicht Stimme des Genius.” (In Journal für Literatur, Kunst, Luxus und Mode, 1815, S. 261).

Wichtigste Projekt aber wurde der Teutsche Merkur. Eine Zeitschrift war das publikumswirksamste Medium der Zeit und auch dafür hatte Wieland schon Erfurt aus die ersten Impulse gegeben. Vorbild war der seit 1762 in Paris erscheinende

“Mercure de France”, ein literarisch-politisches Journal. In einem Brief an Riedel vom 17. September erläutert er seine Pläne genauer. “Ich bin entschlossen, eine Art von Journal zu entrepreniren, welches quo ad formam einige Ähnlichkeit mit

dem Mercure de France haben soll. Prosaische Original-Aufsätze,Litterarische Nachrichten,  Recensionen und Revisionen unrichtiger Urtheile über interessante Schriften, sollen die Hauptartikel davon ausmachen” (Auswahl denkwürdiger Briefe S.302)

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Es sollte auch eine Bühne für junge Schriftsteller werden, wie Wieland in seiner Vorrede zur ersten Ausgabe sagte. “ Die Unternehmer wünschen also Beyträge zu erhalten, und laden dazu nicht nur die Schriftsteller ein, welche bereits im Besitz der

allgemeinen Hochachtung sind: Sie sind gar nicht ungeneigt, auch für angehende Schriftsteller einen Schauplatz zu eröfnen, wo sie sich dem Publico zeigen können, und es würde ihnen sehr angenehm seyn, wenn sie durch diese Unternehmung Gelegenheit

erhielten, ein hier und da noch schlummerndes Genie aufzuwecken, oder ein vielleicht unentschlossenes in die ihm angemeßne Laufbahn einzuleiten.” Weiter später bittet der Herausgeber, die Erwartungshaltung nicht zu hoch werden

zu lassen.”Alles was ich noch hinzuzufügen habe, ist eine Erklärung an einige meiner Freunde, welche mir zu erkennen gegeben haben, dass sie Meisterstücke, und was für den Herausgeber noch fürchterlicher ist, lauter Meisterstücke vom Merkur erwarteten.”…

und weiter “Dem sey aber wie es wolle, ich meines Orts verlange von keinem Verfasser, so wenig als von irgend einem Künstler ein vollkommenes, ein untadeliges Werk.” (Vorrede zum Teutschen Merkur 1. Bd. 1773, ab S. IV).

Friedrich Heinrich Jaobi hatte Wieland wohl auf diese Idee gebracht. Einiges  hemmte das Projekt. Da war einmal die zu knapp bemessene Planungs-und Vorbereitungsphase, was am Anfang einen chronischen Mangel an Textbeiträgen bewirkte.

Wieland hatte sich ein enormes Arbeitspensum aufgebürdet. Die Korrespondenz war kaum zu bewältigen. Probleme mit den Papierlieferanten, säumige Abonnementzahlungen oder die unzuverlässige Auslieferung der Bände waren zu bewältigen.

Ein Netz von Kollekteuren in möglichst vielen Teilen des deutschen Reiches musste aufgebaut werden, die als Werber von Abonnenten, Inkassostellen, Distributoren und Ansprechpartner fungierten. Der Leiter der Weimarer Schauspieltruppe Abel Seyler

war Wielands erster Assistent und da er beruflich viel unterwegs war, auch einer der ersten Kollekteure. Zu ihnen kamen später Gleim und Goethe dazu. Aber 1774  sind schon 121 Kollekteure belegt, unter anderem sein alter Freund

Zimmermann, der mittlerweile in Hannover war, aber auch das Kayersl. Real Zeitungs-und Intelligenz Comptoir in Wien. Um die Attraktivität seines Merkurs zu steigern, suchte er Immanuel Kant, Lessing,  Garve, Herder oder Möser zu gewinnen.

De Letztgenanten waren aber zu stark mit eigenen literarischen Arbeiten beschäftigt, als dass sie ihm dauerhafte Mitarbeit zu sichern hätten können. Kant konnte als Ersatz einen ostpreussischen Buchhändler vermitteln

Trotzdem hatte der Teutsche Merkur zum Start 2500 Abonnennten. Dafür sorgte natürlich der prominente Name des Herausgebers und die populäre überkonfessionelle Konzeption des neuen Journals. Das hatte er ja auch in seinem

oben zitierten Brief an Riedel herausgestellt. “Ein Hauptgesetz soll seyn, alles was irgend einer in Deutschland recipirten Religion anstößig seyn könnte, zu vermeiden; denn mein Merkur soll in den katholische Staaten ebenso gangbar werden,

als in den protestantischen.” (S.303). Um die Kundschaft an sich zu binden, versprach Wieland die Erstveröffentlichung sämtlicher seiner neuen Werke im Merkur. Zudem brachte er eine Fortsetzungsästhetik. An besonders interessanten

Stellen wurde unterbrochen und der Leser auf die nächste Lieferung vertröstet, also praktisch  modernes Literaturmarketing vorweggenommen. Er hatte erkannt, dass man die Leute auf den nächsten Band begierig machen musste.

Er hatte die Konkurrenzunternehmen im Blick. Das waren damals “Die Allgemeine deutsche Bibliothek” von Friedrich Nicolai herausgegeben. Das war eine damals maßgebliche Rezensionszeitschrift, die vierteljährlich erschien.

Wie oben gezeigt wurde Wieland in seinen Anfängen als Autor von Nicolai kritisch begleitet. Die Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freyen Künste“ , die Christian Felix Weiße von 1759 von Nicolai übernommen hatte

und bis 1765 weiterführte. Ab 1765 erschien sie dann als “Neue Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freyen Künste” 1776 hatte Boie  “Das Deutsche Museum” gegründet.

Die ersten Ausgabe des Merkur startete mit “Flüchtige poetischen Stücke”, Gedichte und Übersetzungen der Brüder Jacobi. Es gab zwei ausführliche Beiträge von Wieland über das Singspiel Alceste. Wieland hatte seinen Merkur in den ersten Ausgaben

auch als Forum für die Weimarer Theaterverhältnisse genutzt.Auch in den Folgeheften kamen die meisten Beiträge von den Brüdern Jacobi und Wieland selbst. Auch Gottfried August Bürger lieferte einige Beiträge.

Als es gelang den damals 26 Jahre alten  Friedrich Justin Bertuch anzuwerben, entlastete das Wieland ganz enorm. Trotz bescheidener Bezahlung war das ein Geschäftspartner wie ihn Wieland sich besser nicht hätte wünschen können.

Bertuchs weitere Laufbahn zeigt, welch universales Talent sich um den Merkur kümmerte. Als der Hofmeister Görtz entlassen worden war, wurde er Geheimsekretär und Schatzmeister des jungen Herzogs Carl August. Er war von Anfang an in den

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in den Kreis um Carl August eingebunden,in dem  Goethe die zentrale Figur war. Bertuch war Schriftsteller und Übersetzer. Die Bekanntschaft mit Wieland hatte er als sein glühender Verehrer selbst geschlossen, als dieser noch Professor in Weimar war.

Er legte dem großen Dichter seine ersten dichterischen Versuche vor. Wieland war vom Enthusiasmus des jungen Mannes gerührt. Er wurde sein väterlicher Freund und ermunterte ihn zu weiterem kreativen Schaffen.

Als Bartuch nun für den Merkur tätig wurde, wechselte auf seinen Rat hin der Druckort des Journals von Rudolstadt nach Weimar. Der Vertrieb wurde an den Weimarer Carl Ludolph Hoffmann vergeben. Damit war eine professionelle

verlagsbuchhändlerische Betreuung  gesichert. Im November 1774 starb Wielands Sohn Carl Friedrich im Alter von nur sieben Wochen. Wieland, der seine Kinder liebte, litt darunter sehr. In dieser Phase schwerer seelischer

Belastung übernahm Bertuch die Druckaufsicht,  Textrevision und die ständig wachsende Korrespondenz. Ab 1775 war der statt der bisherigen quartalsweisen Erscheinung eine monatliche Publikation sichergestellt.

Auf der politischen Bühne änderte sich einiges. Hofmeister Görtz war von Herzogin Anna Amalia entlassen worden. Er hatte, auch von Wieland kritisch beobachte,  bei seinem Zögling ständig gegen Anna Amalia intrigiert.

Auch Bertuch sah diese Intrigen mit wachsender Enttäuschung. Görtz sah durch die Toleranzpolitik der Herzogin die Privilegien des Adels bedroht und arbeitete auf eine vorzeitige Regierungsübernahme von Carl August hin.

Er wurde zwar ihn Ehren entlassen, bekam als wirklich Geheimer Rat ein lebenslanges Jahresgehalt von 1500 Talern. Die Landstände bewilligten zudem ein Geschenk von 20 000 Talern. Auf die Fürsprache Wielands wurde Bertuch

am 4. September 1775, das war ein Tag nach der Inthronisation Carl August zu dessen Privatsekretär und Schatullier ernannt. Das führte allerdings dazu, dass Bertuch im Sommer 1776 als Geschäftsführer ausschied. Nun musste Wieland sich

wieder allein um “das mercurialische Fabrikwesen” kümmern, wie er das in seinem Brief an Gleim vom 3. September 1776 nannte.

Im 5. Band 1774 des Teutschen Merkurs  wurde mit dem Abdruck der “Abderiten, eine sehr wahrscheinliche Geschichte begonnen” . Die Fortsetzung folgte in Band 6 und 7. Im ersten Vierteljahr 1779 folgte der Prozess um des Esels

Schatten. Im 3. Vierteljahr 1780 folgte mit den “Fröschen der Latona” der 5. und letzte Teil. Er war Wielands komödiantischter Roman und gilt als Meisterwerk satirischer Prosa. In den ersten beiden Büchern wird Anekdote an Anekdote gereiht.

Die Handlung spielt in Abdera. Abdera ist historisch belegt ebenso wie Demokrit. Er führt Gespräche mit seinen Landsleuten und ist der einzige vernünftige Mann in Abdera. Es war Wieland aber sicher nicht um eine historische Schilderung zu tun.

Abdera ist einfach Kulisse. Und wie er im “Schlüssel zur Abderitengeschichte sagt: “und wiewohl man schon längst nicht mehr sagen kann: siehe hie ist Abdera oder da ist Abdera: so ist doch in Europa, Asia, Africa und America, soweit diese große Erdviertel policiert

sind, keine Stadt, kein Marktflecken, Dorf noch Dörfchen, wo nicht einige Glieder dieser unsichtbaren Genossenschaft anzutreffen sein sollten.” Natürlich hat Wieland auf seinen Stationen in Zürich, Erfurt und Weimar und vor allem in

seiner Zeit als Biberacher Stadtschreiber Anregungen für seine Abderiten genug gefunden. Aber Abdera ist eben nicht Biberach oder Weimar sondern hat durchaus Modellcharakter.

In den nächsten drei Bänden behandelt jeder Band ein einziges Thema. Der 3. Band wurde im 4. Vierteljahr veröffentlicht und handelte vom abderitischen Theater. Es geht um die Intrigen, die vor, während und nach der Aufführung stattfinden und sicher

hat Wieland da auch seine Erfahrungen verarbeitet, die er in Mannheim gemacht hatte, als dort eine Oper von ihm aufgeführt werden sollte. Im 1. Vierteljahr 1779 erscheint der Prozess um des Esels Schaden. Wieland schildert hier, wie zwei

sture Rechthaber in einem simplen Prozess fast die ganze Stadt ruinieren. Am Schluss wird der völlig unbeteiligte Esel dem Mob geopfert. Den Schluss bildet der 5. Band, der von der Verehrung der Stadtpatronin und Göttin Latona. Er wird

im 3. Vierteljahr 1780 veröffentlicht. Zu ihrer Verehrung sollen überall Froschteiche angelegt werden. Die Stadt versumpft buchstäblich. Die letzten vernünftig gebliebenen Abderiten können sich gegen das Gezänk, der sich theologisch befehdenden

Parteien nicht durchsetzen. Die Gegend ist für immer unbewohnbar geworden und die Abderiten müssen ihre Stadt verlassen.

Die Abderiten sind in einer Zeit geschrieben, in der das Bürgertum eine hohe Blüte erreicht hatte. Seine Ideale Leistung und Bildung begannen sich gegenüber dem Geburtsadel durchzusetzen. Das Buch ist eine brillante Analyse kleinbürgerlicher Lebenspraxis.

Es erweist sich auch“als die unbestechliche Entzauberung eines Systems zu dem Egoismus hinter dem Anschein von Dienstfertigkeit und Amtsanmaßung bei mangelnder Sachautorität ebenso gehören wie der Mißbrauch staatlicher Einrichtungen und

eine raffinierte >Kunst< ungebührlicher Einflußnahme” (Wolfram Mauser Konzepte aufgeklärter Lebensführung Würzburg 200 S. 175).

In den Erscheinungszeitraum der ersten beiden Abderitenbände fällt auch “Das Leben und die Meinungen des Herrn Magisters Sebaldus Nothanker” (1773-1776)von Friedrich Nicolai und Goethes “Leiden des jungen Werther” (1774).

Alle drei fanden in ganz unterschiedlichen Leserkreisen weite Verbreitung.

Wieland zeigt in seinen Abderiten die Anfälligkeit einer Gesellschaft für das Destruktive in ihr. Wieland zeigt die vielfältigen Formen des Sichanpassens und Einordnen, aber auch des Betrugs, Vertrauensbruchs und des zynischen Machtkalküls.

Hilfsbereitschaft, Wohlwollen und Loyalität werden nur vorgetäuscht. Dahinter versteckt sich aber Nepotismus, Eigennutz, Selbstgefälligkeit und Gewissenlosigkeit. Schon eine pessimistische Weltsicht in dem Buch, das kurz vor der französischen

Revolution geschrieben wird. Was empfiehlt der Aufklärer Wieland dagegen? Der Einzelne unterwirft sich aus Einsicht einem Regulativ. Ein gegenseitiges Einander-auf die Finger schauen, was letztlich stärker ist als die schärfste Kontrolle der

Obrigkeit. Man soll die Welt nicht nur vor den Torheiten der anderen schützen sondern auch vor den eigenen.

In dem Dorf Weende nahe bei  Göttingen hatten sich am 12. September 1772 Johann Heinrich Voß. Ludwig Christoph Heinrich Hölty, Johann Martin Miller, Gottlieb Dietrich von Miller, Johann Friedrich Hahn und Johann Thomas Ludwig Wehrs

versammelt und gründeten dort den “Hainbund”. Sie studierten alle in Göttingen und hatten sich zum Teil durch ihre literarischen Beiträge in dem von Heinrich Christian gegründeten Göttinger Musenalmanach kennengelernt.

Der Name “Hainbund” geht auf Klopstocks Ode “Der Hügel und der Hain” zurück. Friedrich Gottfried Klopstock war so etwas wie der Übervater ihres Bundes. er hatte ihnen Namen und Programm gegeben. Aber sie hatten auch ihre Hassfigur,

nämlich Christoph Martin Wieland. Er galt ihnen als “Sittenverderber”. Das zeigte sich beider Feier die zu Klopstocks Geburtstag stattfand. “

Seinen [Friedrich Gottlieb Klopstocks; P. P.] Geburtstag feierten wir herrlich. Gleich nach Mittag kamen wir auf Hahns Stube, die die größte ist (es regnete den Tag) zusammen. Eine lange Tafel war gedeckt, und mit Blumen geschmückt. Oben stand ein

Lehnstuhl ledig, für Klopstock, mit Rosen und Levkojen bestreut, und auf ihm Klopstocks sämtliche Werke. Unter dem Stuhl lag Wielands Idris zerrissen. Jetzt las Cramer aus den Triumphgesängen, und Hahn etliche sich auf Deutschland beziehende

Oden von Klopstocks vor. Und darauf tranken wir Kaffee; die Fidibus waren aus Wielands Schriften gemacht. Boie, der nicht rauchte, mußte doch auch einen anzünden, und auf den zerrissenen Idris stampfen

meine Hervorhebung; P. P.] (zit. nach: Der Göttinger Hain. Herausgegeben von Alfred Kelletat. Stuttgart 1967, S. 359). Wieland selbst hat diesen Vorfall gar nicht mitbekommen.

Kurz danach wurde aber der literarische Vorbehalt gegen Wieland, den es ja auch gab, öffentlich ausgetragen und zwar durch Goethes Farce “Götter, Helden und Wieland”, die laut Goethe “während eines Sonntags … bei einer

Flasche Burgunder “ verfasst worden war (Goethe Aus meinem Leben, Dichtung und Wahrheit, Tübingen 1814, S.500). Auf der gleichen Seite sagte er “dass  dies einer von  Lenzen ersten Schritten gewesen, wodurch er mir zu schaden

und beym Publikum in üblen Ruf mich zu setzen die Absicht hatte.” Goethe  kritisiert vor allem, dass Wieland in der Alceste “Helden und Halbgötter nach moderner Art nach moderner Art gebildet” und weiter “Allein in den Briefen,

die er über die gedachte Oper  in den Merkur einrückte, schien er uns diese Behandlungsart allzu parteyisch hervorzuheben und sich an den trefflichen Alten und ihrem höhen Stil unverantwortlich zu versündigen, indem er die derbe gesunde Natur,

die jenen Productionen zum Grunde liegt, keineswegs anerkennen wollte.” (ebd. s. 499). Das ist Goethes Version zum Entstehungsgrund seiner Farce. Viele Biographen sehen aber auch eine Verärgerung Goethes über eine Rezension seines Götz von Berlichingen

als Ursache an. Wielands Schatten in der Nachtmütze wird an einen Nebenarm des Styx versetzt und begegnet dort den mythischen Opfern seiner Phantasie. Merkur fühlt sich verletzt durch die ungefragte Verwendung seines Namens für

ein Journal. Euripides, der antike Dichter Alceste-Dichter beklagt die Mittelmäßigkeit des vermeintlich epigonalen Stückes. Dann erscheint auch noch Herckules, der seine wahren Handlungsmotive ebenfalls verkannt  sieht. Und er

fasst zusammen. “Ich weiß genug. Hättest du nicht zu lang unter der Knechtschaft deiner Sittenlehre geseufzt, es hätte noch was aus dir werden können”

Wieland reagiert souverän. Er rezensierte das gegen ihn gerichtete Werk im Teutschen   Merkur vom Juni 1774 positiv. “Der Herr D. Göthe,  Verfasser dieses Werkleins, nachdem er uns in seinem Götz von Berlichingen gezeigt hat,

daß er Shakespear seyn könnte, wenn er wollte, hat uns in dieser heroischen-komischen-farcicalischen Pasquinade gewiesen, daß er, wenn er wolle, auch Aristophanes seyn  könne. Denn so wie es ihm in  diesem kritischen Wrexekek

Koax Koax beliebt hat, mit Wieland und Wielands Alceste sein Spiel zu treiben, so trieb es ehedem Aristophanes mit dem nehmlichen Euripides, welchen Herr Göthe hier, mit der ihm eigenen Laune, dem Verfasser des Singspiels Alceste auf

den Kopf treten läßt. Wir empfehlen diese kleine Schrift allen Liebhabern der pasquinischen Manier als ein Meisterstück von Persiflage und sophistischem Witze, der sich aus allen möglichen Standpunkten sorgfältig denjenigen auswählt,

aus dem ihm der Gegenstand schief vorkommen muß, und sich dann recht herzlich darüber lustig macht, daß das Ding so schief ist.” (Seite 351 f.).

Die Farce hat in der damals sehr literarisch interessierten Gesellschaft natürlich schon für Aufsehen gesorgt. Heinse, der ja auch zum Sturm und Drang tendierte zeigte sich in einem

Brief an Gleim (Düsseldorf, 13. Oktober 1774) geradezu begeistert. “er (Goethe)reißt alle mit sich fort, und seine Götter, Helden Wieland- ein Werk von herkulischer Stärke, wenn man’s recht, und Zeile vor Zeile durchdenkt

und durchfühlt…” (Wilhelm Körte, Briefe deutscher Gelehrten, Zürich 1806, S. 201). In den meisten Literaturzeitungen wurde der Angriff Goethes auf Wieland eher negativ betrachtet.

Christian Daniel Schubart, der ja auch eine Neigung zum Sturm und Drang hatte, schrieb in seiner Deutschen Chronik im 19. Stück auf Seite 150/51 “Hier liegt eine Posse* vor mir, die mich fast zu tod ärgert-Götter Helden und Wieland betittelt.

Nicht als wenn diese Posse schlecht geschrieben wäre; nein! ein Meisterstück ist sie, und niemand kann so dialogisiren, als der Verfasser des Göz von Berlichingen. Nur der Angrif auf unseren Wieland, dem wir in aller Absicht so

viel zu danken haben, mißfällt mir” und dann fährt er fort, dass Klopstock und Bodmer ja auch solchen Angriffen ausgesetzt waren und weiter “und itzt auch Wieland!-Nicht von einem Kleingeiste, sondern von einem Manne von Genie.

Wenn Liliputier mit ihren Nadelpfeilchen auf einander schießen, so lacht man. Wenn aber Brobdingrags ihre Riesenfäuste heben, dann zittert man vor Gefahr-Und Gefahr ists für unsre Literatur, wenn sich die besten Köpfe entzweyen,

und ihr Feuer, das sie in unsterblichen Werken verschwenden sollten, in Zank und Schmähschriften weglodern lassen.” Auch Nicolai hat sich natürlich in der Allgemeinen Deutschen Bibliothek zu Wort gemeldet.

“Was würde Herr G. sagen, wenn jemand unter dem Namen: Zigeuner, Lumpengesindel und  Göthe ein Pasquill auf seinen Götz von Berlichingen machte, und führte ihn darinn auf als einen einfältigen Tropf, wie er in diesem stücke Herrn Wieland aufführt.

… Die Art, wie Hr. Wieland sich in seinem Merkur, über dieses plumpe Pasquill, (und keinen andren Namen verdient es) erklärt hat, macht ihm wahre Ehre.” (Allgemeinen Deutschen Bibliothek , Bd 26, 1775 S. 206). Wielands souveräne Reaktion

und die Rezensionen zeigten Goethe, dass er übers Ziel hinaus geschossen war und das sich die Stimmung gegen ihn wandte. Diese Reaktion ermöglichte auch, dass sich kurz nachdem die Schmähschrift solche Wellen schlug, sich doch eine tiefe Freundschaft

zwischen den beiden entwickeln konnte.

Zu der Zeit als die literarische Auseinandersetzung stattfand, wurde Weimar von einem Unglück heimgesucht. Am 6. Mai 1774 brannte das Weimarer Schloss ab, das bis auf die Außenmauern zerstört wurde. Bis auf ein paar Bücher, die er verlor, kam Wieland mit

dem Schrecken davon. Allerdings zog der gesamte Hofstaat ins Barockschloss Belvedere um. Auch Wieland wohnte dort bis Ende September 1774. Das Theater musste seinen Betrieb einstellen und die Schauspielergesellschaft wurde entlassen.

Der Brand hatte die Bühne unbespielbar gemacht und man musste mit Provisorien arbeiten. Bis dahin konnte jeder Weimarer Bürger dreimal die Woche das Theater unentgeltlich besuchen.

Für Wieland bedeutete der Brand mit Ausnahme der  Rosamunde, die in Mannheim aufgeführt werden sollte, zunächst den Abschied von der Theaterbühne. Später hatte er nochmals antike Dramen von Aristophanes und Euripides übertragen.

Kurz vor Carl August die Regierung antrat, reiste Wieland nach Halberstadt zu Gleim. Der Besuch wurde genauestens vorbereitet, denn Wieland hasste Überraschungen oder mit seinen Worten “ich liebe  die Überraschungen nicht;

sie taugen für alle sehr empfindlichen Leute nichts, Voraus zu genießen ist ein zu süßes Vorrecht der Menschheit, um sich dessen selbst zu begeben” Brief an Gleim vom 17. März 1775(Ausgewählte Briefe von C. M. Wieland Band 3, Zürich 1815 S.206).

Damit meinte er vor allem das Angebot Gleims, ihm bis Blankenburg entgegenzukommen

Am 10. März reiste die Gesellschaft schließlich los. Christoph Martin mit seiner Frau Anna Dorothea, der siebenjährigen Tochter Sophie Catharina Susanne und seinem Merkur-Mitarbeiter Friedrich Bertuch. Ursprünglich terminiert war der 4. Mai.

Aber der Merkur hatte nochmals aufgehalten. “und warum dieß? Alles bloß um  dieses gebenedeyten Merkurs, den wir, ich und Bertuch, schlechterdings vom Halse haben müssen, um mit ganz heiterm, ruhigem, sorgenfreyem Geiste zu unserm Gleim ziehen

und acht ganzer seliger Elisiumstage bei ihm zu leben.” (ebda. S. 212). Das  Monatstück May” musste noch gedruckt, geheftet und zum Versand gebracht werden. Man besuchte ihn in seinem Haus, direkt am Dom gelegen

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und konnte dort sicher seinen “Freundschaftstempel” bewundern. Das Gleimhaus ist heute “Kultureller Gedächtnisort mit besonderer nationaler Bedeutung”. Natürlich ist dort ein Bild von Gleim vertreten, aber auch Wieland, direkt neben Sophie von La Roche,aber auch Lavater, Bodmer und auch Klopstock und Bertuch. Wieland blieb 12 Tage in Halberstadt. Am 28. Mai schreibt er an Gleim und berichtet, dass er und seine Frau “unsern langen zwölftägigen Wonnetraum von Gleim und Geminde, von Freundschaft und Seligkeit,

von Halladat und saphischen Liedern, von Spiegelbergen und Nonnenparadiesen…”(Ebda S. 218). Anna Louisa Karsch, die “preussische Sappho” (Gleim) war zugegen und man las ihre Gedichte. Im zitierten Brief kündigt Wieland an “An das Wunderweib, unsre Karschin schreibe ich noch diese Woche (ebda. S. 224). Sie ist übrigens im  Freundschaftstempel auch vertreten und zwar an prominenter Stelle.. Man hatte wohl auch darüber diskutiert zusammen zu wohnen. “Das Projekt zusammen zu ziehen, ist wie ich sehe unser beyder Lieblingsprojekt geworden” (Brief vom 3. Juni 1775, ebd. S. 226)

Am 3. September 1775 wurde Carl August öffentlich in sein Amt eingeführt. Wieland hatte dazu eine “Cantate auf den neunzehnten Geburtstag und Regierungs-Antritt des Herzogs von Sachsen-Weimar und Eisenach” verfasst. Bei der Amtseinführung wurde sie

aufgeführt. Im 3. Band 1775 des Teutschen Merkur wurde sie auch veröffentlicht. (S. 193-195). Nach seiner Regierungsübernahme erhöhte der junge Herrscher die Wieland vertraglich zugesicherte Rente von 600 Reichstalern auf 1000

unter der Bedingung, dass Wieland in Weimar blieb. Laut Ofterdinger gab dies den Ausschlag, das Wieland nicht nach Oberschwaben zurückzog. Er zitiert Wieland mit der Aussage vom 20. Januar 1799 “Wäre dieß nicht gewesen,

so wäre ich aus dem belobten Weimar in mein liebes Schwabenland zurückgezogen”. (S. 236)

Carl August hatte 1774 mit seinem Erzieher dem Grafen Johann Eustach von Schlitz genannt Görtz eine Bildungsreise unternommen. Auch Ludwig von Knebel war dabei, der ja auch als Erzieher am Hofe von Weimar angestellt war. Die Reise  führte über

Frankfurt, Mainz, Karlsruhe und Straßburg nach Paris. In Frankfurt hatte man einen Zwischenhalt eingelegt, da der Prinz Johann Wolfgang von Goethe kennenlernte wollte. Knebel machte sie miteinander bekannt. Goethe schildert das in

“Dichtung und Wahrheit” so: “Ich eilte nunmehr mit demselben zu den jungen Fürsten, die mich sehr frei und freundlich empfingen, so wie auch der Führer des Erbprinzen, Graf Görtz, mich nicht ungern zu sehen schien.” (1773 3,15)Er reiste, wie abgesprochen der

Reisegesellschaft nach Mainz nach “Ich gelangte also in sehr kalter Jahreszeit zur bestimmten Stunde nach Mainz, und wurde von den jungen Herrschaften und ihren Begleitern, der Einladung gemäß, gar freundlich aufgenommen. Der in Frankfurt geführten Gespräche erinnerte man sich, die begonnenen wurden fortgesetzt, und als von der neuesten deutschen Literatur und von ihren Kühnheiten die Rede war, fügte es sich ganz natürlich, daß auch jenes famose Stück, »Götter, Helden und Wieland«, zur Sprache kam; wobei ich gleich anfangs mit Vergnügen bemerkte, daß man die Sache heiter und lustig betrachtete. Wie es aber mit dieser Posse, welche so großes Aufsehn erregt, eigentlich zugegangen, war ich zu erzählen veranlaßt, und so konnte ich nicht umhin, vor allen Dingen einzugestehn, daß wir, als wahrhaft oberrheinische Gesellen, sowohl der Neigung als Abneigung keine Grenzen kannten. (ebda).Auf seiner ersten Schweizreise traf Goethe Herzog Carl August nochmals in  Karlsruhe,

der dort Luise von Hessen-Darmstadt heiratete. Auch Goethe wurde von dem jungen Paar empfangen. “Meine Gespräche mit beiden hohen Personen waren die gemütlichsten, und sie schlossen sich, bei der Abschiedsaudienz, wiederholt mit der Versicherung: es würde ihnen beiderseits angenehm sein, mich bald in Weimar zu sehn.” (ebda 1775 4,18) Er leistete dieser Einladung Folge und kam am 7. November 1775 in Weimar an.

Wieland war sofort total begeistert und schrieb das auch an seine Freunde. An Friedrich Heinrich Jacobi schreib er am 10. November 1775:
“Dienstags, den 7. d. M., morgens um fünf Uhr, ist Goethe in Weimar angelangt. O bester Bruder, was soll ich Dir sagen? Wie ganz der Mensch beim ersten Anblick nach meinem Herzen war! Wie verliebt ich in ihn wurde, da ich am nämlichen Tage an der Seite des herrlichen Jünglings zu Tische saß!
Alles, was ich Ihnen (nach mehr als einer Krisis, die in mir diese Tage über vorging) jetzt von der Sache sagen kann, ist dies: Seit dem heutigen Morgen ist meine Seele so voll von Goethe, wie ein Tautropfe von der Morgensonne. “ (zitiert in “Literaturbrevier”)

und an Zimmermann am 8.Januar 1776: ”Was Gott zusammengefügt hat,soll  der Mensch nicht scheiden. Göthe, Lavater, Herder, warum sollten sie nicht auch meine Freunde seyn? Seit ich diese Kleeblatt kenne, sind sie meine Heiligen. Ich lebe nun

9 Wochen mit Göthen, und lebe seit unserer Seelen-Vereinigung so unvermerkt und ohne allen effort nach und nach zu Stande gekommen ganz in ihm. Er ist in allen Betrachtungen und von allen Seiten das größte, beste und herrlichste menschliche Wesen,

das Gott geschaffen hat.” (Ausgewählte Briefe von C. M. Wieland Band 2, Zürich 1815 S. 246). An Meusel, Historiker, der ja auch im Merkur mitarbeitete hatte er im November geschrieben “Göthe, den wir seit neun Tagen hier besitzen, ist das größte

Genie, und der beste liebenswerthe Mensch, den ich kenne. (ebda. S. 245 f.) An Gleim schreibt er im September 1776. Goethe und Gleim “konnten” ja nicht miteinander und Goethe ist in Gleims Freundschaftstempel nicht

vertreten. “Sie mein liebster haben ja noch einen Pik gegen diesen edlen herrlichen jungen Mann, den ich schon lange wie meinen Augapfel liebe. Sie brauchten ihn aber nur etliche Tage in der Nähe zu sehn, so würde er ihnen fast so lieb

werden, als mir. In diesen zehn Monaten, die ich mit ihm gelebt habe, ist – ein einziges Mißverständnis ausgenommen, das aber nicht länger als eine Stunde dauerte- (und auch dieß begegnete schon vor mehr als sechs Monaten)

kein Augenblick gewesen wo Göthe und ich nicht in der reinsten Harmonie gelebt hätten.” …und weiter “ Alles in meinem Hause, Mutter Weib und Kinder lieben ihn” (ebda S. 261 f.)

Die Zuneigung war aber durchaus gegenseitig. Zahlreiche Tagebucheinträge Goethes berichten von Besuchen im Hause Wieland. Er war dort oft beim Essen aber auch bei Freunden, zum Beispiel der Familie Keller in  Stedten, die aus Tübingen

stammte.

1776 kaufte Wieland einen Garten vor der Stadt. Da er nun Eigentümer einer städtischen Liegenschaft war, Stadtbürger werden. Das Bürgerbuch der Stadt Weimar vermerkt dazu: “den 16 Mart. 1776 der Churf(ür)stl(ich) Mayntzi(sche)

und F(ürstlich)und Sächs(ische)HofRath H(err)Christoph Martin Wieland haben dato das Bürgerrecht conferirt erhalten.” (Stadtarchiv Weimar HA I-37-4 S.Die Eintragung kostete ihn 10 Meißner Gulden, das entspricht etwa 87,50 Reichstaler.

Das wären nach heutiger Währung etwa 1750 €. Dazu kam noch ein Feuereimer für einen Meißner Gulden, also etwa 175 €. Der Kaufpreis für Grundstück und Gebäude betrug 1250 Reichstaler. Zwischen  1622 und 1775 entsprach ein Reichstaler

zwischen 17 und 22 €. Das heißt  der Garten kam Wieland auf etwa 25.000 € zu stehen. Laut Zaremba ( S. 189)bedeutete dies aber nur etwa die Hälfte des Marktpreises. Wieland musste dazu aber 1000 Taler seines Kapitals bei der Stadtkasse

Biberach zurückfordern. Der Betrag an die Stadtkasse Weimar wurde auf einmal beglichen, was zu der Zeit nicht selbstverständlich war.

Natürlich erzählt er auch seinen Freunden von seiner Neuerwerbung. Am 8. Mai 1776 schreibt er an Gleim ”Habe einen Garten gekauft, der mir großen Spaß macht, aber auch einen guten Theil meiner Existenz wegstielt, bis ich ihn einigermaßen so

umgestaltet habe, daß man gerne darin seyn kann. Wollen wir uns mehr als einmal darin wohl seyn lassen. wiewohl er gegen euer Sanssouci nur ein Maulwurfshäufchen ist.” (ebda. S 255) Auch Sophie von La Roche erzählt er im September 1777,

in einem großen Haus vor der Stadt wohnt “und ein paar hundert Schritte davon liegt ein größerer Garten, den ich vor anderthalb Jahren gekauft habe, und worin ich dieser schönen herbstlichen Tage froh werde, die die Natur uns noch ganz unvermuthet schenkt.”

(zitiert bei Döring S. 260)

Am 21. März 1776 bekommt die Familie Wieland wieder Zuwachs, ein Mädchen. Es wird auf den Namen Charlotte Wilhelmine getauft und Pate soll Gleim werden. “Wir haben uns bester Freund und Bruder, des Rechts bedient, das Sie

uns vor einem Jahr gegeben haben, und Sie, wiewohl abwesend, aber uns im Geiste gegenwärtig, zum Pathen des holden kleinen Geschöpfs ernannt, in Hoffnung, daß es Ihnen angenehm seyn würde, diese geistliche Paternität

mit unserm Göthe zu teilen” (Ausgewählte Briefe von C. M. Wieland Band 3, Zürich 1815 S. 252)

index

Im Oktober 1776 kam auch Johann Gottfried Herder in Weimar an.Goethe hatte Herder 1771 in Straßburg kennen und schätzen gelernt. 1776 wird er von Herzog Carl August nach Weimar berufen. Goethe hatte ihn beim Herzog empfohlen und durchgesetzt.Wieland hatte durchaus die Bedeutung erkannt, die die Berufung für Weimar hatte. An Gleim schreibt er: “Denkt doch was Karl August aus Weimar macht! und machen wird!” (zitiert nach Gottfried Gruber Sämmtliche Werke: Wielands Leben nebst seinem Portrait,

Band 52 S.171) An Gleim schreibt er am 4. Oktober 1776 “Bestes Bruderherz! Der Mann Gottes, mit seinem lieben Engel an der Seite, ist Dienstag Abends glücklich bey uns angekommen.- Bey’m ersten flog ihm meine Seele entgegen.”

(Ausgewählte Briefe  S. 263). Die Antrittspredigt von Herder in Weimar muss ein richtiges Ereignis gewesen. Die Bewohner Weimars waren gegen ihn voreingenommen. Seine Frau schreibt darüber  “Denn man hatte unter anderem das Gerücht verbreitet:

Er könne nicht predigen!” (In Erinnerungen  aus dem Leben Joh. Gottfrieds von Herder, Bd. 2 Tübingen 1820 von Caroline von Herder S.5)und Wieland schreibt begeistert über diese Predigt “Er predigt, so wie noch niemand gepredigt hat,so wahr, so simpel,

so faßlich, und doch alles so tief gedacht, so rein gefühlt, so schwer an Inhalt!” (zitiert bei Sämmtliche Werke: Wielands Leben nebst seinem Portrait, Band 52 von Christoph Martin Wieland,Johann Gottfried Gruber. S. 172)Aber er fühlt sich Herder irgendwie unterlegen, wie er in demselben Brief schreibt:”Meine ganze Seele ist voll von dem herrlichen Manne. Aber er ist mir zu groß, zu herrlich; (Seite 171) und weiter auf der schon oben zitierten Seite “Ich selbst fühle, wie wenig ich ihm seyn kann. Fühlen,

einsehen, durchschauen, was er ist, und ihn lieben, mehr als ihn noch ein Sterblicher geliebt hat, das kann ich.” Zwischen den beiden Familien entwickelte sich praktisch vom ersten Tag an eine herzliche Freundschaft, wie auch Caroline von Herder in dem oben zitierten Werk weiterfährt: “Wielands zarte, gutmüthige Seele schloß sich an Herder an, er ehrte und liebte ihn hoch, und unsere Familien verbanden sich immer herzlicher. Wenn auch in Wielands und Herders Freundschaft zuweilen Mißverständnisse und

Mißklänge kamen, so löseten sie sich doch immer wieder. Sie achteten und ehrten Jeder des Andern eigenthümlichen Genius und Werth ohne Neid, obwohl sie über  viele Dinge sehr verschieden dachten, und eigentlich doch nie innig sympathisirten,

hervorragend gute Naturen erkennen auch bey jedem Wechsel, daß sie in einer höhern geistigen Classe zusammengehören.Wieland erzeigte bey vielen Anlässen, wo wir seyne Freundschaft ansprachen, thätige Dienste unter anderem durch Darlehn:

Denn die Einrichtung an diesem neuen Ort, ohne eigenes Vermögen, erschwerte uns die ersten Jahre recht peinlich”

Im Gegenzug lieferte Herder Beiträge für den Teutschen Merkur.1776 Vom Zweiten Vierteljahr an war er in den nächsten 4 Ausgaben vertreten und dann nochmal im 4. Vierteljahr 77. Er schrieb Fabeln aber auch Studien über Hutten, Kopernikus oder Savanarola.

Die Beziehung zu Herder war sicher nie einfach. Herder war oft krank. Das förderte seine Neigung zur Hypochondrie. Auch trug er manchmal seinen intellektuellen Dünkel recht offen zur Schau. Aber nicht nur Wieland, auch Goethe hatte mit Herder

Schwierigkeiten.

Der Komponist der Alceste, Anton Schweitzer, war nach dem Weimarer Theaterbrand mit der Seilerschen Truppe nach Gotha gekommen. Dort erhielt er eine Anstellung zum Musikdirektor des Hoftheaters. Von Mannheim erhielt er eine

Auftragskomposition für eine Oper. Und Wieland sollte nun das Libretto für die Oper Rosamunde schreiben. Franz Karl von Hompesch, kurpfälzischer Finanzminister hatte die Oper in Auftrag gegeben. Allerdings stand seine  Rosamunde unter keinem guten Stern.

Schon Goethe und Jacobi hatten die erste Fassung kritisiert. An Jacobi schreibt er “Ich habe nun Göthens Meinung zu der Sache (gemeint ist die Oper Rosamunde) und sie stimmt völlig zu der Deinigen. er hat mir alles sehr begreiflich gemacht.

Seiner Meinung nach liegt das Hauptgebrechen am Sujet selbst. Das proton pseudos liegt aber nach ihm darin, daß ich das Ding anstatt mit dramatischem, mit epischem Sinn gefaßt habe.” (zitiert in Goethe: Begegnungen und Gespraeche: 1777-1785

herausgegeben von Ernst Grumach,Renate Grumach S. 16)Er ist auch bei der Mannheimer Kurfürstin Elisabeth Auguste angeeckt. In seiner Alceste lobte Wieland die Ehe, in der Rosamunde wird die Ehebrecherin mit Heirat und Krönung belohnt,

während die rechtmäßige Gattin das Nachsehen hat.Wieland hatte auch keine glückliche Hand bei der Stoffwahl, wie er später sagte. Er war nach langem Suchen in Addisons (“meines  Lieblings”)Spectatorn auf die Rosamunde gestoßen.

Addison hatte 1707 ein Libretto für eine Oper Rosemond geschrieben. Und dann fährt er fort “Freilich wußte ich unhöfischer Tropf nicht, daß der Kurfürst auch so viele Rosamunden hatte und mit ihren Kindern das Land bevölkerte”…

und weiter als er nach Mannheim reiste  “Dort hatte man sich über meine Wahl des Themas außerordentlich gewundert und Beziehungen hineingelegt, die mir nicht im Traume eingefallen waren. Die Kurfürstin war erstaunlich darüber ungehalten.”

(zitiert bei Literarische Zustände und Zeitgenossen: in Schilderungen aus Karl August Böttigers Nachlass, Band 1, Leipzig 1838 S.229) Mitten in die Probenarbeiten platzte die Nachricht vom Tode des bayrischen Kurfürsten Max III. Joseph.

Der Kurpfälzer Kurfürst Karl Theodor musste unverzüglich nach München. Staatstrauer auch in der Kurpfalz wurde angeordnet. Der Kurfürst befahl, dass die Proben fortgesetzt wurden “und blos vor Wieland das Stück bei verschlossenen Thüren

aufgeführt werden sollte.” (ebda.)Am 22. September 1776 hatten Karl Theodor und Max III. Joseph ihre Erbverbrüderung erneuert, die Bayern und Pfalz als unteilbaren Gesamtbesitz behandelte. Dass die Erbfolge so schnell eintreten sollte, war nicht abzusehen.

Als nun Bayern an die Pfalz fallen sollte, machte Österreich einen Anspruch auf Niederbayern und die Oberpfalz gelten. Das löste den Bayerischen Erbfolgekrieg aus. An Theaterstücke oder Opern war so natürlich nicht zu denken. Die Oper wurde nie aufgeführt.

Für Wieland war das alles zwar ziemlich chaotisch, aber es gab trotzdem auch positive Aspekte. Auf der Anreise  nach Mannheim war vier Tage Gast bei Goethes Eltern in Frankfurt. Er war für Goethes Vater ein geduldiger  Zuhörer (Böttiger S.216).

Außerdem zeigte dieser die Jugendwerke Goethes in “einem prächtig eingebunden Manuscript” In Darmstadt hatte  er wieder persönlichen Kontakt zu Merck, der ja ein eifriger Mitarbeiter des Merkur war.Außerdem lernte er Wolfgang Amadeus Mozart

persönlich kennen, der zu der Zeit in Mannheim weilte. Wieland war in Mannheim mit großer Begeisterung aufgenommen worden, aber Mozart ließ sich davon nicht irritieren. Am 27. Dezember gibt er seinem Vater eine kurze Beschreibung

von dem Ereignis. “Nun bin ich mit Hrn. Wieland auch bekannt; er kennt mich aber noch nicht so, wie ich ihn, denn er hat noch nichts von mir gehört. Ich hätte ihn mir nicht so vorgestellt wie ich ihn gefunden. Er kommt mir im Reden ein wenig

gezwungen vor; eine ziemlich kindische Stimme, ein beständiges Gläselgucken, eine gewisse gelehrte Grobheit und doch zuweilen eine dumme Herablassung. Mich wundert aber nicht, daß er (wenn auch zu Weimar oder sonst nicht) sich hier zu betragen geruhet,

denn die Leute sehen ihn hier an, wie wenn er vom Himmel herabgefahren wäre. Man genirt sich ordentlich wegen ihm, man redet nichts, man ist still, giebt auf jedes Wort acht, das er spricht;- nur schade, daß die Leute so oft in der Erwartung seyn müssen,

denn er hat einen Defect in der Zunge, vermöge er ganz sachte redet und nicht sechs Worte sagen kann ohne einzuhalten. Sonst ist er, wie wir ihn alle kennen, ein vortrefflicher Kopf. Das Gesicht ist von Herzen häßlich, mit Blattern angefüllt, und  eine

ziemlich lange Nase, die Statur wird seyn, beyläufig etwas größer als der Papa” (zitiert bei Mozart. Zusammengestellt und erläutert von Dr. Roland Tenschert. Leipzig, Amsterdam 1931, S. 87-88.) Und im Januar schreibt

Mozart an seinen Vater “Der Herr Wieland ist, nachdem er mich nun 2 mal gehört hat, ganz bezaubert. Er sagte das letztemal nach allen möglichen Lobsprüchen zu mir; es ist ein rechtes Glück für mich, daß ich Sie hier angetroffen habe, und drückte mich bey der Hand. Heut ist die Rosamund im Theater probiert worden. Sie ist – – – – gut, aber sonst nichts; denn wenn sie schlecht wäre, so könnte man sie ja nicht aufführen? – –”

Wenn man diese Schilderung Mozarts liest, muss man Wielands Leistung als Erzieher umso mehr bewundern. Er hatte ja seit seiner Züricher Zeit junge Leute um sich. So ein Sprachfehler erleichterte seine Aufgabe sicher nicht, wird aber nie als Handicap erwähnt.

Wieland hat dann auch in Weimar die Beisterung der Herzogin für Mozarts Musik geweckt.

Goethe hat dann als Theaterdirektor in Weimar für häufige Aufführungen von Mozarts Werken gesorgt. Im Schlosspark von Tieffurt steht das erste Denkmal, das Mozart außerhalb von Österreich gewidmet wurde. Das war

immerhin schon 1799, also nur 8 Jahre nach seinem Tod am 5. Dezember 1791.

Am 24. Januar 1778 war Wieland endlich wieder zurück in Weimar. Am 26. Oktober 1778 wurde der Sohn Ludwig Friedrich August geboren.Er studierte später in Jena, war Bibliothekar bei Fürst Esterhazy in Wien, war auch als Dichter und Herausgeber tätig.

So gab er auch die Auswahl denkwürdiger Briefe heraus, aus der hier ja auch öfters zitiert wird.

Wieland lebte nun seine Neigung zum ländlichen Leben aus. Allerdings wurde die ländliche Idylle etwas getrübt wegen der Gesundheit. Seine Frau und seine Kinder hatten oft Scharlach. Wieland selbst war sehr wetterfühlig und wurde oft von starken Infekten heimgesucht. Vor allem aber machte ihm Der Teutsche Merkur zu schaffen. Die Auflagenzahl ging zurück. Am 28. September 1782 legte Bertuch Wieland einen “Entwurf über den Merkur” vor. Zwei Strategien wurden dabei vorgeschlagen, einmal

inhaltliche Erneuerung und zum andern Stabilisierung der Vertriebswege und Erschließung neuer Wege. In einer Sozietät sollte Wieland 2 und Bertuch 1 Drittel des Gewinnes erhalten. Der Vertrag wurde am 6. Oktober 1782 unterzeichnet.

Ab 1783 wurde der “Teutsche Merkur” als “eine gemeinschafftliche merkantilistische Entreprise” betrieben und war “gemeinschafftliches Eigenthum von Wieland und Bertuch. Der Merkur erfuhr wieder Auftrieb.Bertuch schied 1786

zugunsten von  Karl Leonhard Reinhold (1758-1825)aus dem Vertrag aus. Leonhard war erst Novize im Jesuitenorden, bis dieser im September 1773 in Österreich aufgehoben wurde. Über Leipzig kam er nach Weimar, wurde von Wieland freundlich aufgenommen

und rasch Mitarbeiter beim Merkur. Am 18. Mai 1785 heirate er Wielands erste Tochter Sophie.

Kurz zuvor, am 27. Mai 1783, hatte der Dichter nochmals Familienzuwachs erhalten und zwar eine Tochter. “Sie ist, einer ewig theuren Abgeschiedenen Julie genannt worden”, wie er am 1. April Sophie von La Roche mitteilt.

(Briefe an Sophie von La Roche, nebst einem Schreiben von Gellert und Lavater …

von Christoph Martin Wieland,Franz Horn S. 241)

In der Zeit von 1773 bis 1775 hatte Wieland folgende Werke verfasst: Stilpon oder über dieWahl eines Oberzunftmeisters von Megara. Eine Unterredung1774); Das Urtheil des Midas. Ein komisches
Singspiel in einem Aufzug (1775); Geschichte des Philosophen Danischmende (1775); Unterredungen zwischenW** und dem Pfarrer zu *** (1775); Titanomachia oderas neue Heldenbuch (1775).Es folgten Gandalin oder Liebe um Liebe (1776)

Das Winter und Sommermärchen (1776) Pervonte (1778) Der Vogelsang (1778) wichtigste Werk aus dieser Zeit war aber der Oberon, sein vorletztes Versepos. Es erschien 1780 erstmals noch ohne Nennung des Namens des Dichters, dann   1783-1784

zunächst im Merkur, und 1784 als Separatdruck. Es ist ein Ritterroman.  Ritter Hüon hat aus Versehen den Sohn seines Herrn erschlagen. Er geht aus einer Art Gottesurteil unversehrt hervor und kann nun von Karl dem Großen zur Sühne eine fast übermenschliche

Aufgabe aufgebürdet. Er soll nach Bagdad reisen, dort den Palast des Sultans aufsuchen und bei einem Festbankett denjenigen köpfen, der zur Linken des Sultans sitzt. Danach soll er die Tochter des Sultans dreimal küssen und sich mit ihr verloben.

Dann soll er von seinem Schwiegervater in spe vier Backenzähne erbitten, dazu eine Handvoll seiner grauen Backenhaare. Nur wenn er damit an den Hof Karls zurückkehre, sei ihm verziehen. Der Naturgeist Oberon hilft dem Helden bei diesem

aberwitzigen Unterfangen. Die Barthaare des Sultans und seine Backenzähne und auch die Tochter des Sultans, die schöne Rezia, rücken in erreichbare Nähe. Es zeigt Anklänge an den Sommernachtstraum von Shakespeare, den er ja auch übersetzt hatte,

bei Wieland “Ein St. Johannis Nachts Traum” Er überarbeitete sein Werk insgesamt sieben Mal. Es hatte auch Einfluß aus Goethes Faust II, Die Zauberflöte und Weber verarbeitete den Stoff in seiner Oper Oberon 1826.

Die politischen Schriften Wielands, die in diesen Jahren im Merkur erschienen waren, befassten sich hauptsächlich mit “Aufklärung”. Diese erscheinen später gesammelt als Vermischte Aufsätze. Im 2. Vierteljahresheft 1789 wird

“Ein paar Goldkörner aus Maculatur oder Sechs Antworten auf Sechs Fragen” veröffentlicht. Die Fragen sind “1. Was ist Aufklärung 2. über welche Gegenstände kann und muss sie sich verbreiten 3. wo sind ihre Grenzen

4. Durch welche mittel wird sie befördert 5. Wer ist berechtigt, die Menschheit aufzuklären 6. An welchen Folgen erkennt man ihre Wahrheit” Frage 1 beantwortet er so “ Das weiß jedermann, der vermittelst eines Paars sehender Augen erkennen gelernt hat,
worin der Unterschied zwischen Hell und Dunkel, Licht und Finsternis besteht. Im Dunkeln sieht man entweder gar nichts oder wenigstens nicht so klar, daß man die Gegenstände recht
erkennen und voneinander unterscheiden kann: sobald Licht gebracht wird, klären sich die Sachen auf, werden sichtbar und können voneinander unterschieden werden – doch wird dazu
zweierlei notwendig erfodert: 1) daß Licht genug vorhanden sei, und 2) daß diejenige, welche dabei sehen sollen weder blind noch gelbsüchtig seien, noch durch irgendeine andere Ursache
verhindert werden, sehen zu können oder sehen zu wollen. (S.97). Die zweite Frage beantwortet er, dass für ehrliche Leute im dunkeln nichts zu tun bleibt (“ein löbliches und gemeinnütziges Geschäft ausgenommen”) als zu schlafen.

und weiter führt er aus “Das Licht des Geistes, wovon hier die Rede ist, ist die Erkenntnis des Wahren und Falschen, des Guten und Bösen. Hoffentlich wird jedermann zugeben,
daß es ohne diese Erkenntnis ebenso unmöglich ist, die Geschäfte des Geistes recht zu treiben,als es ohne materielles Licht möglich ist, materielle Geschäfte recht zu tun. Die Aufklärung, d. i.
so viel Erkenntnis, als nötig ist, um das Wahre und Falsche immer und überall unterscheiden zukönnen, muß sich also über alle Gegenstände ohne Ausnahme ausbreiten, worüber sie sich ausbreiten
kann, d. i. über alles dem äußern und innern Auge sichtbare. “ (S.98) Die dritte Frage beantwortet er so: “Wo, bei allem möglichen Lichte, nichts mehr zu sehen ist.” Zu Frage 4 meint er

“Das unfehlbarste Mittel zu machen, daß es heller wird, ist, das Licht zu vermehren, die dunkelnKörper, die ihm den Durchgang verwehren, soviel möglich, wegzuschaffen und besonders alle
finstern Winkel und Höhlen sorgfältig zu beleuchten, in welcher das Nro. 2. erwähnte lichtscheue Völkchen sein Wesen treibt.” und weiter “Es gibt kein anderes Mittel, die Masse der Irrtümer und schädlichen Täuschungen, die den menschlichen
Verstand verfinstert, zu vermindern als dieses, und es kann kein anderes geben.” (S.101) Und auch 5 beantwortet er einfach “daß jedermann –
von Sokrates oder Kant bis zum obskursten aller übernatürlich erleuchteten Schneider und Schuster,ohne Ausnahme, berechtigt ist, die Menschheit aufzuklaren, wie er kann, sobald ihn sein
guter oder böser Geist dazu treibt. “ (S.103)und als Fazit die Antwort auf Frage 6 “Wenn es im ganzen heller wird; wenn die Anzahl der denkenden, forschenden, lichtbegierigen
Leute überhaupt, und besonders in der Klasse von Menschen, die bei der Nichtaufklärung am meisten zu gewinnen hat, immer größer, die Masse der Vorurteile und Wahnbegriffe
zusehends immer kleiner wird;” (S. 104) Damit fasst er eigentlich den Inhalt seiner späten Werke zusammen.

Am 27. Juli 1787 ist Schiller erstmals in Weimar und lernt dort Wieland und Herder kennen. Schon  in Weimar meldete er sich bei Wieland brieflich an:

“Mein schönster Wunsch ist endlich erfüllt, ich bin dem Augenblike nahe, Sie, vortrefflichster Mann, von Angesicht zu Angesicht zu sehen. Vorgestern traf ich hier ein, aber die Betäubung meines Kopfes von einigen schlaflosen Nächten untersagte mir diesen Genuß biß heute. Nicht gern wollt ich eine Freude nur halb empfinden, die ich mir schon so lange aufgespart hatte. Lassen Sie mich durch den Überbringer erfahren, zu welcher Stunde dieses Nachmittags ich Ihnen nicht ungelegen komme. Wenn ich mir noch eine Bitte an Sie erlauben dürfte, so wär es diese, daß Sie mir diese Stunde allein schenken möchten, weil ich nicht weiß, ob ich in Ihrer nähern Gegenwart für einen Dritten Sinn haben würde. Alsdann werde ich Sie auch bitten, mich in den Kreis Ihrer liebenswürdigen Familie einzuführen.

Nicht wenig verlegen würde ich seyn, mich jetzt Demjenigen zu nähern, von dessen guter Meinung und Liebe die besten Freuden meines zukünftigen Lebens, wie ich mir oft träume, abhängen sollen, vielleicht würde mich diese Furcht für mich selbst um den reinen Genuß Ihrer Gegenwart bringen, wenn ich nicht hoffte, daß Ihre Güte mich jeder Aufmerksamkeit auf mich selbst überheben werde.F. Schiller (Schillers Briefe im Friedrich Schiller Archiv 23.Juli 1787)

Am 27. Juli stellte Wieland Schiller auch Herzogin Anna Amalia vor. Über seinen Eindruck, den er dort hinterlassen hat, wie er in seinen Erinnerungen schreibt. “Deshalb zweifelte ich daran, der Herzoginmutter überhaupt gefallen zu haben.”

(homepage zu Schiller Erinnerungen von Gisela Seidel). Am 30. Juli nahm Wieland ihn den “Club der Bürgerlichen” mit. Dieser stand nicht nur dem Adel, sondern auch Bürgerlichen offen. Man spielte dort Karten oder Billard.

Aktuelle Journale  auch aus dem Ausland lagen aus. In den folgenden Wochen  vertiefte Schiller seine Kontakte zu wichtigen Hofleuten wie Voigt oder Einsiedel. Im November denkt er daran, eine Beziehung zu Wielands zweiter Tochter

Maria Carolina Friederike einzugehen, wie er seinem Freund Körner am 19. November 1787 mitteilt. “Ich glaube wirklich, Wieland kennt mich noch wenig genug, um mir seinen Liebling, seine zweite Tochter nicht abzuschlagen, selbst jezt nicht, da ich nichts habe. Das Mädchen kenne ich nicht, gar nicht, aber siehst Du, ich würde sie ihm heute abfordern, abfordern, wenn ich glaubte, daß ich sie verdiente” (Friedrich Schiller @Wissen-im-Netz.info Schillers Briefwechsel mit Körner) Aberschon im Dezember schrieb er:

“Es ist möglich, daß ein interessanteres Mädchen mir aufgehoben seyn kann, aber das Schicksal läßt es mich vielleicht in sechs oder acht Jahren finden. (ebd.) Das interessante Mädchen, das ihn  jetzt lockte war Charlotte von Lengenfeld, seine spätere Frau.

Die Affäre war also beendet, ehe sie überhaupt begonnen hatte.

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Bei Schillers Räubern schloß  Wieland sich Goethes Meinung an. Goethe hat einen so großen Greuel als ich an der seltsamen Hirnwut, die man itzt am Neckarstrom für Genie zu halten pflegt.”  Aber er gewann ihn für die Mitarbeit am Merkur.

So erschienen im 1. Vierteljahr 1788 “Der Abfall der vereinigten Niederlande von Spanien” im 3.und 4. Vierteljahr 1788 “Briefe über Don Karlos” sowie 4 1789 “Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte?”

 

Im 4. Vierteljahr 1788 schreibt Wieland im Merkur “Das Geheimnis des Kosmopolitenordens” (S. 121-143) Darin plädiert er dafür, gewaltfrei  “gegen unerträgliche Mißbräuche der höchsten Gewalt, gegen politischen und religiösen Despotismus, gegen

erweislich ungerechte und unvernünftige Gesetze “ usw. (S. 124). Gewaltsame Veränderungen fährt er fort “alle tumultuarischen Wirkungen der Leidenschaften… wenn sie am Ende auch viel Gutes hervorbringen, zerstören auch zu gleicher Zeit so viel Gutes,

und richten, indem sie großen Uebeln steuern wollen, selbst so großes Uebel an, daß nur ein Gott fähig ist, zu entscheiden, ob das Gute oder Böse, das auf diese Weise gewirkt wird, das Uebergewicht habe.” (S.127) Es gibt schreibt er

weiter , nur eine Regierungsform, gegen die nichts einzuwenden ist, die Regierungsform der Vernunft. Da sah er den gegenwärtigen Zustand Europas noch auf gutem Weg.Als die Revolution dann 1789 ausbricht, veröffentlicht er im 3. Vierteljahr 1789 den Artikel “Ueber die Rechtmäßigkeit des Gebrauchs, welchendie Französische Nation dermalen von ihrer Aufklärung und Stärke macht” (S. 225-262) Hier diskutieren zwei Personen, Walter und Adelstan. Die beiden repräsentieren fiktive Positionen,wobei kein der beiden

Dialogpartner mit Wieland identisch ist. Walter sieht die Aktionen der Nationalversammlung als notwendige Reaktion auf eine politische Krise des Ancien Régime, die durch Missbräuche und eine schlechte Verwaltung der Staatseinkünfte verursacht worden sei.

Adelstan akzeptiert die Einberufung, findet aber, daß die weitergehenden Forderungen wie Verfassungsänderung und der politischen Gleichstellung des Dritten Standes dazu geführt hätten, dass die Ereignisse den Charakter eines Volksaufstandes angenommen

hätten . In der nächsten Ausgabe erscheint “Kosmopolitische Adresse an die französische Nationalversammlung von  Eleutherius Philoceltes” (S. 24-60). Es ist eine direkte Reaktion auf die am 4. August 1789 beschlossene Abschaffung der Adelsprivilegien und

die Auflösung des französischen Feudalsystems. Diese Schrift wird oft als eine beginnende Ablehnung der Revolution interpretiert (Sengle, Bäppler) Die Göttergespräche, die von 1789 bis 1793 im Merkur erschienen, lassen die Entwicklung von Wielands

Verhältnis zur Französischen Revolution nachvollziehen.

Am 3. Dezember 1787 stirbt Wielands langjähriger Verleger Erasmus Reich. Die Rechtsverhältnisse ändern sich. Marie Louise Weidmann war Erbin und der  Verlag nannte sich wieder “Weidmannsche Buchhandlung”. Nun trat Wieland mit dem jungen Leipziger Buchhändler Göschen in Leipzig in Verbindung. Wieland hatte im Jahre 1786 den noch sehr jungen Göschen kennengelernt. Er hatte sich in Leipzig etabliert und besuchte auch Wieland. Er sagte ihm, dass so lange Reich lebe, er nur dort verlegen

lasse. Sie kamen trotzdem ins Gespräch. Wieland erkannte, dass er keinen alltäglichen Buchhändler vor sich hatte, sondern einen begabten jungen Mann. Er wollte sein Geschäft führen, so wie es sich Wieland auch bei seinen Plänen vorstellte, als

er sich mit dem Gedanken trug, einen Verlag zu führen. Da kam seine Gattin herein und hatte ein paar Fragen. Wieland konnte auf solche Störungen äußerst ungnädig reagieren. Er nahm die Milde und heitere Gelassenheit , mit der Frau Wieland reagierte,

erstaunt zur Kenntnis und er sagte: “Herr Hofrath, welch einen Engel von Weibe haben sie!” und Wieland darauf “Junger Mann, sie sind fähig, den Werth dieses Weibes zu erkennen; damit haben Sie auch auch mein Herz gewonnen. Hier meine Hand!

Ist Reich gestorben, so wird kein anderer mein Verleger als Sie” (J.G. Gruber, C.M. Wielands Leben, Leipzig 1827, 7. Buch S. 13) Ob so geschehen oder eine schöne Anekdote von Wielands erstem Biographen, Göschen wurde auf jeden Fall der Verleger Wielands.

Kurz nach Reichs Tod schickte Wieland das Manuskript des Peregrinus Proteus an Göschen.Die Zusammenarbeit war auch nicht so anekdotenhaft. 1786 ging der “Haupt-und Meßdebit” an Göschen über.

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Der Meßdebit, das war die finanzielle Abrechnung während der Leipziger Buchmesse. Aber es ging bei diesem Debit auch um Verhandlungen mit Verlegern und Buchhändlern zwecks Akquirierung weiterer Abonnenten für die Zeitschrift.

Der Vertrag zwischen Wieland, Bertuch und Göschen wurde am 24./25. Oktober 1785 unterzeichnet. Sein Peregrinus Proteus erschien 1791 bei Göschen. Auch die Göttergespräche erscheinen dort. Um seinen Autor an sich zu binden und nicht unbedingt

wirtschaftlicher Vernunft entsprechend schlägt Göschen  Wieland eine Gesamtausgabe  seiner Werke vor.Er plante eine vierfache Ausgabe in vier Preisstufen. Eine sollte preislich so gestaltet sein, dass “ jeder Kaufmannsdiener, jeder

unbemittelte Student, jeder Landpfarrer, jeder mäßig besoldete Offizier”  (Der Verlag Walter de Gruyter, 1749-1999 herausgegeben von Anne-Katrin Ziesak,Hans-Robert Cram,Kurt-Georg Cram, Berlin 1999 S.66) Wielands Werke kaufen

können sollte. Dann gab es noch die Prachtausgabe, eine “sogenannte Fürstenausgabe”. Sie sollte 250 Taler kosten. Damit diese nicht mit Billigangeboten unterboten werden konnte, wurde modernste Drucktechnik eingesetzt.

Für die teuerste Ausgabe hatte er eigens in Basel Velinpapier von der Mühle des Verlegers und Buchhändlers Johann Christoph Imhof-Burckhardt  gekauft. Velinpapier ist handgefertigtes Papier, gleichmäßig strukturiert und glatt und galt seinerzeit

als Besonderheit. Die Prunkausgabe wurde durch Subskriptionen vorfinanziert. Zu den Subskribenten zählte der Weimarer Herzog Karl August und seine Mutter Anna Amalia bis hin zu denen der Könige von England und Neapel, Prinz Ferdinand von Preußen, des Kurfürsten zu Köln und diverser anderer Fürsten, Grafen und Herzöge aus Deutschland und Österreich. Dazu kommen zahlreiche Bibliotheken und Privatleute aus ganz Europa – Basel, Bern, Zürich, Triest, Amsterdam, Haarlem, Kopenhagen, Prag, Warschau, Lemberg, Riga, Reval, St. Petersburg, London, Lissabon. Es war eine europäische Sache und verdeutlicht den Stellenwert, den Wieland damals in der gebildeten Welt hatte. Ganz besonders hat ihn gefreut,dass auch der Rat seiner Vaterstadt Biberach subskribiert hatte. Dies

schreibt er an Göschen : “Meine Biberacher haben mir eine so unverhoffte Freude gemacht, daß ich nicht umhin kann, Ihnen eine Copie des Raths-Conclusi hiermit zu communicieren; womit sie mit einer bonne grace, die diesen wackern biedersinnigen

Schwaben eben so viel Ehre macht als ihrem Mitbürger, beschlossen haben, im Namen der Reichsstadt Biberach auf ein Exemplar der Quartausgabe meiner Werke zu pränumerieren. Seit langer Zeit hat mir nichts einen so frohen Tag gemacht,

als dieser Beweis der Achtung und Zuneigung meiner Compratioten” (zitiert bei Heinrich Döring S. 301 f.) Goethe und Schiller spotteten in ihren Xenien über dieses Verfahren.

“284. Göschen an die deutschen Dichter.

Ist nur erst Wieland heraus, so kommt’s an euch übrigen alle,
Und nach der Lokation! Habt nur einstweilen Geduld!”

Der Anfang lief allerdings nicht reibungslos, denn die Weidmannsche Buchhandlung hatte noch 17 Werke Wielands in Verlag. Und die Buchhandlung

war nicht geneigt, ihre Rechte an den Werken aufzugeben. Es folgte ein Prozess, bei dem es auch darum ging, ob ein Autor berechtigt sei, über sein geistiges Eigentum ein zweites Mal verfügen zu können. Göschen bekam schließlich Recht.

Die Vorschüsse auf das Projekt ermöglichten es Wieland, sich seinen Traum zu erfüllen und ein eigenes Haus zu erwerben. Er verließ sein Domizil, das Mietshaus vor dem Frauentor und verkaufte seinen Garten. Am Markt Nr. 18 kaufte er

ein dreistöckiges Gebäude zwischen Elephant und Erbprinz gelegen. Optimal war es allerdings auch nicht. Schweinequieken und Pferdegetrappel waren deutlich zu hören. Und wie Zeitzeugen berichten vervollständigten “Enten und Hahnengeschrei

das thierische Konzert” (Nach Zaremba S.207) Wieland war aber sehr lärmempfindlich.

Im Jahr 1791 war Karl August Böttiger auf Betreiben Herders nach Weimar gekommen und wurde Direktor des Gymnasiums und Oberkonsistorialrat für Schulangelegenheit. Der umfassend gebildete Mann wurde bald

auch mit Wieland bekannt, mit dem ihm dann eine lebenslange Freundschaft verband. Etwa ab 1794 gab er in Wielands Namen den Neuen Teutschen Merkur heraus. Nun hatte Wieland, was den Merkur anging, mal wieder den Rücken

frei und er konnte einer Einladung Göschens nach Leipzig Folge leisten. Am 30. Juli 1794 fuhr er zusammen mit seiner Frau, begleitet von seinem Diener nach Leipzig. Göschen verstand es, Auftritte zu inszenieren und die durchaus vorhandene Eitelkeit

seines Autors zu kitzeln. Göschen hatte in seiner Sommerwohnung  einen großen Garten von einem Kanal durchzogen. Auf einer Insel hatte Göschen in einem transparenten Tempel eine Büste Wielands aufstellen lassen.Als Wieland dort ankam, überreichten ihm zwei  in  griechische Kostüme gekleidete Knaben dem überraschten Dichter den ersten Band der Prachtausgabe. Wieland war, wie Döring berichtet, zu Tränen gerührt. (S.305) Die Reise ging weiter nach Dresden. Dort wurde die

Gemäldegalerie besucht. Er ließ sich von Hofmaler Anton Graf porträtieren. Der aus der Schweiz stammende Künstler war seit 1766 kurfürstlich sächsischer Hofmaler. Es gibt kaum einen Großen seiner Zeit, den er nicht gemalt hat.

Auf Schloss Pillnitz erhielt er eine Audienz vom sächsischen Kurfürsten Friedrich August III. In Seifersdorf besuchte er die Tina von Brühl, sie im 18. Jahrhundert eine Seltenheit Landschaftsarchitektin war. Ihr wichtigestes Werk

ist der Englische Garten im Seifersdorfer Tal. Ihr Sohn Carl hatte von Goethe, Herder und Wieland Unterricht erhalten. Als wieland wieder in Weimar zurück war, schrieb er überschwänglich an Göschen: “Ihnen, lieber Göschen,

verdanken wir so viele Herz und Sinn vergnügende Tage, Stunden und Augenblicke, daß sie auch in der Erinnerung noch lange Heiterkeit und Frohsinn und herzerhebende Gefühle über unser Leben verbreiten werden. (bei Döring S. 305)

Ein Jahr vorher war Wielands 5. Tochter Charlotte Wilhelmine mit der der Familie Baggesen nach Bern gereist. Baggesen wird auch der “dänische Wieland” genannt. Er war mit Sophie von Haller, der Enkelin von Albrecht von Haller verheiratet.

Seit 1790 war er dem Kreis um Wieland in Weimar, und Schiller in Jena  verbunden. Auf dieser Reise lernte Charlotte Wilhelmine Heinrich Gessner, den Sohn des inzwischen verstorbenen Salomon Gessners kennen. Es wurde  ein Bund fürs Leben.

Im Auftrag von Gessner bat Baggesen Wieland  um die Hand seiner Tochter. Am 18. 1795 fand auf Schloss Belvedere die Hochzeit statt. Herder traute das Paar. An Göschen schrieb er am 17. April 1795: “Mein Glaube an die Vorsehung ist

durch die höchst unerwartete Begebenheit, die dem Aufenthalt meiner guten Tochter Charlotte in der Schweiz gleichsam die Krone aufgesetzt hat, außerordentlich gestärkt worden.-Wenn je eine Ehe im Himmel geschlossen worden ist,

so ist es gewiß diese, die sich aus eine beinahe wunderbare Art, und wieder doch so natürlich durch die entschiedenste Sympathie der Herzen, Gemüthsart, Neigungen, Sitten-zwischen dem Sohne Salomo Geßners, meines liebsten und einzigen Jugendfreundes

und einer Tochter seines Freundes Wielands geschlossen hat” (bei Döring S. 310 f.) Das junge Paar sollte im Folgejahr in Zürich besucht werden. Herzogin Anna Amalia stellte zu diesem Unternehmen einen bequemen Reisewagen zur Verfügung.

Mit Frau und drei Kinder starte Wieland am 23. Mai 1796. In Ulm wollte Wieland einen Abstecher nach Warthausen und Biberach machen. Dort bahnte sich aber das an, was dann später als die 1. Schlacht bei Biberach in die

Geschichtsbücher eingegangen ist. Ganz Oberschwaben war voll mit  Truppen des Erzherzog Karl. Außerdem wurden die Wege durch die Condéschen Freischärler, das war die französische Emigrantentruppe unsicher gemacht.Wieland verzichtete

deshalb darauf, Schloss Warthausen und seine Heimatstadt wieder zu sehen. Man reiste über Kempten und Lindau nach Zürich. In der Schweiz unternahm Wieland “Exkursionen und  Land-und See-Parthien” (Zaremba S. 212).

Mit seinen Schwiegersöhnen Gessner und Reinhold besprach er auch ein neues Projekt “Das Attische Museum”. Es widmete sich der Antike. Im Neuen Teutschen Merkur im 1. Band kündigt er es an. (S 339-341) “Ich nenne dieses Museum

attisch, weil es größtentheils aus Übersetzungen auserlesener Werke der vorzüglichsten attischen Schriftsteller, hauptsächlich der Redner Isokrates, Lysias, Demosthenes, Aeschines, der Filosofen der  sokratischen Schule, Xenofon und Platon,

und der Dichter Aschylos, Sofokles, Euripides und Aristofanes bestehen wird.” Damit ist das Programm skizziert und es sollte sich an einen kleinen Leserkreis von Kennern griechischer Geistesgrößen richten. Das Journal erschien in 4 Bänden von 1796

bis 1803 im Verlag Gessner in Zürich und Luzern und wurde später von den Mitherausgebern Hottinger und Jacobs in Leipzig fortgesetzt. In dieser Zeit  lag der Schwerpunkt von Wielands literarischer Tätigkeit auf der Bearbeitung seiner Werke für die Göschen-Ausgabe und Übersetzertätigkeit.

Sein Aufenthalt in der Schweiz hat ihn auch wieder von den Vorzügen des Landlebens träumen lassen. Er wäre gerne “wie Horaz durch’s Leben weggeschlichen und der nichts mehr haßte, als Stadt-Hof-und Welt (Döring S.325)

1797 ergab sich die Möglichkeit das Gut Ossmanstedt nahe bei Weimar zu erwerben. Zwischen 1762 und 1775 hatte es Herzogin Anna Amalia als Sommersitz genutzt. Ab 1777 übernahm es ein Pächter.

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Wieland kaufte das gut für 22.000 Taler von der Gemeinde Oßmannstedt, zahlbar in drei Raten gemäß Kaufvertrag vom 15. März 1797.(Zaremba S. 217)Kaufmännisch gesehen war das nicht die klügste Entscheidung. Göschen hatte schon

vor dem Kauf finanzielle Bedenken angemeldet. Wieland wollte sein Weimarer Haus verkaufen und erhoffte sich ein Darlehen von 14.000 Taler durch Vermittlung von Göschen (Döring S. 328) Göschens Spielraum war durch seinen Umzug

von Leipzig nach Grimma ebenfalls eingeschränkt und er konnte hypothekenfrei nur 3000 Taler beisteuern.

Ungeachtet der wirtschaftlichen Problem beendete Wieland in Osmannstedt den Agathodämon. Er revidierte die Texte seiner Tübinger und Schweizer Jahre für die Supplementbände seiner Werkausgabe. Für das Attische Museum übersetzte er

weitere Texte. Neben den finanziellen Sorgen trafen ihn in den Folgejahren rasch auch persönliche Schicksalsschläge. Am 29.  April 1798 starb Wielands achte Tochter Wilhelmine Friederike mit 15 Jahren an Auszehrung.

Man hatte zwar versucht, ihn auf den Tod vorzubereiten. aber er war trotzdem tief getroffen. An Göschen schrieb er “Sie war eines der reinsten und liebenswürdigsten Geschöpfe; mein Herz hing vorzüglich an ihr, und ich versprach mir von

ihrer ungemeinen Anhänglichkeit an mich viel Trost und Freude für meine künftigen Jahre.-Sie ist nun in einer bessern Welt, und ich werde ihr folgen. In diesem Gedanken allein ist heilender Balsam für eine solche Wunde.”

(zitiert in Wissen – Erzählen – Tradition: Wielands Spätwerk herausgegeben von Walter Erhart,Lothar Laak S. 368)

Im Juli 1799 besuchte Sophie la Roche zusammen mit ihrer Enkelin Sophie Brentano in seinem “Osmantinum”. Sie  schildert diesen Besuch in “Schattenrisse abgeschiedener Stunden in Offenbach,Weimar und Schönebeck” Ihre Schilderungen

des Parks zeigen den Park fast so, wie man ihn heute erleben kann. Mit seiner in jungen Jahren heiß angebeteten “göttlichen Sophie” kam Wieland jetzt nicht mehr besonders gut klar. Er fand ihre oft langatmige Sentimentalität oft einfach ermüdend ,

so wie ja auch die Weimarer Gesellschaft erhebliche Vorbehalte gegen Sophie Laroche hatte. Anders dagegen ihre Enkelin Sophie von Brentano. Die junge Sophie eroberte mit ihrem Liebreiz, den sie ausstrahlte, sehr schnell die Jugendliebe ihrer Mutter und empfand ihn als väterlichen Freund. Wieland bewunderte den klaren Verstand des Mädchens. Er tauschte sich mit Sophie über seinen Aristipp aus, an dem er gerade arbeitete. Der Aufenthalt der beiden Frauen dauerte einen Monat.

Aber ein Jahr später kam Sophie von Brentano allein nach Ossmannstedt zurück. Ab 25. Juli 1800 war Sophie wieder auf dem Wielandgut. Wielands Sekretär Christoph Abraham Lütkemüller schreibt dazu: “Wieland liebte Sophie Brentano

zugleich als seine Tochter und Freundin, und sie wirkte auf seinen Aristipp als eine Muse und Grazie” (ebd. S. 368) und an Karl August Böttiger schreibt er “Wenn die liebenswürdige Sofie Brentano nicht wäre, so weiß ich nicht, was aus meinem

allmählich verglühenden Lämpchen werden könnte“ (ebd. S. 369) Aber Sophie wird Anfang September von einer Nervenkrankheit befallen und stirbt 16 Tage später am 19. September 1800. Sie ist nur 24 Jahre alt geworden. Aber Wieland hatte

noch einen weiteren Todesfall zu verkraften, den seiner Ehefrau Anna Dorothea. Sie starb am 8. November 1801 nach 36-jähriger Ehe. Sie ist nach außen kaum in Erscheinung getreten, war aber immer Halt und Stütze für ihn.

An Göschen schrieb er am 31. Dezember 1801 “Mit mir geht es wie es kann leidlich wenigstens; leidlich wenigstens.Ich arbeite viel; aber es ist, als ob mit die Schwungfedern gestutzt wären. Sonst arbeitete ich mit Freude, mit

Munterkeit, jetzt mühsam, entgeistert, schwerfällig”(Döring S.373)Wohl tat ihm in dieser Zeit die mitfühlende Anteilnahme der Fürstin Anna Amalia

Die wirtschaftliche Situation aber sicher auch diese Todesfälle bringen Wieland dazu, dass er Ossmannstedt 1803 aufgibt und wieder nach Weimar zurückkehrt.  Er verkaufte das Gut an den Hamburger Hofrat Kühn für 30.000 Taler.

Nur “der Garten soll, so lange es nur immer möglich sein wird, bei meiner Familie bleiben, und dies umso mehr, da er das Grab meiner Geliebten, und dereinst auch das meinige, neben ihr, in sich schließt.” (Döring S.380)

Das war zwar eine Wunschvorstellung, doch der neue Besitzer achtetet das Grabmal.

Als Wieland 1796 gerade bei seinem Besuch in der Schweiz war, kam der junge Jean Paul zum ersten Mal nach Weimar, traf ihn aber leider nicht an, da Wieland ja in Zürich weilte. Aber am 25. August 1798 lernten die beiden sich persönlich

kennen und zwar in Osmannstedt. Sie hatten große Erwartungen an diese Begegnung geknüpft und wurden nicht enttäuscht. Sie fanden so rasch einen gemeinsamen Nenner, dass Wieland dem 30 Jahre jüngeren Dichter spontan vorschlug,

zu ihm nach Osmannstedt zu ziehen. Nach reiflicher Überlegung kam Jean Paul aber zu dem Schluss, dass das wohl doch nicht so gut sei. Er meinte, dass zwei Dichter wohl nicht ewig zusammen passen würden. Außerdem war Jean Paul Junggeselle,

Junge Frauen aber gab es auf dem Wielandgut nicht, wohl aber ein Dutzend Kinder.Man traf sich nun in Weimar. Wieland Herder und Jean Paul sahen eine Aufführung der Zauberflöte. Auch mit Schiller und Goethe traf Jean Paul

zusammen auch hier in Begleitung Wielands. Das letzte Mal trafen sich Jean Paul und Wieland am im Juli 1802. Jean Paul erlebte Wieland als trüben Witwer und ziemlich gealtert. Jean Paul hat dieser Anblick zu schaffen gemacht.

Im Folgejahr verkaufte Wieland sein Gut. Danach sahen sich Jean Paul und Wieland nicht mehr.

In Ossmannstedt war Heinrich von Kleist im Januar 1803 vierzehn Wochen zu Gast. Er hatte Wieland über dessen Sohn Ludwig kennengelernt und war von ihm nach Osmannstedt eingeladen worden, nachdem er erfahren hatte, dass er in Weimar sehr schlecht untergebracht war. Er arbeitet an einem Stück und nach dem Wieland einige Teile davon zu hören bekommen hatte, ermutigte er ihn auf jeden Fall daran weiter zu arbeiten.

Auch der aus Schwäbisch Hall stammende Nordist Friedrich David Gräter war für einige Zeit Gast in Osmannstedt. Auch Friedrich Gottfried Seume (Spaziergang nach Syrakus), der im Auftrag Göschens den  Aristipp redigierte, war dort. Nie in Osmannstedt

war dagegen Schiller.

Aistipp und einige seiner Zeitgenossen sowie die politische Schrift Gespräche unter vier Augen  waren die wichtigsten Werke seiner Osmannstedter Zeit

Am 11. Mai 1801 erließ der Rat der Helvetischen Republik folgendes Dekret: “ Dem Hofrath Christoph Martin Wieland in Weimar ist das helvetische Bürgerrecht ertheilt.” (Tageblatt der Gesetze und Dekrete der gesetzgebenden Räthe der helvetischen

Republik Band 5) Das hatte für Wieland zwar keine praktischen Auswirkungen, war aber eine Auszeichnung der Republik, die ja praktisch unter Napoleons Patronat stand. Sie diente aber auch dazu “dem Vaterland wahrhaft ausgezeichnete Bürger

zu verschaffen” wie der Schweizer Historiker und Politiker Johann Anton von Tillier schreibt. (Geschichte der helvetischen Republik, von ihrer Gründung im Frühjahr 1798 bis zu ihrer Auflösung 1803, Band 2, Bern 1843 S. 354)

Nach Weimar zurückgekehrt, bezog er ganz in der Nähe der Nähe des Wittumspalais mit Blick auf das  Schauspielhaus er eine Wohnung. Während des Sommers weilte die Fürstin in Tieffurt und dort erhielt Wieland sogar einen Ehrenplatz

in der herzoglichen Loge. Am 18. Dezember 1803 hatte er sich allerdings wieder mit dem Tod auseinanderzusetzen. Johann Gottfried Herder verstarb. An Sophie von Laroche schrieb er: “Er war mein bester und gewissermaßen

einziger Freund in Weimar-ich habe sehr viel an ihm verloren.” (Döring S. 384) Die Hochzeit des Erbprinzen Carl Friedrich mit der russischen Zarentochter Maria Palowna fand am 3. August 1804 in St. Petersburg statt. Natürlich wurde in Weimar auch nochmals gefeiert und zwar im November. Das Paar traf am 9. November in Weimar ein. Schiller hatte auf Bitten Goethes “Die Huldigung der Künste” verfasst. Es wurde am  12. November als Vorspiel des Theaterabends am Hoftheater von Weimar uraufgeführt.

Aber nur ein paar Monate  später war auch Schiller tot. Er verstarb am 9. Mai 1805. Nicht nur im eher privaten Bereich gab es einiges zu ertragen.
Im Oktober 1806 fand die Schlacht von Jena und Auerstedt statt. Weimar war von diesem Ereignis stark betroffen. Es musste 60000 plündernde französische Soldaten beherbergen und verköstigen. Zwar war auch bei Wieland Einquartierung.

Und die Franzosen ließen sich seinen Wein schmecken, aber er erhielt eine Leibwache und im Namen Murats wurde ihm der unmittelbare kaiserliche Schutz zugesichert. Anna Amalia hatte Tiefurt verlassen müssen und

Maria Pawlowna musste in dieser Zeit im Ausland ein Asyl suchen. Am 10. April 1807 verstarb Herzogin Anna Amalia. Die Todesnachricht verarbeitete er, wie er das meist tat, wenn vieles von außen auf ihn einstürmte. Er arbeitete hart

und diszipliniert. Er übersetzte Ciceros Briefe. Fürst Carl August bot ihm Belvedere als Sommeraufenthalt an. Dort las er viel, meist griechische oder römische Schriftsteller. Seine philosophische Grundhaltung gab ihm einen ruhigen Gleichmut, so daß er

trotz der Schicksalsschläge seinen Lebensabend gelassen verbringen konnte. Aber das Abschiednehmen ging weiter. Am 18. Februar starb seine Jugendliebe Sophie Laroche. An die Fürstin von Neuwied schrieb er: “Ich hielt nichts für sicherer,

als daß sie mich um viele Jahre überleben würde. Aber es scheint mein Schicksal, daß ich alles überleben soll, was ich am meisten und innigsten liebe. Bald habe ich außer meinen größtentheils weit von mir entfernten  Kindern,nichts

mehr zu verlieren…..(und weiter über Sophie)Aber die Welt kann zufrieden sein, eine so außerordentliche Frau- die von ihrer Kindheit an für diese Welt viel zu gut war” (Döring S. 394)Doch es gab immer wieder auch schöne

Momente. Sein 76. Geburtstag wurde am 8. September 1808 auf Schloß Belvedere groß begangen. Nur einen Monat später war in Erfurt der Fürstenkongress vom 27. September bis 14. Oktober. Zar Alexander I und Napoleon waren zugegen.

In Weimar wird täglich Theater gespielt. Napoleon hat die besten Schauspieler aus Paris mitgebracht. Aber auch Carl August will mit der kulturellen Bedeutung Weimars glänzen. Er hat dafür Goethe und Wieland nach Erfurt  bestellt,

damit sie dem Korsen vorgestellt. werden. Goethe trifft Napoleon erstmals am 2. Oktober in Weimar und zeigt sich als Kenner Werthers. Am 13. Oktober wird ein Hofwagen zu Wieland geschickt. Er hat vor dem Kaiser zu erscheinen.

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Wieland erscheint so wie man ihn gerade vorfindet, ungepudert, sein schwarzes Samtkäppchen auf dem Kopf in einfachen Tuchstiefeln.

Wie schon auf Goethe machte der Kaiser der Franzosen auch auf Wieland einen mächtigen Eindruck. “In meinem Leben habe ich keinen einfachern, ruhigern, sanftern Menschensohn gesehen. Keine Spur, daß der Mann, der mit mir sprach, ein

großer Monarch zu sein, sich bewußt war. Er unterhielt sich mit mir wie ein alter Bekannter

s e i n e s Gleichen und (was noch keinem andern meines Gleichen widerfahren war) an anderthalb Stunden in Einem fort und ganz allein,

zu großem Erstaunen aller Anwesenden.” (Döring S. 396). Man unterhielt sich über Cäsar, d.h. der Kaiser deklamierte meist oder wie Wieland sagt, Napoleon nahm “die frais de la conversation” fast allein auf sich. Nachdem

das ja ziemlich lange gegangen war, konnte Wieland kaum mehr stehen konnte, bat er, “was kein anderer Deutscher oder Franzose sich unterstanden hätte” darum entlassen zu werden mit dem Hinweis, dass er sich nicht stark genug

fühle, das Stehen länger auszuhalten-und wurde in Gnaden entlassen.

Zwei Tage später werden Goethe und Wieland nach Erfurt geladen um den Kaiser “frühstücken zu sehen” Auch das wird bei Döring (und Gruber) ausführlich geschildert. Wieder zurück in Weimar wurde Wieland der Orden der Ehrenlegion verliehen.

Goethe erhielt seinen am 14. Oktober. Von Zar Alexander wurde beiden dann noch der St.Annen-Orden verliehen, wozu Gruber bemerkt:”Sonderbar genug, daß es zwei Kaiser des Auslands waren, und nicht ein teutscher Kaiser oder König,

die auf solche Weise sein Verdienst ehrten” (C.M. Wielands sämmtliche Werke. Herausg. von J.G. Gruber, 9. Band S. 428)Auch daß Wieland zwar Mitglied des Französischen Nationalinstituts war aber außer der Antiquarischen Gesellschaft

keiner deutschen Akademie angehörte. Wieland hatte zu seinem Orden allerdings gemeint, daß ihm eine mäßige Pension lieber gewesen wäre.

Im Jahre 1809 trat er noch in die Freimaurerloge Anna Amalia ein. Bertuch hatte zu der Zeit den Logenvorsitz inne. Und auch sein Schwiegersohn Reinhold war Logenmitglied. Das und auch die Tatsache, dass es doch sehr ein sam um den Dichter geworden war, dürften ihn zu diesem Schritt veranlasst haben

Allmählich plagten ihn auch körperliche Gebrechen. Im Herbst 1809 hatte er ein solches Augenleiden, daß er mehrere Wochen nicht lesen und schreiben konnte. Auch sonst war er recht schwach geworden. Er konnte kaum mehr stehen und seine Hand war fast unbrauchbar.So nach 1810 ging es ihm aber wieder besser. Allerdings leistete er sich nur noch kleine Ausflüge nach Jena oder beschränkte sich auf Spazierfahrten. Bei einer solchen kippte der Wagen

und er brach sich das Schlüsselbein. Schlimm fand er, das Übel seiner “Celebrität”. Man kann sich nicht mal den kleinen Finger brechen, geschweige denn das Schlüsselbein, ohne daß es sogleich in den öffentlichen Blättern verkündet wird.

Glücklicher Wieland, dem Fernsehen und Internet erspart blieben!

In der Nacht vom 10. auf den Januar 1813 erlitt er einen Schlaganfall.Dazu kam heftiges Fieber. Es konnte zwar kurzfristig gesenkt werden, stieg aber 10 Tage später wieder stark an. In der Nacht vom 20. Januar entschlief er.

Er wurde in Weimar aufgebahrt. Die Logenbrüder  geleiteten ihn am 25. Januar  1813 zu seiner letzten Ruhestätte. Goethe ließ sich von seinem Sohn vertreten. Am 18. Februar fand das Totengedenken in der Loge Anna Amalia statt.

Goethe hielt dabei die Rede “Zu brüderlichen Andenkens Wielands” Er zeichnete Wielands Lebensweg nach. Zu Wielands Wirkung sagte er: “Die Wirkungen Wielands auf das Publikum waren ununterbrochen und dauernd. Er hat sein
Zeitalter sich zugebildet, dem Geschmack seiner Jahresgenossen sowie ihrem Urteil eine entschiedene Richtung gegeben, dergestalt, daß seine Verdienste schon genugsam erkannt geschätzt, ja geschildert sind. Er spricht vor allem vom Einfluß

Shaftesbury auf Wieland. Zur seiner Übersetzertätigkeit vermerkt er”Niemand hat vielleicht so innig empfunden, welch verwickeltes Geschäft eine Übersetzung sei,als er. Wie tief war er überzeugt, daß nicht das Wort, sondern der Sinn belebe.

Über seine Biberacher Kanzleitätigkeit sagt er: “Und so war auch Wieland, als Kanzleiverweser einer der kleinsten Reichsstädte, in dem Fall, Patriot und im besseren
Sinne Demagog zu sein, wie er denn einmal über einen solchen Gegenstand die zeitige Ungnade des benachbarten Grafen Stadion, seines Gönners, lieber auf sich zu ziehen als unpatriotisch
nachzugeben die Entschließung faßte.” Auch seine Tätigkeit beim Merklur und die Bedeutung dieses Journals spricht er an”Was den Wert und die Würde des Teutschen Merkurs viele Jahre hindurch erhielt, war die dem
Herausgeber desselben angeborene Liberalität. Wieland war nicht zum Parteihaupt geschaffen; wer die Mäßigung als Hauptmaxime anerkennt, darf sich keiner Einseitigkeit schuldig machen. “

(Goethes Rede Text nach Wernekke, Hugo: Goethe und die Königliche Kunst. Leipzig: Poeschel 1905)

Wieland wurde an der Seite seiner Gemahlin und Sophie Brantanos bestattet. Die Inschrift hatte er schon 1806 entworfen : “Lieb’ und Freundschaft umschlang die verwandten Seelen im Leben; Und ihr Sterbliches deckt dieser gemeinsame Stein.”

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Nachtrag Artikel aus der Schwäbischen Zeitung vom 11.9.09 2014 Lokalausgabe Biberach

Wieland erhält seinen Platz in der Stadtgeschichte

Am Freitag eröffnet die komplett neu gestaltete stadtgeschichtliche Abteilung im Museum Biberach

Vor der neuen Wieland-Vitrine: Kerstin Buchwald (l.), Geschäftsführerin der Wieland-Stiftung, und Museumsleiter Frank Brunecker.
Vor der neuen Wieland-Vitrine: Kerstin Buchwald (l.), Geschäftsführerin der Wieland-Stiftung, und Museumsleiter Frank Brunecker.

Gerd Mägerle
Biberach gem Der Dichter Christoph Martin Wieland wird am Freitagabend Teil der Biberacher Stadtgeschichte. Er erhält nämlich endlich eine eigene Vitrine in der stadtgeschichtlichen Abteilung des Museums Biberach. Diese wurde in den vergangenen Wochen komplett neu gestaltet.

 

„Wir sind total glücklich, dass Wieland jetzt im Museum seinen Platz hat“, sagt Museumsleiter Frank Brunecker. In einer Vitrine lassen sich bekannte Zitate des Dichters entdecken, Gemälde von Wieland und seiner Verlobten Sophie von La Roche schmücken die Rückwand. Hinter Glas ist eine prachtvolle Wieland-Gesamtausgabe in 42 Bänden zu sehen. Diese erwarb die Stadt Biberach 1794 und machte sie später König Wilhelm I. von Württemberg zum Hochzeitsgeschenk. In den 1920er-Jahren kam sie wieder zurück nach Biberach und war seither im Wielandarchiv gelagert.

 

 

„Die Schwierigkeit besteht darin, Wieland in einer Vitrine mit zwei Quadratmetern Grundfläche darzustellen“, sagt Kerstin Buchwald, Geschäftsführerin der Wieland-Stiftung. So kann die Vitrine für alle Besucher des Museums auch nur ein Appetithäppchen sein, die paar Schritte an die Saudengasse hinüber zu gehen, um dort das Wieland-Museum zu besuchen. Einen Hinweis darauf gibt es ebenfalls in der Vitrine.

 

 

Wieland findet seinen Platz in einer völlig neu gestalteten Stadtgeschichte-Abteilung im Erdgeschoss des Museums. Wer es betritt, sieht jetzt an der Wand ein riesiges Luftbild von Biberach prangt, das der Biberacher Motorschirmpilot Armin Appel im März fotografiert hat und auf dem jedes Haus zu erkennen ist.

 

 

Eine von Anja Heinzel gestaltete, türkisfarbene Bibertapete leitet den Besucher entlang der einzelnen Vitrinen, die alle neu gestaltet wurden. „Diese Tapete ist quasi unser Mantel der Geschichte“, sagt Brunecker.

 

 

In den einzelnen Vitrinen sind Epochen der Stadtgeschichte in Collagen verschiedener Objekte anschaulich dargestellt. So sieht man beispielsweise ein Faksimile einer prächtigen Urkunde von 1488, mit der Kaiser Friedrich III. der Stadt ihr heutiges Wappen verlieh.

 

 

Als weiterer Teil der Umgestaltung der Stadtgeschichte-Abteilung werden im kommenden Jahr noch Vitrinen folgen, die sich mit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts beschäftigen. „Denn diese Zeit ist bislang noch gar nicht gewürdigt“, sagt Brunecker.

 

 

Die Eröffnung beginnt um 18.30 Uhr, der Eintritt ist frei. Ab 20 Uhr gibt es im Foyer eine Rokoko-Tafel mit Kulinarischem aus dieser Zeit. Der Dramatische Verein spielt dazu

Zur Eröffnung kommt Wieland höchstselbst

Museum Biberach präsentiert umgestaltete Stadtgeschichte-Abteilung mit neuer Wieland-Vitrine

  • Erlebbare Literaturgeschichte: ein Blick in die neue Wieland-Vitrine im Museum Biberach.
    Erlebbare Literaturgeschichte: ein Blick in die neue Wieland-Vitrine im Museum Biberach.

    Günter Vogel
  • Wieland (Volker Angenbauer; v. r.) persönlich eröffnete mit Frank Brunecker, Dr. Jörg Riedlbauer und Kerstin Buchwald die neuges
    Wieland (Volker Angenbauer; v. r.) persönlich eröffnete mit Frank Brunecker, Dr. Jörg Riedlbauer und Kerstin Buchwald die neugestaltete Abteilung.

    Günter Vogel
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Biberach sz Mit einer Feierstunde ist am Freitagabend die neugestaltete Abteilung Stadtgeschichte des Museums Biberach eröffnet worden. Kernstück der Umgestaltung ist die neue Vitrine für Christoph Martin Wieland, Dichtergenie und bedeutendster Kopf Biberachs.

 

Klaus Pfalzer (Violine) und Sabina Mark (Flöte) hatten den Abend mit einem Duo von Mozart eröffnet, und Kulturdezernent Jörg Riedlbauer leitete seinen Vortrag mit einem Bonmot ein: „Was Anna Amalia in Weimar nicht geschafft hat, haben wir in Biberach fertig gebracht, nämlich Mozart und Wieland künstlerisch zusammenzubringen.“

 

 

Riedlbauer ging auf die in Teilen bereits vorgenommene und die noch anzupackende Modernisierung des Museums ein, die in einem „überschaubaren Kostenrahmen“ erfolgen soll. Einzelne Maßnahmen bislang waren unter anderen die Neugestaltung des Lese- und Medienbereichs in der Abteilung Naturkunde und eine moderne Veranstaltungs- und Beschallungstechnik im Foyer.

 

 

Der Kulturdezernent hob die Ausstellungseinheit zu Wieland hervor, lobte die lebendig-kreative Weise der Neugestaltung: „Literatur zu visualisieren gehört zum Schwierigsten, was es an kulturellen Vermittlungsaufgaben gibt.“ Ein neues Farbkonzept für die stadtgeschichtliche Abteilung und das Foyer wurde von Anja Heinzel und Sebastian Schröter geschaffen. Dazu gehören die elegante und anmutige Biber-Tapete, und das neue Alpenpanorama, fotografiert von Armin Appel und bearbeitet von Simon Gallus, hängt raumbeherrschend im Foyer.

 

 

Die stadtgeschichtlichen Darstellungen enden derzeit etwa bei 1945. Das heutige Biberach wird folgen. „Damit“, so Museumsdirektor Frank Brunecker, „wird dann die Präsentation unserer Stadt komplett sein.“

 

 

Die Geschäftsführerin der Wieland-Stiftung, Kerstin Buchwald, wandte sich dann Wieland zu: „Wieland war ein Dichter von Weltrang, der bereits zu Lebzeiten in 13 Sprachen übersetzt wurde, zu seiner Zeit der meist gelesene deutsche Schriftsteller.“

 

Zitate schweben im Raum

 

Sie erläuterte den Zweck der Vitrine mit ihren kostbaren Exponaten und den ausgewählten kurzen und präzisen Zitaten, die wie ein Mobile den Luftraum der Vitrine dominieren. „Es war das Ziel, Wieland als größten Sohn der Stadt und Bestandteil der Stadtgeschichte zu positionieren, seine Bedeutung zu unterstreichen.“ Buchwald: „Da es uns wichtig war, spielerisch einen Fokus zu setzen, steht die Vitrine unter dem Wieland-Zitat, das Sie alle kennen: Die Herren dieser Art blendt oft zu vieles Licht, sie sehn den Wald vor lauter Bäumen nicht.“

 

 

Wielands Verlobte Sophie Gutermann, spätere La Roche, fehlt nicht in der Vitrine. Ihr Gemälde hängt ebenbürtig neben dem Bild des Dichters. Kerstin Buchwald schließt mit Wieland: „damit das Ganze seine gehörige Wirkung tue, muss es aus einem gewissen Standpunkt betrachtet werden.“

 

 

Darsteller des Dramatischen Vereins spielten ein kurze zum Anlass passende Szene, die Edeltraud Garlin geschrieben hatte, und Wieland höchstpersönlich (Volker Angenbauer) durchschnitt das rote Band, das die Besucher vom Raum mit der Vitrine noch getrennt hatte. Eine Rokokotafel mit Pasteten und Wein rundete die Feier ab.

Theaterszenen.

 

19 Juli 2014

Sophie von La Roche

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Das letzte Werk von Sophie La Roche erschien 1806 in Halle. “Melusines Sommerabende”. Der Herausgeber war Christoph Martin Wieland und damit schließt sich der Kreis. Schließlich hatte er auch ihr erstes Werk “Die Geschichte des

Fräulein von Sternheim” herausgegeben, dass Sophie praktisch über Nacht bekannt gemacht hatte. Auf Wielands Wunsch wurde dem letzten Werk Sophies Autobiographie voran gestellt. Und so will ich Sophies letztes Werk an den

Anfang setzen, weil es das möglich macht, die Erzählung von Sophies Leben praktisch von ihr selbst zu kommentieren.Zitiert wird aus der 1806 im Verlag der N.Societäts-Buch-und Kunsthandlung in Halle erschienenen Ausgabe.

Auch Wieland weist darauf hin, dass er der Herausgeber von Sophies erstem und letzten Werk ist: “Eine Verkettung von kleinen Umständen, oder wie mir zu glauben angenehmer ist,  die unsichtbare, diese Umstände leitende Hand

des Genius einer mehr als sechs und fünfzigjährigen Freundschaft zwischen der Verfasserin der Sommer-Abende und dem Herausgeber hat es so gefügt, daß eben derselbe der vor fünf und dreißig Jahren den ersten Abdruck des Geistes

und Herzens seiner Freundin in die Welt einführte, nun auch derjenige ist, der das Vergnügen hat, dieses letzte Werkchen, womit sie als Schriftstellerin ihren Lauf zu beschließen gedenkt, Ihren gleich mit Ihr gestimmten und in Ihren

Schriften Sie selbst liebenden Freundinnen und Freunden darzubringen.” (S.4,5)

Am 6. Dezember 1730 wurde Marie Sophie Gutermann von Gutershofen in Kaufbeuren geboren. Ihr Vater Georg Friedrich Gutermann war Arzt in Kaufbeuren und stammte aus Biberach an der Riss.

Er hatte in Tübingen, Leiden und Straßburg Medizin studiert.

Ihre Mutter Regina Barbara stammte aus Memmingen. Georg Friedrich war der Stiefbruder von Georg Rauh. Und dieser wieder war der Vater von Regina Catharina Kück,

der Mutter von Christoph Martin Wieland. Diese Verwandtschaft war ja mit der Grund, dass Sophie in die Familie von Christoph Martin Wieland kam.

Sophie war das älteste von 13 Kindern der Familie Gutermann.Ihr einziger Bruder Jacob Immanuel wird erst 14 Jahre nach ihr geboren. Außer Sophie überleben nur zwei Schwestern und der Bruder die Babyjahre.

Die Familie kommt von Kaufbeuren über Lindau nach Augsburg. Der Vater unterrichtet Sophie selbst, möchte sogar so etwas wie ein Wunderkind aus ihr machen. Schon mit drei Jahren konnte das Mädchen lesen.

Mit fünf hatte Sophie die Bibel durch.

Dazu Sophie selbst “Nachher machte mich mein Vater mich früh die Bücher lieben, da er mich oft, ehe ich volle zwei Jahre alt war, in seine Bibliothek trug, wo er mich mit den schönen Verzierungen der Einbände und

Titelblätter zu belustigen suchte, und es damit auch so weit brachte, dass ich mit 3 Jahren vollkommen lesen konnte..” (Seite IX,V) und weiter “ Mein Vater, ein ansehnlicher, hübscher, aber auch sehr heftiger, dabei frommer Mann,

benutzte meine Lesekunst nur in der Bibel, welche ich ( wie er mir in der Folge sagte) in dem Alter von fünf Jahren zum ersten Mal ausgelesen hatte.” (S. V)

Auch Astronomie und Französisch lernt sie beim Vater. Sie erhält Klavierunterricht. Natürlich wird sie auch in Kochen und allen Hausfrauenpflichten unterrichtet.

oder wie Sophie weiter berichtet “Doch wurde ich daneben auch die beste Tänzerin, lernte französisch, zeichnen und Blumen malen, sticken, Clavier spielen und Küche und Haushaltung besorgen.” (S VII)

Geschichtsunterricht bekam sie von Johann Jakob Brucker. Er war Leiter der Lateinschule in Kaufbeuren und kam 1744 wieder nach Augsburg zurück. In seinem  „Bilder-sal heutiges Tages lebender und durch Gelahrheit berühmter Schrifft-steller […]“.

stellte Brucker auch die Verdienste von vier Wissenschaftlerinnen vor, was zu einer Zeit, in der immer noch mit größtem Misstrauen betrachtet wurde, wenn Frauen gelehrte Studien betrieben eine sehr fortschrittliche Einstellung war.

Als Sophie allerdings ihren Vater bat, bei Brucker Latein lernen zu dürfen, lehnte der Vater rundweg ab. Das war nichts für Mädchen. Diese “männliche” Ausbildung schmälerte nur die Chancen auf dem Heiratsmarkt. Und die Töchter gut an den

Mann zu bringen, das war damals vorrangige Aufgabe der Väter aus guter Gesellschaft. Davon konnte ihn auch der Pädagoge und Freund Brucker nicht abbringen.

Mit 9 Jahren war Sophie zu den Großeltern nach Biberach geschickt worden. Der Großvater Hans Adam Gutermann war dort Ratsherr und Spitalpfleger Er wohnte dort am Marktplatz 8.

als Sophie drei Jahre später nach Augsburg zurückkehrte, war Georg Friedrich Gutermann inzwischen in den Adelsstand erhoben worden. Er nannte sich nun Gutermann von Gutershofen.

Auch wurde er Dekan des Collegium Medicum. Das ist so etwas wie die erste medizinische Ständevertretung in Deutschland und ist erstmals 1567 in Augsburg belegt.

Sein Haus und damit auch die Atmosphäre, in der Sophie aufwuchs, kann man als gutbürgerlich bezeichnen. Mitglieder des Augsburger Bildungsbürgertums zählten zum Freundeskreis.

Johann Jakob Brucker wurde schon erwähnt, der selbst Mitglied in vielen wissenschaftlichen Gesellschaften war. Georg Friedrich Gutermann gehörte der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft Augsburgs an.

Dort war auch Jakob Wilhelm Benedikt von Langenmantel Mitglied, der auch Stadtpfleger, also Bürgermeister von Augsburg war. Auch bei der Leopoldina wird Dr. Gutermann seit 1731 als Mitglied geführt.

Zum Freundeskreis zählte auch Johann Adolf von Amman,der in Augsburg Ungeldherr war, modern ausgedrückt ist das sowas wie Stadtkämmerer. Aus dem Freundeskreis Bruckers wird für uns dann

Giovanni Lodovico Bianconi  interessant. Sophie kam also schon ab ihrer frühesten Kindheit mit Angehörigen des Bildungsbürgertums in Kontakt. Sie hatte eine umfassende Ausbildung, dank ihres Vaters

nicht zuletzt auch in Naturwissenschaften. Auch das spiegelt sich in der Autobiographie wieder. Sophie erzählt von den Gelehrtentreffs, die dienstags stattfanden.

Mit 15 wurde sie, wie es in der Reichsstadt üblich war, in die Augsburger Gesellschaft eingeführt. Bald fand sie auch an einem Bewerber Gefallen. Es war eben dieser

Giovanni Lodovico Bianconi . Er war 17 Jahre älter als Sophie, stammte aus Bologna und war wie Sophies Vater selbst auch Arzt und zwar Leibarzt des Fürstbischofs von Augsburg Joseph Ignaz Philipp von Hessen-Darmstadt.

Er  war neben seiner Tätigkeit als Arzt auch Antiquar. Er blieb nicht allzu lange in Augsburg. Er ging dann an den sächsischen Hof weiter und war da auch beim Aufbau der Gemäldegalerie beteiligt. Dabei spielte er auch beim Ankauf der

sixtinischen Madonna eine Rolle. Er kam dann schließlich als Gesandter Friedrich August II. nach Italien zurück. Sophies Mutter fand durchaus Gefallen an dem Bewerber. Sie unterstütze auch die Verlobung, die 1747 stattfand.

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Im folgenden Jahr stirbt die Mutter noch keine vierzig Jahre alt, damals ein durchaus übliches Frauenschicksal, erschöpft von vielen Schwangerschaften. Zwar reisen Vater und Schwiegersohn gemeinsam nach Bologna.

Auch scheint die Familie durchaus zu gefallen. Sophie wurde in dieser Zeit wieder nach Biberach geschickt.

Originalton Sophie: “Mein Vater reiste mit Bianconi ein ganzes Jahr nach Italien, um die Familie selbst kennen zu lernen, in welche ich gleich nach ihrer Zurückkunft treten sollte. Wir Kinder wurden zu seinen Aeltern

nach Biberach geschickt, wo ich diese freundliche Stadt, ihre guthmütigen Bewohnern und einfache ländliche Schönheit, mehr als das prächtige Augsburg und seine Kunstgärten, lieb gewann…” (S. XI) und weiter: “Man arbeitete

an den Artikeln des Ehevertrages. Meine Religionsfreiheit wurde in Dresden, wo Bianconi Leibarzt des Königs geworden war, versichert. Er wollte aber alle Kinder katholisch- mein Vater hingegen die Mädchen lutherisch haben,

und dies umso eifriger, als er nach seiner physischen Kenntnis glaubte, da ich in vollblühender Gesundheit erst 19 Jahre, Bianconi hingegen 35 Jahre Jahre zählte, und viel gelebt habe,- mehr Kinder von meinem Geschlechte

bekommen, als von dem seinen, also die lutherische Kirche mehr Seelen gewinnen. “ (S. XII).

Aber auf diese Bedingung  ging Bianconi nicht ein. Der Verlobte versuchte Sophie zur Flucht zu überreden.

Das wollte sie aber nicht,”weil ich meinen Vater nicht betrüben, nicht ohne seinen Segen aus seinem Hause wolle” (S. XII,XIII.) Nun zwang der Vater sie, die Verlobung zu lösen. “ Ich musste meinem Vater alle seine Briefe, Verse, schöne

Alt-Arien,mit meinen sehr pünktlich ausgearbeiteten geometrischen und mathematischen Übungen, in sein Cabinet bringen, musste alles zerreißen und in einem kleinen Windofen verbrennen, Bianconis Porträt…musste ich mit der Schere

in tausend Stücke zerschneiden..” (S XIII) Auch den Ring muss sie zerbrechen. “Die Ausdrücke meines Vaters dabei will ich nicht wiederholen” Sie fügt sich ohne Auflehnung, verzeiht ihrem Vater das aber zeitlebens nie.

Und sie schwört sich,”So soll auch Niemand mehr jemals meine Stimme, mein Clavierspiel, die italiänische Sprache… oder irgend etwas, so er mich lehrte, von mir hören, oder nur in mir vermuthen- Ich habe Wort gehalten.”(SXV.)

Dazu merkt Wieland als Herausgeber an, dass er aus eigener Erfahrung bezeugen kann, dass sie es streng und buchstäblich gehalten hat. Der Vater, nun auf der Suche nach einer neuen Frau, schickt Sophie wieder nach Biberach, diesmal zur Familie seiner Cousine

Regina Katharina und Thomas Adam Wieland, den Eltern von Christoph Martin. Sophie soll ihren Geliebten vergessen aber auch dem Vater aus den Augen kommen, zu dem das Verhältnis ja massiv gestört war.

In Biberach begegnen sich Christoph Martin Wieland und Sophie. Sophie ist 19, Christoph Martin 17. Die beiden empfindsamen Seelen verlieben sich zum Entsetzen der beiden Familien heftigst.

Im August 1750 verloben sie sich sogar. Der Überlieferung nach soll das an der Wielandlinde geschehen sein. Eine Gedenktafel an der Linde erinnert daran, pikanterweise mit einem falschen Datum. Dort  wird Wielands Sterbejahr mit

1818 angegeben. Da war er aber schon fünf Jahre tot. Der Vater Wieland hatte wohl gehofft, dass sich Wielands Verliebtheit legt. Wielands Mutter agiert mit Kräften gegen die Verbindung. Sophie muss nach Augsburg

zurück. Die Mutter hält Sophies Briefe an den Verlobten zurück. Wieland nimmt im Oktober 1750 in Tübingen sein Jurastudium auf, gibt es aber bald wieder auf.

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Sophie löste die Verlobung.Die Verlobung mit Wieland liest sich bei Sophie viel undramatischer als ihre erste Beziehung: “Wielands vorzügliche Freundschaft für mich machte für mich das Beste und schönste der Alten

und Neuen bekannt; ich verehrte und liebte ihn dankbar, war auf seine Kenntnisse stolz, weil ich sie mein ganzes Leben zu theilen hoffte, denn ich sollte mit ihm verbunden werden. Mißverständnisse aus den edelsten

Beweggründen trennten uns.” (XVI) Wieland war mit der Charakteristik “Freundschaft” wohl nicht ganz zufrieden, den im  Text merkt er an “ Was für eine Art von Freundschaft es war, können unsere Leser

oder Leserinnen, wenn sie Lust haben, aus einem vor vielen Jahren an Psyche gerichtete Gedichte, die erste Liebe betitelt, ersehen. W.”

Georg Michael La Roche,  wohl der illegitime Sohn des Grafen Anton Friedrich von Stadion, hält um Sophies Hand an. Sophies Vater hatte bei seiner Wiederverheiratung

seinen Stiefsohn als Erben ein. Sophie brauchte also jemanden der sie versorgte. Außerdem war sie inzwischen 23, höchste Zeit also unter die Haube zu kommen zumal zwei geplatzte Verlobungen die Chancen auf

dem Heiratsmarkt nicht gerade verbesserten. Zwar war auch La Roche katholisch, aber der Vater leistete nun keinen Widerstand mehr. Sophie stellte gleich zu Anfang die Verhältnisse klar. Sie erklärte ihrem Mann, dass

sie ihn nicht liebe, aber schätze und dass sie Bianconi und Wieland nicht vergessen könne. In der Tat besteht die Verbindung zwischen Wieland und Sophie das ganze Leben.

Wieland war auf die Lösung der Verlobung zunächst tief betroffen. Am 20. März 1754 schreibt er an Sophie. Darin vermutet er, dass wohl Briefe von ihm zurückgehalten worden waren, womit er ja nicht Unrecht

hatte. Er sagt, dass er Verständnis für Sophies Entscheidung habe. Er drückt aber die Hoffnung aus,” dass Sie meinen Vorschlag von Fortsetzung unser innerlichen und geistigen Verbindung, und wo es seyn kann

auch unseres Briefwechsels annehmen werden”. Beides geschah ja. Er lässt sich auch Herrn La Roche empfehlen und ihm versichern, “ dass ich gegen denjenigen, den Sie als Gemahl lieben, nicht anders als eine besondere Hochachtung tragen kann”.

Nach der Eheschließung schreibt er am 19. März 1754 an La Roche selbst. Dabei drückt er die Hoffnung aus, dass La Roche Sophie glücklich machen wird.

Sophie erkennt die Vorzüge, die für sie in der Ehe mit La Roche liegen.”Durch meine Verbindung mit La Roche ward ich in dem gräfl. Stadionschen Hause mit dem Werthe der glänzenden Vorzüge des Adels bekannt,

die ich täglich in allem vor mir hatte und da mein Mann neben Churmainzischen Kabinettsgeschäften auch die Oberdirektion aller großen Besitzungen der Stadionschen in Schwaben,  Böhmen und Wirtenberg hatte…” (S.XVIII)

Das junge Paar zieht nach Mainz. Dort arbeitet La Roche für den Grafen von Stadion. Er wurde von dem kurmainzischen Oberhofmeister mit der Abfassung von Depeschen betraut, keine schlechte Vorbereitung für seine spätere

Tätigkeit am kurtrierischen Hof.

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In Mainz bildet sie sich zunächst weiter. Sie liest Voltaire und Diderot. Graf von Stadion hatte ja auf seiner Kavalierstour Voltaire persönlich kennengelernt und Wieland las Voltaire ja auch. Er wird ja immer wieder als deutscher Voltaire

bezeichnet. Sie kümmerte sich um die französische Korrespondenz ihres Mannes. Sie lernte aber auch englisch. So konnte sie dem Grafen die neuesten Nachrichten gleich übersetzen. In Mainz werden drei ihrer Kinder

geboren, Maximiliane 1756, Fritz 1757 und Luise 1759. Graf von Stadion zog sich 1761 aus der kurmainzischen Politik zurück und übersiedelte auf sein Schloss in Warthausen. Die Familie La Roche ging von Mainz mit nach Warthausen.

Frank La Roche verwaltete die gräflichen Güter. Ihre Warthausener Zeit wird Sophie später als ihre glücklichste Zeit bezeichnen. Wieland war 1760 wieder nach Biberach zurückgekehrt und dort erst Senator, dann aber Kanzleiverwalter geworden.

Sophies Schwester Katharina hatte 1753 den Biberacher Kanzleiverwalter und späteren Bürgermeister Johannes von Hillern geheiratet. Nicht zuletzt ihrem Einfluss hatte es Wieland zu verdanken, dass er nach Biberach gerufen wurde und dort dann

zum Kanzleiverwalter gewählt wurde.  Am Warthausener Hof traf sich ein kleiner aufgeklärter Zirkel zu geistvollen Gesprächen. Die Runde wurde später als Warthauser Musenhof bezeichnet. Wieland war oft zu Gast, aber auch Sebastian Sailer,

der wortgewaltige Prediger aus dem nahen  Prämonstratenser Kloster Obermarchtal, Maria Maximiliana von Stadion, die Tochter des Grafen und später die letzte Fürstäbtissin vom Damenstift Buchau und der Warthauser Pfarrer

Ignaz Valentin Heggelin. Der Warthauser Hof war sicher ein Vorbild für Sophies späteren Kreis in ihrem Haus in Ehrenbreitstein. Und sie nutze die Bibliothek “und versäumte auch sonst keine Gelegenheit,in der prächtigen Bibliothek

des Grafen Stadion etwas Nützliches oder Schönes bemerken konnte” (S. XVIII,XIX)

Als Graf  Anton Heinrich Friedrich verstarb am 26. Oktober 1768 in Warthausen verstarb, zog die Familie von La Roche nach Bönnigheim,wo die Familie von Stadion auch ein Schloss hatte. Frank La Roche war mit Conrad von Stadion,dem Sohn

des verstorbenen Grafen nicht klar gekommen und er war auf eine Oberamtmannstelle in Bönnigheim abgeschoben worden. Nachdem er vorher praktisch die rechte Hand des Grafen war, empfand er das natürlich als Abstieg. Aber schon in Warthausen

hatte er den  Freiherrn Franz Eustach von Hornstein kennengelernt. Seine Besitzungen lagen  in der Nähe von Warthausen. Von Hornstein war Mitglied der Domkapitel von August und Freising. In Trier war Clemens Wenzeslaus von Sachsen 1768 Erzbischof

und Kurfürst von Trier geworden. Von 1763 bis 1768 war er Fürstbischof von Freising. 1768 war er auch Bischof von Augsburg geworden. Bei den Bischofswahlen in Freising und Augsburg hatte er von Hornstein kennengelernt.

Hornstein schlug Clemens Wenzeslaus vor, La Roche als Wirklichen Geheimen Rat in die Regierung aufzunehmen. La Roche lernte Clemens Wenzeslaus Anfang 1771 auf einer Reise nach Augsburg persönlich kennen. Er entschied sich endgültig für das Trierer

Angebot und zog Ende März nach Ehrenbreitstein

Auch für Sophie war Bönnigheim mehr als gewöhnungsbedürftig. Der geistreiche Zirkel fehlte ihr. Neue Freunde fand sie kaum. Nur Johann Jakob Brechter (1734-1772), Pfarrer im drei Stunden entfernten Schwaigern bei Heilbronn war ihr Vertrauter.

Er hatte pädagogische Schriften verfasst, zum Beispiel “Briefe über den Aemil des Herrn Rousseau”. Schon in Warthausen war ihre Kinder auf Empfehlung des Grafen Stadion zur Erziehung weggeben. Und da er ja eigentlich der Großvater war, hatte er sicher ein

gewichtiges Wort mit zu reden. Maximiliane und Luise wurden in Straßburg in einem Kloster erzogen, Fritz in Erfurt wo Wieland dank der Protektion durch Graf von Stadion mittlerweile Professor war. In Warthausen hatte Sophie zum Zeitvertreib zu

schreiben begonnen. Pfarrer Brechter ermunterte sie nun weiter zu schreiben, um ihres Kummers Herr zu werden. Nicht nur für Sophie war Brechter wichtig. Er hat auch zusammen mit ihrem Mann die “Briefe über das Mönchswesen” geschrieben,

die 1771 anonym erschienen.

Wieland macht sich ebenfalls stark für Sophies Roman. 1770 schreibt er ihr ohne Datum”Allerdings beste Freundin, verdient Ihre Sternheim gedruckt zu werden; und sie verdient es nicht nur; nach meiner vollen Überzeugung erweisen sie Ihrem Geschlecht

einen wirklichen Dienst dadurch. Sie soll und muß gedruckt werden, und ich werde Ihr Pflegevater seyn” (zitiert nach MDZ Reader Bayrische Staatsbibliothek digital, Briefe an Sophie von La Roche, S.125) Er gibt dann noch einige Details, wie die Ausgabe aussehen

soll.

“Die Geschichte des Fräuleins von Sternheim – von einer Freundin derselben aus Original-Papieren und anderen zuverlässigen Quellen gezogen” , so lautete der  Originaltitel des Werkes, das in zwei Teilen erscheint, der erste Teil im Juni 1771, der zweite im

September/Oktober. Herausgeber ist Christoph Martin Wieland. Zwar war es anonym erschienen, enthielt aber doch so viele Hinweise auf die Autorin, dass deren Name bald bekannt war. Sophie wurde schlagartig berühmt und “zur ersten deutschen Dichterin”.

Es war eine glückhafte Wendung für die Familie La Roche. Frank La Roche machte rasch Karriere. Er hatte ein gutes persönliches Verhältnis zum Trierer Erzbischof. 1773 erhielt er den Rang eines Wirklichen Geheimen Staatsrat. 1774 wurde er Regierungskanzler

und zusammen mit Hornstein und Christoph Philipp Freiherr von Hohenfeld gehörte er zu den entscheidenden Ratgebern des Kurfürsten. Sophie nun berühmte Schriftstellerin konnte in Ehrenbreitstein einen literarischen Salon

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unterhalten. Goethe beschreibt ein solches Treffen im 13. Buch von Dichtung und Wahrheit  “Sie war die wunderbarste Frau, und ich wüßte ihr keine andre zu vergleichen. Schlank und zart gebaut, eher groß als klein, hatte sie bis in ihre höheren Jahre eine gewisse

Eleganz der Gestalt sowohl als des Betragens zu erhalten gewußt, die zwischen dem Benehmen einer Edeldame und einer würdigen bürgerlichen Frau gar anmutig schwebte. Im Anzuge war sie sich mehrere Jahre gleich geblieben. Ein nettes Flügelhäubchen stand

dem kleinen Kopfe und dem feinen Gesichte gar wohl, und die braune oder graue Kleidung gab ihrer Gegenwart Ruhe und Würde. Sie sprach gut und wußte dem, was sie sagte, durch Empfindung immer Bedeutung zu geben.”

Sie empfängt bedeutende Künstler und Literaten. Johann Bernhard Basedow (1724-1790) war da. Er war 1771 nach Dessau berufen worden und wollte dort das Philanthropinum gründen eine „Pflanzschule der Menschheit“, in der Kinder verschiedener Herkunft im

Sinne des aufklärungspädagogischen Gedankenguts (standesgemäß) erzogen werden sollten. Er hatte 1774  er mit Goethe und Lavater eine Lahnreise unternommen und war möglicherweise bei dieser Gelegenheit bei Sophie in Ehrenbreitstein gewesen zumal

auch Lavater zu Sophies Gästen zählte. Lavater war Pfarrer Philosoph und Schriftsteller aus der Schweiz.Lavater besuchte Collegium Carolinum in Zürich, wo u.a. Johann Jakob Bodmer sein Lehrer war. Wieland weilte ja ab 1752 auf Einladung Bodmers

in der Schweiz.Also auch hier gab es Querverbindungen. Auch die Gebrüder Jacobi verkehrten in Sophies Salon. Johann Georg gab 1731 mit Wieland den Teutschen Merkur heraus. Sein Bruder Friedrich Heinrich war hauptsächlich als Philosoph tätig.

Er arbeitete ab 1804 zusammen mit Schelling an der Bayrischen Akademie der Wissenschaften. Auch Johann Jakob Wilhelm Heinse war bei Treffen dabei. Er kam auf Fürsprache von Wieland in den Dichterkreis um Gleim.

Modern gesprochen könnte man sagen, dass der Salon von Sophie La Roche wie ein Netzwerk wirkte. In diesen Ehrenbreitsteiner Tagen – Goethe war gerade 22 Jahre alt, wurde er durchaus als Hochzeitskandidat für Maximiliane, Sophies

älteste Tochter gehandelt. Er wurde zwar nicht Maximilianes Gemahl, aber die schwarzen Augen Lottes im Werther gehen auf Maximiliane zurück.

Wieland kam 1771 nach Ehrenbreitstein und besuchte Sophie. Friedrich Heinrich Jacobi war bei der Begegnung dabei und hatte sie geschildert:”Wieland – Wieland – O ja, Sie sind es, Sie sind noch immer mein lieber Wieland!‹ – Wieland, von dieser rührenden

Stimme geweckt, richtete sich etwas in die Höhe; blickte in die weinenden Augen seiner Freundin, und ließ dann sein Gesicht auf ihren Arm zurücksinken. Keiner von den Umstehenden konnte sich der Tränen enthalten”

Bevor wir in Sophies Leben weiterfahren, werfen wir einen Blick auf den Roman, der so viel Furore machte:

 

Das Fräulein Sternheim

Buch Frl. Sternheim

Wieland war ja der Herausgeber von Sophie von La Roches “Das Fräulein Sternheim” oder “geistiger Ziehvater” wie er in seinem Brief an Sophie geschrieben hatte. Das war nur folgerichtig, denn im 18. Jahrhundert hatten Frauen weder das Recht,

noch die Möglichkeit ohne einen  männlichen Mentor irgendetwas zu veröffentlichen. Und auch die Form des Briefromans bot sich, denn der Brief stellte eine gebilligte Form sprachlicher Aktivität der Frau dar. Hier bewegte sich eine Frau auf

vertrautem Terrain. Sophie hatte mit ihrem Roman ja durchaus eine pädagogische Absicht, nämlich die Erziehung des weiblichen Geschlechts.

Der Roman ist in zwei Teile gegliedert. Ihm wird der Herausgeberbericht Wielands vorangestellt. Er gibt darin vor, die Herausgabe sei ohne Wissen der Autorin geschehen.Er erwähnt mit Richardson und Fielding Vorgänger. Das Fräulein Sternheim

lehnte sich ja durchaus an Richardsons Pamela an, die auch für Goethes Werther Vorbild war. Er preist die Vorzüge aber auch Schwächen des Romans und nimmt so möglicherweise aufkommende Kritik schon vorweg.

Die Geschichte beginnt mit Sophies Vorgeschichte, Sophies Eltern. Ihr Vater war ein englische Offizier, ihre Mutter eine englische Baronesse, die nicht standesgemäß geheiratet hatte, denn Sternheim war erst später aufgrund

seiner persönlichen Verdienste geadelt worden. Sophie wird nach christlichen Werten erzogen. Als das Mädchen neun ist, stirbt ihre Mutter. Nun ist hauptsächlich der Vater für ihre Erziehung verantwortlich. Sie durchläuft den für Mädchen typischen

Bildungsgang, wird aber auch anhand von Rechnungsbüchern ihrer Mutter zum Beispiel mit der Leitung eines Guts vertraut gemacht. Als Sophie 19 ist, stirbt auch ihr Vater und sie muss zu ihrem Onkel und ihrer Tante. Die Gräfin Löbau

war die Schwester ihrer Mutter. Die Gräfin hatte damals die Heirat ihrer Schwester mit einem Bürgerlichen schwer missbilligt. Nun aber bringen die beiden Sophie am Hofe unter. Sie versuchen sie zur Mätresse des Fürsten zu machen,

weil sie sich daraus persönliche Vorteile versprechen.Den weiteren Verlauf erfahren wir aus Briefen der Akteure. Da ist einmal Sophie selbst, dann zwei englische Adlige, Lord Seymour und Lord Derby. Die tugendhafte Sophie verabscheut die Umgangsformen des

Hofs. Lord Seymour erscheint in Sophies Briefen als tugendhaft. Bei einem Hoffest bestätigt sich scheinbar das Liebesverhältnis zum Fürsten. Sie wird öffentlich verleumdet. Lord Derby bietet Sophie als Ausweg eine heimliche Ehe an.

In einem Brief an seinen Freund in Paris legt er diesem seine niederträchtigen Pläne dar. Er inszeniert eine Trauung, bei der sein Diener als Pfarrer verkleidet, die Trauung vornimmt. Damit endet der erste Teil.

Lord Derby hatte Sophie verlassen, aber ihr vorher noch seine gemeine Tat enthüllt.

Sophie lebt nun in ihrer neuen selbstgewählten Identität als Madame Leiden. Sie war zu ihrer Freundin Emilia, an die alle Briefe Sophies gerichtet sind gezogen. Mittlerweile war sie völlig verarmt, da sie in ihrer Gutmütigkeit

für drei Jahre alle Einkünfte ihres Gutes an die Gräfin Löbau abgetreten hat. Sie verkauft ihre Brillanten mit Bildnissen ihrer Eltern. Sie lebte von den Zinsen. Sie tut aber weiter Gutes und unterrichtet arme Mädchen an einer Gesindeschule von

Madam Hill. Auf einer Badereise in Spaa lernt sie Lady Summers kennen. Sie folgt dieser als Gesellschafterin nach England. Als Gutsnachbar lebt dort Lord Rich, der sich in Sophie verliebt. Sophie ist zurückhaltend aber nicht abweisend.

Doch Sophies Leiden sind noch nicht zu Ende. Denn der Schurke Derby tritt wieder auf den Plan. Zufällig hatte er eine Nichte von Lady Summers geheiratet. Er fürchtet entlarvt zu werden und lässt Sophie deshalb entführen. Er bringt sie bei einer armen Familie in

Schottland unter. Sie ist von der Außenwelt abgeschnitten und kann deshalb keine Briefe mehr schreiben. Aber ihre Gedanken hält sie in einem Tagebuch fest.Nun kommt eine neue Gattungsvariante zum Tragen. Nicht mehr Briefe sondern

Tagebucheinträge werden nun wiedergegeben. Daraus erfahren wir, dass sie eine erneute Werbung von Lord Derby zurückgewiesen hat. Der Diener misshandelt Sophie schwer. Sie ist dem Tode nahe. Der mitleidige Wärter bringt die Schwerverletzte auf

ein nahegelegenes Schloss einer Gräfin. Derby aber meldet er den Tod Sophies. Lord Seymour, der inzwischen von der Intrige und Verleumdung erfahren hatte und Lord Rich, der wie sich herausstellt der ältere Bruder von Lord Seymour ist,

machen sich auf den Weg nach Schottland, um das Grab der toten Sophie aufzusuchen. Sie ist aber nicht tot, sondern lebt im Haus der Gräfin. Lord Rich verzichtet edel und großmütig zugunsten seines Bruders auf die Hand Sophies. Ihre

Tugend wird mit ihrer zukünftigen Rolle als Gattin und Mutter belohnt.

Auf Richardsons Pamela wurde schon hingewiesen. Auch Das Leben der Schwedische Gräfin von G… (1747-48) von Christian Fürchtegott Gellert oder La Nouvelle Héloïse (1761) von Jean-Jacques Rousseau waren Vorgänger.

Bei allen drei war die verführte Unschuld  Leitmotiv des Briefromans. Aber Sophie von Sternheim findet sich nicht passiv mit ihrem Schicksal ab. “Im Gegensatz zu ihren Zeitgenossinen überwindet Sophie von Sternheim ihr

Unglück durch soziale Aktivität und Wohltätigkeit. Ihr aktives und selbstbewußtes Handeln unterscheidet sie hauptsächlich von anderen empfindsamen Heldinnen und prägt sie als individualisierter Charakter innerhalb der

festgelegten Weiblichkeitsschablonen.” (Dolors Sabaté Schöne Seele, denkender Körper: Das Weiblichkeitsbild in Sophie Geschichte des Fräuleins von Sternheim Revista  de Filología Alemana 2000 8,S.138)

Gleich im Erscheinungsjahr mussten drei Auflagen gedruckt werden. Fünf weitere folgten in den nächsten 15 Jahren. Und es gab Übersetzungen ins Französische, Englische, Holländische und Russische.

Sophie von La Roche hatte begeisterte Leser. Aber auch die Literaturkritik äußerte sich sofort positiv. Goethe verfasste in den “Frankfurter Gelehrten Anzeigen” eine Rezension. Darin schrieb er, dass sich viele “ungebetene Beurtheiler”

eingefunden hätten, der “Mann von der großen Welt, dessen ganze Seele aus Verstand gebaut ist”, dann “ der Schönkünstler” “der Kritiker” und schließlich “der fromme Eiferer” und dann fährt er fort: “allein alle die Herren irren sich,

wenn sie glauben, sie beurteilen ein Buch- es ist eine Menschenseele; und wir wissen nicht, ob diese vor das Forum der großen Welt, des Aesthetikers, des Zeloten und des Kritikers gehört.” (Goethes Werke, Vollständige Ausgabe letzter Hand, Bd.33 S. 51).

Auch Herder äußert sich in einem Brief an Johann Heinrich Merck, dem Herausgeber der “Frankfurter Gelehrten Anzeigen”begeistert. Allerdings kommt Wieland hier ziemlich schlecht weg. Herder hebt sie ab gegenüber Richardsons Clarissa und sagt:

“ sie ist für mich einzig und weit mehr als Clarisse mit all ihren herausgewundenen Thränen. Dies ist auch etwas, was ihr ewigen Werth geben wird- nur Wielands Noten sind abscheulich.- Ich weiß nicht, ob der elendste Commentator je  so

zuwider dem Sinne seines Autors glossirt als dieser: Sternheim, ein Engel vom Himmel, der uns Glauben an die Tugend durch sich selbst predigt, und Er, ich mags nicht sagen!” Herder in Briefe an Johann Heinrich Merck von Goethe, Herder, Wieland und andern

S.29. Gegen Ende des Jahrhunderts ließ die Begeisterung für das Fräulein Sternheim nach, bis er allmählich in Vergessenheit geriet. Heute sieht die moderne feministisch geprägte Literaturwissenschaft in Sophie von La Roche mehr als die Verlobte Wielands und die

Freundin des jungen Goethes oder die Großmutter der Romantiker Bettina und Clemens von Brentano.

Sophie sagt selbst dazu: “Mein erster Versuch, die Geschichte des Fräulein von Sternheim, ist die Frucht des größten Unmuts, welchen ich damals empfinden konnte. Ich trennte mich ungern von meinen beiden Töchtern, welche durch Zwang der Umstände

in Straßburg bei St. Barbara erzogen wurden, und ich sprach öfters davon in einem Tone voll Trauer mit meinem zu früh verstorbenen Freund Brechter, Prediger in Schwaigern bei Heilbronn, einem an Verstand und Herzen so vortrefflichen Manne,

welcher das Urbild aller Pfarrherren war, die so oft in meinen Erzählungen vorkommen, so wie seine Frau das Modell von meiner Emilie in meiner Sternheim ist.” (S. XXIV,XXV). er sagt ihr,dass es nicht gut sei, dass dieser Kummer an ihr nagt

und er empfiehlt ihr: “Wissen Sie was: Bringen Sie alles, was Sie mir von Zeit zu Zeit zu Ihrer Erleichterung mündlich sagen, so wie Ihre Ideen sich folgen, genau zu Papier…. üben zugleich Ihren Geist und erfüllen Ihre durch Abwesenheit Ihrer Töchter

einsame Stunden”.(S. XXVI) und weiter ”-Doch ich wollte nun einmal ein papiernes Mädchen erziehen, weil ich meine eigenen nicht mehr hatte und da half mir meine Einbildungskraft aus der Verlegenheit und schuf den Plan zu Sophiens

Geschichte. – Ihre Aeltern erhielten den Charakter der meinigen;” (S. XXVII)

Zurück nach Ehrenbreitstein. Die Familie von La Roche war ganz oben angekommen.  Frank von La Roche war kurtrierischer Kanzler, Sophie geachtete und gesuchte Schriftstellerin. 1776 wurde Frank von La Roche in den Reichsadel

erhoben- aufgrund seiner eigenen Tüchtigkeit und nicht aufgrund der Geburt, obwohl sein Vater ja dem Adel angehört hatte, aber La Roche eben nicht als legitimen Sohn anerkannt hatte. Allerdings folgte kurz danach ein

tiefer Sturz. 1780 wurden die beiden Minister Hornstein und Hohenfeld gestürzt. Kurz darauf folgte ihnen La Roche nach. Inzwischen war heraus gekommen, der Verfasser  der “Briefe über das Mönchswesen” war. Das war willkommener Anlass, ihn

vollends zu diskreditieren. Baron von Hohenfeld war nach Speyer in sein Haus gezogen und hatte auch die Familie La Roche nach Speyer geholt. Dort verbrachte die Familie sechs Jahre.

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Die Familie stürzte nicht ins finanzielle Elend, wie das manches Mal so durchklingt. Frank La hatte immer noch die einträgliche Stelle eines Zollschreibers inne, die er bis an sein Lebensende behielt. Auch bezog er zeitlebens eine Pension.

Was für ihn sicherlich wesentlich problematischer war, die Verdammung zur Untätigkeit. Das hatte ihm in seiner Zeit in Bönnigheim am meisten zu schaffen gemacht, und er war ja gewohnt, zu arbeiten und zu gestalten.

Das hatte er schon in den Diensten des Grafen von Stadion in Mainz und Warthausen bewiesen und erst recht natürlich als kurtrierischer Konferenzminister. Was sicherlich auch ein Problem war, Sophie war ja schon erfolgreiche

Schriftstellerin aber Frank von La Roche wollte nicht, dass seine Frau einer Verdienstarbeit nachging. Aber Sophie schrieb eifrig und erfolgreich weiter.

Wenden wir uns noch kurz den Kindern der Familie von La Roche zu.  In Renate Feyls Roman die “Profanen Stunden des Glücks” wird sehr schön geschildert, wie Sophie bemüht war, ihre Töchter vor allem wirtschaftlich

abgesichert unter die Haube zu bringen. Und obwohl sie ja selbst auf ihrem Lebensweg mit ihren Verlobungen durchaus einschlägige Erfahrungen gemacht hatte, war es wohl so, dass ihre Vorstellungen, was gut für die Töchter ist,

den Ausschlag gaben. Maximiliane heiratete 1774 den reichen Witwer und Kaufmann Peter Anton Brentano. Aus seiner Ehe mit Paula Maria Josefa Walpurga Brentano-Gnosso hatte er 6 Kinder als die Frau 1770 verstarb.

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Der Ehe mit Maximiliane entsprossen 12 Kinder, von denen 4 erwähnt sein sollen. Der älteste Georg wurde 1775 geboren. Er führte zusammen mit seinem Halbbruder Franz das Handelshaus Brentano, das sich ab 1830 auf das Bankgeschäft konzentrierte. Er schuf in

Frankfurt-Rödelheim einen großen Landschaftspark. 1776 wurde Sophie geboren. Sie starb sehr jung 1880 als sie zu Wieland in Ossmannstedt zu Besuch war und ist dort bestattet. Clemens folgte 1778. Sein Taufpate war noch der Trierer

Kurfürst. Clemens wurde zum Schriftsteller der Romantik. Bekanntestes Werk ist die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn zusammen mit Achim von Arnim. Bettina, das 7. Kind Maximilianes lernte in Frankfurt den literarischen Arbeitskollegen

von Clemens kennen. Sie heirateten 1811 und waren bis zum Tode Achims 1831 verheiratet.

Maximiliane starb kurz nach der Geburt ihres 12. Kindes 1793. Maximilian hatte zwar dank der Heirat mit einem sehr reichen Mann einen gewissen Lebensstandard erreicht, aber ihren künstlerischen Ambitionen hatte sie entsagen müssen.

Goethe wunderte sich etwas über Sophie, die ihre älteste Tochter nach Frankfurt verheiratet hatte,” … und konnte sich nicht recht in den Zustand finden, den sie doch selbst ausgewählt hatte. Anstatt sich darin behaglich zu fühlen, oder zu irgend einer Veränderung

Anlaß zu geben, erging sie sich in Klagen, so daß man wirklich denken mußte, ihre Tochter sei unglücklich, ob man gleich, da ihr nichts abging und ihr Gemahl ihr nichts verwehrte, nicht wohl einsah, worin das Unglück eigentlich bestünde “ (Dichtung und Wahrheit

13. Buch). aber er konnte es auch nachempfinden “weil sie sich auch in ihre neue Umgebung nicht zu finden wußte und, obwohl mit Glücksgütern gesegnet, aus dem heiteren Thal-Ehrenbreitstein und einer fröhlichen Jugend in ein düster gelegenes Handelshaus

versetzt, sich schon als Mutter von einigen Stiefkindern benehmen sollte.” (Goethe imselben Absatz).

Luise Sophies zweite Tochter, war 1779 an den kurtrierischen Hofrat Joseph Christian von Möhn verheiratet worden. Im Bekanntenkreis der Familie La Roche stieß das auf blankes Unverständnis vor allem Goethes Mutter ließ sich darüber recht scharfzüngig aus.

So schrieb sie an an Herzogin Anna Amalia in Weimar: “Theureste Fürstin ! Könte Docter Wolf den Tochtermann sehen, den die Verfasserin der Sternheim Ihrer zweyten Tochter Louise aufhengen will; so würde Er nach seiner sonst löblichen Gewohnheit mit den

Zähnen knirschen, und gantz Gottloß fluchen. Gestern stellte Sie mir das Ungeheuer vor – Großer Gott ! ! ! Wenn mich der zur Königin der Erden / : Americka mit eingeschloßen : / machen wolte; so – ja so – gebe ich Ihm einen Korb – Er sieht aus – wie der Teufel in

der 7 ten Bitte in Luthers kleinem Catesichmus [!]– ist so dumm wie ein Heu Pferd – und zu allem seinem seinem[!] Unglück ist Er Hoffrath – Wann ich von all dem Zeug was begreife; so will ich zur Auster werden. Eine Frau wie die la Roche von einem gewiß nicht

gemeinem Verstand, von zimlichen Glücksgütern, von Ansehn, Rang u.s.w. die es recht drauf anfängt Ihre Töchter unglücklich zu machen – und doch Sternheime und Frauenzimmer Briefe schreibt – mit einem Wort, mein Kopf ist wie in einer Mühle. Verzeihen Ihro

Durchlaucht, daß ich Ihnen so was vor erzähle, ich habe aber eben das Awentheuer vor Augen – und die Thränen der guten Louise kan ich nicht ausstehn.” (Catharina Elisabeth Goethe, Brief an Anna Amalia Herzogin von Sachsen-Weimar und Eisenach, Frankfurt am

Main, 11. April 1779, zit. nach: Leis u. a. 1996, S. 95 f.) Allerdings war der Hofrat Alkoholiker was sich erst später herausstellte. Er musste aus seiner Stellung am Revisionsgericht in Koblenz ausscheiden. Louise trennte sich von ihrem Mann und zog 1789 zu ihrer

Mutter nach Offenbach. Auch ihre Ehe war nicht glücklich.

Der älteste Sohn Fritz, er war wohl das Ebenbild seines Vaters, wurde zu Wieland nach Erfurt zur Erziehung gegeben. Wieland war inzwischen dort Professor. Fritz wurde dann Kavallerieoffizier in französischen Diensten. Er nahm 1780 am amerikanischen

Unabhängigkeitskrieg teil. Dort zeichnete sich aus nahm aber seinen Abschied. Er diente dann in den Gardes francaises. Bei einem Urlaub, den er mit einem Kameraden, einem holländischen Edelmann in Holland machte, lernte er eine junge Witwe kennen. Sie

heirateten bald. Sophie und ihre Schwiegertochter Elsy  de l’Espinasse verstanden sich bestens. Die Frau von Fritz war sehr vermögend. So könnte er einen Teil der dritten Schweizreise von Sophie finanzieren. Fritz und Elsy wanderten nach Amerika aus. Allerdings

verschleuderte Fritz in Amerika fast das ganze Vermögen seiner Frau. Die Ehe zerbrach. Sophie litt stark darunter, dass er seine Frau in eine solche Lage gebracht hatte. Sie schrieb an Elsy: ”Sie und Ihre Kinder in einer so grausamen Lage, durch meinen Sohn ! O

meine Elsy ! Nichts kann ausdrücken, was ich durch Ihre Situation und meine Machtlosigkeit leide” Sophie von La Roche, Brief an Elsy von La Roche, Offenbach am Main, 17. Oktober 1797, zit. nach Maurer , S. 365. Fritz kehrte späte nach Europa zurück gilt aber als seit

1814 in Russland verschollen.

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Sophies zweiter Sohn Carl Georg war in preussische Staatsdienste getreten . 1786 arbeitete er als Bergrat im Salzbergbau in Schönenbeck bei Magdeburg. Später zog er mit seiner Familie dort verstarb er 1839 als Oberbergrat.

Sophies jüngster Sohn Franz wurde 1768 geboren. Er war ihr Lieblingssohn und er war das einzige Kind, das sie selbst gestillt hatte. Er kam 1784 nach Colmar. Dort hatte Gottlieb Konrad Pfeffel seine „École militaire“  gegründet,

eine Erziehungsanstalt für protestantische Knaben. Die Zöglinge waren meist aus dem Adel und kamen aus Frankreich, der Schweiz und Deutschland. Aus ihr gingen hohe Militärs, Verwaltungsbeamte und Diplomaten der Revolutions- und Direktorialzeit

hervor. Im Gegenzug nahm Sophie die fünfzehnjährige Tochter Pfeffels, Peggi, zu sich nachhause, um sie bei sich auszubilden. Die Erziehungsziele orientierten sich an Rousseau. Nach seiner Zeit in Colmar studierte Franz Forstwirtschaft

in Marburg. 1791 hatte er eine Stelle als Forstbeamter am Hof zu Hessen-Darmstadt erhalten, aber kurz nachdem er seinen Dienst angetreten hatte, verstarb er an einer Darmentzündung im alter von nur 23 Jahren. Sophie war tief betrübt und hat diesen Schicksals-

schlag nie verwunden. Das war der zweite schwere Schicksalsschlag, den sie zu ertragen hatte. Die Familie war 1786 von Speyer nach Offenbach übergesiedelt. Kurz vor der Übersiedlung hatte Frank von La Roche einen Schlaganfall erlitten. Von den Folgen erholte

er sich langsam. doch dann erlitt er kurz hintereinander mehrere Schlaganfälle. Sophie pflegte ihren Mann nun fast zwei Jahre. Er verstarb am 23.11.1788 und wurde auf dem katholischen Friedhof in Bürgel bestattet und nur drei Jahre später wurde

Franz neben seinem Vater beerdigt.

Gehen wir zurück nach Speyer, nachdem wir uns mit Sophies Familie beschäftigt haben. In Speyer begann  Sophie mit der Herausgabe der Zeitschrift: „Pomona für Teutschlands Töchter“ “An meine Leserinnen. Das Jahrbuch der

Denkwürdigkeiten für das schöne Geschlecht-zeigen meinen Leserinnen, was teutsche Männer uns nützlich und gefällig achten. Pomona — wird Ihnen sagen,was ich als Frau dafür halte-“ so schrieb Sophie im Vorwort des ersten Heftes ihrer

Zeitschrift. Sie schreibt dann weiter “Gelehrsamkeit,meine Liebe! Sollten sie nicht darinn finden, einmal, weil ich selbst keine besitze,…” (1.Heft Seite 13) Wir wissen ja, dass Sophie eine umfassende Ausbildung erfahren hatte. Aber es war ja nicht schicklich

für eine Frau, mit ihrer Bildung zu prahlen. Auch der Name wurde genannt und erklärt: “Mein Büchelgen soll Pomona heißen—diese ist die Göttin des Herbsts. Ich bin in dem Herbst meines Lebens, und der Entwurf dazu entstand in dem Herbst—“

(S.14/15) Sie erschien von Januar 1783 bis Dezember 1784 als Monatsschrift. Die Hefte hatten einen Umfang von ca. 100 Seiten und hatten sofort eine enorme Resonanz, was sicher damit zusammenhängt, dass Sophie von La Roche eine der

bekanntesten Autorinnen ihrer Zeit war.Pomona hatte sofort eine große Anzahl von Abonnenten. Die Liste der  ist lang: Rund siebenhundert Namen sind verzeichnet, nicht nur Frauen, auch Männer. Leser aus dem Bürgertum wie aus den aufgeklärten Kreisen des

Adels bestellen ihre Monatszeitschrift, die bekannteste Abonnentin ist sicherlich die russische Zarin Katharina die Große, sie abonnierte gleich 500 Exemplare. Billig ist sie nicht.4 Gulden und 30 Kreuzer Reichsgeld soll sie kosten. Das ist der Lohn eines

Kochs für drei Monate oder es deckte die Miete für ein bescheidenes Zimmer für zwei Monate.Einige Artikel erscheinen durchgängig, zum Beispiel “Die Briefe an Lina” und die “Moralischen Erzählungen”. Das zweite,vierte, sechste und achte Heft des Jahrgangs 1783

ist jeweils einem bestimmten Land gewidmet, nämlich Frankreich, England, Italien und Deutschland. Das hatte Sophie aber schon im ersten Heft angekündigt. Das Konzept von Pomona ist durchaus modern, Betrachtungen über weibliche Erziehung,

Haushaltsführung aber auch Reiseberichte. Auch über Literatur, Kunst und Musik wurde berichtet. Einen breiten Raum nahmen die Leserzuschriften ein, die ausführlich beantwortet wurden. Auch die direkte Ansprache des Lesers, bzw. der Leserin

ist ja durchaus in heutigen Zeitschriften noch üblich. Nach nur zwei Jahren stellte Sophie La Roche die Zeitung wieder ein. Warum ist nicht ganz klar. Es war aber sicherlich sehr arbeitsaufwendig, zumal die Herausgeberin die meisten

Beiträge selbst verfasste. Was ihr möglicherweise zu schaffen machte, waren die vielen Raubkopien, die den wirtschaftlichen Erfolg doch schmälerte. Aber sie konnte die Ausbildung ihrer beiden Söhne finanzieren, was ihren Mann alles andere als begeisterte.

In Speyer starte Sophie auch ihre 3. Karriere. Sie war mittlerweile über 50 Jahre alt und startete von Speyer aus auf ihre Reisen in die Schweiz, die Niederlande, Frankreich und England und sie berichtete darüber. So wurde sie zur ersten Reiseschriftstellerin

Deutschlands. Ihre Art zu schreiben unterschied sich durchaus von den gängigen spröden Reisebeschreibungen ihrer Zeitgenossen. Sie war ja versierte Autorin, die die literarischen Techniken beherrschte. Schon bei der Pomona hatte sie ihr journalistisches

Talent bewiesen und auch bei ihre Reiseberichten zeigte sie, dass sie offensichtlich wusste, was ihr Publikum gern liest.Sie schreibt oft regelrecht mitreissende Reportagen.

Zu ihren Reisen bemerkt Sophie: “Meine Reisen sind reine treue Erzählung dessen, was ich bei dem entzückenden Genusse des Anblicks von tausend Schönheiten der Natur und Beobachtung guter Menschen, Arbeiten und Handlungen,

dacht und empfand;” (S. XXXVIII)

1787 und  erschienen “Tagebuch einer Reise durch die Schweitz” und Journal einer Reise durch Frankreich und 1788 Tagebuch einer Reise durch Holland und England und schließlich 1793 Erinnerungen aus meiner dritten Schweizerreise.

Als Sophie aus England zurückkehrte war ihr Mann nach Offenbach umgesiedelt. Mit Hilfe seines Schwiegersohns Peter Anton Brentano hatte die Familie ein Haus in Offenbach erworben, das Sophie später liebevoll “Grillenhütte” nannte.

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Frank La Roche war der Aufenthalt in Offenbach wohl empfohlen worden und wahrscheinlich wollte er auch der Familie seiner Tochter näher sein. Über die Schicksalsschläge, die Sophie zu Beginn ihrer Offenbacher Zeit trafen wurde oben schon

berichtet.

1784 bricht Sophie auf die immer wieder verschobene Reise in die Schweiz auf. Auch ihr Sohn Franz ist dabei. Als Verfasserin der Sternheim und dann Herausgeberin der Pomona hatte Sophie ja auch eine Berühmtheit erlangt und wen sie auf ihren Reisen traf,

das liest sich fast wie ein “who’s who” der damaligen Zeit.

Die Reise führte über Schaffhausen nach  Zürich und dann nach Bern.In Zürich traf sie Horace Bénédict de Saussure, der 1787 die erste wissenschaftliche Besteigung des Mont Blanc unternahm. Sie lernte Johann Heinrich Füssli kennen, den

schweizerisch-englischen Maler und Publizisten; Johann Georg Schulthess, den Schweizer Theologen, der schon mit Wieland befreundet war dann Leonhard Usteri , der Professor für hebräische Sprachen war. Nächste Stationen waren dann Luzern, Lausanne und

Genf.In Lausanne war Guillaume-Thomas François Raynal zugegen. Er war einer der meistgelesenen französischen Autoren der Spätaufklärung.Seine “Geschichtezweier Indien” war in Frankreich vom Parlament verboten worden und sogar vom Henker auf dem

Scheiterhaufen verbrannt. Da er in Frankreich bedroht worden war und er sich dort nicht mehr sicher fühlte, hielt er sich zu derzeit in  der Schweiz auf. Sein Landsmann Louis-Sébastien Mercier war mit dabei. Er hatte einen utopischen Roman geschrieben “2440”,

aber auch Theaterstücke oder das “Tableau de Paris”, eine Stadtbeschreibung von Paris.

In Lausanne traf sie auch auf den Schweizer  Arzt Simon  Auguste André David Tissot und Edward Gibbon, den englischen Historiker der Aufklärung. Sein wichtigstes Werk war eine Geschichte Roms. Bei einem Spaziergang in Lausanne traf  Sophie Mademoiselle

Necker, die spätere Madame de Stael.

In Genf besuchte Sophie verschiedene Malerinnen, die damals Berühmtheiten waren. Von Genf aus besuchte Sophie Fernay  “um die Überreste des Wohnsitzes von Voltaire zu sehen” ( Tagebuch einer Reise durch die Schweitz S. 233) Sophie hatte Voltaire in Mainz

gelesen und oben wurde ja schon ausgeführt, dass Graf von Stadion Voltaire auf seiner Kavalierstour kennengelernt hat und auch Wieland Voltaire gelesen hatte. Sophie scheint dagegen kritische Distanz gehalten zu haben. Das zeigt auch schön in der Schilderung

von Voltaires Garten. Da schreibt sie “In dem Garten, in welchen man von dem artigen Saal komt, ist eben so viel Unkraut wie in seinen Schriften, und die schönsten Anlagen in dem fruchtbarsten Boden.” (ebd. S. 239)

Ganz anders dagegen die Schilderung von Vevey, das sie kurz später besuchte besucht.Denn das ist die Stadt, die Rousseau nun wörtlich “welche dieser außerordentliche Mann zum Schauplaz alle der hinreißenden Auftritte wählte, welche in dieser Geschichte

(Nouvelle Heloise) vorkommen.” (ebd. S.313). Touristischer Höhepunkt ihrer ersten Schweizreise war ein Abstecher nach Chamonix und von dort unternahm sie einen Ausflug ins Mont Blanc Massiv. Wie ihr  von ihren savojardischen Reiseführer die

ältesten “sagten, dass ich die erste teutsche Frau sey, welche sie zu Chamoni und bey dem Eis gesehen”. (ebd. S 262)Sie war auf dem Montanvert und hatte von dort beste Sicht auf den Mont Blanc, kam zum Arveron, durchlebte ein heftiges Gewitter

und beschreibt dies sehr anschaulich. Zurück gings dann von Lausanne aus wieder über Murten nach Bern, wo sie den gesamten Bekanntenkreis von Wieland nochmals sah. Den Abschluss ihrer Reise bildete Basel. Dort besuchte sie Jakob Sarasin, der ähnlich wie sie

selbst ein dichtes Netz von Bekanntschaften und Freundschaften mit vielen Vertretern der Aufklärung und des Sturm und Drang pflegte. Auch Sophie gehörte zu diesem Netz.

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Ihre erste Schweizer Reise hatte nicht mehr den großen publizistischen Erfolg wie Pomona, ganz zu schweigen von dem Fräulein Sternheim. Sie schreibt noch wie vor zwanzig Jahren. An den Veränderungen der aufkommenden Klassik nimmt sie nicht teil oder lehnt

sie ab. Man schätzt nun eine neue Natürlichkeit. Manche empfinden ihre Prosa aber auch ihre Lebensform als maniriert oder gekünstelt so wie Goethe zum Beispiel in einem Brief an Schiller “Es ist schrecklich was eine bloße Manier durch Zeit und Jahre immer

leerer und unerträglicher wird”  (Frankfurt am 12.und 14.8 1797). Auch die Weimarer Herzogin Amalia empfand das so und sprach von “Fühlen à la Roche” (Briefe an und von  Johann Heinrich Merck, Aus den Handschriften hsg. von Karl Wagner, Darmstadt 1838,

S.164) Aber sie kann sich ihre Auslandsaufenthalte über den Verkauf der verkauften Journale zum Teil selbst finanzieren. Ihre Erlebnisse vermarktet sie geschickt. Sie reiste allein als Begleitung wohlhabender Freunde,die Reisen mitfinanzierten und ihr

darüber hinaus Schutz boten. Nach ihrer ersten Schweizer reiste sie mit Elise von Bethmann nach Frankreich. Über Straßburg, wo sie wieder ihren Sohn zusammen mit Pfeffel trifft, geht es nach Paris. Dort erlebte sie einen Auftritt Ludwigs XV. anlässlich

der Geburt eines Prinzen. Etwas später erlebte sie auch den Einzug Marie Antoinettes in Paris und dabei sah sie auch den Kontrast zum König. Bei Ludwig jubelte das Volk. Bei Marie Antoinette schwieg es.

Rousseaus Grab besuchte Sophie auch und wie schon in ihrer Schweizer Reise zeigt sie ihre große Verehrung für Rousseau. “Ich nahm Gras und Blümgen mit, welche zu seinem Haupt aufgewachsen waren; möge es eben so leicht werden, das Gute aus seinen

Schriften zu sammeln.”(Journal einer Reise durch Frankreich, S.223) Sie besuchten Nordfrankreich, kamen nach Bordeaux, wo der Vater ihrer Reisebegleiterin Elise Konsul war. Sie besuchte das Schloss Brede und war dort in der Bibliothek von

Montesquieu. (ebd. S. 289) Sie war in Orléans und in Blois. Die Reise dauerte von März bis Juli. Dass Sophie se sich leisten konnte über Monate von der Familie abwesend zu sein, zeugt ebenso wie ihre Schriftstellerei von ihrer Selbstständigkeit und Unabhängigkeit.

Schon im nächsten Jahr reiste sie mit der Freiin von Erthal nach Holland und von dort weiter nach England. Diesmal startete sie in Bingen. Dort traf sie ihren Sohn Karl. Als sie dann an Lahnstein vorbeikam, weckte das natürlich zwiespältige Gefühle.

“-Obschon Lahnstein, und die die Thürme von der Vestung zu Coblenz tausend schlummernde, unangenehme Ideen weckten, welche durch den Anblick des neuen churfürstlichen Pallastes an dem Ufer des Rheins doppelt lebhhaft wurden…”

(Tagebuch einer Reise durch Holland und England, Offenbach 2. Auflage 1791, S.30)Die Reise ging über Nimwegen, Amsterdam. In Leiden besuchte sie das Grab von Voerhave, der an der dortigen Universität der Lehrer von Sophies Vater war.

“Ich gieng, als Tochter eines verdienstvollen Vaters und Verehrers von Voerhave, wirklich mit Andacht dahin,..” (ebd. S.148) Weiter ging es nach Harwich. Als sie nach einer stürmischen Überfahrt, bei der so mancher seekrank geworden war,bei

Harwich die englische Küste sah empfand sie tiefe Freude oder wie sie selbst schreibt “Schon der Gedanke: Du siehst England (im Text gesperrt gedruckt) machte mich mit Freud beben.. denn ich bekenne Bücher und Reisen (gesperrt) waren immer

für mich die einzige Glückseligkeit dieses Lebens. Besonders England…-war immer ein Punkt, nach welchem meine ganze Seele begierig war; (ebd. S. 183). In London hatte ihr Herr Hurter, der Agent des Markgrafen von Baden und alter Freund von Frank von Laroche

das Quartier besorgt. Er “ nahm sie dann auch in die Kost” (S.203) und begleitete sie an “merkwürdige Orte”so in eine Fabrik für mathematische und physikalische Instrumente. Die Abende wurden meist mit Theaterstücken verbracht. In London traf sie bald

versehen mit einem Empfehlungsschreiben von Sarasin den Grafen Cagliostro, einen Alchimisten, Wunderheiler und Hochstapler, der durch Europa reist und viele Bewunderer hatte. Aufgrund der Empfehlungsbriefe “konnte (sie sich) also seine Bekanntschaft

versprechen, nach welcher, ich bekenne es, ich sehr neugierig war, indem das Leben, die Handlungen, die Freunde und das Schicksal diesen Mann merkwürdig gemacht haben.” (ebd. S. 283). Sie staunt über die breiten Straßen Londons und die vielen Menschen, die

abends noch unterwegs sind. “Man trift bis 11 Uhr Nachts immer so viele Menschen auf dieser Straße an, wie in Frankfurt während der Messe; “(ebd. S. 293). Sie trifft auch Madame La Fitte. Sie hatte das Fräulein von Sternheim ins Englische übersetzt, aber auch

Lavaters Physionomik. außerdem hatte sie eigene Schriften verfasst. Über Madame La Fitte lernt sie auch andere Persönlichkeiten der englischen Gesellschaft kennen, so Madame Fielding, die Oberhofmeisterin der königlichen Prinzessinnen war.Stark beeindruckt

hatte sie Warren Hastings, der von 1773 bis 1785 Generalgouverneur von Ostindien war. Höhepunkt ihrer Englandreise war sicher der Empfang durch die englische Königin Charlotte von England, die aus dem Haus Mecklenburg-Strelitz stammte. Ihr Mann

Georg wurde als Georg III. englischer König und war der dritte englische König, der aus dem Haus Hannover stammte, aber der erste, der in England geboren wurde. Die ganze Königsfamilie sprach deutsch mit Sophie. Die Königin machte ihre Komplimente:

“Sie sagte mir gütevoll ihre Zufriedenheit, mich persönlich zu kennen, und dass sie Gutes von mir und meiner Feder denke.-“ (ebd. S. 394) Auch an Sophies Gatten wurde erinnert. “ Es wurde sehr gnädig nach eurem Vater gefragt; ich sagte unter anderem, Er

würde sich über das Glück freuen, so ich hätte, Ihro Majestät die Königin zu sehen..” (ebd. S. 394) Nach einem Aufenthalt von über einem Monat in London kehrte sie nach Deutschland zurück. In Calais trennte sie sich von ihrem Sohn.

Über Brüssel und Köln reiste sie nach Hause  Carl fuhr nach Paris weiter. Nach dem England “abgehakt” war, war noch ein Herzenswunsch offen: Italien und warum das nicht verknüpfen und Wieland wieder sehen? Sie schrieb am 30. Mai 1788 an ihn

“Warum geht alle Welt nach Italien und warum Sie nicht… machen Sie die Reise dahin mit mir-auf einen Winter” (zitiert nach Ludmilla Assing, Sophie von La Roche,die Freundin Wielands,Berlin 1859 S.290 f). Darauf ging Wieland nicht ein.

Dann starb Frank La Roche. Einerseits aufrichtig von Sophie betrauert. In Ihrem Nachlass fand man einen Schattenriss von ihr, auf den ihr Mann  eigenhändig geschrieben hatte: ”Sophia von La Roche, geborene von Gutermann zu Gutershofen

sophie

geboren den 6. Dezember 1731, vermählt mit mir den 27. Dezember 1753. schön von Gestalt, edlen Anstandes, glänzend an Tugend und Wissenschaften, die beste Gattin und Mutter, die wärmste Freundin, die gutthätigste Menschenseele, mit

ausgebildetem männliche Verstand, dabei anspruchslos und bescheiden. Geschrieben und gezeichnet 1775 den 28. Juli.” (zitiert nach Assing, S. 294)

Sie analysiert ihre neue Situation und erkennt auch die Chancen , die in diesem Schicksalsschlag lagen. “Doch das beste, was auch den Verändrungen,welche unter Lebenden vorgehen, und der, welche der Tod hervorbringen wird, entstehen kann,

ist meine Freiheit, nach meinem Charakter zu leben, in der Tat nach ihm zu leben, wie bisher nur mit meiner Feder geschehen konnte” in einem Brief an Gräfin Elise zu Solms-Laubach, ihre wichtigste Briefpartnerin ihrer Offenbach Zeit vom 9.9. 1788

(Maurer, Lebensbild in Briefen S. 311) Und zwei Monate später schreibt sie ebenfalls an diesselbe Empfängerin, dass sie entschlossen ist, “ die teuer erkaufte Freiheit zu edlem Genuß meiner übrigen Tage (ebd. s. 312).

Die geplante Italienreise wird in Angriff genommen. In Begleitung ihres Sohnes Fritz und dessen Gemahlin Elsy reisen sie. Die Reise geht aber nur bis nach Genf. Dort lässt sie Sohn und Schwiegertochter allein reisen. Sie sorgt sich um ihren Lieblingssohn,

zwar unbegründet, aber sie bricht die Reise ab und kehrt nach Offenbach zurück. 1790 unternimmt sie wegen ihrer Gesundheit eine Kur in Driburg und Pyrmont. Aber 1791 stirbt ihr Lieblingssohn ganz plötzlich mit nur 23 Jahren.

Da war die Katastrophe ihres Lebens, die sie trotz ihrer Tatkraft und optimistischen Weltsicht nie verwand. Wolfgang Adam bemerkt dazu: “Es ist nicht übertrieben,wenn man die letzten beiden Lebensdezennien als Trauerjahre um den geliebten Sohn

bezeichnet” (in Die Schweizer Reisen der Sophie von La Roche im Sammelband Helvetien und Deutschland: kulturelle Beziehungen zwischen der Schweiz und Deutschland 1770-1830, S.51)

Frau von Steinberg, eine ihr “innig ergebene” Frau (Assing S. 302) forderte sie auf, sie auf einer Reise nach Lausanne zu begleiten, um sie etwas zu zerstreuen. Auch ihre Töchter redeten ihr zu, auf diesen Vorschlag einzugehen. Das war sicher sehr

gut gemeint, aber wahrscheinlich nicht sehr hilfreich. Schon die erste Seite drückt nur Schmerz aus “Erinnerungen aus meiner dritten Schweizer Reise. Meinem verwundeten Herzen zur Linderung. Vielleicht auch mancher trauernden Seele zum Trost geschrieben.

Von Sophie Wittwe von La Roche. und im Vorwort schreibt sie: “Meine geliebten Töchter, Brentano und Möhn, wünschten, dass ich diese Reise mit der Frau von Steinberg machen möchte. Es däuchte meine übrigen Kinder, eine Art heilenden Balsams, für

mein durch den frühen Tod meines schätzbaren Sohnes Franz Wilhelm zu seyn.  Schönheit und Größe der Natur solten mich trösten und stärken, Freunde mich zerstreuen: aber liebe Kinder! so war es nicht..” (S.1) Alles erinnerte sie an ihren geliebten Sohn.

Aber sie wollte ihre Mitreisenden nicht mit ihrer Trauer belästigen, zumal Frau von Steinberg ihren Sohn zu einem Arzt bringen  wollte. Und diese Pflichtübung half ihr auch selbst weiter. In Paris hatte Ludwig XVI. gerade den Eid auf die neue Verfassung

abgelegt. Das wurde auch in Straßburg mit einem großen Fest gefeiert gerade als Sophie mit ihrer Reisegruppe in Straßburg ankam. Obwohl ihr nicht der Sinn nach Feiern stand ging sie mit Freunden mit. Auf dem Weg nach Basel begegnete sie vielen

Kutschen mit vornehmen Emigranten aus Frankreich, die es angesichts der unsicheren Lage vorzogen Frankreich zu verlassen. In Basel traf sie Jakob Sarasin wieder, dessen Frau mittlerweile auch gestorben war. Wo sie auch war, war natürlich Frankreich das

Thema. 1792 verließen sie ihr Reiseziel Lausanne wieder, um nach Deutschland zurück zu kehren.

Im November 1793 starb dann auch noch ihre Tochter Maximiliane. Sophie nahm ihre Enkelinnen Bettina, Loulon und Meline zu sich. Auch den Sohn ihrer Freundin Elise von Bethmann nahm sie bei sich auf. Luises Mann war inzwischen auch verstorben.

Sie wohnte inzwischen auch wieder bei der Mutter in Offenbach.

Im öffentlichen Bereich aber war, wir haben es schon bei der dritten Schweizreise gesehen, Frankreich das beherrschende Thema. Die Revolution in Frankreich erschreckte Sophie. Sie war im Verlauf dann auch ganz persönlich betroffen.

Ab 1793 bis Oktober 1794 eroberte das revolutionäre Frankreich die linksrheinischen Gebiete, die  Napoleon 1801 annektierte. Infolge der Besetzung entfiel Sophies Anspruch auf Witwenversorgung. Jetzt war das Einkommen aus der Schriftstellerei

wirklich die einzige Verdienstmöglichkeit für die Familie. Und Sophie schrieb unermüdlich weiter.Auch unmittelbare Kriegsfolgen waren zu ertragen. Im Zuge des 1. Koalitionskrieg, in dem Österreich, Preussen und einige kleinere deutsche Staaten

gegen das revolutionäre Frankreich vorgingen, hatte Österreich die Rheinflotille aufgebaut. Deren Kanonenboote sollten  Rhein, Mosel und Main  zwischen Mannheim, Frankfurt und Koblenz beherrschen. Im Mai 1796 legte die Flotte bei Offenbach an

und es gab zahlreiche Einquariertungen. Im Juli belagerten die Franzosen Frankfurt. Kaufleute schickten ihre Waren fort. Wertgegenstände wollte man verbergen. Goethe rief seine Mutter zu sich nach Weimar. Sie blieb aber in Frankfurt.

Als die Franzosen dann Frankfurt beschossen, flüchtete Goethes Mutter zu Sophie nach Offenbach. Nach ein paar Tagen war die Gefahr vorüber und sie konnte nach Frankfurt zurückkehren.

Die Zeiten waren sehr unsicher geworden und erst 1799 konnte sich Sophie wieder auf Reisen begeben: Wieland hatte 1797 sein Gut in Oßmannstedt erworben und Sophie eingeladen, ihn zu besuchen. Ihr Sohn Karl, der bei Magdeburg lebte hatte sie schon

vorher zu sich eingeladen. Und so ließ sich das gut verbinden. Sie wurde von ihrer ältesten Enkelin Sophie Brentano begleitet. Ihre Erlebnisse hielt sie fest in “Schattenrisse abgeschiedener Stunden in Offenbach,Weimar und Schönebeck im Jahre

1799” (Leipzig 1800)Im Mai schreibt sie “und jede Minute nähert mich dem Tage, an welchem ich die schönste Reise antreten werde, um einen schätzbaren Sohn und seine Familie zu besuchen, und Wieland (im Text gesperrt), den edelsten

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Freund meiner Jugend, in dem Cirkel einer Kinder, an der Seite seiner würdigen Frau… (S.6/7) Die Abfahrt hatte sich wegen einer schweren Erkrankung Luises verzögert, aber am 11. Juli konnte die Reise begonnen werden. Am 15. Juli

traf sie glücklich in Oßmannstedt ein. Wie jeden Abend beschloss Wieland seinen Tagesablauf mit einem Klavierspiel und Sophie erinnerte sich, dass sie ihn schon vor 49 Jahren in Biberach belauscht hatte. Sophie beschreibt dann

das Landgut- durchaus so, wie man es noch heute vorfindet. Vor allem imponiert ihr die Lindenallee, die auch heute noch ein Schmuckstück des Gutes ist.Sie beschreibt Wielands Bibliothek “ in Wielands Büchersammlung findet man von jedem Gelehrten alter und

neuer Zeit auch das vollkommenste Werk schöner Kenntnisihres Geistes” (S.49). Ein paar Tage später war sie mit Wieland zu Gast bei Herzogin Anna Amalia in Tieffurth. Auch Goethe war zugegen. Sie war im englischen Garten von Tieffurth unterwegs. Goethe

besuchte Wieland auch in Oßmannstedt. Das Gespräch zwischen Goethe und Wieland beeindruckte sie sehr, auch weil es ganz einfach, ohne Starallüren vonstatten ging. “mir war äußerst schätzbar, ihn (Goethe) und Wieland wie zwey Verbündete Genies, ohne

Prunk und Erwartung,mit dem vertraulichen D u der großen Alten sprechen zu hören..” (S. 58). Der Gegenbesuch fand bald im Hause Goethes in Weimar statt (Am Frauenplan).

Sophie fühlt sich in “eine römische Villa” (S.61) versetzt, bewundert das an der Tür angebrachte

Salve! noch heute auf Fussabstreifer gedrucktes und viel verkauftes Souvenir im Goethehaus. Abends waren sie zu einer Feier im Park von Weimar geladen. Dort traf sie auch Herder. Der besuchte sie auch mit seiner Frau in Oßmannstedt. Dort lernt sie auch

Jean Paul Richter kennen. Danach folgten einige Tage der Ruhe. Zufällig war Sophie auch zugegen, als Wieland “als Landmann dieser Gemeine aufgenommen wurde” (S. 87). Dann ging dieser, wenn man den “Schattenriesen” glauben darf, so wohltuende

Aufenthalt für Sophie zu Sende. Ihr Sohn kam, um sie abzuholen, weil sie ihn ja in Schönebeck besuchen sollte. Die Rückreise führte nochmals über Weimar. Dort verbrachte sie nochmals einige Tage bei Wieland. Über Jena ging es dann nach Offenbach

zurück. In Jena stieß Clemens von Brentano zur kleinen Reisegruppe. Er studierte in Jena. Von  da ab unternahm Sophie keine Reisen mehr.

Die Weimarer Gesellschaft reagierte anders als Sophie begeisterte Schilderung vermuten ließe. Dass Sophie als nicht mehr in galt, wurde schon oben angeführt. Kurz vor ihrem Aufenthalt in Weimar sagt Goethe in einem Brief an Schiller  (24.7.1799)

“sie gehört zu den nivellierenden Naturen sie hebt das Gemeine herauf und zieht das Vorzügliche herunter und richtet das Ganze alsdenn mit ihrer Sauce, zu beliebigem Genuss an. Übrigens möchte man sagen dass ihre Unterhaltung interessante Stellen hat.”

(Schillers Werke. Nationalausgabe 38.I.Briefwechsel. Briefe an Schiller 1.11. 1798-31.12.1800 Hrsg. von Liselotte Blumenthal. Weimar 1975. S. 126).

Sophie von Brentano kam mit der Jugendliebe ihrer Großmutter bestens klar. Dagegen hatte Wieland mit seiner ehemaligen Verlobten doch Probleme. Ihre langatmige Sentimentalität fand er einfach nur ermüdend. Das erinnert an das oben von Goethe an

Schiller zitierte Urteil. Ganz anders die Enkelin. Sie strahlte einen Liebreiz aus, der bald Wielands Herz eroberte. und sie empfand Wieland als väterlichen Freund, dem sie sich anvertrauen konnte. Beide  verband eine zärtliche Neigung. Daraus erwuchs tiefes

Vertrauen, was zu langen Unterhaltungen führte. Wieland arbeitete damals an seinem Aristipp, was oft Gesprächsgegenstand war. Wieland bewunderte Sophie von Brentanos klaren Verstand, der ihr nach seiner Meinung einen so großen Vorzug

vor den meisten ihres Geschlechts gegeben habe. Der erste Aufenthalt dauerte ja nur 4 Wochen. Sophie und der Dichter blieben aber in Briefkontakt. Und im Juli 1800 kehrte Sophie von Brentano allein nach Oßmannstedt zurück. Es folgten wenige

idyllische Tage. Wielands Sekretär Samuel Christoph Abraham Lütkemüller schreibt dazu in seinen Erinnerungen “Wieland liebte Sophie Brentano zugleich als seine Tochter und Freundin, und sie wirkte auf seinen Aristipp als eine Muse und Grazie”

(zitiert nach Thomas C. Starnes in Wissen, Erzählen, Tradition, Wielands Spätwerk, Berlin 2010, S. 369) Und Wieland schrieb an seinen Freund Karl August Böttiger: “Wenn die liebenswürdige Sofie Brentano nicht wäre, so weiß ich nicht,

was aus meinem allmählich verglühenden Lämpchen werden könnte.” (ebd.S.369). Schon einen Monat später wurde Sophie von einem heftigen Nervenleiden ergriffen, an dem sie in 16 Tagen am 19. September 1800 auf Gut Oßmannstedt verstarb.

Sie wurde im Park direkt an der Ilm bestattet. Nur ein Jahr später starb Wielands Frau. Sie wurde neben Sophie begraben und auch Wieland fand dort seine letzte Ruhestätte. Auf dem Grab steht ein Obelisk, der die Inschrift trägt:

“Liebe und Freundschaft umschlang die verwandten Seelen im Leben, und ihr Sterbliches deckt dieser gemeinsame Stein”

Auf ein Werk soll noch eingegangen werden. Das eine ist “Mein Schreibetisch”, das in zwei Bänden 1799 erschien. Darin beschreibt sie in einer Art “Listenpoesie” alle ihre Gegenstände an ihrem Arbeitsplatz, alle Bücher ihrer Bibliothek.

Das wird verbunden mit Stationen ihres Lebens und Personen, die ihr wichtig waren. Und sie erklärt eingangs warum ihr dieser Schreibtisch so wertvoll ist. “Denken Sie dabey, dass neben diesen schätzbaren Eigenschaften auf dem wirklich etwas plumpen Tisch,

der für mein Herz sehr hohe Wert liegt, aus Holz von der gräflich stadionschen Waldung, der in meinem Vaterland liegenden Herrschaft Warthausen, verfertigt zu seyn, welches ich allen Cedern des Libanon, den Indischen Rosen-Atlas-Sandel-

Eben-und Mahagonnyholz vorziehe,” … und kurz danach weiter ” Der große weise Graf von Stadion und mein guter Mann hatten auch so viel Achtung für meine, zu diesem Tische, gefaßte Liebe, daß er 1754 mit nach Maynz kam, so wie 1760 mich wieder

nach Warthausen, 1770 nach Coblenz, 1786 nach Heimbach und 1796 nach Bönnigheim, begleitete (Mein Schreibetisch,erstes Bändchen, Leipzig 1799, S. 9/10)Sie schreibt dann weiter, dass sie an diesem Tisch seit 45 Jahre Briefe ihrer Freunde gelesen

hat, diese beantwortet hat, dass sie an diesem Tisch Englisch gelernt hat. Sie erzählt, dass sich Wieland an diesen Tisch gelehnt hat, wenn er nach Warthausen gekommen ist und dort Fragmente seiner Werke vorlas. (S.12) Sie beschreibt die Aussicht von

Schloss Warthausen. Sie erzählt dass sie sich oft in der Bibliothek aufhielt, wo sie “so oft einen der größten Staatsmänner Deutschlands, mit einem unserer größten Dichter (Wieland) über alle Gegenstände der alten und neuen Welt sprechen hörte…”

(S. 16). Dazu sei angemerkt, dass die Wände der Stadionschen Bibliothek (siehe dazu auch Blog Die Familie Stadion) mit verschieden Hölzern aus den Stadionschen Wäldern getäfelt ist, ohne Nägel, ein Zeugnis hoher handwerklicher Tischlerkunst.

Sophie bemerkt dann, dass dies in einer Zeit war, “in welcher Wielands Genius seine Fittiche ganz entfaltete” (S. 16)Und sie führt den “Agathon” an, der damals entstand und dass die Erstausgabe des Musarion in Warthausen datiert war.

Dann erwähnt sie selbst ein kleines schmales Brettchen anbrachte und zählt auf, welche Bücher darauf stehen. Sie beschreibt Bilder, die zu sehen sind, Tischbeins Eigenporträt, dass dieser selbst ihrem Mann zum Andenken gegeben hatte, weil dieser

den Maler mit dem Grafen von Stadion bekannt gemacht hatte, der ihm dann als Mäzen seine Ausbildung ermöglichte und so erst seinen beruflichen Aufstieg ermöglichte.Auch Skizzen ihres Sohnes Franz sind darunter. Erinnerungen an ihre

Reisen werden wachgerufen.

Sophies letztes Werk  “Melusines Sommerabende” begleitete uns den ganzen Blog über.

Etwas anstrengend fand ich die Lektüre von Das Fräulein Sternheim. Es ist so wohl vom Stil als vom Thema her im Jahre 2013 schwer verdaulich und eher zeithistorisch interessant. Nach wie vor lesenswert obwohl oder gerade

weil mehr als 200 Jahre dazwischen liegen durchaus fesselnd, sind die Reisebeschreibungen von Sophie von La Roche. sie sind kulturhistorisch noch gar nicht ausgewertet, aber sicherlich eine sehr gute Quelle zu den damals besuchten

Reisezielen. Ich habe das auch so für Weimar und Oßmennstedt empfunden. Im Oktober dieses Jahres war ich dort und habe die Lektüre der “Schattenrisse” als durchaus aktuell erlebt. Das Wielandgut ist

in Sophies Beschreibung  fast unverändert zu erkennen und fast schmunzelnd habe ich den Besuch bei Goethe gelesen.

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09 Dez. 2013

Kloster Einsiedeln

Meinrad_von_Einsiedeln

Viele Klöster in der Schweiz sind aus einer Einsiedelei hervorgegangen. In St. Gallen hatte sich der irische Mönch 615 St. Gallus an der Steinach niedergelassen und dort eine Einsiedlerklause

errichtet. In Rheinau war das nach der Klosterüberlieferung der irisch-keltische Wandermönch Findan, in Dissentis war das der Legende nach 614 Sigisbert ein fränkischer Mönch, und wie Gallus

ein Schüler Kolumbans und in Einsiedeln, das ja schon in seinem Namen auf die Einsiedelei hinweist, hatte Meinrad seine Zelle errichtet.Meinhard oder Meginhard wurde in Sülchen geboren.

Das ist eine abgegangene Siedlung  bei Rottenburg am Neckar. Die Siedlung gab auch dem Sülchgau seinen Namen. Dieser umfasste  in etwa die heutigen Orte Kirchentellsinfurt, Rottenburg und Ergenzingen.

Meinhards Eltern, die namentlich nicht bekannt sind, gehörten dem alemannischen Adel an. Ein Verwandter Meinhards, Erlebald, wohl sein Onkel, war Lehrer an der Klosterschule in Reichenau.

Meinhard wurde, wie damals oft üblich, schon als Fünfjähriger auf die Reichenau gebracht. Erlebald wurde  als Nachfolger Haitos Reichenauer Abt und war das von 823-838. Wohl auf Anraten seines Onkels

trat er in den Benediktinerorden ein und wurde mit 25 zum Priester geweiht. In Benken am Zürichsee bestand zu der Zeit ein kleines Kloster “babinchova” mit einer Schule, in das Meinrad 825 geschickt wurde. Er war dort als Lehrer

tätig. Meinrad sah seine Berufung aber als Eremit. Mit Erlaubnis seines Abtes baute er sich  auf dem Etzelpass seine erste Klause. Der Etzelpass liegt im Kanton Schwyz und führt von

Pfäffikon nach Einsiedeln.Auf der Passhöhe steht heute noch die Meinradskapelle, die schon im 13. Jahrhundert urkundlich erwähnt wurde und 1698 von Caspar Moosbrugger erbaut wurde.Über Caspar Moosbrugger später mehr.

Zurück zu Meinrad. Sieben Jahre lebte Meinrad am Etzelpass. Meinrad hatte sich im Volk einen guten Ruf geschaffen und viele kamen zu ihm, um seinen Rat zu suchen.

Da der Andrang immer größer wurde, zog er sich weiter in den Wald zurück. Auf einer kleinen Ebene errichtete er eine neue Klause, bei deren Bau er von einer Äbtissin namens Hadwiga unterstützt wurde. P. Rudof Henggeler, der Chronist von Kloster Einsiedeln,

vermutet in seiner Geschichte des Klosters Einsiedeln, dass es sich dabei um Kloster Schänis im Kanton St. Gallen handelte, relativ nahe gelegen und zwischen 806 und 823 gegründet. Es unterhielt regelmässige Beziehungen zum Kloster Säckingen.

Spätere Lebensbeschreibungen Meinrads machen aus Hadwiga die Äbtissin des Damenstifts in Säckingen.Auch von  seiner neuen Bleibe breitete sich sein Ruf rasch aus. An seine neue Zelle kamen viele Besucher und brachten auch Geschenke mit,

die er immer an die Armen in seiner Gegend weitergab. Nachdem er rund 25 Jahre im Wald gelebt hatte, kamen auch zwei Besucher zu ihm, die angelockt durch die Nachrichten über ihn, wertvolle Dinge bei ihm vermuteten. Er bewirtete sie,

gab ihnen aber zu verstehen, dass er sie durchschaut hatte. Daraufhin erschlugen sie ihn. Der Überlieferung zufolge hatte Meinrad zwei Raben aufgezogen, die bei ihm lebten. Diese verfolgten die Mörder deren Namen und Herkunft genannt werden,nämlich

eine Alamanne namens Richard und ein Rhätier namens Peter,und verrieten sie durch ihr lautes Geschrei. Der Todestag ist der 21. Januar 863.

Graf Adalbert der Erlauchte (854-890), der als Graf im Thurgau bezeugt ist, verurteilte die Mörder zum Feuertod. Die “Meinradsraben” wurden später von den Fürstäbten ins Wappen des Kloster Einsiedeln aufgenommen. Der Reichenauer Abt Walter (858-864) ließ

Meinrads Leichnam auf die Reichenau überführen und dort bestatten. Die Verehrung Meinrads bürgerte sich auf der Reichenau rasch ein. Abt Berno (1008-1048) hatte 1039 die neue Klosterkirche in Einsiedeln geweiht und zu Ehren

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des heiligen Meinrad eine Offizium gedichtet und komponiert. Auch die erste Vita wird wohl von einem Reichenauer Mönch zu Anfang des 10. Jahrhunderts, also ziemlich kurz nach dem Tode Meinhards verfasst.

Die “Vita sive passio venerabilis heremitae meginrati” findet sich als prächtige Handschrift aus dem 10.Jahrhundert im Kloster St.Gallen. 1019 überwies Kaiser Heinrich II. Reliquien ans Basler Münster, woraus man schließen kann,

dass er zu der Zeit schon als Heiliger verehrt wurde und er auch nicht 1039 bei der Translation seiner Gebeine nach Einsiedeln heiliggesprochen worden ist. Es ist nicht ganz sicher ob schon zu Meinrads Lebzeiten andere Eremiten in seiner Nähe lebten.

906 erhielt die Klause wieder einen Bewohner und zwar Benno, der bisher in Straßburg als Domherr gelebt hatte. Angezogen vom Ruf Meinrads Ruf erneuerte er die Zelle, die  mittlerweile ziemlich baufällig geworden war und das Kirchlein wieder.

Er erweiterte das Wohngebäude, so dass es mehrere Klosterbrüder aufnehmen konnte. Nach dem Zeugnis von Abt Johann von St. Arnulf, ein Zeitgenosse Bennos,stammte dieser aus Schwaben. Der Einsiedler Kapitular Justus Landolt führt

in seinem 1845 herausgegebenen Buch “Ursprung und erste Gestaltung des Stiftes  Maria-Einsiedeln nebst einem Anhange über die Engelweihe und die Wallfahrt” aus, dass es sich ergeben hätte, dass Benno dem burgundischen Königshause entstammte,

ein Sohn Konrads des Jüngern und ein Bruder von König Rudolf gewesen sei. Er sammelte immer mehr Männer um sich.  Das hatte bald etwas von einer klösterlichen Gemeinschaft. Benno hatte sein ganzes Vermögen für die Meinradszelle aufgewendet.

Er erbat sich vom Stift Säckingen auch die Ufnau im Zürichsee. Kaiser Otto hat sie dann vom Kloster Säckingen eingetauscht und dem Kloster Einsiedeln geschenkt. Bis ins Jahr 927 lebte Benno in der Waldeinsamkeit. Dann berief ihn

König Heinrich I. als Bischof nach Metz. Nach dem Tod von Bischof Wigerich (917-927) hatte das Kapitel zwar einen Bischof gewählt, der aber von einem Teil des Kapitels nicht unterstützt wurde. Daraufhin setzte Heinrich Benno ein. Die Beziehungen der

Metzer Bürgerschaft zum verstorbenen Bischof scheinen angespannt gewesen zu sein. Und der König erhoffte sich, dass der gute Ruf des Einsiedlers die Bürger wieder befrieden würde. Nur ungern und nach vieler Überredung folgte Benno

dem königlichen Ruf. Das gemeine Volk konnte Benno für sich einnehmen, die Reichen und Mächtigen verschworen sich gegen ihn, zumal er sie in seinen Predigten hart anging. Sie liessen ihn überfallen und blenden. In Duisburg wurden die Urheber der Tat zum

Tode verurteilt. Benno gab sein Amt ab und kehrte nach Einsiedeln zurück. In Metz wurde Adalbero von Bar (929-962) zu seinem Nachfolger gewählt.Von den zurückgebliebenen Brüdern wurde Benno wieder als Vater und Führer begrüßt.

Er übernahm auch wieder das Vorsteheramt in der Einsiedelei.

Um 923 war an der Bischofskirche von Straßburg  Eberhard Dekan. Von dem berühmten Mönch der Reichenau, Hermann der Lahme,  erfahren wir erstmals über ihn. Das “liber Heremi” nennt Eberhard einen Verwandten Bennos und berichtet, dass er Domherr und

Dekan in Strassburg  gewesen sei. Eberhard war vornehmer Herkunft, was auch daraus hervorgeht, dass er in den Urkunden Ottos des Großen mit dem Titel “illustris” genannt wird. Es ist anzunehmen, dass er zur Familie der Nellenburger gehört hat. Einiges spricht

dafür, so schon der Name Eberhard. Die Nellenburger werden oft wegen des Leitnamens Eberhard auch Eberhardinger genannt. Die Nellenburger sind später auch Vögte des Klosters Einsiedeln. Auch seine Beziehungen zum Hause Schwaben sowie zu Otto lassen

das durchaus als wahrscheinlich annehmen. Die Ankunft Eberhards in Einsiedeln wird in den Annalen  übereinstimmend mit 934 angegeben. Er kam nicht allein “sondern mit einem ansehnlichen Gefolge”. Er brachte auch sein großes Vermögen in die Meinradszelle

mit, so dass der  Grundstein zum neuen Kloster gelegt werden konnte.

                                                           Klostergründung

Die Zeit in der Eberhard seine Gemeinschaft um sich sammelte, ist eine Aufbruchszeit in den Klöstern Westeuropas. 909/910 war in Burgund das Kloster Cluny gegründet worden. Die von dort ausgehende Reformbewegung der Cluniazenser erfasste

viele Klöster. Im schwäbischen und alemannischen Raum wirkte die von Gorze ausgehende Reformbewegung zunächst noch stärker.Von Gorze aus war Lorsch reformiert worden und  dieses Kloster verbreitete die Reformbewegung weiter. Auch auf

St. Maximin in Trier und St. Emmeran in Regensburg hatte Gorze großen Einfluss. Diese beiden Klöster wirkten wiederum auf das neu gegründete Einsiedeln, das unter Eberhards Nachfolgern zu einem blühenden Reformkloster wurde.

Am 3. Oktober 940 verstarb Benno. Er wurde vor der Gnadenkapelle bestattet. Eberhard hatte die Einsiedler, die sich um ihn und Benno gesammelt hatten, zu einer klösterlichen Gemeinschaft auf der Grundlage der Benediktinerregel vereinigt.

Nachhaltige Unterstützung erfuhr er durch den Herzog von Schwaben, Hermann I. (926-949), der ja möglicherweise mit ihm verwandt war. Der Herzog hatte den Grund, auf dem das Kloster erbaut war, erworben und dem Kloster geschenkt.

947 war das Kloster wohl fertiggestellt. Otto I.bestätigt die Schenkung Hermanns in der am 27.Oktober 947 in Frankfurt ausgestellten Urkunde. Otto ”verleiht auf bitte des herzogs Herimann dem auf dessen eigen und mit dessen unterstützung vom eremiten, nun

abt, Eberhard zu ehren der h. Maria und Mauricius erbauten kloster Einsiedeln (Mehinratescella) freie abtwahl immunität und königschutz”,

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Zwei Dinge sind dabei bemerkenswert. Aus einem anfänglichen  Eigenkloster des schwäbischen Herzogs ist nun ein Reichskloster geworden, das natürlich in die Reichspolitik des Herrschers einbezogen war. Die freie Abtswahl lag voll im Bestreben der

Klosterreform und  das Immunitätsprivileg bedeutete eine weitere Stärkung der königlichen Macht, da sie die Gewalt der Herzöge herabminderte. Ganz auf dieser Linie ist auch die Bestätigung oder Verleihung der Immunität an andere Klöster,

im schwäbischen und alemannischen Raum 940 St. Gallen, 950 Pfäfers, 952 der Fraumünsterabtei in Zürich, 956 der Reichenau , Ottobeuren 971, 972 Rheinau und Amorbach in Bayern 996. Die Immunität bedeutete Freiheit von fremder richterlicher Gewalt. Diese lag

beim Abt und seinem Konvent. Abt Eberhard baute den Besitz des jungen Klosters zielstrebig aus. So kaufte er 947 die Weiler Bäch und Freienbach am Zürichsee. 947 findet auch die Weihe der Klosterkirche statt und in der Urkunde von Otto sind auch die Patrone

genannt, nämlich  die heilige Maria und Mauritius. Auch erhielt Eberhard für seine neue Klosterkirche gleich bedeutende Reliquien, für ein Kloster immer wichtig, da sich neben der ideellen Stärkung immer auch wirtschaftliche  Vorteile ergaben, wie bei

praktisch allen Klöstern, deren Geschichte in diesem Blog erzählt wird, nachverfolgt werden kann. Erinnert sei hier nur an Kloster Andechs, Steingaden, Weingarten, Weissenau oder Schussenried. All diese Klöster hatten  viel besuchte  Wallfahrten

und damit auch gute Einnahmequellen. Weissenau konnte zum Beispiel durch die Schenkung einer Heilig Blut Reliquie durch König Rudolf von Habsburg 1283 und die damit verbundene Wallfahrt seine angeschlagene wirtschaftliche Lage wieder

stabilisieren. Herzog Hermann von Schwaben ließ Einsiedeln über seinen Hofkaplan Hartpert, der auch Otto I. sehr nahestand, zwei Rippen der Züricher Heiligen Felix und Regula zu kommen, verknüpft allerdings mit der Bedingung,

dass diese Reliquien wieder an Zürich zurück zu geben seien, falls die noch junge Gründung wieder einginge. Der Augsburger Bischof, der heilige Ulrich,  schenkte dem Kloster Reliquien der Augsburger Stadtheiligen Afra und des Mauritius. Dazu erhielt

Einsiedeln auch noch einen kostbaren Ornat, der in hohen Ehren gehalten wurde, der allerdings beim Brand von 1577 zerstört wurde. Der Schwabenherzog spielte in den Gründungsjahren des Klosters eine gewichtige Rolle. Er hatte ja schon die Bestätigung durch

Otto in die Wege geleitet. Hermanns einzige Tochter Ida wurde um die Jahreswende  947/948 mit Liudolf, dem Sohn von Otto I. vermählt. Als sein Schwiegervater Hermann 949 starb, übertrug Otto seinem Sohn das Herzogtum 950. Das Kloster hatte

also beste Beziehungen über das Herzogshaus Schwaben zum König. Von Hermann erhielt das Kloster 948 nachdem es ja schon  den Klostergrund, auf dem es errichtet worden ist, geschenkt bekommen hatte,  den herzoglichen Besitz in  Gams. Auch von Otto erhielt das Kloster reiche Schenkungen. 948 schenkte er dem Kloster seinen Besitz in Grabs das ist im Rheintal im heutigen Kanton St. Gallen, die Kirche mit Zehnten sowie das Salland mit allem, was dem König in dem Hofe zusteht. 952 folgte der Ort Liel, heute ein Ortsteil von Schliengen

im Landkreis Lörrach. Diese Schenkungen waren eigentlich nur eine Umverteilung. Der König hatte diese Gebiete konfisziert, damit den lokalen Adel geschwächt und die Kirche gestärkt, die ja in seiner Machtpolitik eine gewichtige Rolle spielte.

948 fand die Weihe der Klosterkirche durch den Konstanzer Bischof Konrad I. (935-976) statt. Konrad war der Sohn des Klostergründers von Weingarten, dem Welfen Heinrichs “mit dem goldenen Wagen”. Konrad wurde 1123 heilig gesprochen. Der Kloster-und

Kirchenpatron Mauritius war auch Patron der Mauritiusrotunde neben dem Konstanzer Münster und im 10. Jahrhundert auch Reichsheiliger. Und Mauritius war der Heilige, zu dem Otto der Große eine besondere Beziehung hatte. Zur Kirchweihe war auch

der Augsburger Bischof Ulrich anwesend.Am Tag der Weihe, am 14.September 948 soll sich die”Engelweihe” ereignet haben. Als Konrad die Kirche weihen wollte, soll aus der Höhe eine Stimme erklungen sein und gerufen haben “Höre auf, höre auf Bruder,

die Kapelle ist göttlich eingeweiht”. (nach P.Justus Landolt). Natürlich verbreite sich die Kunde von diesem Geschehen rasch. In einer Urkunde von Papst Leo VIII. vom 10.11.964 erklärt der Papst, nachdem ihm Bischof Konrad von Konstanz in Anwesenheit von

Kaiser Otto I. und dessen Gemahlin Adelheid von dem wunderbaren Ereignis berichtet hatte, die Weihe als gültig. Auf Bitten des Kaiserpaars nimmt er das Kloster in seinen Schutz und gewährt dessen Besuchern einen Ablass.

Abt Eberhard wird in den Urkunden nur zweimal namentlich erwähnt, nämlich in der Bestätigungsurkunde von 947 von 949 bei der Schenkung von Gabs. In der Bestätigungsurkunde für Abt Gregor vom 25. Januar 965 wird er als verstorben erwähnt. (beatae memoriae vir illustris Eberhardis). Das Todesjahr ist übereinstimmend nach den verschiedenen Einsiedlern Annalen 958. Nachfolger Eberhards wird Thietland. Dieser kam 945 nach Einsiedeln. Er gilt einigen als Sohn von Herzog Burkhard. Dafür gibt es allerdings keinen Beleg.

Am 3. Februar 961 wird Thietland als Abt erwähnt. Otto verleiht dem Kloster wieder Immunität und  freie Abtswahl nach Thietlands Tod . Sein Todestag wird mit dem 28. Mai angegeben. Sein Todesjahr ist in den Annalen nicht vermerkt. Da sein Nachfolger Gregor

erstmals am 23. Januar genannt wird, muss das Todesjahr zwischen 961 und 965 legen. Die Überlieferung gibt 964 an.

Während der Amtszeit Abt Eberhards lebte der Mönch Adalrich im Kloster. Der Überlieferung nach war er ein Sohn Burkards I., des Herzogs von Schwaben und seiner Gattin Reginlind von Schwaben. Historisch lässt sich die Angehörigkeit Adalrichs zu den

Burkhardingern nicht aufrecht erhalten, aber seine Existenz kann nicht angezweifelt werden. Erstmals berichtet der St. Galler Mönch 1072 in der Lebensbeschreibung der heiligen Wiborada (sieh Blog St. Gallen) über den Mönch St. Adalrich. Erste schriftliche

Äußerungen gibt es dann im 14. Jahrhundert wieder. Im Jahrzeitbuch der Kirche auf der Ufnau sind 4 Pergamentblätter enthalten, die aus dem Leben St. Adalrichs erzählen. Nach dem legendenhaften Bericht hatte er seine Mutter

Reginlind auf die Ufnau begleitet. Nach dem Tod ihre Gemahls hatte sie sich dorthin begeben, da se vom Aussatz befallen war. Ihr Erbe, die Höfe Stäfa, Wollikon und Pfäffikon vermachte sie Abt Werner, wie im Text steht, damit ihr Sohn Mönch in Einsiedeln werden

könne. Da lag beim Schreiber wohl eine Verwechslung Werners mit Eberhard vor. Allerdings hatte Reginlind laut dem Professbuch des Klosters Einsiedeln  gar keine Söhne, weder aus ihrer ersten Ehe mit Burkhard- Burkhard II. gilt nicht als direkter Nachkomme

Burkhard I., noch aus ihrer zweiten mit Herzog Hermann. 1141 weihte Kardinal Dietwein die neue Kirche auf der Ufnau. Ob er dabei auch die Heiligsprechung Adalrichs vornahm, lässt sich nicht genau sagen. Adalrich wurde aber in Einsiedeln und auf der Ufnau als

Heiliger verehrt. Die Verehrung auf der Ufnau verliert sich erst seit dem 18. Jahrhundert. Abt Placidus Reimann (1629-1670) ließ 1659 das  Grab des Heiligen öffnen, die Gebeine erheben und sie 4 Jahre später feierlich in einem steinernen Sarkophag beisetzen.

Einzelne Reliquien wurden in Einsiedeln zurückbehalten. Auch das sogenannte Adelrichsmeßgewand befindet sich dort.

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Der Nachfolger Thietlands kommt nach den Annalen 949 nach Einsiedeln. Auch Hermann der Lahme gibt dieses Datum an.Gregor stammte aus England. Die Legende hatte später einen Königssohn aus ihm gemacht, der erst nach Rom pilgerte und dort in einem Traum

aufgefordert wurde, die verlassene Zelle des Meinrad aufzusuchen.  Dort habe er Eberhard getroffen und zusammen mit ihm das Kloster gegründet. Urkundlich erwähnt wird Gregor erstmals am 23. Januar 965. Otto I. weilt auf der Reichenau und bestätigt dem

Kloster freie Abtwahl und Immunität. In der Urkunde nennt er den Abt ”«sanctissimus vir cunctis virtutibus pollens Gregorius». Mit gleichem Datum schenkt er “Abt Gregor und den Mönchen daselbst die Ufnau mit allen Zugehörden im Herzogtum Alemannien, in

der Grafschaft Zürichgau, nämlich Pfäffikon, Uerikon, der Kirche in Meilen und allen andern Zugehörden, was alles er um seinen Hof Schan in Adalberts Grafschaft Rätien samt Kirche und Zugehörden mit Walenstadt in der gleichen Grafschaft, Schiffahrt und Fahrgeld

von der Abtei Säckingen eingtauscht hat.” Bei Otto II., dem Sohn Ottos des Großen stand das Kloster ebenfalls in hoher Gunst. Noch zu Lebzeiten des Vaters bestätigte Otto II. am 14.8.972 in St. Gallen Einsiedeln  die Immunität und alle Besitzungen. Erstmals werden

hier ausführlich die Besitzungen des Klosters aufgeführt. Deshalb ist diese Urkunde besonders wichtig. Nur drei Tage später, nämlich am 17.8.972 gewährt Otto die Befreiung von Zoll und Münzabgabe in Zürich.Während der Amtszeit Abt Gregors trat Wolfgang ins

Kloster Einsiedeln ein. Wolfgang war um 924 als Sohn einer schwäbischen nicht adeligen Familie wahrscheinlich in Pfullendorf geboren. Schon mit 7 kam er auf die Klosterinsel Reichenau. Mit ihm war Heinrich von Babenberg in der Reichenauer Klosterschule,

Sohn Heinrichs aus der mächtigen Grafenfamilie der Babenberger im östlichen Franken. Wolfgang war sehr begabt, was den Neid seiner Reichenauer Mitschüler erweckte. Als Heinrichs Bruder Poppo 940 Bischof von Würzburg wurde, berief er Stefan von Novarra an

951 die um 790 gegründete Domschule. Stephan war ein berühmter Grammatiklehrer aus der Lombardei. Poppo hatte bei der Berufung des Lehrers wohl auch den Hintergedanken, seinem Bruder Heinrich einen ausgezeichneten Lehrer zu verschaffen. Heinrich ging

an die Domschule nach Würzburg und brachte auch Wolfgang dazu, die Reichenau zu verlassen. In Würzburg eckte er allerdings mit seinem Lehrer über die Auslegung einer Stelle aus dem Werk des spätantiken Dichters Martianus Capella über die freien Künste so

an, dass Stephan ihn aus dem Unterricht ausschloss. Schon 956 wurde Wolfgangs Freund Heinrich auf den erzbischöflichen Stuhl von Trier erhoben. Dies verdankte er wohl seinen ausgezeichneten verwandtschaftlichen Beziehung. Er war ein

Enkel einer Schwester von Kaiser Heinrich I. und ein Cousin Otto I., dessen treuer Gefolgsmann er zeitlebens war. Wolfgang folgte Heinrich nach Trier und wurde dort Leiter der Domschule und war wohl von ihm auch als Nachfolger im Bischofsamt vorgesehen.

Heinrich starb auf einem Italienzug Ottos 964 an der Pest. Obwohl ihm der Kölner Erzbischof Brun, der Bruder Otto I., einen Bischofstuhl in Aussicht stellte, wollte sich Wolfgang ganz von der Welt zurück ziehen. Wolfgang trat ins Kloster Einsiedeln ein, das wegen

seiner Strenge bekannt war. Nachdem er in Einsiedeln sein Noviziat abgelegt hatte, wurde er von Abt Gregor als Lehrer eingesetzt. Bald nach seinem Noviziat wurde er von Bischof Ulrich aus Augsburg 968 zum Priester geweiht.

970 unternahm er eine Missionsreise nach Pannonien. 971 wurde er allerdings von Bischof Pilgrim nach Passau zitiert, weil er sich ohne Erlaubnis des Bischofs in dem von Pilgrim beanspruchten Missionsgebiet aufhielt. 972 war er wieder auf Missionsreise

in Ungarn unterwegs, diesmal mit Erlaubnis des Bischofs. Aber er wurde bald wieder zurückgerufen. Denn er sollte Bischof in Regensburg werden. Weihnachten 972 erfolgte die Investitur durch den Kaiser. 973 wurde er im Beisein von Bischof Pilgrim von

Erzbischof Friedrich von Salzburg zum Bischof von Regensburg geweiht. In Regensburg gründete er 975 die Domschule aus der die Regensburger Domspatzen hervorgingen. Der Abtretung böhmischer Gebiete, die die Gründung des Bistums Prag ermöglichte,stimmte

er zu. An das Stift St. Emmeran in Regensburg berief er Ramword aus St. Maximin in Trier, das er ja aus seiner Trierer Zeit kannte. Trier war 934 von Gorze aus reformiert worden. Von Regensburg aus wurde dann St. Peter in Salzburg, Tegernsee, Feuchtwangen,

Benediktbeuren und St. Afra in Augsburg  reformiert. Da Wolfgang aber Mönche aus Trier und nicht Einsiedeln berief, bewirkte das, dass der Einfluss von Trier-Gorze überwog. Er war der erste, der das Amt des Bischofs von Regensburg und des im 8. Jahrhundert in

Regensburg  entstandenen Benediktinerkloster trennte. Das sorgte zwar für Spannungen zwischen den späteren Regensburger Bischöfe, gab dem Kloster aber einen großen Entwicklungsschub in geistlicher und kultureller Aktivität.

Wolfgang begleitet Otto II.. Als nach Ottos Tod Streitigkeiten um die Nachfolge entstanden waren, Theophanu, die Gattin Ottos für ihren dreijährigen Sohn Otto die Herrschaft übernahm, stellte sich Wolfgang auf die Seite des Bayernherzogs Heinrich II, der Zänker.

Er wurde auch Erzieher seiner Kinder Heinrich, des späteren Kaiser Heinrichs II. 994 reiste er nach Pöchlarn, das zur Diözese Regensburg gehörte. Auf dem Weg dahin starb er am 31.Oktober in Pupping in Oberösterreich. Am 7.Oktober 1052 wurde er von Papst Leo IX.

heilig gesprochen.

Abt Gregor hatte, wie wir oben gesehen haben, beste Beziehungen zu den sächsischen Kaisern.Es ist nicht sicher, ob er dies seiner vornehmen Herkunft zu verdanken hat, von der mehrere Quellen berichten.

Gregor war mehrmals persönlich am Königshof, so 984 in Ingelheim, 992 in Frankfurt und 996 in Bruchsal. Dabei wurde ihm von Otto III. auf Intervention von Kaiserin Theophanu und Herzog Konrad von Schwaben, die von ihm vorgelegten Urkunden Kaiser Otto I.

über den Besitzstand der Abtei sowie die Befreiung von Zoll und Münzabgaben in der Stadt Zürich bestätigt.  Am 24. Januar 992  bestätigt Otto auf Bitte seiner Großmutter Adelheid und auf Intervention seiner getreuen Herzöge Konrad und Heinrich, sowie auf

Intervention und Bitte des Abtes Gregor, der ihm die Urkunden der beiden ersten Ottonen vorweist, dem Kloster Einsiedeln die von diesen Herrschern geschenkten Güter und Rechte in Rätien, in Grabs und bei Sargans mit der Kirche in Wangs bei Mels, im Kanton St.

Gallen. ‒ (RI II,3 n.1049). 994 war Otto III. volljährig geworden.Am 9. Dezember 995 erteilte Otto III. einem  Gütertausch zwischen Abt Gregor und dem Wormser Bischof Hildibald (978-998) die Genehmigung. Es ging dabei um ein bischöfliches Gut zwischen Freiburg

und Breisach, das Gut Schelbingen in der Grafschaft Birthilos und das Gut Gronau an der Nidda, das Kloster Einsiedeln gehörte. Hildibald war seit 979 deutscher Kanzler und Vertrauter der beiden Kaiserinnen Adelheid und Theophanu.

Am 31.10 996 erneuerte Otto die Privilegien nun als Volljähriger, die er schon 984 in Ingelheim bestätigt hatte (RI II,3 n. 1211). Auch zu den schwäbischen Herzögen stand Gregor in gutem Einvernehmen. Herzog Hermann II. von Schwaben hatte 992 seinen Sohn

Bertold zur Taufe nach Einsiedeln gebracht und Gregor war Taufpate. Bertold starb allerdings schon 993 und ist in Marchtal begraben. In der Amtszeit Gregors vermehrte sich der Besitzstand Einsiedelns erheblich. Aber auch um die Klosterzucht war er sehr bemüht.

Die neuere Forschung nimmt an, dass Gregor die Gebräuche der englischen Klöster, die zu der Zeit schon enge Beziehungen zu Cluny hatten, in Einsiedeln einführte. Die Zahl der Mönche war mittlerweile so groß geworden, dass 987 eine Vergrößerung der Kirche notwendig war.

Auf eine größere Mönchszahl lässt auch schließen, das eine Neugründung möglich war. 979 war Gebhard in Konstanz Bischof geworden. 983 stiftete er das Kloster Petershausen in Konstanz und stattete es mit seinen Erbgütern aus (siehe dazu Beitrag Kloster

Petershausen). Zur Besiedelung wurden Mönche aus Einsiedeln gerufen.Gebhard hatte einen gewissen Rupert nach Einsiedeln gesandt, damit dieser dort ins Ordensleben eingeführt würde. Dass das Kloster im Ruf höchster Frömmigkeit stand, haben wir schon in

der vita des Heiligen Wolfgangs gehört und der Vermerk “quoniam monachi illius coenobii tunc temporis fuerunt religiosissimi” wie die Chronik des Klosters Petershausen auf Seite 631 vermerkt, geht in diesselbe Richtung. In der gleichen Quelle wird Pezilin als erster Abt von

Petershausen genannt. In der Vita Gebhardi wird er Periger genannt.

Gregor starb am 8.November 996. Bei seinen Zeitgenossen stand er in hohem Ansehen. Gregor wurde von Anfang an als Heiliger verehrt. Zu Gregors Nachfolger wurde  Wirunt (996-1026 )am 27. Dezember 996 gewählt. Die Chronisten des 15. Jahrhundert sehen in

ihm einen Grafen von Wandelburg. Allerdings gibt es dafür keinen schlüssigen Beweis. Nur auf seinem Epitaph ist eine allgemeine Bemerkung, die auf eine vornehme Herkunft schließen lässt. Auch Wirunt unterhält gute Beziehungen zum Herrscherhaus.

Am 28. April 998 schenkt Otto dem Kloster zu seinem Seelenheil und dem seiner Eltern 4 Hufen  in Billizhausen, ein Weiler  beim heutigen Betzgenried nahe Göppingen, ohne dass Abt Wirunt namentlich genannt wird (RI II,3 n. 1273). Graf Eberhard von Nellenburg

tauschte diese im selben Jahr gegen Güter in Volketswil im Kanton Zürich und Stetten an der Reuss im Kanton Aargau

Als Heinrich II. 1004 in Zürich weilte, suchte ihn Abt persönlich auf. Heinrich bestätigt dem Kloster Einsiedeln auf Bitten des Abtes Wirund den einem Guntram wegen Treubruch entzogenen Hof Riegel (nordwestl. v. Freiburg i. Br.) im Herzogtum Schwaben in der

Grafschaft Breisgau mit allem Zubehör und mit den Orten Endingen, Wendlingen, Kenzingen, Theningen, Burkheim und Bahlingen (alle Kr. Freiburg i. Br.) zu freiem Verfügungsrecht zum Nutzen des Klosters RI II,4 n. 1572. Am 5. Januar 1018

bestätigte Heinrich dem Kloster die Besitzungen und die Immunität.RI II,4 n. 1917. Am 2. September des Jahres 1018 war Kaiser Heinrich wieder in Zürich. auch dieses Mal suchte ihn Abt Wirunt dort auf.  Heinrich schenkt dem Kloster Einsiedeln auf Bitten des Abtes

Wirunt den um die Abtei gelegenen unwegsamen und unkultivierten Wald mit allen Nutzungsrechten innerhalb angeführter Grenzen RI II,4 n. 1936. Dieses Gebiet umfasste das Sihl-und Alpthal. Allerdings hatten die Schwyzer in diesem Gebiet

nördlich der Wasserscheide der Mythen schon vor 1100 den Landesausbau voran getrieben. Daraus entwickelte sich der Marchenstreit 100 Jahre später, auf den noch einzugehen ist.

Heinrich II. starb am 13. Juli 1024 in Grone. Ihm folgte mit Konrad II. der erste Salier nach, der 1027 zum Kaiser gekrönt wurde. Das gute Verhältnis zum Herrscherhaus blieb auch unter dem Nachfolger erhalten. Konrad schenkt dem Kloster Einsiedeln unter Abt Wirunt

auf Intervention der Königin Gisela und des Erzbischofs Aribo von Mainz zwölf Hufen zu Steinbrunn im Sundgau in der Grafschaft Ottos samt allem Zubehör zu freiem Eigen. Die Schenkungsurkunde wurde am 25. Juli 1025 in Speyer ausgestellt. RI III,1 n. 43

Während der Amtszeit von Abt Wirunt stellte Kloster Einsiedeln immer wieder Äbte anderer Klöster aber auch Bischöfe. 995 wurde Otker Abt in Disentis. Er soll ein Bruder Wirunts gewesen sein. Um 1000 gibt es auch eine Schenkungsurkunde dieses Abtes von

zwei Prädien in Lenzikon an das Kloster Einsiedeln. Er regierte von 995-1012. Auch der Nachfolger Otkers kam aus Einsiedeln, nämlich Adalgott I., der als Seliger verehrt wird. Dieser regierte von 1012-1031. 1020 schenkte Heinrich II. dem Bischof

Heriward von Brixen und dessen bischöflicher Kirche die Abtei Disentis mit allem Zubehör zu freiem  Verfügungsrecht der Kirche. Die Abtei verlor damit unter dem zweiten aus Einsiedeln stammenden Abt ihre Selbstständigkeit. Das hängt wohl mit der Lage der

Abtei am Lukmanierpass zusammen die wegen der kaiserlichen Interessen in Italien bedeutsam wurde. Auch für das Kloster Pfäfers, das 731 aus der Reichenau heraus gegründet worden ist, werden Äbte aus Einsiedeln angeführt und zwar Gebene , Eberhard und

Hartmann. Allerdings kollidiert die Einsiedler Überlieferung mit der Pfäferser Klosterüberlieferung.

Hartmann war erst Mönch in Einsiedeln, dann als Abt nach Pfäfers postuliert und war schließlich ab 1026 Bischof von Chur und als solcher mehrmals für Kaiser Konrad II. tätig. Er schenkte dem Kloster Einsiedeln um 1026 seine Prädien in Wagen und Eschenbach.

In Sankt Blasien wurde Bernhard als Probst eingesetzt. Das wird gestützt durch die Tatsache, dass bis St. Blasien die Gewohnheiten der Abtei Fruttuaria übernahm, die von Einsiedeln Geltung hatten. Auf dem Hohentwiel bestand ein kleines Kloster, das

Heinrich II. um 1005 nach Stein am Rhein übertrug. Da ein aus Einsiedeln stammender Abt Florat noch  Abt “von Twyel” genannt wird, müsste er in der 2. Hälfte des 10. Jahrhunderts gelebt haben.

1026 –1034 war Wartmann Bischof von Konstanz. Er stammte aus der Familie  Grafen von Kyburg- Dillingen. Hermann der Lahme erwähnt in seinem Chronicon, dass dieser Mönch in Einsiedeln gewesen ist.

Auch das Bistum Como hatte einen Einsiedler Mönch auf dem Bischofsstuhl, nämlich Eberhard, der 1004 von Heinrich II. zum Bischof berufen wurde. (1004-1006)

Abt Wirunt verstarb nach 30-jähriger Amtszeit am 11. Februar 1026. Zu seinem Nachfolger wird Embrich am 26. Februar 1026 gewählt. Bonstetten,  von dem die erste gedruckte Geschichte des Klosters Einsiedeln (1494) stammt, macht aus ihm einen Freiherren von

Abensberg. Das ist allerdings nicht belegt, genauso wenig wie die Tatsache, dass er Kanoniker in Freising war, ehe er ins Kloster Einsiedeln eintrat. Ganz  so abwegig ist dies aber gar nicht. Als Ahnherr der Abensberger gilt Graf Babo, der 32 Söhne gehabt haben soll.

Als Burggraf von Regensburg hatte dieser auch Beziehungen zu Wolfgang, der damals Bischof von Regenburg war und ja seine kirchliche Karriere als Mönch in Einsiedeln begonnen hat. Und Babo war auch Vogt in Freising.

Es gibt also durchaus Berührungspunkte. In Embrichs Amtszeit fallen zwei wichtige Ereignisse. Das eine ist die Klostergründung von Muri, das andere der Klosterbrand von Einsiedeln im Jahre 1029.

Am 19. August 1027 bestätigte Konrad in Zürich dem Kloster Einsiedeln seine Besitzungen, die namentlich aufgeführt waren samt allem Zubehör und die Immunität.RI III,1 n. 112. Auch sein Nachfolger Heinrich III. tat dies und zwar am 04.02.1040 auf der

Reichenau. König Heinrich III. bestätigt dem Kloster Einsiedeln seine Besitzungen, unter andern im Zürichgau: Uerikon, Meilen, Oetwil, Stäfa, Lindau, Rüti, Männedorf, Esslingen, Adlikon, Turbenthal, Rickenbach, Hittnau.

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Auch unter Abt Emrich wurden weiterhin Mönche aus Einsiedeln zu Äbten anderer Klöster berufen oder besetzten Bischofstühle.Warmann von Dillingen,der aus der Familie der Grafen von Kyburg-Dillingen stammte, wurde 1026 Bischof von Konstanz und

war das bis 1034. Dass Hartmann von Einsiedeln nach Pfäfers als Abt postuliert wurde und auch 1026 Bischof von Chur, ist oben schon gesagt worden.  Zu Embrichs Zeit lebte auch ein Mönch im Kloster, Ethicho. Er war wie Embrich  zunächst Weltkleriker und ein Verwandter des Ebersberger

Grafen Adalbero, der das von Eberhard gegründete Chorherrenstift in ein Benediktinerstift umwandelte. 1045 wurde Ethicho gegen den Willen der Mönche, die bereits Gerwich gewählt hatten,  als Abt  in Ebersberg eingesetzt. Er regierte dort anderthalb Jahre.

Wichtigstes Ereignis in der Amtszeit aber war die Gründung von Muri.

1027 gründete Graf Radbot von der Habsburg (um 985 bis etwa 1045) und seine Gemahlin Ita von Lothringen das Kloster Muri im Kanton Aargau.

5 Jahre später wurden  Mönche aus Einsiedeln gesandt, die die Abtei aufbauen sollten. Abt Embrich hatte den aus Solothurn stammenden Mönch Reginbold damit betraut. Noch andere Mitbrüder folgten. Sie erhielten

Bücher und Kirchengeräte, sowie Kleider und Hausgeräte aus Einsiedeln. Bischof Warmann aus Konstanz übertrug der jungen Abtei die bereits bestehende Kirche und deren Einkünfte. Reginbold ließ die Kirche abtragen und erbaute

für das Volk eine neue, die er St. Goar weihte. Dann ließ er das eigentliche Kloster und eine Kapelle, die Michael geweiht war, erbauen. Auch eine Schule und ein Scriptorium  wurde errichtet. Vor Vollendung des Klosters aber verstarb Reginbold.

Er wurde in der Klosterkirche bestattet.  Werner (1025-1096), Radbots Sohn, bat den Einsiedler Abt, auch hier gab es mittlerweile einen Nachfolger, nämlich Hermann, um einen Nachfolger für die Hausstiftung. Abt Hermann entsandte

Burkhard der aus Gossau stammte und schon von klein auf im Kloster war. Er vollendet den Kirchen-und Klosterbau. Damit Einsiedeln keine Ansprüche auf die junge Abtei erheben konnte, ließ Werner Burkhard zum Abt wählen. Dieses Amt hatte er noch

sieben Jahre inne. Er starb im Jahre 1073. Werner verzichtete 1082 auf die Herrschaft über das Kloster Muri. Er ließ Mönche aus St. Blasien kommen  und die Einsiedler Bräuche abschaffen. Muri wurde in eine Schutzvogtei umgewandelt.

Nicht nur vom Wachsen des Klosters ist aus Embrichs Amtszeit zu berichten. In seiner Regierungszeit brannte das Kloster zum ersten Mal. Nach dem Liber Heremi hatte ein  gewisser Eppo das Kloster in Brand gesteckt. Er stammte aus der Familie

der Nellenburger, war ein Sohn Mangolds und hatte wohl aus Rache den Brand gelegt, weil ihm die Vogtei über das Gotteshaus entzogen worden war, die sein Vater innegehabt hatte. Zur Sühne stiftet er später Stetten bei Bremgarten.

Abt Embrich baute wohl zuerst die Wohnräume wieder auf.1031 legte er den Grundstein zur neuen Kirche, die 1039 geweiht wurde. Acht Tage vor der Weihe waren Reliquien von der Reichenau nach Einsiedeln gebracht worden.

Embrich verstarb am 8. Februar 1051. Ihm folgte am 15. Februar 1051 Hermann I. als Abt. Er stammte aus der Familie der Udalrichinger, einem fränkisch-alemannisches Adelsgeschlecht, das in Bregenz und Winterthur ansässig war. Hermanns Vater

war Werner von Winterthur. Er starb zusammen mit seinem Sohn Liutfried 1040 als Bannerträger Heinrichs III. auf einem Feldzug gegen Bretislav von Böhmen bei Neumark. Auch Hermanns andere Brüder nämlich Adalbert II. von Winterthur

und Werner der II. fielen in einer Schlacht und zwar in der Normannenschlacht von Civitate am 18. Juni 1053, bei der das Herr von Papst Leo IX. vernichtend geschlagen wurde. Und damit wären wir bei der Mutter des Abtes. Werner war mit

Irmgard von Nellenburg verheiratet, einer Schwester  des Grafen Eppo von Nellenburg. Dieser war mit Hedwig von Egisheim verheiratet und Hedwig war eine Nichte von Papst Leo. Die Verwandtschaft des Abtes mit dem Papst wird auch im Liber heremi

erwähnt und die gleiche Quelle sagt, dass der Papst deshalb dem Abt 1055 das Recht der Pontifikalien verlieh. Graf Eppo und Hedwig stifteten 1049 das Kloster Allerheiligen in Schaffhausen. Es ist nicht sicher aber ziemlich wahrscheinlich, dass Mönche aus

Einsiedeln die Gründung besiedelten. Sicher ist aber, dass Hermann bei der Klosterkirche am 3. November 1064 in Schaffhausen dabei war. Die Weihe nahm Bischof Rumold von Konstanz (1051-1069), der nach Bonstetten auch Mönch in Einsiedeln war, was

allerdings ziemlich unsicher ist.

Am 23. 2. 1064 verlieh König Heinrich IV. den Dienstleuten der Abtei das Recht der Dienstleute der Abtei St. Gallen. Dienstleute oder Ministeriale waren Königsfreie, die sich der Reichskirche zur Verfügung stellten um so dem vom König

geforderten Kriegsdienst zu entkommen. Da sie aber nun der Kirche zu Dienst verpflichtet waren, mussten sie dennoch in den Krieg ziehen, wenn  wie z. B. bei Italienzug Ottos II. die Abteien Reichenau und St. Gallen dem Kaiser

Panzerreiter zur Verfügung stellten. Da die Äbte diese Ministerialen für ihr Reiterei ausbilden ließen, lässt die Verleihung des Rechts von St. Gallen an die Dienstleute von Einsiedeln dass es zu mindestens von diesem Zeitpunkt an

auch Pferdezucht und einen Marstall im Kloster Einsiedeln gab. Am 8. April 1065 starb Abt Hermann. Ihm folgte Heinrich I. Dieser Abt ist allerdings in den Urkunden nicht belegt. Überliefert ist in den Annales  Einsidlens und im Liber Heremi

lediglich das Jahr seiner Wahl sowie sein Todesjahr 1070. Nach dem badischen Geschlechterbuch gehörte er zur Familie Lupfen-Stühlingen. An diesen Abt wandte sich 1065 Graf Adalbert von Calw. Dieser war ein Neffe von Papst Leo.

Adalberts Vorfahren hatten um 830 das Kloster Hirsau gestiftet. Das Kloster war allerdings stark heruntergekommen, weswegen ihn Leo bat, sich um das Kloster zu kümmern. Da, wie wir gesehen haben, der Papst ja verwandtschaftliche Beziehungen zum  Kloster

Einsiedeln hatte,  ist es durchaus denkbar, dass Leo Graf Adalbert an Einsiedeln verwies.

Abt Heinrich schickte den Mönch Friedrich zusammen mit 12 Brüdern nach Hirsau. Friedrich stammte aus schwäbischem Adel. Friedrich führte ein vorbildliches Leben und zeichnete sich durch seine Frömmigkeit aus. Gerade das aber

machte ihn zur Zielscheibe von Neid und Missgunst. Ihm wurde ein sittliches Vergehen angedichtet, worauf ihn die Grafen von Calw seines Amtes enthoben. Sie beriefen dafür den Mönch Wilhelm aus dem Kloster St.

Emmeran in Regensburg. Bei allen verfingen die Verleumdungen nicht. Abt Ulrich von Lorsch (1056-1075) wies ihm das Michaelskloster auf dem Heidelberger Heiligenberg zu. Dort lebte Friedrich bis zu seinem Tode 1071. Wilhelm ließ sich in Hirsau erst nach

Friedrichs Tod zum Abt weihen. Friedrich wir als Seliger verehrt und sein Gedenktag wird auch heute noch im Stift Einsiedeln am 8. Mai begangen.

Unter den nach Hirsau entsandten Mönchen war auch Noker.Vor seinem Eintritt in Einsiedeln war er Weltpriester. In Hirsau schrieb er um 1070 ein “Memento Mori” die wohl erste frühhochdeutsche Bußpredigt im Paarreim. 1090 schickte ihn Abt Wilhelm nach

Zwiefalten das 1089 von den Grafen Kuno und Liutold von Achalm gestiftete Kloster (siehe Blog Zwiefalten). In Zwiefalten betrieb er den Aufbau seines jungen Klosters und erreichte, dass der apostolische Stuhl das Kloster in seinen Schutz nahm.

Vor 1070 war Seliger von Wolhusen ins Kloster eingetreten. Die Freiherren von Wolhusen besaßen zu dieser Zeit fast ein Drittel des Kanton Luzerns, auch die Hoch-und Blutgerichtsbarkeit hatten sie inne. Sie waren wohl burgundischer Abstammung

auch der ungewöhnliche Namen Seliger deutet darauf hin. 1070 tätigte er eine große Stiftung für das Kloster. Nach Bonstetten war er ins Kloster eingetreten, weil drei seiner Kinder ertrunken waren. Auch seine Frau Hedwig tat es ihm gleich.

1080 ist eine Hedwig von Wolhusen Äbtissin der Fraumünsterabtei.  1070 wurde Seliger Abt. 1073 schickte er Mönche zu Kaiser Heinrich, der gerade in Augsburg weilte. Am 24. Mai 1073 bestätigte Heinrich IV. die Freiheiten Einsiedelns von jeglicher

königlicher Einmischung und die freie Abtswahl.RI III,2,3 n. 633. Wichtig ist diese Urkunde auch, weil sich hier zum ersten Mal der deutsche Name Einsiedeln findet. (Quod (scil. Monasterium) solitarium vocatur, teu-tonice Einsiedelen).

1090 ging Kloster Einsiedeln mit St. Blasien eine Gebetsverbrüderung ein, ähnlich der, die schon vorher mit St. Gallen eingegangen wurde.  Im St. Gallener Liber confraternitalum wird Einsiedeln erwähnt. Die Verbrüderung mit St. Blasien wurde später

erneuert und als die Mönche aus St. Blasien im Zuge der Säkularisation nach St. Paul im Lavanttal gingen, wurde die Verbrüderung wohl beibehalten, denn mit St. Paul besteht sie heute noch. Abt Seliger war schwer krank, was dazu führte, dass er 1090 resignierte.

Er bestimmte Rudolf zu seinem Nachfolger. Dieser war bis dahin Novizenmeister und Kämmerer des Klosters. Rudolf war von 1090 bis 1101 Abt. In seiner Amtszeit war Noker in Zwiefalten Abt geworden und nach Bonstetten gab es auch in Kempten

einen Abt, der aus Einsiedeln stammte, nämlich Eberhard.

Mit dem Tode von Papst Gregor VII. 1073-1085) hatte der Investiturstreit an Schärfe verloren. Dem Kloster Einsiedeln war es gelungen, sich weitgehend aus dem Streit heraus zu halten, anders als z. B. St. Gallen und Reichenau (siehe jeweils dort)

wo es sogar zu Feldzügen der Klöster untereinander gekommen war. St. Gallen, Fulda oder die Reichenau hatten berühmte Klosterschulen, Scriptorien, die für ihre Buchmalereien bekannt waren. Das war in Einsiedeln nicht in dem Maße der Fall,

aber wie gezeigt wurde, hatte Einsiedeln enormen Einfluss über Mönche, die an vielen Klöstern Abtsstühle einnahmen oder Bischöfe wurden.

Auf Rudolf folgte Gero(1101-1022). Nach Bonstetten stammte er aus dem Geschlecht derer von Altbüron, das schon Mitte des 12. Jahrhunderts ausgestorben war nach dem Liber Heremi war er ein Bruder des Grafen Ludwig von Froburg.

Am 2.10.1111 bestätigt der letzte Salier, Kaiser Heinrich V.,  dem Kloster Einsiedeln das Privileg seines Vaters vom 24. Mai 1073, das aus Freiheit von jeder königlichen Einmischung für seinen Besitz, es sei denn gegen räuberische Minderung, und aus dem Recht der

freien Abtwahl besteht.

Wie oben ausgeführt hatte das Kloster 1018 von Kaiser Heinrich II.größere Gebiete geschenkt bekommen. Dieses Geschenk entwickelte sich allerdings allmählich zum Danaergeschenk für das Kloster. Das Kloster hatte bereits eine intensive Rodungstätigkeit

entwickelt. Aber auch die Schwyzer hatten ihren Landesausbau vorangetrieben. Im Quellgebiet von Sihl, Alp und Biber wurde im 11. Jahrhundert vermehrt Großviehhaltung betrieben. Dazu war aber mehr Weideland und Alpen erforderlich und dies war auf

Klostergebiet reichlich vorhanden. Der Konflikt war somit vorprogrammiert. Bäuerliche Rodungen aber auch Mönchsentführungen sorgten für Zündstoff. Abt Gero und sein Vogt Ulrich von Rapperswil klagte in Basel vor Kaiser Henrich V. Am 10.3.1114 erhielt das

Kloster Recht. Die Grafen Ulrich und Arnolf von Lenzburg sowie die Dorfleute von Schwyz wurden durch Spruch der Fürsten nach alemannischen Recht verurteilt. Sie mussten das Weggenommene zurückgeben und dem Kaiser 100 Pfund Busse erlegen.

Der Kaiser bestätigte die Immunität des Klosters, verlieh ihm den Boden der Zelle mit dem gesamten umliegenden Wald und die gesamte umliegende Mark.

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Das war aber erst der Anfang einer fast 250 Jahre dauernden Auseinandersetzung, die erst nach dem Friedensschluss nach der Schlacht am Morgarten ihr Ende fand.

Abt Gero war auch als Bauherr tätig. Er ließ die Brücke über die Sihl bauen, die auch Teufelsbrücke geheißen wird. Gleich bei der Brücke in Egg wurde Paracelsus wohl 1493 geboren. Außerdem  ließ er die Kapelle der beiden

heiligen Johannes erbauen. Bischof Ulrich I. (1111-1127) weihte sie.

Mit dem Kloster Gengenbach im Kinzigtal ging Abt Gero eine geistliche Verbrüderung ein. Weniger harmonisch verliefen die Beziehungen zu Alpirsbach. Aus nicht mehr bekannten Gründen sollen sich Mönche aus Alpirsbach

in Einsiedeln aufgehalten haben. Bei ihrem Weggang sollen sie das Haupt des Heiligen Justus mitgenommen haben. Erst 1143 kam es nach Einsiedeln zurück. Gero starb im Jahr 1122.

Auf ihn folgte Werner von Lenzburg. Über seine Herkunft gibt es verschiedene Meinungen. Das Liber Heremi bezeichnet ihn als Sohn des Arnulf von Altbüron und der Chuonza, bemerkt aber, dass andere ihn als Sohn

des Grafen Arnold von Lenzburg und der Chuonza von Altbüron sehen. 1130 schenkte Lütold von Regensberg, der zur Familie der Freiherren von Regensberg gehörte, einem Schweizer Adelsgeschlecht im Zürichgau, das wahrscheinlich von den burgundischen Grafen

von Mömpelgard-Mâcon abstammte, zusammen mit seiner Gattin Judenta und seinem Sohn Lütold ihren Besitz in Fahr an das Kloster Einsiedeln, verbunden mit der Auflage, dass das Kloster dort ein Frauenkloster errichten und unterhalten

müsse. Am 15. Juli 1133 bestätigte Kaiser Lothar  dem Kloster der hl. Maria und Mauritius zu Einsiedeln den von Ludolf von Regensberg, dessen Gemahlin Judenta und Sohn Ludolf zur Gründung eines Frauenklosters nach dem Ordo von Muri und Berau (in modum

sanctimonialium in Murensi vel Peraugiensi [coenobio ]) nebst Kapelle übertragenen Ort Fahr, die Regelung der Vogteiverhältnisse, wonach der jeweils Älteste aus der Stifterfamilie, der zugleich Besitzer (possessor) der Burg Regensberg ist, Vogt sein soll, und

bekräftigt die von Ludolf dessen familia erteilte Erlaubnis, daß sie der Kirche in Fahr Schenkungen aus Eigenbesitz zuwenden darf. – RI IV,1,1 n. 490 . Am selben Tag lässt sich der Abt in Königslutter die Verleihungen Ottos I. und seines Sohnes an die Kirche von

Einsiedeln bestätigen. Auch lässt sich der Abt die Kompetenzen des Vogtes genau umschreiben. War das weise Voraussicht oder gaben bereits bestehende Spannungen Anlass zu solchen Vorkehrungen? Der Kaiser setzte fest, dass der Vogt über das Gesinde

des Abtes in dessen Hoheitsgebiet nur soviel Gewalt hatte, wie der Abt zu ließ. Untervögte und Verwalter durfte der Vogt nicht anstellen. Bei Zuwiderhandlung hatte er 100 Pfund Gold zu zahlen, wovon die Hälfte an die kaiserliche Kammer, die andere Hälfte an das

Kloster gehen sollte. Außerhalb des Hoheitsgebietes hatte der Vogt den Klerus nicht zu behelligen.Am Anfang lag die Vogtei bei den Herzögen von Schwaben. Im 10. Jahrhundert ging sie an die Nellenburger über. Abt Embrich entzog Ebbo von Nellenburg die

Vogtei, worauf wie oben berichtet dieser das Kloster anzündete. 1114 lag die Vogtei bei den Herren von Rapperswil.

Auf Lothar III., der 1137 bei Breitenwang starb, folgte Konrad III. (1138-1152). “Konrad erneuert und bestätigt ([renovamus et inn]ovando confirmamus) Abt Werner und den Mönchen des Klosters Einsiedeln (monasterio sanctę dei genitricis et virginis Mariae et sancti

Meginradi, Mavricii quoque sociorumque eius, quod Solitarium vocatur theutonice Einsidellon) auf deren Bitten und mit Zustimmung der anwesenden Reichsfürsten (astipulatione … regni principum), nämlich des päpstlichen Legaten und Erzbischofs Albero von Trier,

Erzbischofs (Humbert) von Besançon, der Bischöfe Stefan von Metz, Albero von Lüttich, Ortlieb von Basel, Bucco von Worms, Embricho von Würzburg und Werner von Münster, der Herzöge Friedrich (II. von Schwaben), Konrad (von Zähringen) und Matthäus (von

Oberlothringen), Markgraf Hermanns (von Baden), Graf Bertolfs (von Nimburg) und Graf Friedrichs (von Pfirt) die bereits früher gewährte Freiheit, daß von keinem seiner Nachfolger in den Besitz des Klosters eingegriffen werden darf. Des weiteren verbietet er

widerrechtliche Eingriffe jedweder weltlichen Person in das Kloster, bestimmt, daß nur der Abt über die familia und die Ministerialen Herrschaft ausübt (interdicimus, ut nulla secularis potestas, dux vel marchio, comes aut vicecomes, advocatus vel sub advocatus

aliquam in eadem abbatia iniustam vel violentam exerceat potestatem, sed tota eiusdem ęcclesię familia intus et exterius specialiter autem illi ministeriales ęcclesię, qui abbati fratribusque cotidiano servitio assistunt, quadam familiaritatis libertate de omni forisfacto

abbati tantum respondeant) und gewährt den Mönchen das Recht der freien Wahl eines Abtes aus ihrem Konvent.“ Das geschah am 28. Mai 1139 in Straßburg. RI IV,1,2 n. 134 Konrad bestätigte vor Weinsberg eine Schenkung von Gütern in Rümlang und Riet.

1141 war der päpstliche Legat Dietwein in Deutschland. Er stammte aus Schwaben, war Prior in Maursmünster, später Kardinal von Santa Rufina und Porto. Er weihte 1141 die neuerbaute oder restaurierte Kirche auf der Ufnau. Bei dieser Gelegenheit wurden

die Gebeine des Heiligen Adelrich erhoben und seine Heiligsprechung vollzogen. Das erste erhaltene Abtssiegel von Einsiedeln stammt von Abt Werner. Er verstarb am 5.oder 6. März 1142. Sein Nachfolger wurde Rudolf II. Das Liber Heremi und auch das

Badische Geschlechterbuch sehen in ihm ein Familienmitglied der Grafen  von Lupfen. Bei seiner Wahl zeigte sich, dass die Vorkehrungen Abt Werners durchaus sinnvoll waren, als er sich von Konrad die freie Abtwahl bestätigen ließ. Die Mönche wählten

den neuen Abt. Doch der Klostervogt Rudolf von Rapperswil (Vogt von 1142-1144) sowie Ministeriale erkannten die Wahl nicht an, da sie nicht gehört worden waren. Sie überfielen das Stift, verwundeten einige Mönche und auch den neugewählten Abt.

Diese flohen nach Konstanz zu Konrad, der gerade in Konstanz (oder auf der Reichenau) weilte und dort einen Hoftag abhielt.Er setzt Rudolf, der von den Mönchen rechtmäßig erwählt wurde, als Abt der Abtei Einsiedeln ein und ordnet dessen Weihe durch den

päpstlichen Legaten und Kardinalbischof Dietwin (von S. Rufina) an. RI IV,1,2 n. 233 4 Der päpstliche Legat und vier Bischöfe, nämlich Embricho von Würzburg, Otto von Freising, Hermann von Konstanz und Konrad von Chur, sowie die Äbte Fridelo von Reichenau

und Werner von St. Gallen waren zugegen. An weltlichen Größen waren die Herzögen Friedrich (II.) von Schwaben und sein Sohn Friedrich, Konrad (von Zähringen) (Burgundionum dux), Matthäus von (Ober-)Lothringen und Welf (VI.), die Grafen Rudolf von

Bregenz, Rudolf von Ramsberg, der Markgrafen Hermann von Baden, die Grafen Friedrich und Burchard von Zollern, Markward von Veringen, Eberhard von (Ober-)Kirchberg und Werner von Habsburg vertreten. Am 12.4.1142, das war der Palmsonntag,

weihte der päpstliche Legat Dietwein Rudolf auf der Reichenau zum Abt von Einsiedeln. Auf Geheiß des Legaten wurde auch der Streit um das geraubte Haupt des heiligen Justus beendet. Er wies die Mönche von Alpirsbach 1143 an, das Haupt zurück zu geben.

Zu Beginn der Amtszeit des  neuen Abtes flammte auch der Streit mit den Schwyzern und den Grafen von Lenzburg wegen der Alpen und Weiden wieder auf. In Straßburg wurde am 8. Juli 1143 “auf Intervention und Bitten Königin Gertruds der Streit zwischen Graf

Ulrich von Lenzburg (Ǒthelricum de Lenzenbůrg), dessen Miterben und den Einwohnern von Schwyz (cives de Suites) einerseits und Abt Rudolf von Einsiedeln (monasterii Megenradescella dicti, quod consecratum est in honorem sanctę dei genitricis Marię sanctique

Mauricii martyris) andererseits zur Entscheidung durch das Gericht seines Hofes (finali iudicio curię nostrę) vorgelegt. Er läßt zu diesem Zweck auf dem Hoftag in Gegenwart des Einsiedler Vogtes Rudolf von Rapperswil eine Urkunde Kaiser Heinrichs V. verlesen, mit

der aufgrund eines Urteils der örtlich zuständigen Schwaben dieselbe Angelegenheit zugunsten des damaligen Abtes Ger und dessen Vogtes Ulrich (von Rapperswil) entschieden wurde: Die Grafen Rudolf und Arnulf (von Lenzburg) und die Einwohner von Schwyz,

welche ein an ihre eigenen Felder angrenzendes Waldgebiet, das dem Kloster von den Kaisern Otto II., Otto III., Heinrich III. und Heinrich IV. als Reichsgut überlassen worden war, gewaltsam an sich gebracht hatten, wurden zu einer Buße verurteilt. Konrad verhängt

über den Grafen Ulrich und seine Streitgenossen, die dieses Urteil nicht akzeptiert hatten, eine weitere Geldstrafe und bestätigt den Besitzstand Einsiedelns innerhalb genannter Grenzen nach dem Vorbild von in seiner Gegenwart und mit Zustimmung des Hofes

anerkannten, von früheren Königen und Kaisern ausgestellten Privilegien des Klosters” . Die Liste der Zeugen war wieder beindruckend nämlich die Bischöfe Embricho von Würzburg, Burchard von Straßburg und Ortlieb von Basel, die Äbte Berthold von Murbach,

Wibald von Stablo, Fridelo von Reichenau und Walter von Selz, Herzog Friedrich (II.) von Schwaben, Herzog Konrad (von Zähringen), Markgraf Hermann (von Baden), Rudolf von Hohenberg, Volkmar von Froburg, Graf Ulrich von Gammertingen, Graf Eberhard von

Kirchberg, Berthold von Kalden, Ludwig von Öttingen, Graf Dietrich von Mömpelgard, Graf Ulrich von Egisheim, Graf Siegfried von Boyneburg in Sachsen, Graf Adolf von Berg in Westfalen, Graf Simon von Saarbrücken, Graf Sigibert (von Frankenburg), Heinrich von

Rheinau, Marquard von Grumbach, Konrad von Schwarzenberg, Graf Berthold von Nimburg, Sigebodo von Hohweiler, Marquard von Rothenburg, Berthold von Tannegg, Heinrich von Rheinfelden, Konrad von Krenkingen, Heinrich von Küssaberg, Burchard von

Herznach, Hugo von Teufen. – RI IV,1,2 n. 277

1155 verkaufte Rudolf das am Bodensee gelegen Landgut Maurach an das Kloster Salem (heute direkt unter der Birnau) und kaufte dafür ein günstiger gelegenes Gut. Am 18.3. 1161 bestätigte Papst Viktor IV. dem Kloster die Schenkung des Kloster

Fahr und erklärte dieses als unveräußerliches Eigentum von Kloster Einsiedeln.Viktor IV. war der von Barbarossa gestützte Gegenpapst zu dem am 18. September 1159 gewählten Papst Alexander III. Aus der von Viktor ausgestellten Urkunde lässt sich schließen,

dass Einsiedeln auf Seite der Staufer stand. Rudolf starb am 15. November 1171. Und es wiederholten sich die Vorgänge der Wahl von Rudolf. Die Mönche wählten einen Abt aus ihrer Mitte

aber auch diesmal erkannte ihn der Vogt Rudolf von Rapperswil nicht an. Sein Name ist nicht näher bekannt. Der Vogt verlangte, dass sein Bruder, der Mönch in St. Gallen war Abt in Einsiedeln werden sollte. Nach dem Liber Heremi und Bonstetten war es Warin.

Der Vogt hatte den Mönchen so zugesetzt, dass sie sich fügten. Einige gelangten allerdings nach Säckingen, wo sich Friedrich gerade aufhielt. Er setzte am 28. Februar oder 1. März beide Äbte ab  RI IV,2,3 n. 2011 und ernannte Werner II. zum Abt von Einsiedeln.Er war

erst Diakon, als er zum Abt bestimmt wurde. Deswegen wurde er im Fraumünster in Zürich zu Priester geweiht. Am 5. März kehrte er nach Einsiedeln zurück. Er suchte die Misswirtschaft der vergangenen Jahre wieder gut zu machen. Ob sich das nur auf die beiden

Jahre mit zwei Äbten oder einen längeren Zeitraum bezieht, kann ich nicht ersehen. Auf jeden Fall erwarb er versetzt Kirchengüter für 200 Mark zurück. In Einsiedeln und auf Stiftsgütern ließ er neue Bauten erstellen. Er vermehrte den Grundbesitz. In einigen Orten,

so in Riegel,  Pfäffikon, Brütten und Erlenbach zog er die Meierämter wieder an sich. Die Meier waren oft zu mächtig geworden und nützten ihr Amt zum Schaden des Klosters aus. Werner ersetzte sie durch Amtmänner, die man beliebig ihrer Stelle entheben

konnte.

Wahrscheinlich stammen von ihm auch die Konstitutionen, “ordo ad faciendum monachum”. Diese geben einen guten Einblick, was Brüder und Schüler das Jahr über Wäsche, Kleidern, Pelzen und Schuhwerk zu bekommen hatten. Zu Lebzeiten

Friedrich Barbarassos hatte der Abt keine Schwierigkeiten mehr mit seinem Vogt. Ab 1190 änderte sich dieses, so sehr dass er 1192 gegen den Willen seiner Mitbrüder resignierte. Dem Kloster blieb er aber noch als Dekan erhalten. Er mehrte noch den Klosterschatz

Werner war zugleich Bibliothekar und kümmerte sich um Bücher. Das Werk “abedecarius” ließ er in zwei Bänden binden.

Werner verstarb 1210. Der genaue Todestag ist nicht bekannt.

Nach der Resignation Werners scheint Rudolf von Rapperswil im 3. Anlauf an seinem Ziel angekommen. Die Mönche wählten wahrscheinlich auf erheblichen Druck seinen Bruder oder Sohn zum Nachfolger.Seine schlechte Regierung wird hervorgehoben, ja

er wird als “Flagellum quoddam iracundiae Dei” also als wahre Gottesgeissel bezeichnet. Doch nachdem, was wir wissen, scheint es doch, dass er den Nutzen des Stiftes zu wahren suchte. Er verteidigte das Präsentationsrecht gegenüber Bischof

Lütold von Basel (1192-1213) auf die Kirche von Hohenkirch im Oberelsass. Auch das Patronat über die Kirche von Stetten, auch im Oberelsass und die Leonhardskirche in Basel wurde anerkannt. Das Patronat über die Kirche in Weiningen, dass Judenta an Fahr

geschenkt hatte, musste er gegenüber Bischof Diethelm von Konstanz aber aufgeben. 1206 musste er aber die Abtei abgeben, warum ist nicht mehr bekannt, wie die Einsiedler Annalen vermerken. Die selbe Quelle gibt auch an, das Ulrich im selben Jahr verstorben

ist. Der Einfluss der Rapperswiler Schutzvögte scheint nun gebrochen zu sein.Später wird das Verhältnis sogar freundschaftlich.

Nachdem Ulrich abgetreten war, nahm Berthold den Einsiedler Abtsstuhl ein, nach Bonstetten und dem Liber heremi ein Freiherr von Waldsee und aus der Familie der Grafen von Heiligenberg. Von Bonstetten wird er hochgerühmt, was sich ebenso wenig

belegen  lässt, wie die Vorwürfe der Mißwirtschaft seines Vorgängers. Dass er aber von Papst Innozenz III. zusammen mit dem Bischof Reinherr von Chur (1194-1209), der für den Papst öfters in Streitsachen als Schiedsrichter tätig war, in der Streitsache des Grafen

Rudolf von Montfort und dem Abt Konrad von  Alt-St. Johann, das ist ein Mitte des 12. Jahrhunderts im oberen Thurtal gegründetes Benediktinerkloster, als Schiedsrichter eingesetzt wurde, spricht durchaus für seinen Ruf. Auch für den Erzbischof von

Mainz, Siegfried von Eppstein, schlichtete er 1210 zusammen mit Abt Heinrich II. von Rheinau (1206-1233) in einer Streitsache der Äbtissin von Fraumünster in Zürich und ihrem Meier  in Horgen. Der Spruch erging am 20. Juli 1210. Um diese Zeit brach auch der

Marchenstreit aufs Neue aus. Abt Bertold weilte am 31. März 1213 am Hoflager des jungen Stauferherrschers Friedrich II, der von dort aus den Kampf um sein Reich aufnahm. Möglicherweise wollte er sich Hilfe bei Friedrich in der Streitigkeit

mit den Schwyzern holen. Aber sicher hatte Friedrich zu derzeit andere Sorgen. Es ist auch möglich, dass diese alte Streitigkeit den Abt zur Resignation veranlasste. Der genaue Grund ist nicht bekannt, auch nicht sein Todesdatum. 1216 hat er wohl noch gelebt,

denn er wird in einer Urkunde  über einen Güteraustausch im Jahre 1216 aufgeführt: “dominus Covnradus abbas, Bertholdusa prior abbas,”1213 .

Konrad stammte, wie das Liber Heremi und Bonstetten berichten aus der Familie der Grafen von Kiburg –Thun. Aus seiner Familie kennen wir neben Konrad noch Heinrich von 1216 bis 1238 Bischof von Basel sowie Burkhard von Unspunnen. Mit ihm, der zwischen

1232 und 1237 starb, erlosch die Familie im  Mannesstamm. Als Konrad an die Regierung kam, war die Auseinandersetzung zwischen dem Staufer Friedrich und dem Welfen Otto noch in vollem Gange. Erst die Niederlage des Welfen in der Schlacht bei

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Bouvines 1214 entschied den Machtkampf zugunsten Friedrichs, weil sein Gegenspieler Otto jetzt die Unterstützung vieler Reichsfürsten verlor. Den Kampf um das Königtum nutzten die Schwyzer um ihre Vorstöße auf das Stiftsgebiet wieder

aufzunehmen. Diesmal ging es vor allem um die Gegend des oberen Sihltals. Sowohl das Stift als auch die Schwyzer rodeten in diesem Gebiet. Das führte zwangsläufig wieder zu Konflikten. Der Abt wandte sich an seine Schutzvögte Rudolf und Heinrich von

Rapperswil. Diese griffen wohl brachial durch. Sie brannten die Hütten und Ställe nieder, die die Schwyzer auf Klostergebiet errichtet hatten, nahmen Vieh und Werkzeug weg und wer sich zur Wehr setzte, wurde getötet. Die Sache wurde vor den

Landvogt im Zürichgau,  Rudolf II. von Habsburg,  gebracht,der im Amt auf die Grafen von Lenzburg gefolgt war. Am 11.6.1217 entscheidet Graf Rudolf II. von Habsburg den dreijährigen Streit zwischen Abt Konrad I. von Einsiedeln und den Vögten des Klosters Rudolf

und Heinrich von Rapperswil einerseits und den Landleuten von Schwyz anderseits um den Wald, in dem das Gotteshaus gelegen ist, als von beiden Teilen angerufener Richter unter Zuziehung von adeligen Herren und Dienstleuten, indem er die Urkunden und

Ansprachen beider Teile als abgetan erklärt und eine neue Grenzlinie festsetzt. Die Schwyzer bekamen  das hintere Sihltal, sowie die Täler der Waag und Minster und das obere Alptal zugesprochen. Beide Parteien hatten vorher zugesagt, sich der Entscheidung des

Landgrafen des Zürichgaus zu fügen. Der Kompromiss, den Rudolf  erreichte, fiel zwar zu Lasten des Stiftes aus, aber er beendete auch einen langen Streit. Er flammte zwar später nochmals aus, aber waren es bisher vor allem wirtschaftliche Gründe,  so waren bei

seinem späteren Wiederaufleben vor allem politische Fragen im Spiel.

Weiteres Ungemach folgte. Nur 10 Jahre nach diesem für das Kloster unglücklichen Entscheid fiel, brannte es am 5. Mai 1226 wieder im Kloster. Die Kirche fiel dem Feuer zum Opfer, wurde aber noch im gleichen Jahr wieder aufgebaut. Bischof Konrad weihte die

Kirche und Abtskapelle wieder ein.

Am 8.5.1219  erneuert Bischof Konrad II. von Konstanz  eine Urkunde seines Vorgängers Diethelm, wonach die Kirche Weiningen gemäss Stiftung der Judenta von Regensberg dem Kloster Fahr zustehen soll und der frühere Abt Ulrich I. von Einsiedeln dieses Recht

anerkannt hat.  Dies geschah auf Bitten des Erzbischofs Eberhard von Salzburg. Damit war der Streit, der zwischen Abt Ulrich und dem Konstanzer Bischof Diethelm über das Patronat der Kirche von Weinigen bestanden hatte, endgültig beigelegt. Der päpstliche

Legat Konrad, Bischof von Porto bestätigte dies den Frauen von Fahr am 11. Januar 1224. 1230 gestattet Abt Konrad Rudolf von Rapperswil zum Dank für die Hilfe im Marchenstreit, sich auf der Landzunge Endingen anzusiedeln, die dem Stift gehörte. Dort enstanden

Stadt und Schloss Rapperswil.

Auch Konrad war im Auftrag des Papstes tätig. So hatte er im März 1217 einen Streit zwischen Diakon Heinrich und dem Konstanzer Propst Heinrich von Tanne um eine Kirche zu schlichten, zusammen mit Abt Cuno  vom Kloster Marienberg und dem Propst des

Augustinerchorherrenstifts Öhningen auf der Höri.

Wahrscheinlich in der Amtszeit dieses Abts stammt das älteste Urbar von Kloster Einsiedeln. Es ist zwar nicht vollständig, gibt aber wertvolle Aufschlüsse über die Besitzungen des Klosters und dessen Einkünfte, aber auch über wirtschaftliche und kulturelle

Zustände.

Wie seine Vorgänger verzichtete auch Konrad auf die Abtei. Nach den Annalen geschah dies im Jahr 1234. Im gleichen Jahr ist auch sein Todesjahr.Nach der Resignation Konrads wurde  Anselm von Schwanden zum Abt gewählt. Er entstammte dem

Geschlecht der Freiherren von Schwanden, die ihren Sitz in der Pfarrei Schupfen im Bezirk Aarberg hatten.Urkundlich fassbar wird Anselm erstmals am 25.1.1239. Da wird ein Gütertausch zwischen dem Zisterzienserkloster Kappel und dem Stift Einsiedeln

beurkundet. Kloster Kappel hatte 1228 von den Habsburgern den Hof in Baar im Kanton Zug erworben. Die Urkunde wird heute noch im Pfarrarchiv der Gemeinde Baar aufbewahrt und ist das älteste Schriftdokument der Gemeinde.

In Baar hatte das Kloster Einsiedeln am Mühlbach, einem Seitenarm der Lorze seine Klostermühle erbaut. Es ist dies die älteste Mühle im Kanton Zug. Das Kloster Kappel wollte wohl seinen Besitz in Baar ausweiten. Ein Gütertausch mit Kloster Einsiedeln bot sich an.

Für seine  Besitzungen in Finstersee tauschte es die Mühle und einen Hof in Baar ein. Abt Heinrich von Kappel und Anselm vom Kloster Einsiedeln nahmen den Tausch vor. In der Folge taucht Anselm noch mehrere Male in Urkunden auf. Er nimmt Schenkungen

entgegen, die er oft gleich wieder als Lehen an den Schenkenden vergibt. So 1244 an den Bürger Anton von Rapperswil, der wohl derselbe ist, der  am 25.1.1252 von Anselm den Zehnten der Pfarrei Meilen verliehen bekommt. Mit den Grafen von Rapperswil stand

er wohl auf gutem Fuße, den er tritt öfters als Zeuge in Urkunden des Grafen auf. Daneben gibt es kleinere Geschäfte, die Leibeigene betrafen.

Wie oben ausgeführt hatte Otto I. ja den Hof in Pfäffikon geschenkt. Das Kloster errichtete dort einen  Speicher zur Lagerung des Zehnten. Abt  Anselm ließ dort einen Turm errichten zur Abwehr feindlicher Angriffe und zum Schutz der Klosterländereien.

Wohl unter Abt Johannes I. von Schwanden wurde die Anlage mit Mauern, Wällen und Wassergräben weiter verstärkt. Auch in der Folgezeit war die Anlage wichtig. Sie diente öfters als Abtsresidenz. 1480 fand hier die Abtswahl statt und nach dem großen

Klosterbrand von 1577 kamen die Mönche hier für 7 Monate unter.

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Auch in Diensten des Papstes finden wir den Abt öfters. In Rom war seit 1243 Innozenz IV. Papst.In St. Gallen war Burchard von Falkenstein 1244  Abt geworden (siehe Blog St.Gallen) Das Kloster stand bisher fest auf Seiten des Kaisers.

Der neue Abt aber schwenkte ins päpstliche Lage über. Der St. Gallener Abt wurde für seinen Positionswechsel schnell belohnt.Das Kloster Rheinau war durch seine Vögte, die Herren von Krenkingen in missliche Lage gebracht worden. Papst Innozenz hatte

die Verwaltung des Stifts dem Konstanzer Bischof Heinrich von Tanne übertragen. Doch dieser verstarb 1248. Der Papst übertrug  am 7. September 1248 Abt Burchard die Verwaltung des vakanten Klosters. Allerdings stieß auf heftigen Widerstands des Nachfolgers

des verstorbenen Bischofs von Konstanz, Eberhard II. ein Neffe von Bischof Heinrich. Er erhob ebenfalls seinen Anspruch auf das Kloster. Der Papst befahl  am Tag der Übertragung auf den St. Gallener Abt dem Rheinauer Konvent dem als Verwalter eingesetzten

Abt zu gehorchen und Abt Anselm aus Einsiedeln den Konvent nötigenfalls mit Gewalt zum Gehorsam  zwingen. Am 30.5. 1250 beauftragte er Abt Anselm, das Kloster St. Gallen mit der Abtei Rheinau zu vereinigen und erst am 1.7.1250 gelangte der St. Gallener Abt in

den Besitz des ihm vom Papst zugesprochenen Klosters.

Auch Einsiedeln hatte sich nicht aus den Streitigkeiten zwischen  Papst und Kaiser heraushalten können. Innozenz hatte nach seiner Wahl das Konzil 1245 abgehalten. Dort hatte er Kaiser Friedrich des Eidbruchs, der Häresie, des Sakrilegs und

der Unterdrückung der kirchlichen Freiheiten angeklagt. Der Kaiser wurde in allen Punkten schuldig gesprochen und erneut gebannt und der Gehorsam gegen ihn wurde verboten.  Über alle Gebiete, die dem Staufer anhingen, wurde das Interdikt ausgesprochen.

Der Bischof von Konstanz wurde am 10. Juni 1247 bevollmächtig, die Durchführung mit schwersten Strafen zu erzwingen. Das Kloster Einsiedeln erwirkte sich, wie auch andere Klöster, die Erlaubnis, das Interdikt milder beobachten zu dürfen, also ohne

Glockenläuten Gottesdienst hinter verschlossenen Türen feiern zu dürfen, vorausgesetzt man habe nicht selbst zum Interdikt Anlass gegeben (16.12.1247).Auch Kremsmünster (21.1.1247), Pfäfers (23.5.1248), und Mehrerau (27.5.1248) erreichten diese

Vergünstigung. Weitere Gnadenerweise waren der 40 tägige Ablass für alle Gläubigen, die Einsiedeln an an Weihnachten, Ostern, Pfingsten, an den Festen der Jungfrau Maria und am Fest der Kirchweihe besuchen.

Der Papst war also durchaus freigiebig mit Gnadenerweisen auch wenn es darum ging, Parteigängern mit Pfründen zu versorgen. Nachdem sich solche Ansinnen häuften, wandte sich Anselm an den Bischof von Sitten, Heinrich von Raron und den St. Gallener Abt um

Vermittlung. Darauf bestimmte Innozenz am 31.8.1250, dass das Kloster von solchen Belästigungen verschont blieb. Der Propst von Interlaken wurde beauftragt, dafür zu sorgen.  Am 16.2.1251 erlaubte der Papst dem Abt den Gebrauch des Siegelrings und Mitra auf

Lebenszeit.

Auch der Nachfolger von Innozenz, Papst Alexander IV. (Papst von 1254-1261) setzte Abt Anselm ein. Auf der Reichenau war Burkhard von Hewen von 1253-1259 (siehe Reichenau)Abt. Das Kloster war ziemlich heruntergekommen. Die Mehrheit der Mönche

wandte sich an Papst Alexander. Dem Abt wurde Verschleuderung der Klostergüter, Simonie und Zerstörung des Ordensleben vorgeworfen. Darauf hin setzte der Papst den Abt von Ottobeuren Heinrich, Anselm von Einsiedeln und den Abt von Neuwiller im Elsass

zur Untersuchung der Vorwürfe ein. Außerdem sollten sie auch eine Reform des Klosters voranbringen. Am 6. Februar 1258 übertrug Papst Alexander den St. Gallener Abt Berchtold die geistliche und weltliche Verwaltung Kloster Reichenaus. Das wieder rief den

Konstanzer Bischof auf den Plan, der an die päpstliche Kurie berichtete, der Bericht Burchards sei reine Erfindung. Daraufhin wurde Anselm wieder mit der Untersuchung der Vorfälle betraut. Am 7. März 1258  befahl der Papst,  Abt Anselm bei er Untersuchung

zu unterstützen. Außerdem nahm er die ”erschlichene Bestellung des Abts von St. Gallen zum Koadjutor des Reichenauer Abts” zurück. Burkhard verzichtete auf die Reichenau und schlug Albrecht von Ramstein als Abt für die Reichenau vor.

Dieser war Pförtner und Konventuale in St. Gallen, außerdem ein Vetter und Vertrauten Burchards. Der Papst berief nun die beiden streitenden Parteien nach Viterbo. Dort gelang es dem Papst, Abt und Bischof zu versöhnen. Albrecht wurde1259 zum

Reichenauer Abt gewählt.

Die im Züricher Urkundenbuch abgedruckte Urkunde Nr. 1325 ist die letzte, die uns von Anselm überliefert ist. Es handelt sich um eine Schenkung Anselms eines Guts in Killwangen an das Kloster Wettingen.

Am 30. Dezember 1266 verstarb Abt Anselm.

Als sein Nachfolger wurde Ulrich II. von Winneden gewählt. Das Liber Heremi sagt, dass er vorher Kustos gewesen sei und in einer Urkunde (Züricher Urkundenbuch III Nr. 1214) erscheint auch ein Kustos Ulrich als Zeuge.

Er stammte aus der Familien der Edlen von Winneden, das heutige Wennedach, Gemeinde Reinstetten im Kreis Biberach/Riss. Er hatte wohl drei Brüder, einen namens Heinrich, der die Herrschaft Wennedach innehatte,

einen, dessen Namen wir nicht mehr kennen und Konrad, der Mönch in Augsburg war. Heinrich hatte drei Kinder, Mechthild, die Klosterfrau in Fahr wurde, Diethoh, der uns noch begegnen wird und ein drittes, dessen Name uns nicht bekannt ist.

In Urkunden tritt der Abt erstmals am 25. Oktober  1268 auf (Züricher Urkundenbuch Nr.1397) Es geht hierbei um einen Streit über Eigentumsrechte um eine Mauer zwischen einem Hof des Klosters Einsiedeln und dem Fraumünsterkirchhof in

Zürich. Am 13. Januar 1275 gibt der Abt und der Konvent Güter in Laupheim, Wennedach und Simmisweiler an den Edlen Diethoh von Winnenden zurück, die dieser dem Kloster geschenkt und zu Lehen zurückerhalten habe, zurück,

da sie, so die Begründung, mehr Kosten verursache, als das Kloster daraus je erwirtschaften könne. Der Bauhistoriker Stefan Uhl aus Warthausen meint, dass es sich dabei auch um eine Verschleierung der tatsächlichen Besitzverhältnisse

gehandelt haben kann. Möglicherweise hat es sich ursprünglich um Reichsgut gehandelt. Und wenn es nun aus Einsiedeln unter der Vorspieglung wirtschaftlicher Erwägungen zurückgegeben wurde, konnte es faktisch in den Eigenbesitz Diethohs übergehen.

1270 erwarb Ulrich die Vogtei über die Kirchengüter in Erendingen im Kanton Aargau zurück.

Am 29. September 1273 wurde Rudolf von Habsburg zum deutschen König gewählt. Damit endete das Interregnum und es kehrte allmählich wieder Rechtssicherheit im deutschen Reich ein. Im Januar kam der neugewählte König nach Zürich.

Auch Abt Ulrich kam nach Zürich. Dort wurde am 26.1.1274 folgende Urkunde ausgestellt: “König Rudolf I. erklärt, dass er Abt Ulrich II. von Winneden zu Einsiedeln in der Konstanzer Diözese durch das königliche Zepter mit der fürstlichen Würde bekleidet und ihn

unter die Zahl seiner Fürsten aufgenommen habe, allen Dienstmannen, Rittern und Untertanen der gedachten Abtei gebietend, demselben als solchem in der Verwaltung der Temporalien Gehorsam zu leisten.” Damit wurde erstmals diese Würde an

den Einsiedler Abt verliehen, wobei Rudolf ausdrücklich bezeugt, dass schon frühere Äbte diese Würde besessen hätten.

1275  wurde das Zehntbuch für die Einziehung des Kreuzzugszehnt, der 1274 auf dem beschlossen worden war, angelegt. Dieser wurde dann von 1274-1280 von allen Beziehern geistiger Pfründen erhoben. Dazu mussten sie eine eidliche Selbstangabe abgeben.

Der Einsiedler Abt gab 761 Pfund an Damit hat man ein schönen Einblick in die Vermögenslage des  Stiftes.Oft hatten Eigenleute verschiedener Herren Stifte geheiratet. Das hatte immer wieder zu Schwierigkeiten geführt. Nun einigten sich Stifte, dass Eigenleute

untereinander heiraten  konnten, als ob sie demselben Herrn gehörten. 1276 gab es eine solche Genossame zwischen den Stiften Pfäfers, Disentis, Chur, Schänis, St. Gallen, Reichenau,Luzern, Säckingen Zürich und Einsiedeln.

1277 begab sich Abt wohl auf eine Romfahrt. Am  11.8. 1277 verstarb er in Como und ist dort wahrscheinlich  auch begraben.

In seiner Amtszeit besetzte der Konvent auch einen Abtsstuhl. Dietrich von Rodt aus der Familie der Edelfreien von Rodt in der Nähe von Illertissen wurde 1266 nach Augsburg ins Kloster St. Ulrich und St. Afra berufen.Er folgte dem verstorbenen Abt

Gebwin von Thierheim und war dort Abt bis 1288. Seine Regierung galt als gut. Er war ein Bruder von Wolfhard, der von 1288-1302 Bischof von Augsburg war.

Zu seinem Nachfolger wählen die Mönchen Peter I. von Schwanden. Er stammte wie sein Vor-Vorgänger aus der Familie von Schwanden. Dass er dieser Familie angehörte, belegt dasselbe Epitaph, das auch Auskunft über Anselm gibt.

Das einzige Mal, an dem er urkundlich fest zu machen ist, ist der 27. Oktober 1275. Dort erscheint er als Zeuge und wird Kustos genannt. Es ist nicht verwunderlich, dass er sonst nicht in Urkunden auftaucht, denn seine Regierungszeit endete schon am

19. Juni 1280. Wie uns die Annalen berichten, wurde Peter an diesem Tag in der Liebfrauenkapelle in Zug vom Blitz erschlagen. Von Abt Johannes I. wissen wir, dass Peter die Vogteien an den nachgeborenen Sohn Rudolfs IV. von Rapperswil, Rudolf V. übertragen

hatte.

Auf ihn folgte Heinrich II. von Güttingen. Es ist dies der erste Abt in Einsiedeln, dessen Geschlechtsnamen in gleichzeitigen Urkunden genannt wird. Seine Familie, die Freiherren von Güttingen hatten ihren Stammsitz in dem kleinen Dorf am Bodenseeufer.

Diese Familie stellte mit Rudolf, der von 1220 bis 1223 die Abtswürde bekleidete, bevor er 1223 Bischof von Chur (bis 1226) wurde und Ulrich (1272-1277) zwei Äbte in St. Gallen. Der Bruder Ulrichs, Albrecht ist im St. Gallener Professbuch als Diakon

aufgeführt. Später wurde Albrecht Barfüsser. Am 15. Januar 1283 verstarb der letzte Rapperswiler Graf Rudolf V. noch minderjährig. Wie wir oben gesehen haben, hatte Abt Peter diesem die Vogtei übertragen. Diese ging nun an seine Tante Elisabeth und deren

Gemahl von Homberg über. Die beiden kamen aber nicht um das Lehen ein. Deshalb übertrug Abt Heinrich  die Vogtei an seinen eigenen Bruder Rudolf von Güttingen. Damit war allerdings König Rudolf nicht einverstanden. Gegen eine Entschädigung von 200

musste  der Güttinger verzichten. König Rudolf ließ die Lehen, die eigentlich nur in männlicher Linie vererbbar waren, durch den Schultheißen Dietrich von Winterthur einziehen. Im Laufe dieser Auseinandersetzung überfiel der Schultheiss sogar

das Kloster. Daraufhin erwirkte er bei Bischof Rudolf (1274-1293) die Exkommunikation des Schultheissen. Der Bischof entstammte auch dem Hause Habsburg und war ein Vetter Rudolfs.Allerdings geriet er wegen dessen Landerwerbungen

in Gegensatz zu seinem königlichen Verwandten. Im Einverständnis mit dem König wurde der Leutpriester der Ufnau mit der Durchführung der Exkommunikation beauftragt. Der Graf von Homberg verstarb 1289. Elisabeth suchte nun nach nach einem

Vergleich. Dieser kam am 21. 1289 in Basel zustande. Die Witwe bekam die Höfe Stäfa, Pfäffikon, Erlenbach und Wollerau, dazu noch die Höfe von Männedorf und Tuggen die Pfäfers gehörten. Die Vogtei aber blieb bei den Herzögen von Österreich.Nun aber

flammte der Marchenstreit wieder auf, diesmal wohl politisch motiviert. Nachdem Rudolf König geworden war, baute er rücksichtslos seinen Territorialstaat aus und versuchte die Vogteien, wie die von Einsiedeln an sich zu bringen. Von den Waldstätten und den

Schwyzern wurde dies mit großem Misstrauen beobachtet. Zwar gibt es eine Bulle aus dem Jahre 1282 In dieser erteilt Papst Martin IV.dem Abt von Pfäfers infolge Klage des Abtes und Konventes von Einsiedeln über Bedrückung und Schädigung den Auftrag, Abt und

Konvent gegen Räuber und Angreifer zu schützen und die Fehlbaren mit Kirchenstrafen ohne Appellation in Schranken zu halten. Wahrscheinlich sind die Auseinandersetzungen aber in den letzten Regierungsjahren Rudolfs an zusetzen, wo die Spannungen

zwischenden Eidgenossen und  Habsburg auf ihrem Höhepunkt angelangt waren. Im August 1291 hatten die Eidgenossen ja ihren Bund erneuert.

440px-Bundesbrief2

Die Schwyzer gingen nun gegen das Kloster vor, wollten aber eigentlich dessen Vögte, also die Habsburger treffen. Es war also eine Freiheitsbewegung und kein Klosterstreit, der sich hier auftat.

Papst Nikolaus IV. (1288-1292) bestätigte am 23. 8 1290 bei Orvieto  “dem Abt und Konvent von Einsiedeln auf ihre Bitte alle Freiheiten, die ihnen von seinen Vorgängern, und ebenso die Freiheiten und Befreiungen von weltlichen Abgaben, die ihnen von

Königen, Fürsten und andern Christgläubigen gewährt worden sind.” Heinrich bemühte sich sehr um die Verwaltung des Klosterbesitzes, was die Hofrechte von Fahr und Eschenz und Einkunftsverzeichnisse von  Riegel,Brütten, Walahusin und Winterberg belegen,

die er aufzeichnen ließ.  1288 erreichte er auch ein Ablassbrief von zwölf Erzbischöfen und  Bischöfen, die am päpstlichen Hof in  Rieti weilten einen Ablassbrief für die St. Gangulf-Kapelle in Einsiedeln.

Laut dem Liber Heremi stirbt Heinrich 1298 in Pfäffikon. Der verstorbene Abt war, wie es scheint, auch ein Förderer von Kunst. Auf ihn bezieht sich wohl der Züricher Minnesänger Johannes Hadlaub, der ihn als seinen Gönner bezeichnet. Hadlaub lebte in der 2.

Häfte des 13. Jahrhunderts und Anfang des 14. Jahrhunderts in Zürich. Von ihm sind 51 Lieder und drei Leichs in der Manessischen Handschrift überliefert.

Mit Johannes I. von Schwanden tritt das letzte Familienmitglied der Familie von Schwanden sein Amt als Abt an. Im Reich war inzwischen Albrecht König, der älteste Sohn Rudolfs von Habsburg. Nachdem Rudolfs Nachfolger Adolf von Nassau 1298

abgesetzt worden war und am 2. Juli 1298 bei der Schlacht von Göllheim ums Leben kam, wurde der am 23. Juni als Nachfolger gewählte Albrecht am 25. Juli 1298 in Aachen zum deutschen König gekrönt. Am 1.4.1299 war Albrecht in Konstanz. Dort

verlieh  er Abt Johannes die Reichsfürstenwürde  und übergab ihm das Zepter. Während seiner Regierungszeit war Rudolf von Radeg Schulmeister in Einsiedeln. Dieser ist von 1311-1327 bezeugt. Er war ein Sohn des Freiherren Rudolf von Radegg

und hatte wahrscheinlich die Klosterschule in Rheinau besucht. Vor 1311 war er in Einsiedeln an der Schule, aber nicht Konventuale. Durch ihn sind wir so gut wie sonst keinen mittelalterlichen Abt Einsiedelns über Johannes unterrichtet.

Rudolf schrieb die “Capella Heremitana” , ein Preisgedicht auf das Kloster Einsiedeln in 854 lateinischen Distichen. Es gliedert sich in Prolog und drei Bücher. Buch I preist die Abtei, Buch II die Person und die Leistungen von Abt Johannes und Buch III

berichtet vom Überfall der Schwyzer auf das Kloster. Es gilt auch als wichtige Geschichtsquelle aus der Zeit der Entstehung des Schweizer Bundes. Die einzige Handschrift, die 1444 geschrieben worden ist, steht im Kloster Einsiedeln.  Sie ist mit einem Kommentar

versehen, der darauf schließen lässt, dass das Gedicht beim Unterricht in der Poetik und Rhetorik verwendet wurde. 7 Konventuale lebten zur Zeit Rudolfs im Kloster. Auch unter Abt Johannes stellte das Kloster wieder auswärtige Äbte und zwar Hermann von Arbon

in Pfäfers (1330-1361). Er ist wohl erst nach 1314 ins Kloster Einsiedeln eingetreten. Hermann von Bonstetten wurde von Papst Johannes XXII. 1333 zum Abt von St. Gallen berufen und war dies bis 1360. Er geriet allerdings in die Streitigkeiten zwischen Papst und

Kaiser Ludwig den Bayern. Thüring von Attinghausen war von 1333-1345 Abt in Disentis. Er und Heinrich von Bonstetten waren auch unter den Gefangenen beim Überfall der Schwyzer auf das Kloster.

Am  1.8.1314  trafen Abt Johannes und der Konvent von Einsiedeln “ Bestimmungen über sichere Aufbewahrung des Konventssiegels, dass es in der Kiste (arca) der Sakristei aufzubewahren und mit zwei Schlüsseln zu verschliessen sei, wovon der eine in der Hand

des Abts, der andere in der eines Konventualen liegen soll; bei Meinungsverschiedenheiten über den Gebrauch des Siegels zwischen Abt und Konvent soll Albrecht von Uerikon [Albertus de Uirinkon] als Schiedsrichter entscheiden” Abt Hermann von Disentis

traf am 25. März 1343 eine ähnliche Übereinkunft mit seinem Konvent. Unter Abt Johannes wurden eine Reihe frommer Stiftungen für das Kloster getätigt. Auch als Bauherr trat er in Erscheinung. Die Verstärkung des Turms von Pfäffikon wurde oben schon erwähnt.

Um das Kloster ließ er eine Umfassungsmauer errichten, der Konvent erhielt neue Wohngebäude, der Vorhof der Kirche wurde neu erstellt, Krambuden gemacht und der schon bestehende Frauenbrunnen verschönert. Die Johanneskapelle im Kreuzgang wurde

umgebaut. Auch um weltliche Dinge kümmerte sich der Abt. Die Vogtei wurde an Gräfin Elisabeth von Rapperswil vergeben, die in zweiter Ehe mit Rudolf von Habsburg-Laufenburg verheiratet war. Den verschuldeten und verpfändeten Hof in Riegel löste er wieder

ein. Weit entlegenen Besitz tauschte er gegen günstig gelegeneren ein. In Höngg und Erlenbach ließ er Weinberge anlegen.

Gravierendstes Ereignis aber war der erneute Ausbruch des Marchenstreits. Am 1. Mai 1308 hatte Johann von Schwaben seinen  Onkel,  König Albrecht in Windisch an der Reuss erschlagen. Es war um die Herausgabe seines väterlichen Erbes, vor allem aber

der Entschädigung, die er wegen seines Verzichts auf Mitherrschaft nach den Bestimmungen  der Rheinfeldener Hausordnung von 1283 zu beanspruchen hatte. Dies enthielt die Erbfolge Rudolfs I. von Habsburg und war das erste Hausgesetz des Hauses Habsburg.

Albrecht hatte seinen Neffen immer vertröstet und die Auslieferung des Erbes verweigert mit den für ihn tödlichen Konsequenzen. Nach dem gewaltsamen Tod des Königs begannen die Übergriffe der Schwyzer. Sie trieben im Sihl-,Alp- und Bibergebiet

Viehherden auf Stiftsgebiet und griffen auch sonst in die Rechte des Stiftes ein. Auch bewaffnete Überfälle in diesem Gebiet und auch auf Stiftsbesitzungen im Zuger Land erfolgten. Das Kloster klagte beim Bischof von Konstanz Gerhard von Bevar (1307-1318)

und König Heinrich VII. Der Bischof entschied, dass die Schwyzer das Geraubte zurück zu geben hätten und den Schaden ersetzen müssten. Dagegen erhoben die Schwyzer beim Apostolischen Stuhl Einspruch. Der Bischof verhängte die Exkommunikation der

Schwyzer, darunter der Landamman Konrad ab Yberg, seine Söhne Konrad und Ulrich  sowie Rudolf Staufacher, der ehemalige Schwyzer Landamman und seine Söhne Heinrich und Werner, der wohl beim Rütlischwur dabei war, sowie andere. Die Schwyzer

klagten dagegen in Avignon. Clemens V. beauftragte den Abt  von Weingarten Friedrich Heller von Hellersberg und den von Engelberg sowie den Konstanzer Domherrn Lütold von Röteln mit der Untersuchung der Angelegenheit. Sollte die Exkommunikation nach

erfolgter Appellation erfolgt sein, so sei sie aufzuheben. In der Tat wurde die Exkommunikation am 20.Juli 1310 zurückgenommen. Einsiedeln hatte auch bei König Heinrich geklagt. Dieser war im Mai 1309 in Zürich und bald darauf in Konstanz. Heinrich verbot jede

weitere Schädigung. Er bestellte auch einen Obmann für ein Schiedsgericht. Wie aus dem Klagerodel hervorgeht, kam es aber zu weiteren Überfällen. Am 14.3.1311 trafen sich die Parteien im Letzikloster in Zürich. Die Schwyzer bestimmten ihren Landamman

Konrad ab Yberg und den Amman Werner Tiring als Schiedsleute. Für das Kloster wirkten Jakob von Wart und Ritter Rudolf der Jüngere Mülner. Als Obmann wurde von beiden Seiten Ritter Rudolf der Ältere Mülner gewählt. Die Mülners waren ein einflussreiches

Rittergeschlecht. Beide saßen im Rat der Stadt Zürich und Rudolf der Jüngere war 1318 Schultheiss in Zürich.Bemerkenswert, dass Jakob von Warth der Bruder des Königsmörders von 1308, Rudolf von Warth war. Der Spruch sollte bis Johanni ergehen, also 24.6. Beide Seiten

die für die Einhaltung des Richtsspruchs bürgen sollten, stellten 10 Geiseln. Die Schwyzer sollten die geraubten Güter zurückgeben und Schadenersatz leisten. Sie hielten sich aber nicht daran. Die Streitereien gingen weiter. Am 24. Mai 1312 schloss Zürich

auf Geheiß König Heinrichs mit den Städten Konstanz,Schaffhausen und St. Gallen ein auf 4 Jahre befristetes Schutzbündnis ab. Die Städte mahnten die Schwyzer, einzulenken.

Inzwischen ging Heinrich  auf die Habsburger zu und sicherte ihnen die Wahrung ihrer Rechte in den Waldstätten zu. Die Schwyzer mussten nun nachgeben. Die Sache wurde nun vor den Landvogt im Thurgau Eberhard von Bürglen gebracht. Die Mißhelligkeiten

zwischen Zürich und der Schwyz wurden beigelegt. Der Landvogt opferte aber die Ansprüche des Klosters. Dagegen ging das Kloster natürlich vor. Von weltlicher Seite war keine Unterstützung mehr zu erwarten. Also wandte sich das Kloster an den Offizialen des

Konstanzer Bischofs. Dieser ließ die Sache vor einem bischöflichen Gericht untersuchen. Darauf erfolgte wieder die Exkommunikation der Landammänner. Die Schwyzer klagten in der nächsten Instanz, das war der Metropolit von Mainz, also

die dem Konstanzer Bischof vorgesetzte Stufe. In Mainz war zu derzeit Peter von Aspelt (1306-1320) Erzbischof. Bis 1306 war er Bischof von Basel. Er war Parteigänger der Luxemburger und als Heinrich in Italien war, auch Reichsverweser. Mainz wies die

Appellanten aber an Konstanz zurück. Konstanz ermahnte die Schwyzer wieder zu Schadenersatz und Genugtuung. Die Schwyzer kümmerte das nicht. In der Diözese wurde nun Bann und Interdikt verkündet. Um das auch in Schwyz zu verkünden, wagte sich

niemand da hin. Die Lage spitzte sich weiter zu. Die Schwyzer setzten sogar ein Kopfgeld auf Abt Johannes aus. Auf dem oben erwähnten Italienzug erkrankte Heinrich an Malaria und starb am 24. August 1314 in Siena. Es kam nun zur Doppelwahl . In Aachen krönte

Peter von Aspelt Ludwig den Bayern zum König. In Bonn wurde der Habsburger Friedrich der Schöne vom Kölner Erzbischof Heinrich von Virneburg (1304-1332) am 25. November 1314 zum deutschen König gekrönt. Die Lage im Reich nützten die Schwyzer nun aus.

Vom 6.auf 7. Januar 1314 überfielen die Schwyzer das Kloster. Abt Johannes weilte in Pfäffikon und hatte dahin wohl auch die Einsiedler Urkunden in Sicherheit gebracht. Die Mönche wurden gefangengenommen und bis auf Johannes von Hasenburg und

Konrad von Buwenburg, die zu schwach waren, weggeführt. Auch der Schulmeister Rudolf von Radegg wurde mitgeschleppt. Er berichtet dies alles in seinen “Capella” Kirche und Kloster wurden geplündert, Vieh und Fuhrwerke wurden geraubt.

Bis auf Thüring von Attinghausen, für den sich mächtige Verwandte einsetzten, vor allem Werner von Attinghausen  von 1294-1321 Landamman in Uri, der schon nach 10 Tagen frei kam , blieben alle bis zum 29. März 1314 in Gefangenschaft.

Der Habsburger Friedrich verhängte die Reichsacht über die Schwyzer, kam aber nicht dazu, sie zu vollziehen. Die Schwyzer nützten natürlich die unklare Lage im Reich und wandten sich an seinen Gegenspieler Ludwig. Dieser hob die Acht wieder auf und setzte sich

auch in Mainz dafür ein, dass die Konstanzer Maßnahmen wieder aufgehoben wurden. Das machte natürlich längere Untersuchungen notwendig.

Die Habsburger, waren zum einen die Schutzvögte von Kloster Einsiedeln und hatte zum anderen gerade in diesem Gebiet große Besitzungen und sahen natürlich ihre Interessen gefährdet. Friedrich beauftragte nun

seine jüngeren Bruder Herzog Leopold von Österreich gegen die Waldstätte vor zu gehen. Leopold plante wohl über Morgarten nach Schwyz vor zu stoßen. Er hatte  auch die Vorstellung, dass Ritter gegen Ritter kämpfe. Den Rittern schwebte wahrscheinlich eine

Strafaktion gegen aufmüpfige Bauern vor. Es dürften wohl um die 5000 auf der Habsburger Seite gewesen sein. Am Morgarten gerieten sie in einen Hinterhalt und wurden  geschlagen.

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Die Schlacht fand am 15. November 1315 statt und das Habsburgische Heer erlitt eine vernichtende Niederlage. Zwischen den Amtleuten und Landleuten in den Waldstätten und den Herzögen von Habsburg kam ein Waffenstillstand am 19. Juli 1318 zustande,der immer wieder verlängert wurde. Erst in den Waffenstillstand am 6. November 1320 wird das Kloster ausdrücklich einbezogen und das auch für rückwirkend geltend erklärt. Das verhalf dem Kloster allerdings nicht zu seinem Recht. Auch kirchlicherseits kamen sie nicht

weiter. Sie hatten zwar am 17. November 1318 eine Bannbulle von Papst Johannes XXII erwirkt, musste aber auch auf Bitten des Vogtes darauf verzichten. Bischof Johannes von Straßburg war in der Bulle zum Richter ernannt worden und lud beide Parteien

am 26. März 1319 zu sich. Die Schwyzer erklärten aber, dass sie “wegen schwerer Gefährdung nicht in Strassburg erscheinen könnten”.  Der Bischof bestätigte nun die verhängten Strafen. Durch den Verzicht des Klosters aber war alles hinfällig.

War die gesamte wirtschaftliche Lage in dieser Zeit ohnehin schwierig genug, so machte das alles natürlich noch schlimmer. Das Kloster geriet immer stärker in Schulden. Güter mussten verkauft werden, der Zehnte versetzt. Dennoch

hinterließ der Abt seinem Nachfolger 590 Pfund und 40 Gulden Schulden. Am 11. März 1327 starb Johannes und wurde im Grab seines Verwandten Anselm von Schwanden beigesetzt.

Auf ihn folgte Johannes II. von Hasenburg. Er war 1314 beim Überfall auf das Kloster dabei und wurde wie Konrad von Buwenburg nicht weggeführt. Er gehörte wahrscheinlich dem Willisauer Zweig der Freiherren von Hasenburg an, die ihren Stammsitz in Asuel im

Kanton Jura hatten. 1302 und 1303 errichteten die Herren einen befestigtes Zentrum anstelle des bisherigen Pfarrdorfs. In Urkunden von 1322 und 1326 tritt er als Zeuge auf und erscheint als Propst. Er wird, wie Bonstetten berichtet in Pfäffikon

zum Abt gewählt. Er tritt erstmals in einer Urkunde von 1327 auf, die ein  Heymo zu Hasenburg, Kirchherr zu Willisau, siegelt. Für die Benediktion hatte er dem Bischof von Konstanz 10 Pfund und dessen Diener 3 Pfund zu zahlen. Vordringlichste Aufgabe war, die durch den

Marchenstreit und seine Folgen verursachten Schulden einzudämmen. Er ließ die Urbare erneuern. Das Große Urbar von 1331 ist noch erhalten, er ließ Hofrechte neu verzeichnen. Er rechnete mit den Gotteshausamtmännern ab, was in vielen Urkunden

dokumentiert ist.  Die Stiftsgüter visitierte er persönlich. Er ließ Inventarien aufnehmen. Er konnte die Schulden seines Vorgängers und seine eigenen bezahlen. Den Hof in Illnau, den sein Vorgänger verkaufen musste, konnte er zurückkaufen und noch einige Güter

zurückkaufen. Er scheint eine glückliche Hand in weltlichen Dingen gehabt zu haben. Von 1330 bis 1331 wurde ihm die Verwaltung von Engelberg übertragen. In Engelberg hatte es 1306 einen Klosterbrand gegeben und auch dieses Stift war durch einen

Marchenstreit mit Uri stark beeinträchtig. Hier ging es um die Alpweiden jenseits des Surenpasses. Der Engelberger Abt Walter III. Amstutz war in dieser Zeit im Kloster Einsiedeln.

Am 13.08.1330 verpfändete Kaiser Ludwig für “20000 Mark Silber Konstanzer Gewichts die Städte und Burgen Zürich, Schaffhausen, St. Gallen und Rheinfelden mit Leuten, Gütern, Ehren, Rechten, Kirchensätzen, Gülten, Judensteuern, Nutzungen, [guten]

Gewohnheiten und Zubehör”. Dagegen wehrten sich Zürich und St. Gallen. In St. Gallen half der Abt. in Zürich setzten sich die Waldstätte ein, nach Ausweis seines Rechnungsbuchs auch Abt Johannes. Dass der Abt eine  guten Ruf genoss zeigt, auch, dass er

von Werner von Batzenberg, einem Toggenburger Ministerialen mit der Vollstreckung seines Testaments betraut wurde. Um seine Gesundheit scheint es aber nicht gut gestanden zu haben. Er war ja schon 1314 nicht mitverschleppt worden

und nach ausweis seines Rechnungsbuch weilte er in den Jahren 1330 und 1332 in Baden zur Kur, würde man heute wohl sagen. Das Nekrologium von Fahr gibt den 21. Juli 1334 als Todestag an.

Sein Nachfolger wurde Konrad II. von Gösgen. Er stammte aus der Freiherrenfamilie Gösgen, die zwischen 1161 und 1400 bezeugt ist. Sein Vater war wohl Gerhard von Gösgen. Konrad begegnet uns ebenfalls bei dem Überfall der Schwyzer.

Er entkam bei dem Überfall als einziger und ging wahrscheinlich  nach Pfäffikon zu seinem Abt.

Hatte das Stift unter Abt Johannes II.wieder ruhiger Zeiten gehabt, so konnte es sich nach den wenigen Jahre der Ruhe nicht aus den Streitigkeiten in seinem Umfeld heraushalten. An Kirchweih kam es in Einsiedeln zu  einem Streit zwischen

Schwyzern und Dienstleuten  der Grafen von Habsburg-Laufenburg-Rapperswil. Dabei wurden zwei Leute der Habsburger erschlagen. Möglicherweise ist das im Zusammenhang zu sehen mit dem Konflikt, den Bern mit einer breiten Koalition von Gegnern und den

Habsburgern hatte und der 1339 zum Laupenkrieg führte. Bern war mit den Waldstätten verbündet.  Die Grafen Johann, Rudolf und Gottfried von Habsburg versöhnten sich mit den Leuten von Schwyz und ihren Verbündeten am 1.12. 1338. Das berührte das Kloster

aber nur soweit, als die Tat auf Klostergebiet stattgefunden hat. Es muss aber auch direkter Zwist zwischen Schwyzern und dem Kloster geherrscht haben. Die Landleute der Schwyz müssen wohl von Abt Johannes nach wie vor im Banne gehalten worden sein.

Der Konventuale Markwart von Bechburg, Kammerer des Stifts, wurde von Schwyzern gefangen genommen. Aus einer Urkunde vom 9.1.1342, die im Staatsarchiv  Schwyz verwahrt wird (Urkunde 118) erfahren wir folgendes:

“Bruder Markwart von Bechburg, Kämmerer und Klosterherr zu Einsiedeln, gelobt beim Eide dem Landammann Konrad ab Jberg, Ammann Thiringer, Wernher Johanser, Johans an dem Velde, Ulrich Weidmann, Konrad Hug, Wernher Linsinger, Wernher von Stoufacher und Heinrich dem Schmid, dahin zu werben, dass zwischen dem Lande Schwyz und dem Gotteshause Einsiedeln eine Richtung geschehe“.
Gegeben zu Schwyz „in Heintzen Trütschen Hus an dem Sattel“ , am Mittwoch, „nach dem zwölf Tage“. Zwei Jahre später wurde das Kloster möglicherweise von den Schwyzern überfallen. Abt und Konvent befanden sich wohl in Pfäffikon.

Nur Rudolf von Zimmern befand sich allein im Stift. Er gab am 24. November 1344 das gleiche Versprechen wie Markwart ab. Schwerwiegendere Folgen vor allem für den Abt selbst, hatte die politische Umwälzung in der Stadt Zürich.

In Zürich  stürzte Rudolf Brun, der Sohn von Jakob (von 1305-1309 Schultheiss in Zürich und Mitglied des “Sommerrats” der Stadt, in dem die einflussreichsten Familien Zürichs vertreten waren) am 7. Juni 1336 den im Rathaus versammelten Stadtrat.

Am nächsten Tag wurde Rudolf zum Bürgermeister auf Lebenszeit ernannt. Er setzte eine neue Verfassung, die “Brunsche Zunftverfassung” durch. Wer sich nicht beugte, wurde aus der Stadt vertrieben. Der Sohn Brunos, der die Einsiedler Pfarrei Rued im Aargau

innehatte, bat unter anderem Abt Konrad, die Verbannungsurkunde zu siegeln. Auch hatte er zusammen mit anderen Herren  die getroffen Änderungen anerkannt.Die Verbannten flohen zu Graf Johannes von Rapperswil. Dieser fiel in der Schlacht bei Grynau.

Sein Sohn Johannes II. führte die Fehde fort. Um 1340 herrschte für kurze Zeit Frieden zwischen dem Grafen und Zürich. Die Fehde brach aber erneut aus. Im Sommer überfiel der Graf Pfäffikon, raubte es aus und führte auch den Abt gefangen weg.

Wie lange er in den Händen von Johannes II. war, lässt sich nicht genau sagen, aber am 26. Juni 1348 war sicher wieder frei, denn an diesem Tag wurde die Versöhnung zwischen Abt, Graf und der Stadt Raperswil in Zürich besiegelt. Am selben Tag

nahmen die Grafen Johann, Rudolf und Gottfried von Habsburg nehmen das Kloster Einsiedeln in ihren Schutz und bestätigen ihm alle Rechte in ihrem Herrschaftsgebiet. (Chartularium Sangallense VII, Nr. 4091, S. 23 (Quellenwerk I/3, 781.)

Der Graf musste den angerichteten Schaden ersetzen. Dafür wollte der Abt sich verwenden, dass der Bann, der offenbar über den Grafen verhängt worden war, gelöst wurde.

Unter Abt Konrad wechselten mehrere Vogteien den Besitzer, auch über das Kloster selbst. Die Herzöge von Österreich hatten sie an die Markgräfin gegeben. Diese verlieh die Einkünfte daraus für vier Jahre an Abt Konrad.

Ähnlich wie für seinen  Vorgänger sind auch für Konrad viele Abrechnungen mit Ammännern erhalten. Er schaffte es ebenfalls, einige Schulden zu tilgen. Die Ereignisse mit Graf Johannes, vor allem seine Gefangennahme, scheinen

seine Gesundheit untergraben zu haben. Er verstarb am 4. November 1348.

Für ihn wurde Heinrich III. von Brandis gewählt, aus einem hochfreien Geschlecht im oberen Emmental stammend. Wie er selbst sagte, suchte der Adel zu seiner Zeit nachgeborene Söhne in Klöstern zu versorgen. Seine Familie ist

dafür ein gutes Beispiel. Sein Bruder Eberhard war von 1349-1379 Abt der Reichenau, wobei er allerdings nach K. Beyerle die Aufbauarbeit seines Vorgängers Diethelms zunichte machte.

„Sinkende Klosterzucht, kaum zu überbietende Verweltlichung und zunehmende Mißwirtschaft kennzeichnen ihre Regierung“ . Das gilt auch für den Neffen Heinrichs, Mangold, der von 1382 bis 1385 Abt der Reichenau war und Heinrich

auch auf dem Konstanzer Bischofsstuhl nachfolgte.Mangold II ( gest.1372)war Landkomtur der Ballei Elsass-Burgund des Deutschordens und Werner II (gest. 1390) Landkomtur der Ballei Elsass-Burgund sowie Schwaben und des Aargaus.

Die Schwester von Heinrich war von 1330-1349 Äbtissin des Damenstifts Säckingen und eine Nichte, sie hieß auch Agnes, war 1367 Äbtissin in Masmünster (Masevaux.Haut-Rhin) Elsass.

Heinrichs Wahl erfolgte wohl noch 1348, war aber möglicherweise nicht unstrittig, denn am 1.1.1349 bezeugt Thüring von Attinghausen, der ja Abt in Disentis war, dem Bischof von  Konstanz Ulrich Pfefferhard (1345-1351), dass in Einsiedeln nie

ein Subdiakon zur Abtwahl zugelassen worden war.

1349 ging in der der Schweiz die Pest um und forderte viele Opfer. Die Schwyzer waren ja immer noch im Kirchenbann. Außerdem stand für 1350 das große Jubiläum an. Die Zeit war also reif, einen Schlusstrich unter den Marchenstreit zu ziehen.

Auch der geeignete Vermittler stand bereit. Thüring von Attinghausen, er war Bruder von Johann von Attinghausen und gehörte also zu einer der einflussreichsten Familien der Innerschweiz. Im November brachte er einen Frieden zwischen dem

Kloster Disentis, Uri, Schwyz und Unterwalden zustande und auch an einem anderen Frieden der drei Länder, den Johann bewerkstelligte, war der Abt von Disentis vermittelnd tätig. Im Juni 1343 erreichte er einen Vergleich seines Klosters mit dem

dem österreichischen Landvogt von Glarus Walter von Stadion wegen der Landmarch.Thüring war ja 1314 Subdiakon in Einsiedeln. Am 8. Februar 1350 kam schließlich der Vergleich zwischen dem Kloster und den Landleuten von Schwyz zustande.

Eine neue Grenzlinie wurde gezogen und das Stift musste auf auf 110  Quadratkilometer Besitz verzichten, das war etwas mehr als sein bisheriger Besitz. Im Sihl und Alptal deckten sich die Grenzen größtenteils mit den 1217 gezogenen. Im Bibertal

wurde der größte Teil den Schwyzern zugesprochen. Die Urkunde wurde in Einsiedeln ausgefertigt. Als Zeugen waren der Abt von Pfäfers Hermann von Arbon, der ja bis zu seiner Abtswahl auch dem Konvent Einsiedeln angehörte, dann für den Johanniterorden

Herdegen von Rechberg. Die Johanniter hatten seit 1192 eine kommende in Bubikon. Dann war Peter von Stoffeln zugegen, Ritter des Deutschordens in der Ballei Elsass-Burgund, die vor kurzem auf Tanneburg in Nottwill eine Kommende errichtet hatte.

Aus Zürich war Ritter Heinrich Biber zugegen, der in Zürich Schultheiss war. Von den Waldstätten war Rudolf anwesend.

Die 1350 gezogenen Grenzen sind heute noch die Bezirksgrenzen zwischen Schwyz und Einsiedeln. Um zukünftigen Streitigkeiten aus dem Weg zu gehen, bemühte sich das Kloster Güter und Gefälle

im Schwyzerland abzustoßen. Das Kloster bemühte sich auch um Lösung der kirchlichen Strafen.

Mit dem Vergleich zwischen dem Kloster und Schwyz, ging ein Streit zu Ende, der rund 250 Jahre gedauert hat. Das Kloster kam aber nicht zur Ruhe.

Am 4.10.1349 hatte Abt Heinrich in Wien mit Herzog Albrecht ein Burgrecht abgeschlossen. Der Herzog durfte die Veste Pfäffikon in Kriegszeiten “ohne Kosten und Schaden” nutzen und versicherte, sie nach dem Krieg wieder

unversehrt zurück zu geben. Dafür nahm der Herzog den Abt, seinen Nachfolger und die Leute des Klosters in seinen Schirm. Wie wir oben gesehen haben, waren nachdem Rudolf von Brun in Zürich Bürgermeister geworden war,

seine Gegner aus Zürich vertrieben worden. Viele von ihnen  waren nach Rapperswil geflüchtet, da einige von ihnen Ministeriale des Grafen Johann I. von Habsburg-Laufenburg waren. Unter seinem Schutz hatten sie eine Gegenregierung des

“äußeren Zürich” (1336-1350) gegründet, warben Söldner an und suchten mit Streifzügen im Gebiet Zürichs die Lage zu destabilisieren. Gegen die in Zürich verbliebenen Gegner der neuen Stadtregierung wurde hart durchgegriffen.

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Für die Nacht vom 23.auf 24. Februar war ein Handstreich auf die Stadt vorbereitet worden, der allerdings wohl durch Verrat dem Bürgermeister bekannt war. Der Aufstand wurde blutig niedergeschlagen, 15 Verschworene fielen, 35 wurden gefangengenommen und

dann zum Tode verurteilt. Auch der Rapperswiler Graf war in Gefangenschaft geraten und blieb zwei Jahre im Züricher Stadtgefängnis eingekerkert. Brun war mit seinen Truppen vor Rapperswil gezogen. In der Nacht vom 24. Februar wurde Rapperswil

gebrandschatzt, die Burg zerstört und die Mauern von Rapperswil geschleift. Die Züricher besetzten auch Gebiete in der unteren March. Damit hatten sie die Kontrolle über die Bündner Pässe. Nun waren auch die Interessen Herzog Albrechts

von Österreich direkt berührt und Habsburg-Österreich griff ein. Zürich brauchte nun neue Bundesgenossen und schloss am 1. Mai 1351 mit Luzern und den drei Waldstätten ein Bündnis. Es folgte nun ein regelrechter Kleinkrieg, der erst 1355

mit dem Regensburger Frieden zu Ende kam. Die Einsiedler Besitzungen am Zürichsee wurden im Laufe der Auseinandersetzungen schwer mitgenommen, ohne dass das Stift dafür je entschädigt wurde. Um die Schäden zu decken, griff Abt Heinrich zum einen zur

Kircheninkorporation, das ist die Zuweisung der Pfründe einer Pfarrkirche an das Kloster. Am 4.10.1349 wurde Brütten (zwischen Winterthur und Zürich)und am 3.12.1350 Riegel und Ettiswil (Kanton Luzern) inkorporiert. Das reichte nicht und so mussten

auch noch Güter verkauft werden. 1349 wurde der Dinghof in Untererlinsbach verkauft, 1353 folgte der Hof in Riegel und die Höfe in Ebnet, Schelingen und Eschbach.

Am 2.10.1253 bestätigte König Karl IV.(1346-1355, ab 1355 Kaiser bis 1378) auf Bitten des Abtes den Brief König Rudolfs über die Fürstenwürde des Abtes. Mit gleichem Datum verlieh er dem Abt die Regalien und setzte ihn in die Reichslehen ein.

Am  10.8.1353 stiftete Abt Heinrich zusammen mit dem Züricher Chorherren Heinrich Martin das Pilgerhospital in Einsiedeln. Es erhielt auch hohen Besuch durch Karl IV. als dieser wegen der Belagerung von Zürich in der Gegend war. Doch musste er dabei einige

Reliquien so einen Teil des Arms des heiligen Mauritius dem Veitsdom in Prag überlassen.

Es ist nun an der Zeit, einen Blick auf den Bischofstuhl in Konstanz zu werfen. Seit Gerhard von Bevar in Konstanz von Clemens V. zum Bischof ernannt worden war, weil sich das Kapitel nach dem Tod Bischof Heinrichs von Klingenberg nicht auf einen Kandidaten

einigen konnte und es zu einer Doppelwahl gekommen war, gewann der Papst in Avignon entscheidenden Einfluss auf die Besetzung des Stuhls in Konstanz. Die Servitien, die zu zahlen waren,  das war die Bestätigungsgebühr für den Bischofsstuhl und betrug in der

Regel ein Drittel des Jahreseinkommens der Pfründe, schwächten die Finanzen des Bistums. Dazu kamen die Auseinandersetzungen zwischen Papst und Kaiser Ludwig dem Bayern. Auch 1334 war es wieder zu einer Doppelwahl gekommen. Der Zustand des Bistums

war desolat. 1352 wurde schließlich Johann Windlock Bischof in Konstanz. Ab 1449 war er Kanzler Herzog Albrechts von Habsburg. Der Herzog war der mächtigste Landesherr im Bistum und Johann Windlock wurde am 29. November 1351 zum Konstanzer Bischof

gewählt und am 9. Juli 1352 durch Papst Clemens VI. bestätigt.Bischof Johann versuchte durch Reformen und hartem Durchgreifen den beklagenswerten Zustand des Bistums zu ändern. Er scheute sich nicht, Widerstrebende, auch die mächtigsten und

einflussreichsten Geistlichen mit Interdikt zu belegen oder sogar zu verhaften. Natürlich schaffte er sich damit nicht nur Freunde. Am 21. Januar 1356 wurde er Opfer eines Attentats in seiner Residenz beim Münster. Inzwischen war Karl IV. deutscher König und

in Bamberg war Lupold von Bebenburg Bischof. Wegen der Territorialpolitik in Böhmen war das Verhältnis wohl nicht konfliktfrei und er sollte nach Konstanz transferiert werden. Doch Lupold lehnte ab. Da ernannte Innozenz VI. (1352-1362) den Einsiedler Abt Heinrich

zum Bischof von Konstanz, wo er keine allzu glückliche Regierungszeit hatte. Die gesamte Zeit war von harten Auseinandersetzungen überschattet. Er wurde sogar mal kurz des Amtes enthoben, aber nachdem sich Bischof und Stadt geeinigt hatten, wurde er 1372 ins

Amt eingesetzt. Kurz vor seinem Tod setzte ihn Gregor IX. 1382 ab. Heinrich starb am 22. November 1383 auf seinem Schloss in Klingnau im Aargau.

Nachdem Heinrich Bischof in Konstanz geworden war, hatte der Heilige Stuhl das Recht der Neubesetzung der Abtei. Nikolaus von Gutenburg wurde Nachfolger Heinrichs, wobei es möglich ist,

dass dieses auf Vorschlag von Heinrich geschah. Er war von 1357 bis 1364 Abt. Er stammte aus dem edelfreien Ministerialengeschlecht derer von Gutenburg, die möglicherweise aus Aarwangen im Kanton Bern stammten und jetzt ihren Sitz auf der

Gutenburg in Aichen, heute ein Stadtteil von Waldshut-Tiengen,  hatten. Nikolaus ist seit 1328 auf der Reichenau nachweisbar und war dort Propst, nach Oehem war er auch Thesaurar. Auch für den Abtsstuhl waren Servitien zu entrichten. Abt Nikolaus

konnte dies aber innerhalb der Frist nicht zahlen. So verfiel er der Suspension, Exkommunikation und Irregularität, das Stift aber dem Interdikt. Erst am 3.12. 1359 quittiert der Erzbischof von Toulouse Stephanus den Empfang von

194 Florentiner Gulden, 39 Schilling und 6 Denaren, also die Annaten, die für den Einsiedler Abtsstuhl geschuldet waren. Dann erst wird er freigesprochen und ist rechtmäßig im Amt. In seiner Regierungszeit wurde eine Brücke zwischen Rapperswil und Hürden

gebaut, die für die Wallfahrt nach Einsiedeln bedeutend war. Herzog Rudolf IV. übertrug dem Vogt in Rapperswil Johann von Langenhart, der dieses Amt von 1347-1377 innehatte, die Baukosten von 1205 Gulden und verpfründet ihm dafür

die Nutzungsrechte über Rapperswil, Kempraten, Jona, die Mittelmarch, Altendorf, das Wägital sowie  die Vogtei Einsiedeln. Auch Nikolaus inkorporierte Pfarreien, nämlich 1362 Stäfa, Ufnau, Eschenz. Dabei war ihm sein Amtsvorgänger Heinrich behilflich.

Auch weiter Verkäufe waren notwendig. Abt Nikolaus regierte nur 7 Jahre. Er starb am 5. März 1364. Mit seinem Nachfolger Markwart von Grünenberg besetzte wieder ein Mönch aus Einsiedeln den Abtsstuhl. Seine Abstammung ist nicht ganz sicher.

Sein Vater war wahrscheinlich Johann I. von Grünenberg genannt der Grimme und seine Mutter Freifrau Clementia von Signau. Die Freiherren von Grünenberg waren eine weitverzweigte Adelsfamilie im Oberaargau, im Elsass, im Markgräflerland und im Breisgau.

Markwart war in einem  Burgenkomplex von drei Burgen in der Gemeinde Melchnau im Kanton Bern zuhause. Er war wohl schon unter Abt Johannes I. ins Stift Einsiedeln eingetreten. Auch sein Bruder Peter findet sich unter den Mönchen. Markwart wird schon am

31. Mai 1330 als Propst von Fahr erwähnt. Er erscheint auch 1339 bei einem Tausch von Leibeigenen mit Kloster St. Blasien. Bis 1356 erscheint er immer wieder in Urkunden. Die Bestätigung einer Stiftung am 21.1. 1356 ist seine letzte Amtshandlung als Propst.

Dann erscheint erst wieder 1364 als Abt.Erst sehr spät stellte Kaiser Karl dem Abt einen Schutzbrief aus, nämlich erst am 5. August 1375 in Prag. Möglicherweise spielte für diese späte Ausstellung die große Entfernung eine Rolle.

In diesem Brief nimmt der Kaiser den Abt und das Kloster in seinen Schutz und verfügt, dass dessen Leute vor kein fremdes Landgericht gezogen werden sollen. Diesen Brief ließ der Abt am 2. Oktober 1375  vor dem thurgauischen Landgericht zur

Vidimation und Anerkennung vorlegen. Der Friede von Regensburg 1355 und der Friede von Thorberg, den Peter von Thorberg zwischen Habsburg und Eidgenossen 1368 vermittelt hatte, brachte Abt und Stift wieder ruhigere Jahre. Auch eine

finanzielle Erholung ist zu verzeichnen, was daraus zu ersehen ist, dass das Kloster die Herrschaft Reichenberg in der March für 1200 Gulden erwerben konnte. Verkäufer war der Rapperswiler Bürger Rudolf Tumpter, der sie seinerseits von

Ulrich von Aspermont und dessen Sohn gekauft hatte. In eine Fehde konnte der Abt noch vermittelnd eingreifen. Heinrich und Johannes Scheitler aus Uri hatten Gottfried, den Bruder von Rudolf IV. von Habsburg-Laufenburg in Einsiedeln gefangen genommen

weil er den beiden wohl Kaufmannsgüter weggenommen hatte. Abt Markwart erreichte, dass der Gefangene in Einsiedeln verblieb, bis der Handel abgeschlossen war. Nachdem  er für sich und seine Brüder Urfehde geschworen hatte, wurde er

am 1. Oktober 1370 wieder in Freiheit gesetzt.

Die Wallfahrt blühte. Um 1370 hört man von Pilgern aus Lübeck und Nürnberg und zwar solchen, die die Wallfahrt stellvertretend für andere unternahmen. 1376 wird die Pilgerschiffswallfahrt auf dem Vierwaldstätter See zum ersten Mal erwähnt.

Am 18.Oktober 1376 starb Abt Markwart in Fahr, wie dem  Totenbuch von Fahr zu entnehmen ist.

Auf ihn folgte Peter II. von Wolhusen, der zweite Einsiedler Abt aus dem Geschlecht der Freiherren von Wolhusen. Er war wohl schon 1356 im Kloster, denn er erscheint in dem von Heinrich von Ligerz aufgestellten Katalog. Aber schon 1360 bekleidete er drei

Klosterämter, nämlich Kantor, Kustos und Kämmerer zugleich. Das muss nichts mit den Talenten des noch jungen Mönchs zu tu  haben, sondern weist auf ein anderes großes Problem, mit dem das Kloster zu kämpfen hatte, dem Nachwuchsproblem.

Schon zu Zeiten des Überfalls der Schwyzer auf das Stift zählte der Konvent gerade mal 6 Mitglieder und 1356 waren es zehn. Das hing natürlich damit zusammen, das seit etwa 1200 nur Hochadelige ins Stift aufgenommen wurden,

ähnlich wie in St. Gallen oder auf der Reichenau. Logische Folge war zum Beispiel auf der Reichenau 1427, dass gerade noch zwei Mönche im Kloster waren, nämlich Neffe und Onkel und dieser hochbetagt. Auch Einsiedeln schien gegen Ende des 14.

Jahrhunderts vom Aussterben  bedroht. So war eigentlich in Einsiedeln nicht allzu viel vom Aufschwung zu spüren, den die Benediktiner in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts wieder verspürten. Startsignal war sozusagen die Bulle “summi magistri

dignatio” von 1336, die Papst Benedikt XII. (1334-1342) erlassen hatte, und die nach ihm auch einfach “Benedictina” genannt wird. Vor Benedikt Papst wurde, war er Zisterziensermönch.  Die Bulle schärfte den Benediktineräbten eine geordnete Güterverwaltung ein.

Er verpflichtete die Äbte zu einer soliden Ausbildung der Novizen und ermutigte zum Hochschulstudium der Mönche. Alle zwei Jahre sollten Provinzkapitel stattfinden, die sich mit wirtschaftlichen, religiösen und disziplinären Fragen der Reform,

mit deren Durchführung und langfristigen Sicherung befassen sollten. Konkret wurde das in Kastl, Melk und Bursfelde im deutschsprachigen Raum. Abt Peter wurde schnell mit einem anderen großen kirchlichen Problem

konfrontiert, dem abendländischen Schisma, das 1378 ausbrach. Verschärft wurde das durch den Konflikt zwischen Habsburg und den Eidgenossen. Die Eidgenossen unterstützten den Papst in Rom Urban VI., der am 8.4. 1378 in Rom gewählt worden

war. In Fondi wurde am 20.9. Kardinal Robert von Genf gewählt, der sich dann Clemens VII. nannte. Dieser musste sich aber bald nach Avignon zurückziehen. Frankreich, Süditalien, Schottland und Spanien stützen Clemens VII., während der Papst in Rom

von Mittel-und Norditalien, dem Heiligen Römischen Reich und England anerkannt wurde. Herzog Leopold von Habsburg, der in den habsburgischen Stammlanden regierte, hatte sich für den Papst in Avignon ausgesprochen. Peter anerkannte den Papst in Rom.

Beginnen wir aber mit seinem Karrierestart. Um 1364 war er Stellvertreter des Propsts von Fahr, Rudolf von Pont. Dieser hatte auch gleichzeitig die Propstei von St. Gerold im Großen Walsertal inne. Als er 1372 oder 1373 starb, folgte ihm Peter als Propst nach.

Dort kümmerte sich vor allem um die Instandstellung der Gebäude. Die Mühle ließ er 1373 neu aufbauen. Er ließ auch ein neues Messbuch schreiben. Dort wurden auch dies Instandhaltungsarbeiten vermerkt. 1376 wurde er zum Abt von Einsiedeln gewählt.

Die Stellungnahme für den römischen Papst war sicher eher politischen als religiösen Überlegungen geschuldet. Schon um 1381 beauftragte ihn der Papst, für die Wahrung der Rechte der Abtei St. Gallen zu sorgen. Peter delegierte diesen

Auftrag an den Abt von Rüti, Heinrich. Schon vor Ausbruch des Schismas hatte Herzog Leopold von Österreich am 19. 3. 1377  “den Abt und das Gotteshaus von Einsiedeln, deren Leute und Güter und Diener in seinen Schirm genommen”.

Auch König Wenzel, der nach dem Tod Karls IV. 1378 deutscher König geworden war, bestätigte dem Abt am 25.6.1381 in Frankfurt “alle Rechte, Freiheiten, Gnaden und gute Gewohnheiten”. Am 10. Oktober 1386 stellte Papst Urban VI. das Gotteshaus Einsiedeln mit

allen Personen und Gütern unter den Schutz von St. Petrus und des apostolischen Stuhls und nur 6 Tage später am 16.10. bestätigte er dem Kloster alle Rechte und Freiheiten, wie sie 1291 von Papst Nikolaus IV. verliehen worden waren.

Schon 6 Jahre vorher hatte der Kardinallegat von Papst Urban Pileus kraft seines Amtes alle Schreiben der Bischöfe an den Abt und das Kloster Einsiedeln bestätigt.

Im politischen Umfeld des Klosters standen die Dinge nicht mehr so gut für die Habsburger. Abt Peter  ging am 1. 10. 1386 ein Burgrecht mit Zürich ein. Der Bürgermeister und der Rat von Zürich bekundeten, dass sie Abt Peter und die Leute von Pfäffikon

als Bürger angenommen haben. Das war auf 10  Jahre befristet. Dafür durften sie die Veste Pfäffikon einnehmen. Das verhinderte allerdings nicht, dass die Stiftsgüter im Sempacher (9. Juli 1386)und Näfelser  (9.April 1388) Krieg stark geschädigt wurden.

In der Schlacht von Sempach war Herzog Leopold gefallen. Die Schlacht von Näfels war die letzte bewaffnete Auseinandersetzung zwischen Habsburg und Eidgenossen.Die erneuten Schäden zwangen auch Abt Peter zu Veräußerungen,

um sich der Schulden zu erwehren.

Das Todesdatum Abt Peters ist der 23. April. Das Jahr ist nicht sicher. Seine letzte Urkunde wurde  am 10. Januar 1386 ausgestellt. Der neue Abt urkundete erstmals am 14. August 1387. Also muss Abt Peter entweder 1386 oder 1387 verstorben sein.

Ihm folgte Ludwig von Thierstein nach. Er gehörte zur Familie der Grafen von Thierstein und zwar zur Seitenlinie Thierstein-Farnsburg, die auf der Farnsburg von Ormalingen saßen. Sie hatten die Landgrafschaft Sisgau inne. Der genaue Amtsantritt von Abt Ludwig

steht nicht fest. Nach der Schlacht von Näfels kam es 1389 zu einem Friedenabschluss, der zunächst 7 Jahre gelten sollte, aber schon 1394 um zwanzig Jahre verlängert wurde.  Die Habsburger verzichteten auf ihre Rechte in Uri, Schwyz, Unterwalden, Luzern, Zürich,

Zug, Bern und Glarus. Abt Ludwig ging mit Zürich auf zehn Jahre ein Burgrecht ein. Zu seinem Amtsantritt übernahm Ludwig 2200 Gulden an Schulden. Doch die Schulden nahmen zu. Innerhalb von 4 Jahren erhöhte sich der Berg um weitere 3000 Gulden.

Alle entbehrlichen Güter und Kirchenschätze sollten veräußert werden. Nicht hilfreich war, dass die Päpste in dieser Zeit fremden Klerikern Anwartschaften auf Pfründe des Klosters erteilten. Auch die weltlichen Herrscher standen da nicht

zurück. Das erste was das Stift von Rupprecht von der Pfalz (1400 bis 1410 deutscher König) hörte, war das Gesuch um die Versorgung eines Klerikers aus der Diözese Konstanz. Die Schutzbulle, die Papst Bonifaz IX. am 11.4.1401 wie Papst Urban VI.

15 Jahre zuvor erteilte, schützte natürlich vor der finanziellen Bedrängnis nicht. Damit nicht genug hatte sich Abt Ludwig auch noch um den Straßburger Bischofsstuhl bemüht, um den im  Jahre 1393 heftig gestritten wurde und wofür Ludwig

auch noch größere Summen aufwenden musste. Als die Lage ziemlich ausweglos geworden war, vereinbarte Ludwig 1396 mit seinem Konvent, der zu diesem Zeitpunkt gerade noch aus drei Mitgliedern bestand, dass er die Verwaltung des Klosters für 10 Jahre

niederlegte. Die Verwaltung wurde an Hugo von Rosenegg übertragen. Der Abt sollte, falls er im Lande blieb, 200 Gulden jährlich sowie eine Reihe festgelegter Naturalien erhalten.  Der Text der darüber am 3.2.1396 in Zürich ausgestellten Urkunde klingt allerdings

recht schroff: “Vertrag des Kapitels zu Einsiedeln mit seinem übel haushaltenden Abte Ludwig von Thierstein, dass er 10 Jahre lang vom Lande fahren, und die Veste Pfäffikon weder besuchen noch bewohnen dürfe; einzig der Pfleger an seiner Statt, Hugo von

Rosenegg, darf Pfäffikon inne haben.”

Der Abt blieb nicht nur im Lande sondern mischte sich weiter in die Verwaltung der Stiftsgüter ein. Noch am 14.1.1402 stellte er eine Verleihungsurkunde aus. Er starb am 10. Oktober 1402.

Hugo stammte aus der Freiherrenfamilie von Rosenegg. Die Burg Rosenegg lag im Hegau in Der heutigen Gemeinde Rielasingen-Worblingen. Hugos Vater war Johann, der 1362 österreichischer Landrichter in Konstanz und von 1372-1376 im Thurgau war.

Hugo hatte drei Brüder. Werner war von 1385-1402 Abt auf der Reichenau. Heinrich war Hauptmann der Rittergesellschaft vom Jörgenschild. Er wohnte zusammen mit seinem Bruder Hans auf Wartenfels, das durch die Heirat ihres Vaters mit einer von Tengen in die

Familie gekommen war. Hugos beide Mitbrüder Werner von End, der mit ihm zusammen mit Abt Ludwig den Verzicht auf die Klosterverwaltung vereinbart hatte und Burkhard von Krenkingen wählten ihn zum neuen Abt.

Am 23.10. 1402 schloss er das Burgrecht mit Zürich auf 10 Jahre ab. Am 14. März 1408 bestätigte König Ruprecht in  Konstanz Abt Hugo die Privilegien des Kloster “Rechte, Freiheiten, Gnade und gute Gewohnheiten, Privilegien, Handfesten und Briefe”.

Auch das Asylrecht bekräftigte er.

Aus zwei Päpsten waren mittlerweile drei geworden. Es gab verschieden Möglichkeiten, das Schisma zu beenden. Das eine wäre die militärische Gewalt gewesen. Dann wäre eine freiwillige Abdankung möglich gewesen oder der Weg eines Kompromisses und

schließlich ein Schiedsgericht, also die Unterwerfung unter die Entscheidung eines Konzils. Die Universität von Paris, die damals bedeutendste Bildungseinrichtung des Abendlandes hatte diese Wege vorgeschlagen. 1407 kam es in Savonna zu Verhandlungen

zwischen beiden Obödienzien. Das Kardinalskollegium trennte sich danach nicht. 17 Kardinäle riefen in Livorno am 35. März 1409 ein Konzil in Pisa einzuberufen. Über 600 Kleriker kamen nach Pisa. Die beiden im Moment regierenden Päpste

beriefen aber jeweils eigene Konzilien ein, die es aber bei weitem nicht auf so viele Teilnehmer brachten. Am 5. Juni 1409 setzte das Konzil in Pisa die beiden Päpste ab und wählte am 24. Juni 1409 den Mailänder Kardinal Pietro Philargi von Candia zum Papst.

Er nannte sich Alexander V. – nur die beiden anderen Päpste traten nicht ab. Nun gab es also drei Päpste. Alexander starb allerdings schon am 3. Mai 1410. Ihm folgte Baldassare Cossa als Johannes XXIII. nach. Die Obödienzen der

abgesetzten Päpste waren stark geschrumpft. Auch Einsiedeln hatte wohl die Obödienz in Pisa anerkannt, denn am 31. Mai 1410 bestätigte der Pisaner Papst Johannes XXIII. in Bologna alle  Privilegien und Freiheiten des Klosters Einsiedeln.

Abt Hugo wahrte die Rechte des Stift. Er schaffte es, ausstehende Zinsen einzubringen. Zwar musste auch er noch zu Verkäufen greifen, doch die finanzielle Lage des Stifts war wieder konsolidiert wie Bonstetten vermerkt:

“verliess darzu an barschaft zway und dreissig tausent Gulden” Auch die Wallfahrt nahm unter Abt Hugo weiter Aufschwung. Pilger aus den Hansestädten und den Niederlanden kamen öfters nach Einsiedeln.

Auch König Sigismund, der ja auf dem Konzil anwesend war, war 1417 in Einsiedeln.

Eine große Wallfahrt wurde 1411 von Basel veranstaltet, als in Basel die Pest grassierte. Wichtiges Ereignis war natürlich das Konzil von Konstanz von 1414-1418, an dem wie wir wissen, auch Abt Hugo teilgenommen hatte. Ob Hugo an den von Papst

Benedikt XII. geforderten Provinzkapitel teilnahm, ist nicht nach zu weisen. Aber er hatte wohl auch andere Probleme. Es waren nur noch drei Konventualen im Stift und die Misswirtschaft seine Vorgängers war ja auch zu bewältigen.

Am großen Provinzkapitel in Peterhausen, das im Februar 1417 praktisch im Rahmen des Konzils stattfand, war er dabei. Die Konzilsversammlung hatte das Kapitel einberufen. Der Chronist des Konstanzer Konzils Ulrich Richental zählte

78 teilnehmende Äbte und 48 weitere Abgesandte anderer Abteien. Die Tagung dauerte drei Wochen und endete mit einer feierlichen Prozession.

Abt Hugo wird letztmals am 21.4.1418 urkundlich erwähnt, als  Heinrich Eschli aus dem Euthal angibt, dass ihm von Abt Hugo eine Schweig geliehen worden sei. Am 16. Oktober 1418 starb er in Pfäffikon.

Auf ihn folgte Burkhard von Krenkingen-Weissenburg. Er war schon  bei der Vereinbarung mit Hugo und  Ludwig dabei und möglicherweise wurde er gar nicht gewählt, denn er war, was nicht ganz fest steht, vielleicht

sogar der einzige noch vorhandene Konventuale. Walter von End starb wahrscheinlich kurz nach 1416. Erst 1428 erfahren wir von 4 Herren. Ein gemeinsames Ordensleben nach der Ordensregeln gab es nicht mehr. Das Stiftsgut war in Pfründen

aufgeteilt.

Am 20.11. 1418 ging er mit Zürich ein Burgrecht ein und zwar auf Lebzeiten. Am 9. Februar 1424 verlieh König Sigismund in Ofen an Schwyz die Vogtei über Kloster Einsiedeln. Ital Reding, der Älter (1370-1447)Landamman von Schwyz

war deshalb eigens nach Ofen gereist.Ital Reding und Sigismund kannten sich ja bereits. In Konstanz war Reding  eidgenössischer Gesandter an das Konzil. 1415 verlieh Sigismund in Konstanz die Blutgerichtsbarkeit für Schwyz.

Die Vogteiverleihung scheint nicht einvernehmlich mit dem Abt geschehen zu sein. Aber machen konnte er nichts.

Das Stiftsgut war in Pfründen aufgeteilt. 1428 nahm auch Burkhard eine solche Einteilung vor. Richard von Falkenstein erhielt die Kustorei, Rudolf von Sax die Kammerei, dessen Bruder, Gerold von Sax, die Kantorei und Franz von Rechberg die Propstei Fahr.

Er behielt sich aber vor, diese bei schlechter Verwaltung wieder an sich ziehen zu können.

Als der König im Dezember 1430 in Überlingen war, versuchte Abt Burkhard über seinen Onkel Hans von Lupfen, Hans von Klingenberg, der kaiserlicher Rat bei Sigismund nach dessen Kaiserkrönung war und Hauptmann der Rittergesellschaft vom Jörgenschild,

die Übertragung der Vogtei von 1424 rückgängig zu machen. Auch der Fürst von Braunschweig verwandte sich für den Abt. Zwar verlieh der König am 13.12.1430 die Regalien und übergab diese dem Bevollmächtigten  des Abts, dem Leutepriester auf der Ufnau Kaplan Reinhard Stahler, da der Abt “wegen vielen Geschäften sich nicht persönlich vor dem Kaiser stellen konnte”. Einen Tag später, am 14. 12. bestägtite Kaiser Siegmund “auf Anhalten seines Fürsten, des Abts Burkard von Einsiedeln, alle Rechte, Freiheiten u.s.w. dieses Klosters, besonders die von Karl IV. ertheilten, dass man seine Leute vor kein fremdes Landgericht lade, und Aechter halten möge; auch nimmt er das Gotteshaus und dessen Leute in des Reiches besondern Schirm.”(nach Regesta imperii XI/2, Nr. 8012) In Sachen Vogtei

hatte der Abt aber keinen Erfolg. Am 9. 1.1433 bat der Abt erneut um Aufhebung der Bullen und verwies auf die Vermittlung der Herren von Lupfen, Klingenberg und Braunschweig in Überlingen. Erst am 22. Oktober 1431 in Feldkirch hatte der Abt Erfolg. Der König

nahm das Kloster erneut in des Reiches Schutz, widerrief den Brief, in dem er Schwyz die Vogtei verliehen hatte und verbot “bei Androhung seiner Ungnade” von diesem Recht Gebrauch zu machen. Das gefiel natürlich den Schwyzern nicht und sie unternahmen

Schritte dagegen.

In Basel tagte mittlerweile das Konzil  von 1431-1449, das von dem in Konstanz gewählten Papst Martin V. einberufen worden war. Sorge um den Glauben, Herstellung des Friedens in der Christenheit und Reformen sollten auf der Tagesordnung  stehen.

Auch Sigismund, seit März 1433 Kaiser, hatte zum Kaiserlichen Tag, also einem Reichstag auf den 30.11. 1433 nach Basel geladen.  Abt  Burkhard und Abgesandte der Schwyz waren natürlich in Basel vertreten. Am 11.12.1433 stand der Streit

zwischen Abt Burkhard und dem Lande Schwyz auf der Tagesordnung.Kaiser Sigismund erzählte ”den ganzen Hergang dieses Geschäfts. Dieses geschah in Beisein des Abts Burkard, des Ammann Itel Reding und einer Menge Reichsfürsten, Grafen, Herren und Doktoren, deren

viele genannt sind.” Zwar entkräftete er nochmals den Brief von 1424, in dem Schwyz die Vogtei zu gesprochen worden war, und er versicherte, dass er dem Abt und Konvent nie einen anderen Vogt setzen werde. Anderseits verfügte er, dass dem Lande Schwyz

die Vogte über Einsiedeln zugehöre, wie sie früher von der Herrschaft Österreich ausgeübt wurde. Die Schwyzer sollten dem Kaiser in einem besiegelten Brief bestätigen, dass sie das Gotteshaus bei seinen alten Rechten und Freiheiten lassen würden.

Am selben Tag bestätigte der Kaiser nochmals die Privilegien des Klosters Einsiedeln.

Am 14.3. 1434  gaben” Ammann, Rat und Gemeinde des Landes zu Schwyz“,  dem Abt und Gotteshaus zu Einsiedeln die Versicherung, sie bei allen ihren Rechten und Freiheiten bleiben zu lassen, und sie hiebei zu schirmen, wie solches in einer goldenen Bulle des

Kaisers Sigmund verlangt wird. Am 19.3. legte der Abt vor dem kaiserlichen Notar Leonard Valk seinen Protest nieder. Als Zeugen traten unter anderem auf der Leutprister Stahler von der Ufnau, der ja schon in Überlingen für den

Abt tätig war und Abt Johann Schwarzmurer von der Zisterzienserabtei Wettingen. Der Abt ließ bekräftigen, dass die “Annehmung des Schirmbriefs dem Gotteshaus nicht solle schädlich sein”. Am 14.4.1434 bestätigte Sigmund den Schutzbrief der Schwyz.

Damit war die Vogtei endgültig an das Land Schwyz übergegangen, das es bis 1798, also bis die “Helvetische Republik” die Eidgenossenschaft ablöste, innehatte.

Im Frühjahr 1425 versammelten  sich 41 Äbte und Pröpste ordensübergreifen aus Klöstern des Bistums Konstanz. Einer der Initiatoren war wohl Heinrich Merk, der von 1417-1430 Abt der Prämonstratenserabtei Rot an der Rot war. Nach dem Vorbild der Städte-und

Ritterbünde wurde eine Konfraternität geschlossen. Man wollte sich gegen ungebührliche Forderungen der päpstlichen und bischöflichen Kurie schützen und klösterliche Rechte gegen die Einmischung adliger Verwandten von Klosterangehörigen sollten gewahrt

werden. Aus jedem der 4 vertretenen Orden wurde ein Vertreter gewählt. Beiträge an eine gemeinsame Kasse wurden festgelegt, aus der die Reiseauslagen bestritten wurden. An die Beschlüsse der 4 Vertreter war die gesamte Konfraternität gebunden.

Die Bruderschaft war zunächst auf 12 Jahre geschlossen worden. Neben diesen praktischen Beschlüssen wurden auch eine Reihe geistliche Beschlüsse getroffen. Am St. Urbanstag, also dem 25. Mai 1425 wurde das Bündnis von allen Prälaten besiegelt.

Abt Burkhard stand an der Spitze der Brüderschaft.

Am 8.12.1426 bestätigte Papst Martin V. die Privilegien des Klosters Einsiedeln. Kurz danach stand der nächste Streit an. Der Konstanzer Bischof Otto III. von Hachberg (1410-1434)wollte verhindern, dass Pilger an der Gnadenstätte in Einsiedeln

die Sakramente einnehmen konnten und berief sich dabei auf ein Dekret der  Lateransysnode von 1215, das bestimmte, dass kein Gläubiger ohne Erlaubnis seines Pfarrers bei einem fremden Priester beichten dürfe. Abt Burkhard bat die

Eidgenossen um Vermittlung. Am 11.3. 1432 erteilte Papst Eugen Abt Burkhard die Erlaubnis, den Pilgern der Marienkapelle die Sakramente der Busse und Eucharistie zu spenden. Die Erlaubnis war zunächst auf 10 Jahre beschränkt. Gegen diese

Verfügung beschwerte sich Otto vor dem Konzil. Abt Burkhard wurde nun vors Konzil geladen. Auch Rom ließ die Sache nochmals untersuchen und beauftragte die Bischöfe von Chur und Cervina damit. Da aber der Papst Otto 1434 von seinem Bistum entband,

erledigte sich dieser Fall. Die Wallfahrt nahm weiteren Aufschwung. Er hatte einige Rechtsstreitigkeiten.

Burkhard ließ den Kreuzgang neu erstellen und ließ ein neues Abteigebäude bauen. In Pfäffikon wurde die Weißenburg erbaut. Er ließ einen silbernen Reliquienschrein erstellen. Dann ließ er das nach ihm benannte Burkhardenbuch anlegen. Das war ein

Kopiebuch, in dem die wichtigsten Urkunden des Stifts eingetragen wurden. Am 21. Dezember 1438 verstarb er.

Am 31. Dezember 1438 wurde Rudolf III. von Sax zum neuen Abt gewählt. Er ist uns schon am  16.4. 1428 begegnet, als Abt Burkhard die Klosterämter von Einsiedeln unter den 4 verbliebenen Konventualen verteilt hatte.

Pater Rudolph Henggeler überschreibt diesen Abschnitt von rund 150 Jahren Einsiedler Klostergeschichte mit “Das Stift als Familienpfründe” und das ist es ja wohl, kurz und bündig. Rudolf war der 5. Sohn des Freiherren Ulrich Eberhard von Sax und seiner

Gemahlin der Gräfin Elisabeth von Werdenberg-Sargans. Die Familie von Sax stammte aus einem rätischen Hochadelsgeschlecht, das sich schon in staufischer Zeit in drei Linien geteilt hatte. Damals war Ulrich von Sax  als Abt in St. Gallen tätig und reorganiserte

die Verwaltung des Klosters. Die Familie hatte die Vogteien über Disentis, Pfäfers und Clanx inne. Auch in Disentis regierte um 1330 mit Martin von Sax ein Abt aus dieser Familie.

Rudolf stammte aus der Linie Sax-Hohensax. Die Abtweihe fand wohl kurz nach seiner Wahl statt. Mit Bischof Heinrich IV. (1436-1462)hatte er sich auf die Zahlung der Servitien geeinigt. Sie sollten 800 Gulden betragen. Schon am 3.2.1439

ging er mit Bürgermeister und Rat der Stadt ein Burgrecht auf Lebzeiten ein. Er sollte seine Veste Pfäffikon öffnen und jährlich zum Martinstag 10 Goldgulden Burgrechtssteuer entrichten. Am 12.9.1442 verlieh ihm Friedrich III. (1440-1493)

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die Regalien und bestätigte die Privilegien des Klosters.

Noch zu Lebzeiten von Abt Burkhard hatte sich der alte Zürichkrieg angebahnt. Zum einen ging es um die Vorherrschaft um die Vorherrschaft zwischen Schwyz und Zürich im Gebiet rund um den Zürichsee und das Linthgebiet. Der Züricher

Bürgermeister Rudolf Stüssi (Bürgermeister von 1430-1443) verfolgte eine klar expansionistische Politik. Ziel war die Beherrschung des gesamten Zugangs zu den Alpenpässen zwischen Baden und Sargans. Zunächst konnte der Streit friedlich

beigelegt worden. Am 14. April starb Graf Friedrich VII. von Toggenburg. Er hatte kein Testament hinterlassen, aber viele sich auch widersprechende Zusagen gemacht. Zürich besetzte gleich Pfäffikon während Schwyz seine Truppen nach Einsiedeln

in die March und nach Uznach legte. Die Gräfin Elisabeth von Matsch, die Witwe des verstorbenen Grafen hatte ihr Erbe im April 1437 an ihren Bruder Ulrich und ihren Vetter Ulrich von Matsch überschrieben mit der Auflage, es gerecht aufzuteilen.

Unter Vermittlung des Berner Schultheissen Rudolf Hofmeister und dem Schwyzer Landamman Ital Reding wurde das Erbe an verschieden Adelsherrschaften aufgeteilt. Zürich war leer ausgegangen. Als Reaktion verhängte Zürich eine Getreidesperre

gegen Schwyz und Glarus. Der Winter 1437/38 war sehr streng und zog ein Hungerjahr nach sich. Da wirkte sich so eine Getreidesperre natürlich hart aus. Die Situation eskalierte und im Mai 1439 kam es zu blutigen Zusammenstößen am Etzel.

Zürich wurde zurückgeschlagen und es kam zunächst zu einem Waffenstillstand. Im November 1440 kamen die Züricher mit 6000 Mann nach Pfäffikon. Inzwischen hatten sich die Truppen von Uri, Schwyz und Unterwalden vereint, was auch die Zürichern

erfuhren. Sie zogen sich aus Pfäffikon zurück. Die Schwyzer befragten nun die Hofleute unter Eid über die Hofrodel. Diese bejahten, dass dieser richtig sei. Daraufhin zogen die Schwyzer die Vogtei an sich.

Am 1.12. 1440 wurde der Kilchbergische Vertrag zwischen Zürich und Schwyz,den Graf Hugo von Montfort vermittelt hatte,   in Luzern beurkundet. Am 1. Januar 1441 verhandelten Schwyz und Zürich erfolglos. Die Lage verkomplizierte sich weiter.

Am 2. Februar 1440 war Friedrich III. von den deutschen Kurfürsten zum König gewählt worden. Anlässlich der Krönung zum König schloss Zürich mit Friedrich in Aachen einen Vertrag ab. Zürich sollte Teile der Grafschaft

Kyburg an Friedrich zurückgeben. Dafür war Friedrich bereit, als König die Privilegien der Stadt Zürich zu erneuern und die restliche Herrschaft der Stadt anzuerkennen. Auch Rapperswil hatte sich mit Friedrich verbündet. Im September weilte Friedrich in

Zürich um die Huldigung der Stadt entgegen zu nehmen. Bei dieser Gelegenheit waren auch die Regalien an Abt verliehen worden. Zwischen dem 1.und 4. Mai 1443 wurde in Einsiedeln nochmals erfolglos versucht, den Frieden wieder her zu stellen.

Am 22. Mai 1443 in Freienbach und am 24. Mai am Hirzel trafen die eidgenössischen und die Heere Friedrichs und Zürichs aufeinander. Beides Mal behielten die Eidgenossen die Oberhand. Da die Heuernte war, zogen sich Schwyz zurück, um nach der Ernte wieder zu

kommen. Sie waren aber nicht stark genug, um Zürich ein zu nehmen. Aber die Züricher erlitten am 23. Juli in der Schlacht bei St. Jakob an der Sihl eine vernichtende Niederlage. Bürgermeister Stüssi fiel auf der Sihlbrücke.

Auch Rapperswil konnte nicht eingenommen worden. Abt Rudolf und Bischof Heinrich IV. von Hewen vermittelten einen Waffenstillstand von acht Monaten. Niemand kümmerte sich aber darum. Auch Friedensverhandlungen in Baden kamen nicht voran.

Die Belagerung von Rapperswil dauerte von April  1444 bis Dezember 1445. Das stiftische Gebiet wurde schwer in Mitleidenschaft gezogen. Auch die Besitzungen in Fahr hatten zu leiden. Die Kirche von Weiningen wurde sogar niedergebrannt.

Endlich kam es im Juni 1446 zu einem Waffenstillstand. Allerdings dauerten die Friedensverhandlungen noch 4 Jahre. Erst am  8. April 1450 kam es im Kloster Kappel zu einem Vergleich. Am 24. August 1450 erneuerten Zürich und die anderen Eidgenossen

auf einer Wiese bei Einsiedeln feierlich die alten Bünde und tauschten die im Krieg erbeuteten Fahnen aus.

Die Wallfahrt war in den Kriegszeiten zurückgegangen. Am 3.3. 1442 wurde das Privileg von fremden Pilgern Beichte hören zu dürfen, um fünf Jahre verlängert. In der Regierungszeit Abt Rudolfs wird auch das sogenannte Waldstattbuch aufgesetzt,

das die Rechte und Pflichten der Waldleute enthielt. In Eschenz wurde 1446 ein neues Verzeichnis der zehntpflichtigen Güter aufgenommen.

Die letzte Urkunde Abt Rudolfs ist am 11.11.1446 ausgestellt. es geht dabei um das Präsentationsrecht in der Pfarreikirche Wald. Sein Nachfolger erscheint bereits am  12. Februar 1447. Zwischenzeitlich muss Abt Rudolf also gestorben sein.

Franz von Hohenrechberg war ein Cousin mütterlicherseits des verstorbenen Abtes Rudolf. Auch er wird bei der Ämterverteilung durch Abt Burkhard im Jahr 1428 genannt. Er erhielt die Propstei Fahr. Als Abt erscheint er erstmals am 12.2. 1447.

Es geht um die Festlegung der ersten Früchte. Dies geschah zusammen mit seinem Cousin Konrad von Hohenrechberg, der Dompropst in Konstanz war. Da das Stift verarmt war, wurden nur 700 Gulden festgesetzt.

In seiner Regentschaft wurde der alte Zürichkrieg definitiv beendet. Die Verhandlungen hatten in Einsiedeln stattgefunden und der Entscheid wurde beim Abt hinterlegt.

Am 25. Oktober 1449 hatte Papst Nikolaus V. (1447-1455) den Abt von Kloster Reichenau Friedrich von Wartenberg (1427-1453) beauftragt, dem unter den Kriegsfolgen leidenden Kloster Einsiedeln zu helfen, wieder in den Besitz verlorener Güter

zu gelangen. Als Prokurator des Abtes beim Heiligen Stuhl ließ Abt Friedrich auch   ein Transsumpt der Bulle Papst Leos VIII. aus dem Jahr 964, das 1383 von Heinrich von Brandis,  Bischof von Konstanz, erstellt wurde, und nun von neuem

durchgesehen, abgeschrieben und für echt erklärt wird durch den Notar Johannes Vogelli vidimieren.Der Papst verlieh am 23. März 1452 allen Besuchern der Gnadenkapelle einen Ablass. Am 3.4. 1452  bestägtigte Papst Nikolaus V.  Abt Franz von Hohenrechberg

und dem Konvent von Einsiedeln die Privilegien. Am 25. 4.verlängerte er die Vollmacht, Pilgern Beichte zu hören um weitere 15 Jahre, vor allem  erklärte er das Kloster aber für exemt. Damit unterstand es nicht mehr der Gewalt des Bischofs von

Konstanz. Im weltlichen Bereich gab es noch einen Streit um die Weiden. Der Schwyzer Landammann Ital Reding und das Neunergericht entschieden aber im Rathaus zu Schwyz am 20. Oktober, dass diese Allgemeingut seien.

Die Regierungszeit von Abt Franz dauerte nur 5 Jahre. Er verstarb am 18. Juli 1452. Auf ihn folgte Gerold von Sax. Er war der Bruder seines Vorvorgängers Rudolf und ebenfalls 1428 mit einem Amt bedacht worden. Er erhielt damals

Kantorei und Kellerei. Mit ihm sind nun alle damals Genannten zu Abtswürden gekommen. Er übertrug  Rudolf von Falkenstein, den ältesten Konventualen von Einsiedeln die Kantorei und Kellerei.

Am 15. November 1452 vidimierte der Konstanzer Bischof Heinrich IV. von Hewen (1436-1462) die Bulle, die Papst Nikolaus Abt Franz ausgestellt hatte. Sie wurde auch zur Veröffentlichung in der ganzen Diözese befohlen.

Am 13.8.1454 beauftragte Papst Nikolaus den Konstanzer Dompropst und den Domdekan sowie den Züricher Propst gegen Ulrich Tailer, einen Konstanzer Kleriker, sowie andere Kleriker und auch Laien in Konstanz vorzugehen, die dem Kloster “schwere Schäden”

zugefügt hätten. Worin diese bestanden, wird in der Urkunde nicht gesagt. Nur knapp sechs Wochen später beauftragte der Papst den Domdekan von Konstanz und den von Straßburg sowie den Züricher Propst Nachforschungen anzustellen über Entfremdung von

Klostergütern durch frühere Äbte und Konventualen. Möglicherweise war dies eine Retourkutsche der Kleriker, die angeblich das Stift geschädigt hätten. Was aus beiden Sachen geworden ist, ist nicht bekannt.

Papst Nikolaus starb am 24. März 1455. Auf ihn folgte Calixt III. (1455-1458).Dieser Papst verlieh Abt Gerold am 5.12.1457 das Privileg  “sich einen Beichtvater zu wählen, der ihn von den Sünden freisprechen kann, ausgenommen die dem Papst vorbehaltenen, und

dazu Pflichten zu veräussern, ausser die Pflicht der Pilgerreise an die Grabstätten der heiligen Apostel Petrus und Paulus und des heiligen Jacobus” Der Nachfolger von Papst Calixt, Pius II. (1448-1464), der als

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der als Enea Silvio Piccolomini ein bedeutender Humanist, Schriftsteller und Gelehrter war, zeigte sich als Gönner des Stifts.

Am 6.7.1462 erneuert Abt Gerold das Burgrecht mit Zürich, wobei auf Grund der geänderten politischen Lage die Veste Pfäffikon keine Rolle mehr spielt. Die übrigen Bedingungen von beiden Seiten bleiben dieselben.

Vertragspartner waren der Rat der Stadt Zürich und Bürgermeister Rudolf von Cham einerseits und Abt Gerold andrerseits.

Am 29. Mai 1463 bestätigte der Papst dem Kloster den den apostolischen Schutz und die Privilegien des Stiftes.

Nur 4 Tage später nämlich am 02.06. 1463 bestätigte er dem Kloster das Privileg, nur Adlige oder  “hervorragende Männer” Männer ins Kloster auf nehmen zu müssen. Wenn dafür extra eine päpstliche Bulle ausgestellt wird, scheint es wohl

Bestrebungen gegeben zu haben, diese “alte, streng befolgte Übung” auszuhebeln. Anfang des 15. Jahrhunderts scheinen viele Klöster enorme Probleme gehabt zu haben. Bei vielen war die adlige Exklusivität vielleicht nicht die

Ursache aber eben doch mit schuldig am schlechten Zustand der Nachwuchsprobleme. Das Kloster Reichenau hatte um 1400 noch zwei Mönche in Steingaden lebte sogar nur noch ein Konventuale im Kloster. Die Klöster, die sich für alle

öffnete, erlebten dann immer einen neuen Aufschwung. In Amorbach öffnete Abt Dietrich von Kunnich (1406-1428) das Kloster für Nichtadelige. In Rot gilt Heinrich Merk (14-15-1420) als 2. Gründer. Er kümmerte sich auch um das Filialkloster

Steingaden. Auf der Reichenau wurde Friedrich von Wartenberg (1427-1458) von Papst Martin eingesetzt. Er hob die Beschränkung für den Hochadel auf. In St. Gallen wurde mit Ulrich Rösch ein Bäckersohn der erste Abt, der nicht adelig war.

Er war dies von 1463-1491.Auch er wird gerne 2. Klostergründer genannt. Bei all diesen Klöstern hatte die Öffnung eine große Wirkung. Die Ordensdisziplin wurde wieder gestärkt, zumal alle Äbte großen Wert auf die Bildung ihrer Mönche legten.

Die wirtschaftlichen  Probleme  schwanden auch. Einsiedeln hielt aber noch, so wie es aussieht, am alten Herkommen fest.

Auch unter Abt Gerold gab es Neuzugänge im Kloster. Aber es waren eben nur enge Familienangehörige. Konrad von Rechberg wurde aufgenommen. Er war Vetter von Abt Gerold und Sohn des Bruders von Abt Franz. Um 1454 trat Albrecht von Bonstetten ins Kloster

ein.Er war der Sohn der Schwester der beiden Äbte Gerold und Rudolf Elisabeth von Sax. Aus dieser Familie waren schon zwei Mitglieder Kanoniker in Einsiedeln. Burkhard von Bonstetten ist 1244 in Einsiedeln erwähnt und Hermann von Bonstetten war bei dem

Überfall Schwyzer auf das Kloster dabei. Er war später erst Pfleger in St. Gallen und von 1333-1360 dort Abt. Auch Barnabas von Misox trat in Einsiedeln ein. Er stammte aus dem Familienzweig der Sax-Misox, also auch ein Verwandter.

Am 18.12. 1463 befiehlt der Papst den Dompröpsten von Chur,Basel und Zürich, dafür zu sorgen, dass entfremdetes Klostergut zurück gegeben wird.

Am 25. Februar verkaufte Abt Gerold Güter und Rechte im Zugerland. Er bekam dafür 3000 Gulden. Für die Eidgenossen waren informiert worden  für Zürich Heinrich von Cham, für Luzern Kaspar von Hertenstein, der in Luzern ab 1468 Schultheiß war und Hans

Reding für Schwyz. Zum einen war das eine gute Gelegenheit, sich von etwas freimachen zu können, was ihm immer wieder Schwierigkeiten bereitet hatte. Zum andern brauchte er Geld für seinen Italienreise. Später auftauchende Schwierigkeiten

waren damals noch nicht absehbar.

Am 1.2.1464  erlaubte Papst Pius dem Kloster, die Beichte von Pilgern zu hören und er bestätigte die Ablässe. Im März machte sich der Abt mit größerem Gefolge und 22 Pferden auf den Weg nach Rom. Am 11. März legte er einen Aufenthalt in Chur ein,

wo es um Streitigkeiten zwischen seinem Vetter, dem Grafen Georg von Werdenberg-Sargans und den Herren von Brandis um die Grafschaft Vaduz ging. Dabei verwies Graf Hugo XIII. von Montfort (+ 1491) im Beisein mehrerer Äbte die Sache an ein Schiedsgericht

bestehend aus den Vertretern von Bern, Schwyz und Glarus.Als der Abt auf das Gebiet des Herzogs von Mailand  Francesco  Sforza I.(1401-1466)kam, erhielt er durch das gesamte Gebiet das herzogliche Ehrengeleit und hielt ihn auch gastfrei.

Er scheint auch vorher schon ziemlich Aufsehen erregt zu haben. Bei Firenzuola, einem kleinen  Dorf in der Nähe von Florenz, kam es zu einem Auflauf, weil viele Leute herbeidrängten, um die schönen Pferde des Abtes zu besichtigen. Dabei wurden sogar zwei

Knechte festgesetzt, die die Leute zurückdrängten. Es wirkt nicht unbedingt so, dass hier ein Abt unterwegs war, der eigentlich auf die erschütterten Finanzen seines Stiftes achten  musste. In einem Bericht des Mailänder Gesandten an Herzog Francesco

ist die Rede davon, dass der Abt als Beauftragter für den Bund von Deutschland zum Papst gehe.Möglicherweise handelt es sich um die 1425 gegründete Konfraternität, bei der damalige Einsiedler Abt Burkhard den Vorsitz übertragen bekam.

Die Reise zum Papst scheint durchaus erfolgreich gewesen zu sein. Denn am 10.4. 1264 erlaubte der  Papst in Pietrolo wo sich damals der päpstliche Hof in den Bädern aufhielt, “Abt Gerold von Sax zu Einsiedeln und seinen Nachfolgern, päpstliche Briefe ohne

Erlaubnis des Ordinarius auszuführen. Damit der Abt in seinem Recht nicht behindert wird, schreibt der Papst den Bischöfen von Basel und Chur sowie dem Propst von Zürich”. Am selben Tag bestätigte er die Bullen von Papst Eugen IV., Papst Nikolaus V. und Papst

Leo VIII. In Siena erhält er noch einen Ablassbrief  für die Kirche von Freienbach aus, der ihm von sieben Kardinälen ausgestellt worden war. Über Zürich geht er nach Einsiedeln zurück. In Zürich siegelt er am 1. Juni nochmals in der Streitsache seines Vetter, die von

Chur am 11. März 1464 nach Zürich verwiesen worden ist. In Konstanz bemühte er sich gleich beim Bischof um die Vidimierung der erhalten Bullen. Dort war inzwischen Burkhard II. von Randegg (1462-1466) auf Heinrich IV. als Bischof gefolgt. Mit der

Sakramentenspendung für Pilger gab es keine Probleme. Dafür erklärte  er sogar die Synodalstatuten für aufgehoben. Probleme gab es aber bei der Exemtion. Das war eigentlich immer und überall ein Zankapfel zwischen Bischof und Abt.

Am 18. Januar 1465 einigten sich Bischof und Abt auf die Anerkennung der Bullen zur Sakramentenspendung, den Engelweihablass und die Ernennung der Konservatoren. Verzichten musste auf die Exemtionsbulle vom 2. Juni 1463 und auch für seine Nachfolger

versprechen, sich dieser Exemtion nicht zu bedienen.

In der Nacht vom 21. April 1465 brach in der Gnadenkapelle ein Feuer aus, dem diese zum Opfer fiel und der das Münster bis zum Fronaltar zerstörte. Auch zehn Glocken, die Orgel, Paramente und Bücher wurden ein Raub der Flammen. Schuld hatte angeblich der

Mesner, der die Kerzen nicht sorgfältig genug gelöscht hatte. Die Schwyzer setzten nun den Ratsherren Josef Stadler zum Baumeister. Außerdem verlangten sie den Klosterschatz, um die Kirche wieder aufbauen zu können. Die Sache eskalierte nun. Der Abt sagte,

es sei kein Geld vorhanden. Das habe er auf seiner Italienreise verbraucht. Außerdem erkenne er die Schwyzer als Kastvögte nicht an. diese hätten sich den Entscheid Kaiser Sigismunds erschlichen. Aber er fand es geraten, nach Zürich zu gehen und sich an die

Eidgenossen zu wenden. In der Zeit führte Richard von Falkenstein die Verwaltung des Stifts. Er nahm am 17.12.1465 ein Darlehen von 800 Gulden auf wohl zur Wiederherstellung von Kirche und  Kapelle. Dafür verpfändete er den Weinzehnten und Güter in Meilen.

Im November trafen sich eidgenössische Boten, der Bischof von Konstanz und der Abt in Einsiedeln. Doch eine Einigung kam nicht zustande. Die Schwyzer warfen Abt Gerold vor, in Pfäffikon und an anderen Orten Stiftsgut entfremdet zu haben. Wohl Anfang 1466

erklärten die Schwyzer mit Hilfe des Konstanzer Bischofs und Richard von Falkenstein den Abt für abgesetzt. Die Kirche war inzwischen wieder eingewölbt, was auf Anordnung von Bischof Burkhard von Konstanz geschehen war. Eine neue Weihe war nicht

nötig, wie der Bischof entschied, da die Kirchenmauern intakt geblieben waren.

Der Abt hatte sich mittlerweile an den Papst gewandt. Paul II. (1464-1471) der Nachfolger von Papst Pius II. beauftragte am31.5. 1466  “den Erzbischof von Mainz sowie die Bischöfe von Strassburg und Basel, Abt Gerold von Sax zu Einsiedeln, den Bischof Burkhard von

Konstanz und die Herren von Schwyz aus dem Amt vertrieben haben, wieder einzusetzen und zwischen den Parteien Recht zu üben”. Appellation war nicht gestattet. Am 28. Juni 1466 ermahnte der Domprobst von Chur, Johannes Hopper, den Papst Pius II. zum Konservator des

Stifts ernannt hatte, Richard von Falkenstein sowie den Ammann und die Leute von Schwyz, Abt Gerold von Sax seine Abtwürde zuzusprechen. Er berief auch einen Beschwerdetag nach Wil ein. Auf Ersuchen der Eidgenossen wurde der Tag dann  in

Zürich abgehalten. Am 5.9. 1466 wurde eine Einigung erzielt. auch die Verteilung der Opfer wurde geregelt. Die Einigung hatte allerdings keinen bestand. Aber Abt Gerold konnte zurückkehren, rechtzeitig zum Fest der Engelweihe. Schon im April hatten die

7 alten Orte der Eidgenossenschaft zu diesem Fest in einem Geleitbrief für die Hin-und Rückreise Sicherheit versprochen. Das Fest von 1466 wurde die glanzvollste Engelweihfeier des Mittelalters, die uns bekannt ist.

Über 130 000 Menschen waren in 14 Tagen gekommen. Auch die drei Einsiedler Madonnen wurden vom Meister E S zu diesem Termin geschaffen.

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Die Sache mit dem Verkauf der Güter und Rechte im Zugerland schwebte aber immer noch. Erst 14.3 1468 erklärte Rudolf Schiffmann, Bürger und des Rats von Luzern, als Obmann in einem Streit zwischen Schwyz und Zug den Verkauf für ungültig.

Die Finanznot des Abtes war nicht geringer geworden. Als er im April 1468 bei der Fraumünsterabtei in Zürich 260 Gulden aufnehmen musste, ärgerte das die Schwyzer so, dass sie den Abt gefangen setzten. Das brachte ihnen den Bann ein.

Sie wurden durch die Vollmacht des Generalvikars von Konstanz im Oktober wieder gelöst. Schließlich einigte man  sich auf einen  Handel. Die Schwyzer waren bei der letzten Geldaufnahme des Abtes in Höhe von 1000 Gulden behilflich.

Im Gegenzug trat er zurück. Seinen Abtstitel behielt er bei. Nach seiner Resignation im Spätherbst 1469 war er noch zwei Mal als Vermittler tätig. Er starb am 15.10.1480.

Konrad von Hohenrechberg ist 1440 geboren und war wohl schon seit 1454 im Kloster. Am 27.10.1469, Schwyz in der minderern Ratstube hatte Abt Gerold eidlich auf das Amt des Abtes gegen eine Rente von 200 Florin jährlich verzichtet. Nach der Resignation  Gerolds

von Sax wurde Konrad die Verwaltung der Abtei übertragen, von wem ist nicht bekannt.Das Stift lag darnieder und die Zeit war reif für Reformen. Bischof Hermann III. (1466-1474)gibt dem Pfleger und Konvent von Einsiedeln Satzungen und Ordnungen, um die

zerfallene Zucht und Regel wieder herzustellen, will aber damit keinen Eingriff in die Ordensregeln tun, und behält sich und seinen Nachkommen Änderung dieser Satzungen vor. Die Verordnungen scheinen die Beobachtung der Gelübde und Disziplin, den

Gottesdienst und die Verwaltung betroffen zu haben. Ein Dekan und ein Kustos wurden ernannt und auch Abrechnung mit den Stiftsammännern wurden gemacht. Das lässt darauf schließen, dass man versuchte, den Vorgaben des Bischofs nachzukommen.

Dringlich war aber auch die bauliche Wiederherstellung des Stifts. Zunächst hatte man sich vor allem auf die Gnadenkapelle konzentriert, da das fest der Engelweihe ja bevorstand. Nun bemühte man sich um die Herstellung der Kirche und der

Stiftskirche. Als Baumeister fungierte weiter Jos Stadler aus Schwyz und nach 1480 der Ratsherr Gilg Mettler aus Schwyz. Aber 1471 bis 1473 leitete Hans Niesenberger aus Graz die Bauarbeiten. Er ist erstmals 1459 anlässlich einer Versammlung süddeutscher

Steinmetzmeister in Regensburg genannt. Er war dann wohl in der Bauhütte des Klosters Weissenau tätig, was wir aus einer Weissenauer Urkunde von 1477 wissen. 1471 schloss er in Freiburg einen Vertrag für die Tätigkeit am Münster ab.

Dieser erlaubte auch Nebentätigkeiten. aus Baurechnungen in Freiburg von 1472 und 1473 wissen wir, dass er auch in Einsiedeln tätig war. Er hatte einen Sohn, der ebenfalls Hans hieß und mit ihm arbeitete. Der Sohn lässt sich noch 1505 in Einsiedeln

nachweisen. Von Freiburg wurde Niesenberger 1483 nach Mailand berufen und arbeitete dort bis 1486 am Dom. Er hatte also durchaus einen Ruf. Erste Schwierigkeiten für den Pfleger tauchten auf, als die Schwyzer als Vögte ebenfalls einen Schlüssel für die

Opferstöcke verlangten.Es ging ja nicht nur um die Opferstöcke sondern vor allem um deren Inhalt. Abt Ulrich Rösch aus St. Gallen erreichte am 29.3. 1470  einen Vergleich im Streit zwischen Konrad von Hohenrechberg, dem Pfleger von Einsiedeln, und denen von

Schwyz wegen der Schlüssel zum Opferstock dahin, dass so lange Konrad Pfleger ist, denen von Schwyz auch einer der drei Schlüssel zum Opferstock gegeben werde und sie über den dritten Teil des Opfers zu Tilgung der Schulden des Gotteshauses und an dessen

Baukosten verwenden mögen, jedoch unvorgreiflich der Rechte des Gotteshauses. Ein weiterer Streit konnte ebenfalls mit einem Schlichter beigelegt werden. 1370 hatte das Kloster Einsiedeln die Herrschaft Reichenburg von Rudolf Tumpter genannt Keller

für 1200 Gulden erworben. Nun beanspruchte Schwyz die hohe Gerichtsbarkeit für sich. Am 22. 2. 1472 entschied der Rapperswiler Schultheiß Bilgeri Steiner, dass die hohen Gerichte und der Blutbann Schwyz zusteht, die niedere Gerichtsbarkeit aber beim Kloster

Einsiedeln verbleibt.Auch von Unbillen der Natur blieb das Stift nicht verschont. 1475 und 1477 ging schwerer Hagelschlag über Einsiedeln und Zürich nieder und in den Jahren 1478 und 1481 litten die Stiftsbesitzungen in der March schwer.

Nachdem Abt Gerold 1480 verstorben war, erfolgte die Wahl des Nachfolgers am 29. Oktober 1480. Es war eine kleine Wahlversammlung. Der Konvent bestand ja nur noch aus drei Mitgliedern. Als Stimmenzähler fungierten der Dompropst Hopper sowie der Abt von

Rüti Markus Wiler (1477-1502). Zunächst wollte der bisher als Pfleger wirkende Konrad das Amt gar nicht annehmen. Er wusste ja nach 10 Jahren in dieser Funktion, was auf ihn zukommen würde. Erst Abt Ulrich Rösch, die Schwyzer und andere Leute brachten ihn

nach langem Zureden dazu, das Amt anzunehmen. Am  29.10.1480 wurde die Wahl in Pfäffikon beurkundet. Der Notar Johannes Jörger aus Buchhorn fertigte auch ein Protokoll angefertigt. Es ist das erste dieser Art, das erhalten ist.

Am 8.12. 1480 veröffentlichte der Konstanzer Bischof die Wahl und als sich kein Einspruch erhob, erklärte sie am 15.1. 1481 als rechtlich vollzogen. Die Eidgenossen ersuchten um geringere Gebühr. Die zu zahlende Taxe wurde dann auf

650 Gulden statt 800 festgesetzt. Am 28. März 1881 bezahlte Abt Konrad die Gebühr. Allerdings meldete sich nun Rom. Abt Gerold hatte ja 1465 die Exemtion der Abtei erreicht und gemäß dieser Bulle wären nun  333 1/3 Goldgulden an  die päpstliche

Kanzlei zahlen müssen. Aber noch Gerold hatte ja auf die Exemtion verzichtet und so zahlte Konrad natürlich nicht auch noch an Rom. Die päpstliche Kanzlei reklamierte aber und beauftragte den Propst des Benediktinerinnenklosters in

Feldbach im Oberelsass, gegen Konrad, sowie die Äbte von Weingarten ,Kaspar Schiegg (1477-1491), St. Blasien, Eberhard von Reischach (1482-1491) und Kempten, Johann von Rietheim (1481-1507)vor zu gehen. Sie waren alle in derselben Zeitspanne zu Äbten

gewählt worden und hatten dasselbe Problem.Konrad wandte sich an seinen Diözesanbischof, das war inzwischen Otto IV. von Sonnenberg (1474-1491). Dieser setzt sich für Konrad ein und erledigte das Problem.

Die Lage des Stifts war nach wie vor nicht rosig. Aber Schwyz übernahm 1. Juni 1482 eine vom Stift in Bern eingegangene Schuld von 700 Gulden und kurz danach lieh es dem Abt 400 Gulden, die die Stiftshöfe von Niderwil bei Bremgarten verzinsen mussten.

Doch das Stift musste weiter zu Verkäufen greifen. Am 15.4.1483 verkaufte Abt Konrad alles, was das Stift in Riegel im Breisgau noch besaß an das Stift Ettenheimmünster. Damit endeten die Einsiedler Beziehungen zum Breisgau, die seit dem 10. Jahrhundert

bestanden hatten.

1490 zog sich Abt Konrad weitgehend nach St. Gerold zurück, wo er die Propstei innehatte. In Einsiedeln bestellte er mit Barnabas von Mosax einen Pfleger. Das kann auch daran liegen, dass er sich mit den Schwyzern überworfen hatte. Das heißt aber nicht,

dass er resignierte. Papst Innozenz VIII. (1484-1492) beauftragte ihn zusammen mit den Äbten von Rüti und Fischingen, dass in Rapperswil  Amt und Vesper gesungen wurden. Auch der Nachfolger von Papst Innozenz, Alexander VI. (1492-1503)

bedachte den Abt mit Aufträgen. Zusammen mit den Pröpsten von Zürich und Luzern wurde er am 28. Juli 1493 zum Verteidiger der kirchlichen Rechte des Klosters Disentis bestellt. Mit der Verwaltung der Propstei St. Gerold gab es immer wieder Probleme, so dass

Konrad am 29. März 1498 diese auch dem Pfleger Barnabas von Misox übertrug. Er bedingte sich dafür die Entrichtung von 100 Gulden jährlich aus. Allerdings wurde das hinfällig. Denn Barnabas verstarb am  31. August 1501 in Einsiedeln. Nun musste der Abt wieder

die Verwaltung  von Einsiedeln und St. Gerold übernehmen. Außer Abt Konrad lebten jetzt nur noch zwei Konventualen im Kloster, nämlich Johann Baptist von Mosax. Dieser war ein Neffe des Pflegers Barnabas. Er war 1498 ins Kloster eingetreten. Er war wohl ohne

Beruf ins Kloster gekommen. Da er stolz, jähzornig und pflichtvergessen war, wollte ihn Konrad nicht zum Priester weihen lassen. Er überwarf sich mit dem Abt. Er bat die Schwyzer, ihm entweder auf eine Höhere Schule oder in der Fastenzeit zur Priesterweihe  zu

verhelfen. Sie taten weder das eine noch das andere.Erst als der Abt ihn einsperren ließ, verwandten sich für ihn. Darauf kam er frei. Er bedankte sich bei den Schwyzern. Sie mussten ihn aber bald auch einsperren. Im August und September 1510

lässt er sich in Luzern nachweisen. Kurz danach ist er wohl gestorben. Eine wesentlich rühmlichere Erscheinung im Kloster stellt Albrecht von Bonstetten dar. Er war der Sohn von Kaspar von Bonstetten und der Elisabeth von Sax, der Schwester der beiden Äbte

Rudolf und Gerold. Um 1454 ist er ins Kloster Einsiedeln eingetreten. Möglicherweise war er 1464 bei der Italienreise von Abt Gerold dabei. 1466 wurde er die in die junge, gerade 9 Jahre vorher gegründete Universität Freiburg immatrikuliert.

In den Universitätsmatrikeln von Freiburg findet man da folgenden Vermerk “Albertus de Bonstetten monasterii Heremitarum professus sub forma nobilis, tredeeima Maij.” In Freiburg hatte er sich für die sieben freien Künste eingeschrieben, den damals üblichen

Start eines Studiums. In Basel setzte er sein Studium bis 1468 fort. In Freiburg lernte er den Mönch und späteren Abt der Reichenau Martin von Weißenburg kennen. In Basel freundet er sich mit dem Basler Kanoniker Arnold Truchsess von Wolhusen an, der ihn  dazu

ermuntert, in Pavia zu studieren. Zunächst ist er aber wieder in Einsiedeln.  Dort erscheint er am 9. März 1469 als Dekan. 1471 ging er schließlich nach Pavia, versehen mit einem Empfehlungsbrief der eidgenössischen Boten an den Herzog Galeazzo Maria Sforza.

Ohne akademischen Grad kehrte er 1474 nach Einsiedeln zurück. Dort empfing er die Priesterweihe. Er brachte auch Handschriften unter anderem eine der Werke des Petrarca mit. Er machte sich einen Namen als Frühhumanist. Er führte mit vielen

seiner gelehrten Zeitgenossen einen ausführlichen Briefwechsel. Die wichtigsten seiner erhaltenen lateinischen und z. T. selbst ins Deutsche übersetzten Abhandlungen sind: die älteste Beschreibung der Schweiz (1479), Darstellungen der Burgunderkriege (1477),

der Lebensgeschichte der Schweizer Heiligen Nikolaus von der Flüe (1479), Meinrad (1480) und Ida (1481); ferner der Geschichte des Klosters Einsiedeln (1480) und des Hauses Österreich (1499), sowie ein Marienbrevier (1493).

Bald genoss er auch das Ansehen der Großen seiner  Zeit. Am 20.10.1482 ernannte ihn Kaiser Friedrich zum Pfalzgrafen und Hofkaplan und stattete ihn mit verschiedenen Privilegien aus. 1491 ernannte ihn Maximilian zu seinem Hofkaplan

und der Kaiser verlieh ihm 1492 das Privileg 10 Wappenbriefe zu verleihen und zehn Doktoren zu Rittern zu schlagen. Als Maximilian mittlerweile Kaiser geworden (1493-1519) in Freiburg weilte, besuchte er Albrecht persönlich. Er bestätigte die Ernennung zum

Hofkaplan und promovierte ihn zum Doktor beider Rechte. Außerdem änderte er das Recht 10 Ritter zu schlagen um in das Recht zehn Doktoren beider Rechte, der freien Künste und der Medizin ernennen zu können. Er vermittelte für sich und Abt Konrad das Privileg,

sich einen beliebigen Beichtvater suchen zu dürfen, der ihm einmal im Leben und im Augenblick des Todes einen vollkommenen Ablass gewähren zu können. Auch für die Wallfahrt vermittelte er einen Ablass und das Brevierprivileg für Priester.

Er hatte noch einen Rechtstreit mit einem Memminger Drucker zu führen, war für die Abtei  wohl noch vermittelnd tätig. Dann erfahren wir nichts mehr von ihm. Wir wissen nur, dass er vor dem 11. Januar 1505 gestorben sein muss.

Um 1499 trat Diebold von Geroldseck ins Kloster Einsiedeln ein. Er war der Sohn von Gandold I. von Geroldseck und der Kunigunde von Montfort. Der Stammsitz war Hohengeroldseck  nahe Seelbach bei Lahr hatten. Er hatte 4 Schwestern und zwei Brüder.

Seine Schwestern waren in Klöstern untergebracht und zwar in Zürich in Fraumünster, im Damenstift  in Säckingen und im Kanonissenstift in Bad Buchau. Seine Brüder hatten die obere Herrschaft von Geroldseck inne. Diebold legte um 1505 seine Profess ab.

Am 10. Januar 1503 erwarb Abt Konrad vom Schwyzer Landamman das hintere Sihltal.  Dem Verkäufer oder seinen männlichen Nackommen wurde das Recht eingeräumt, “wegen der vielen Dienste, die sein Vater und Bruder und er selbst dem Gotteshaus bewiesen”

dieses innerhalb von 32 Jahren zum Verkaufspreis zurück zu erwerben. Abt Konrad nutzte dieses Gut hauptsächlich zur Pferdezucht. Zu diesem Zeitpunkt bestand die Pferdezucht im Kloster wohl schon 500 Jahre und der Marstall Einsiedeln ist das älteste

Gestüt Europas. Die oben erwähnte Urkunde von Heinrich IV. von 1064, indem er den Dienstleuten Einsiedelns das Recht, lässt auf einen Marstall und auch indirekt auf Pferdezucht schließen. Im 15. Jahrhundert gab es auch das weltliche Hofamt des

Marschalls, dem der Marstall und das Gestüt unterstanden und der den Abt auf seien Reisen zu begleiten hatte und dabei auch für die Unterkunft sorgen mussten.

Bei dem Überfall der Schwyzer auf das Kloster 1314 nahmen die Schwyzer neben Kühe auch Pferde als wertvolle Beute mit.  Erinnert sei auch an den Auflauf, der auf der Italienreise von Abt Gerold entstand, weil die Menge sich drängte, um die schönen Pferde des

Abtes zu bewundern. Unter Abt Konrad nun begann die Pferdezucht in größerem Masse. Er belieferte unter anderem den Markgrafen von Mantua Francesco Gonzaga (1486 –1519). er war Oberbefehlshaber der päpstliche Truppen unter Papst Julius II.

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und Bannerträger der Kirche. Erste Rechnungen aus dem Jahre 1513 belegen den Handel mit den “Cavalli della Madonna” Allerdings hat es ab dem Jahr 1518 Probleme mit der Bezahlung. Noch im Jahre 1598 schuldete das Haus Mantua dem Stift

600 Gulden. Im Jahre 1684 standen 94 Pferde, darunter 14 Füllen im klösterlichen Gestüt. Eine gewichtige Rolle spielten die Einsiedler Pferde beim Bau der neuen Klosteranlage zwischen 1704 und 1734. Sie besorgten den Transport des Sandsteins vom

Steinbruch am Etzel zum Kloster. 1764-1766 wurde der barocke Marstall nach den Plänen des Einsiedler Klosterbruders Kaspar Braun aus Bregenz errichtet. Bauherr war Abt Nikolaus Imfeld. 1763 wurde in England das General Stud Book angelegt.

Als aber 1798 die französischen Revolutionsheere unter General Schauenburg nach Einsiedeln kamen, nahmen die Offiziere die Pferde an sich.

Heute stehen wieder 11 Stuten, 4 Wallache und Junghengste in Einsiedeln.

Zurück zu Abt Konrad. Die Folgen des letzten Klosterbrandes waren noch nicht beseitigt. Da brach 1509 jetzt erneut ein Brand, der 4. aus. Im Dorf hatte es in einer Bäckerei zu brennen begonnen. Nur 16 Häuser blieben verschont. Im Kloster wurde das

Münster schwer in Mitleidenschaft gezogen. Nur die Gnadenkapelle, die Abtei und das Haus der Kapitularen blieben unbeschädigt. Alles andere fiel den Flammen zum Opfer. Es flossen zwar viele Spenden, aber trotzdem mussten neue Schulden aufgenommen

werden. Zur Engelweihfeier von 1511 war alles wieder einigermaßen instand gesetzt.

In der Schweiz versuchten die Eidgenossen allmählich , den Einfluss des bischöflichen Kurie  in Konstanz immer stärker zurück zu drängen. So ermunterten wohl auch die Schwyzer den Abt, in Rom einen neuen Anlauf in Sachen Exemtion zu nehmen.

Die Zeit war günstig. Den Julius II. (1503-1513) war auf die Unterstützung der Eidgenossen angewiesen,wenn er seine politischen Ziele durchsetzen wollte. Er hatte die Wiedergewinnung der Gebiete, die unter seinem Vor-vorgänger Alexander VI. verloren gegangen waren,

im Auge. Am Rande bemerkt, dieser Papst war es auch, der die Schweizergarde als päpstliche Leibwache gründete. 1506 zog eine Truppe von 150 Mann erstmals in den Vatikan ein. Unterstützt von den 12 Orten ersuchte der Abt um die Bestätigung des

Engelweihablasses, die Genehmigung Pilgern die Beichte abzunehmen und vor allem um die erneute Verleihung der Exemtion. Am 2.1. 1512 bestätigte  Papst Julius II. auf Bitte der Gesandten der XII Kantone die Privilegien von Papst Leo VIII., Papst Nikolaus V. und

Papst Pius II. Der Bischof von Chur Paul Ziegler (1505-1541), der Abt von St. Gallen Franz von Gaisberg (1504-1529) und der Propst von Zürich wurden zu Exekutoren und Protektoren dieser Sache ernannt.

Inzwischen kränkelte der Abt immer mehr. Auch zeigte er sich seinem Amt nicht mehr gewachsen. Er wandte sich deshalb an die Schwyzer Schirmherren, einen Verwalter für das Stift zu bestellen. Am 18. Dezember 1513 wurde ein Vertrag mit dem

Abt geschlossen. Er bezog eine jährliche Pension von 240 Gulden. Er durfte einige Güter des Stiftes behalten. Auch Pferde und Vieh durfte er behalten bzw. ankaufen. Zum Pfleger wurde Diebold von Geroldseck bestimmt. Der Abt zog sich nicht von allen Geschäften

zurück. Sein großes Abteisiegel hatte er zerbrochen, sein kleines aber behalten. Damit erledigte er immer noch kleine Privatgeschäfte. Diebold nahm erst mal den Wiederaufbau der beim Brand erneut geschädigten Kirche auf. Einen der beiden Türme ließ er

abtragen, weil er stark beschädigt war und neu aufbauen. Die Meister Egenmüller und Augustin schufen einen neuen Hochaltar. Von dem Einsiedler Goldschmied Meister Lienhard ließ er die Reliquien neu fassen und ein Kreuz machen. Der Chor wurde

ausgemalt und die Sakristei hergestellt. Im Kloster wurde der Marstall, eine Fleischkammer und eine Schleife neu gebaut. In Pfäffikon wurde ein neues Kornhaus erstellt, die Teufelsbrücke restauriert und der Weg über den Etzel verbessert.

Den Exemtionsstreit mit Konstanz brachte er mit Hilfe der Schwyzer und Kardinal Schinners, Bischof in Sitten seit 1499,  zu einem glücklichen Ende. Am 10.12. 1518 bestätigte Leo X. (1513-1521) das Privileg der Exemtion “auf ewige Zeiten”.

Auch das Privileg Pilgern Beichte zu hören und den Engelweihablass verlängerte er auf ewige Zeiten. Mit der Durchführung des Privilegs wurde der Bischof von Pistoia Antonio Pucci, sowie die Pröbste von Basel und Zürich betraut.

Das wohl einschneidendste Erlebnis für Diebold war die Berufung Zwinglis als Leutpriester nach Einsiedeln. Zwingli kam 1519 nach Zürich. In Einsiedeln folgte Leo Jud auf ihn, der später neben Zwingli der bedeutendste Züricher Reformer wurde.

Eine Reihe von Stiftspfarreien war allmählich von Gefolgsleuten Zwinglis besetzt. Auf der Ufnau hatte Ulrich von Hutten Zuflucht gefunden.Dort hatte dieser seine letzten Tage verbracht.

Gegen 1525 überwarf sich Diebold mit den Schwyzern. Die Schwyzer warfen ihm schlechte Verwaltung vor. Hauptgrund dürfte aber das enge Verhältnis zu Zwingli gewesen sein, der spätestens seit der Züricher Disputation für die Schwyzer nicht mehr tragbar

war. Man verhandelte noch, aber ohne Ergebnis. Anfang Januar legte Diebold sein Amt nieder, zerschnitt seien Bestallungsbrief und zerbrach sein Siegel. Zunächst ging er zu seinen Brüdern. Diebold war wohl eine Abfindung in Aussicht gestellt worden, die

er aber nicht erhalten hatte. Er kam deswegen 1527 nach Zürich, setzte sich dort im Einsiedlerhof fest und begann die Gefälle des Klosters im Zürcher Amt einzuziehen. Obwohl frühere Zusagen Zürichs an Schwyz vorlagen, schützte Zürich Diebold. Es kam

zum sogenannten Geroldseckischen Handel, der erst 1529 vertraglich beigelegt wurde. Diebold heiratete wie Zwingli auch. Diebold starb am 11.Oktober 1531 in der Schlacht bei Kappel. Zwingli fiel in die Hände der katholischen Innerschweizer und wurde getötet.

Abt Konrad wurde am 9.2.1518 von Kaiser Maximilian aufgefordert, am Reichstag zu erscheinen. Am 2.5.1518  bestätigte Maximilian auf Ansuchen des Abts Konrad III. von Hohenrechberg zu Einsiedeln, welcher deshalb Botschaft zu ihm schickte, alle Freiheiten,

Gnaden, Rechte u.s.w. des Gottshauses Einsiedeln, insbesondere die goldene Bulle Kaiser Karls IV., und nimmt dasselbe in seinen besondern Schirm. Einen Tag später verlieh er ihm die Regalien. Am 20. Januar 1526 war Abt Konrad nicht mehr in der Lage, die

Geschäfte zu führen. Schwyz setzte deshalb seinen Ratsherrn und Altvogt zu Einsiedeln Martin von Kriens zum Schaffner des Gotteshaus ein. Am 20. Juli 1526 verzichtete er auf die Abtei und nur wenig später, am 1. September 1526 verstarb er.

Kurz vorher am 8. August hatten die Schwyzer den Sankt Gallener Konventualen Ludwig Blarer  geholt und ihn am 14.8. 1426 in den Besitz der Abtei gesetzt.Wie Pater Rudolph Henggeler in seinem Typoskript auf Seite  436 vermerkt entstammte

Ludwig nicht dem St. Gallener Zweig der  Familie Blarer. Die Familie ist um 1228 in St. Gallen erwähnt. Ab 1330 verlagerte sich das Tätigkeitsgebiet der Familie nach Konstanz, wo sie vor allem im Leinwandhandel tätig war und zu großem Reichtum kam.

Sie stellte immer wieder Bürgermeister und Ratsherren der Stadt Konstanz. Sein Vater war nach Henggeler Bartholomäus Blarer, auch Bürgermeister in Konstanz. Ludwig ist um 1485 geboren und kam schon früh ins Stift Sankt Gallen, wo er 1504 zum ersten Mal

erwähnt wird. Dort ist der Jüngste der Konventualen auf der Liste zur Abtswahl. er war Ökonom in Rorschach. 1515 ist er Cellerar und Ökonom in St. Gallen. 1516 bestellte ihn Abt Franz Gaisberg  zum Dekan. Ganz klösterlich scheint er bis dahin nicht gelebt zu haben,

den er hatte nachweislich einen Sohn namens Wolfgang. Am 8. August 1526  war der Schwyzer Josef Amberg in St. Gallen bei Abt Franz, um ihn zu bitten, seinen Dekan nach Einsiedeln als Abt zu entsenden. Dieser gab der Bitte statt. Ludwig gab seine St.

Gallener Pfründen ab. Er nahm die Berufung an allerdings vorbehaltlich der päpstlichen Bestätigung und kirchenrechtlich war das ja nicht unproblematisch. Abt und Konvent von St. Gallen versprachen,ihn wieder als gleichberechtigten Konventualen

auf zu nehmen, wenn er Einsiedeln ohne Pension wieder aufgebe.Am 10.08 verließ Ludwig St. Gallen. Am Vorabend von Mariä Himmelfahrt führte ihn der regierende Landamman Martin Andermatt  in  die Kirche. Das Te Deum erklang

und die Untergebenen huldigten dem neuen Abt. Amselben Tag wurde die Einsetzung beurkundet. In der Urkunde wurde der Landamman Martin Andermatt genannt, der Altamman Martin zu Bachi,die Vögte Josef Amberg, Martin von Kriens und Heinrich Lilie.

Der erst Einspruch kam allerdings aus anderer Richtung. Am 16. November 1526 waren die süddeutschen Grafen und Freiherren in Tübingen versammelt und  wandten sich an Schwyz.

“ Die zu Tübingen versammelten Grafen und Herren an Schwyz.  Das Gotteshaus sei von Kaisern und Königen mit der Freiheit begabt, dass der Abt vom Konvent erwählt werde und von Fürsten, Grafen oder Herrenstammen soll. Nun höre

man, dass ein Abt erwählt sei, der diese Eigenschaften nicht besitze was den Rechten der Herren einen Abbruch tue. Da nun Schwyz als Kastvogt das Gotteshaus bei seinen Freiheiten  handhaben sollte, so ersuche man es, dafür zu sorgen, dass dasselbe bei seinem

alten Recht  und Herkommen bleibe und den Grafen und Herren im Reich und ihren Nachkommen ihre Rechte nicht entzogen werden” (Eidgenössische Abschiede IV, 1a. S.1125)Doch die Zeiten, dass der süddeutsche Adel solche Ansprüche stellen konnte,

waren vorbei. Zudem hatte ja gerade das Stift eindringlich bewiesen, wohin es führte, wenn Klöster zu Versorgungsinstrumenten der Nachkommen des Adels verkamen. Das Kloster war verschuldet, die klösterliche Disziplin war dahin.

Kaiser Karl V. ließ sich mit der Anerkennung des Abtes nicht ganz so viel Zeit. Am 3.7. 1532 verlieh der Kaiser dem Abt und dem Kloster die Regalien. Seit dem Reichstag zu Speyer 1529 hatte der neue Glaube immer mehr Anhänger. Längst war es nicht mehr nur eine

Glaubensfrage sondern einfach auch ein Machtfrage, was sich ja auch in den entstehenden Bünden zeigte, so der Schmalkaldische Bund von 1531 der protestantischen Stände oder der Katholisch Liga von 1538. Natürlich lag es im Interesse des Kaisers,

die katholische Seite zu stützen. Nicht so einfach war es mit Rom. Die Einsetzung des neuen Abtes war ja ohne jegliche kirchliche Erlaubnis geschehen. In seinem Breve vom 8.1. 1528 bestätigte Papst Clemens VII. (1523-1534) Ludwig als Administrator von

Einsiedeln. Bedingung war allerdings ein apostolisches Indult, das natürlich nicht vorlag. Es wurde aber auch keine Bulle ausgefertigt. Zwar war eine Frist von 6 Monaten gesetzt. Aber die politische Lage in der Eidgenossenschaft verlangte andere Prioritäten.

Es war die Zeit der Kappeler Krieg, wobei der erste ohne Blutvergießen endete und 1529 nochmals  friedlich beigelegt werden konnte, sogenannte Kappeler Milchsupp. Der zweite im Oktober 1531 endete aber blutig. Das war die oben erwähnte Schlacht,

bei der Zwingli und Diebold von Geroldseck ums Leben kamen. Erst im Sommer 1532 ersuchte Abt Ludwig mit Unterstützung der fünf Eidgenössischen Ort beim Bischof von Albano Ennio Filonardi, der von 1531 –1533 letztmals päpstlicher Nunitius in der Schweiz war,

um die Bestätigung der Wahl. Doch der Nuntius erklärte ihm, dafür keine Vollmacht zu haben. Nun bat der Abt Schwyz den Landamman Gilg Reichmuth auf Kosten des Klosters nach Rom zu schicken, was auch geschah. Die fünf Orte fertigten ihm am 12. März

1533 ein Empfehlungsschreiben aus. Darin hieß es: “ Die Boten der 5 Orte schreiben an den Papst, in den letzten Tagen habe der erwählte Abt von Einsiedeln bei dem Legaten Verulan um Bestätigung nachgesucht, aber die Antwort erhalten.

dass demselben die Vollmacht nicht zustehe, sie zu gewähren; demzufolge bitte Schwyz, dass man sich bei seiner Heiligkeit für den Abt verwende. Dazu sei man besonders geneigt und bitte daher, den Genannten bestens empfohlen zu halten,

zumal das Gotteshaus durch die verdammte neue Sekte Abgang erlitten ,durch eine Feuersbrunst beinahe gänzlich zerstört und durch die großen Kosten für den Wiederaufbau schwer beladen sei,” (Eidgenössische Abschiede IV.,1c, S. 36)

Auch der Kaiser wurde um Interstützung in der Sache gebeten.

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Am 26. April 1533. bestätigte Papst Clemens Ludwig als Abt nachdem er wie ausdrücklich in der Urkunde steht erneut gewählt wurde. Erst jetzt, knapp 7 Jahre nach sein er Amtseinführung, war er also auch formal in  seinem Amt angekommen.

Am 6.5. 1533 erfolgte die Bestätigung der Exemtion und Privilegien.Dazu zählte auch das Recht der Pontifikalien und die Erteilung der niederen Weihen. mit einer Urkunde vom nächsten Tag wird auf das zitierte Schreiben der 5 Orte geantwortet und erklärt, “die

Bestätigung Ludwig Blarers als Abt habe er (der Papst)gratis und ohne Gegenleistung gewährt”.  Trotz der mittlerweile bestehenden Gegensätze bemühte sich Abt Ludwig rasch um das Burgrecht von Zürich. So lange Diebold noch in Zürich war, stemmte er sich mit

macht dagegen und sagte, der einzige rechtmäßige Konventuale Einsiedelns zu sein.

Nach seinem Tod waren die Problem wohl ausgeräumt. Schwierigkeiten gab es nur noch wegen der Bezahlung, denn Diebold hatte offenkundig nie die Steuer für das Burgrecht erbracht. Der Abt wollt natürlich nicht für Diebold bezahlen. Es ging um die

Jahre ab 1526. Zunächts bot der Abt zwei Jahre an. Schließlich einigte man sich darauf, dass der Abt der Stadt Zürich einen Hengst aus dem Gestüt gebe, um die Sache aus der Welt zu schaffen. Am 30.9. 1533 stellte die Stadt die Verleihungsurkunde für Abt

Ludwig aus. Kurz danach gab es wieder Auslegungsschwierigkeiten, denn Ludwig wollte gestützt auf die alten kaiserlichen Privilegien Zollfreiheit in Zürich, was ihm der Rat nicht zugestehen wollte. Obwohl der Landammman Josef Amberg die alten kaiserlichen

Freiheiten vorlegte, beharrte die Stadt auf ihrem Standpunkt.

Auf Papst Clemens folgte 1534 Papst Paul III (bis 1549). Dieser bestätigte am 13.12. 1537 die Exemtion und die Privilegien für Abt Ludwig. Er erweiterte das Privileg. Der Abt durfte nun auch die Firmung spenden und Kirchen und Kelche  weihen, solange “die Häresie

in der Schweiz dauern sollte”. Diese Privileg gilt heute noch. Zwar waren praktisch alle führenden Köpfe der Reformation als Priester auf Einsiedler Pfarreien tätig. Stürmischer ging es aber in St. Gallen zu. Im Februar 1529 fand dort der Bildersturm statt

als Abt Franz in Rorschach im Sterben lag. Vadian veranlasste die Säkularisation des Stifts. Erst der Sieg der katholischen Kräfte bei Kappel 1531 mischte die Karten neu. (mehr dazu siehe St. Gallen) St. Gallener Mönche flohen nach Einsiedeln, wo sie gastliche

Aufnahme fanden. Sie brachten auch Reliquien von Otmar und Notker mit, die bis 1538, bis sich die Lage in St. Gallen wieder beruhigt hatte, in  Einsiedeln blieben.

1535 nahm Abt Ludwig die ersten Novizen im Kloster auf. Diese, nämlich Joachim Eichhorn von Wil und Rudolf Brunolt von Rapperswil, beide bürgerlicher Herkunft, legten 1536 ihre Profess ab. Es folgten noch 5 weitere Mönche und zwei Laienbrüder.

Zwei Mönche sandte er nach Ochsenhausen und Hirsau, um die dortige Ordenszucht kennenzulernen und die in Einsiedeln zu heben. Er führte auch die Tonsur und Ordenstracht, wie sie in St. Gallen üblich war, in Einsiedeln ein.

Abt Ludwig starb am  26. Februar 1544.Einen Monat später am 28. März wählten die 4 vorhandenen Konventualen einen neuen Abt. Diese Wahl unterschied sich in einem Punkt wesentlich. Hier stand nicht ein Familienclan zu Wahl, sondern Mönche,

die imselben Orden aber eben nicht miteinander verwandt waren. Joachim Eichhorn  ist 1516 in Wil geboren und entstammt einer Familie, die sich in Wil seit dem 16. Jahrhundert nachweisen lässt. Von seinen Geschwistern besuchte ein Bruder, Peter die

Klosterschule in St. Gallen, trat dort ins Kloster ein und wurde 1549 Abt in Wettingen. Joachim trat 1535 ins Kloster Einsiedeln ein. Er war einer der ersten Novizen nach der Glaubensspaltung. Der Wahl wohnten die Äbte von St. Gallen Diethelm Blarer von Wartensee

(1530-1564),von Muri Laurentius von Heidegg (1508-1549) und von Fischingen Markus Schenklin (1540-1553) bei.

Papst Paul bestätigte die Wahl am 23.11.1544. Die katholischen Orte hatten gebeten, auch dieses Mal die Bestätigung persönlich vorzunehmen.Schon in Jahr nach seiner Wahl erneuerte er am 11. Mai 1545 das Burgrecht mit Zürich.

Am 5. Juli 1546 verlieh Kaiser Karl V. Abt und Kloster die Regalien. Der Papst bestätigte 5 Tage später die Privilegien des Stifts. Sein Nachfolger Paul IV. (1555-1559) bestätigte am 10.7.1556 die Privilegien des Stifts und die Exemtion.

Nachdem Ferdinand I. auf seinen Bruder Karl 1558 als deutsche Kaiser gefolgt war,bestätigte auch er am 3. Oktober 1558 die alten Freiheiten des Stiftes ebenso wie die Regalien.Als Ferdinand 1564 starb, folgte sein Sohn Maximilian II. als deutscher Kaiser. Auch er

bestätigte Regalien und alte Freiheiten im April 1566.Die Herren von Schwyz kümmerten sich sehr intensiv um “ihr” Kloster. Schon am Tag der Wahl trafen die Vertreter der Schirmorte bei ihm ein, der Landammann Josef Amberg, der Statthalter Ulrich Auf der

Mauer, sowie der Bannerherr, also der Heerführer von Schwyz Hieronymus Schorno. Sie trafen folgende Vereinbarung mit ihm: Er soll Gottesdienst nach der Regel Benedikts halten. Der Abt soll die Freiheiten des Gotteshauses erhalten. Er darf nichts

verbriefen, versetzen oder verzinsen. Was nicht bereits Lehen war, darf nicht als Lehen vergeben werden. Der Abt darf keine Verwandten als Diener oder Ammann annehmen. Ohne Wissen des Konvents und der Schirmherren darf er keinen Amann einsetzen.

Aber auch der Konvent noch Schwyz dürfen ihm einen Ammann gegen seinen Willen aufdrängen. Gegenüber den Schirmherren ist er zu jährlicher Rechnungslegung verpflichtet. Und schließlich sollen weder Abt noch Konvent durch Umgang mit schlechten Weibern

Ärgernis geben. Er hatte ein fast reibungsloses Verhältnis mit dem Schirmherren. Mit der Amtsführung waren sie sehr zufrieden und schon um 1550 war das Stift fast schuldenfrei. Trotzdem wollte er sich weitgehend aus der Abhängigkeit lösen und versprach

deshalb auch eine alte Schuld bei Schwyz von 1589 Gulden mit jährlich 50 Gulden abzutragen. Viele Urbarien liess er neu erneuern. In Fahr erwarb er eine Reihe von Gütern zurück. In Einsiedeln und Pfäffikon erwarb er Güter und auf der Ufnau

erwarb er viele Güter zurück, die in Privatbesitz übergegangen waren. Auch als Bauherr war er tätig. Er ließ das untere Münster, das immer noch von dem Brand von 1509 geschädigt war, wölben, er ließ eine neue Prälatenstube erbauen und schön ausmalen.

Mit dem Orgelbauer Balthasar Mygel von  alten Mygelburg  schloss er am 11. Juli 1557 einen Vertrag über eine neue Orgel, obwohl dieser zu derzeit Probleme wegen Gotteslästerung und Landfriedensbruch hatte. Die Orgel mit 18 Registern steht im oberen

Münster. In Pfäffikon ließ er aus einem alten Weinkeller die neue Schlosskapelle erstellen. Zwei neue Kornschütten und weitere Gebäude wurden dort errichtet. In Freienbach wurde der Pfarrhof und die untere Schloßmühle neu erbaut.

Den Lehenseid wegen Halsgerichtsbarkeit und Blutbann leistete er dem kaiserlichen Rat Gerwig Blarer, der auch Abt von Weingarten und Ochsenhausen sowie päpstlicher Legat war. (Zu Gerwig Blarer siehe Kloster Weingarten) Gerwig Blarer bestätigte die

Eidesleistung in einer Urkunde vom 28.11.1560. Abt Joachim war auch auf die Reichstage von Ulm 1552 und 1558 geladen worden, wobei er sie wahrscheinlich nicht besucht hat.

In der Amtszeit von Abt Joachim wurden 21 Konventualen neu aufgenommen. In allen Benediktinerklöstern wurde seit der Reformation großer Wert auf die Ausbildung der Mönche gelegt.

Auch Joachim schickte einige von ihnen zum Studium nach Freiburg im Breisgau und Dillingen. So war Ulrich Witwiler  in Freiburg. Johannes Heider von Wil hatte in Freiburg den Magister Artium gemacht. Balthasar Wickmann studierte ebenfalls

in Freiburg. Kaspar Müller von Ägeri war in Dillingen. Von den Konventualen Joachims wurden 4 Äbte, Ulrich Witwiler und Adam Heer in Einsiedeln, Johannes Heider in Pfäfers und Andreas Hersch in Engelberg.

Council_of_Trent

1545 war das Konzil von Trient als Reaktion auf die Reformation Martin Luthers einberufen worden. Es tagte in 4 Sitzungsperioden(3 in Trient eine in Bologna) zwischen 1545 und 1563. Die 3 Trientiner Periode wurde 1562 von Papst Pius IV. (1559-1565) wieder

einberufen. Am 25. Januar 1562 hatten sich Schweizer Prälaten und Vertreter der Schweizer Geistlichkeit in Rapperswil versammelt. Dabei bestimmten sie Abt Joachim zu ihrem Vertreter in Trient. Zusammen mit Ritter Melchior Lussi (1529-1606), dem Gesandten

der katholischen Orte am Konzil von Trient, ging er an den Konzilsort. Allerdings musste der Abt krankheitsbedingt am 16. August nach St. Gerold gehen. Als er wieder nach Trient zurückkehren wollte,war das Konzil abgeschlossen. Wichtigstes Resultat

ist das “Tridentische” Glaubensbekenntnis.Die Glaubensspaltung hatte die katholischen Orte auch räumlich von ihrem Bischofssitz Konstanz getrennt. So gab es Bestrebungen, Abt Joachim die Bischofswürde zu verschaffen. Doch die Pläne zerschlugen sich.

Zur Umsetzung der Konzilsbeschlüsse sollten Diözesansynoden abgehalten werden. Für Konstanz war die Synode 1567 vorgesehen. Papst Pius forderte die Äbte von Einsiedeln und St. Gallen eigens auf, die Synode zu besuchen. Allerdings befürchteten die beiden

Äbte,dass Konstanz in ihre Rechte eingreifen wolle. Erst als Bischof Markus Sitticus von Hohenems (1561-1589)zusicherte, ihre Freiheiten zu wahren, nahmen die beiden Äbte an der Synode teil

Nach 25 – jähriger Regierung starb Abt Joachim am 13. Juni 1569.

Adam Heer wurde am 16. Juni 1569 von Dekan Konrad Beul und dem Konvent  zum neuen Abt gewählt. Sein Vater war Johannes Heer aus Rapperswil, sein Großvater mütterlicherseits Joachim Am Grüt. Er war Ratsschreiber in Zürich und erbitterter Gegner von

Zwingli. Sein Sohn Johann Christoph, also der Onkel des neuen Abtes war von 1549 bis 1564 Abt von Muri.Von den Töchtern des Züricher Ratsschreibers war eine, Sophia,1540 Schaffnerin und ab 1550  Äbtissin in  Tänikon, die andere Meliora Meisterin in

Hermetschwil. Adam legte 1553 in Einsiedeln die Profess ab. Er wurde  zunächst zum Subdiakon, dann zum  Diakon geweiht. Die Priesterweihe empfing er 1558. Er war danach wohl Subprior und hatte dieses Amt bis zu seiner Abtswahl inne.

Anwesend waren auch Otmar Kunz, Abt von St. Gallen (1564-1577) Hieronymus Frei (1564-1585).  Er erneuerte rasch das Burgrecht mit Zürich, schon am 13.8. 1569. Am 29. September hatte er das Schirmrecht mit Schwyz erneuert. Auch vom neuen Abt verlangte

Schwyz jährliche Rechnungslegung. Papst Pius V. bestätigte Adam Heer am 19. 11. 1569 als Abt von Einsiedeln. 44 Goldscudi und 5 Julier wurden an Gebühren fällig. Die Abtsweihe nahm Weihbischof Jakobus von Konstanz an Lichtmess 1570 im Beisein der Äbte

von Konstanz und Muri vor. Maximilian II verlieh ihm 1572 die Regalien. Mit dem Empfang beauftragte er Johann Andreas von Schwalbach. Dabei bat er auch darum, die Huldigung vor dem Abt der Prämonstratenserabtei Minderau,

dem heutigen Weissenau die Huldigung vornehmen zu dürfen. Abt war damals (1563-1575) Michael Hablützel.

Schon ein Vierteljahr nach seiner Wahl hielt er  mit dem Schwyzer Landammann Schorno die erste Abrechnung ab. Auch hat sich ein Tagebuch erhalten, in dem der seien Tätigkeit festhielt, was gegen den Vorwurf unsolider Wirtschaftsführung, der später gegen ihn

erhoben worden ist, eigentlich entkräftet. Gleich zu Beginn seiner Regierungszeit entwickelte er eine rege Bautätigkeit. Die Gangulfskapelle wurde erneuert, ein Jahr später eine neue Kustorei erbaut. 1574 wurde der Chor neu ausgeführt. 1575 wurde mit dem

Presbyterium begonnen, das ein Jahr später fertiggestellt wurde. Neue Ornate, eine neue Mitra wurden erworben, alte Reliquiare wurden erneuert. Aber auch weltliches Silberzeug wurde beschafft, wozu der Abt vermerkte “ist alles zalt”. Auch das spricht für einen

geordneten Haushalt. Er sorgte auch für die Anlegung eines neuen Pilgerwegs und kümmerte sich um den auswärtigen Stiftsbesitz. Ein großes Augenmerk richtete er auf den Nachwuchs und in seiner Amtszeit gab es 19 Neueintritte. Auch für die Bildung seines

Nachwuchses sorgte er. Vier Mönche ließ er  in Dillingen studieren, einen in Freiburg. Joachim Müller war in Dillingen und schloss mit dem Baccalaureat in der Bibelwissenschaft und der Theologie ab. Wolfgang Andreas Spieß war ebenfalls in Dillingen. Er wurde

später von der Stadt Solothurn als Administrator ans Kloster Beinwil berufen. Das Kloster befand sich damals im Pfandbesitz der Stadt und stand leer. Adelrich Johann Suter war ab 1582 in Dillingen, wobei die Angehörigen die weitere Ausbildung mit 100 Gulden

unterstützten. Martin Gassenhauser schloss auch in Dillingen mit dem Magister artium et philosophiae ab. Auch Medard Frei war in Dillingen. Joachim von Beroldingen studierte erst in Bologna mit gutem Erfolg Rhetorik und studierte danach in Freiburg weiter.

1575 wurde in Rom das Heilige Jahr begangen. Papst Bonifatius VIII. (1294-1303)hatte 1300 erstmals ein Jubeljahr ausgerufen, das alle 25 Jahre gefeiert wird. 1575 war auch Karl Borromäus dabei und in diesem Jahr wurde der Besuch der sieben Hauptkirchen Roms

eingeführt. Im November informierte er den Konvent und Schwyz von seinem Vorhaben. Versehen mit Empfehlungsschreiben des Konvents und von Schwyz machte er sich am 19. November begleitet von Pater Johannes Heider, den wir oben als Absolventen in

Freiburg erwähnt haben, auf nach Rom.Mit dabei waren auch  Ludwig Bucher und Konrad Niggli. Unterwegs war man 4 Tage Gast bei Karl Borromäus, auf Antrag der katholischen Orte schon 1560 während des Konzils von Trient  zum Protektor Helvetiae ernannt

worden, war dieser in Einsiedeln natürlich kein Unbekannter. An Silvester 1574 hatte der Abt eine Privataudienz bei Papst Gregor XIII. Es ging vor allem um die Bestätigung der Privilegien, wie dies Papst Pius IV.1563 gemacht hatte. Nur standen jetzt die

Bestimmungen des Konzils von Trient gegen Teile der Privilegien und so kam der Abt nicht zum Ziel. Am 3. März 1575 kehrte der Abt nach Einsiedeln zurück. Von Rom zurück kümmerte er sich verstärkt um Fahr. Er suchte wieder Klosterfrauen in Fahr anzusiedeln,

aus dem im Zuge der Reformation praktisch alle Nonnen aus dem Kloster ausgetreten waren. Er weilte gerade in Fahr, als in die Nachricht von einem erneuten Klosterbrand eintraf. Eine Bande von Mordbrennern hatte in der Gegend gehaust. Unter anderem hatte sie

ein Jahr zuvor in Chur einen großen Brand gelegt bei dem 53 Häuser zerstört wurden. Hauptmann Stör und seine Kumpane wurden gefasst und hingerichtet. Das Innere des Münsters war unzerstört, aber die Sakristeien und das Konventsgebäude fielen den Flammen

zum Opfer. Auch ein großer Teil des Dorfes wurde vernichtet. Die Mönche kamen dann für ein dreiviertel Jahr in Pfäffikon unter.

Zur Erinnerung an die Brandkatastrophe ließ der Abt am 24. April eine Prozession abhalten. Die St. Georgs-oder Reliquienprozess wird bis auf den heutigen Tag durchgeführt.

Unverzüglich wurde mit dem Wiederaufbau begonnen,aber es dauerte lange, bis alles wieder in Stand gesetzt war. Bald darauf bahnte sich auch ganz persönliches Unglück für den Abt an. Schon seit seiner Wahl hatte der Abt eine spürbare Opposition im Kloster,

vor allem in der Person Wolfgang Kalchofners, der von 1552-1553 Pfarrer auf der Ufnau war. Danach wurde er Dekan. Ab 1556 war er Statthalter in Pfäffikon, wo er 1573 starb. Möglicherweise wäre er selbst gerne Abt geworden.

Sein Verhältnis zu den Schirmherren war anfangs gut. Allerdings versuchten sie sich immer wieder in Klosterangelegenheiten ein zu mischen. Als 1571 der Stiftskanzler Jörg Dietschie aus Schwyz gestorben war, hätten die Schwyzer gerne wieder einen Schwyzer in

diesem wichtigen Amt gesehen und legten das dem Abt auch nahe. Dieser aber berief sich auf sein Recht der freien Wahl und bestellte  den Glarner Walter Schiesser als neuen Kanzler. Dies wurde in Schwyz übel vermerkt. Die Klosteropposition hinterbrachte den

Schwyzern 1574, der Abt haushalte schlecht, worauf er sich im Januar 1574 vor dem zweifachen Rat verantworten musste. Der Abt führte dies auf üble Nachrede zurück. Das angespannte Verhältnis zeigte sich vor allem beim Klosterbrand. Zwar sandte Schwyz gleich

Boten zum Kloster. Er sandte Dekan und Kanzler um Hilfe an die Schirmherren, bekam aber nur zur Antwort, man habe kein Geld. Das Kloster ließ man lange warten, dem Dorf aber hatte man gleich Hilfszahlungen geschickt.Dann wurde dem Abt

auch lockerer Lebenswandel unterstellt. Als er im Frühjahr 1578 in Pfäffikon erkrankte, wurde das Gerücht gestreut, er leide an einer Geschlechtskrankheit. Es wurde ihm auch unterstellt, dass er 5 oder 6 Kinder habe. Der Abt wies das zwar zurück,

aber das Gerede war nun mal da. Der Abt wurde nun nach Schwyz bestellt. Dort wurde er erst mal auf dem Pfarrhaus festgesetzt. Für die innere Klosterverwaltung wurde der Dekan Ulrich Witwiler eingesetzt. Für das Äußere wurde der Schwyzer Ratsherr Balthasar

Kyd eingesetzt, der bald mit der Überprüfung der Stiftsfinanzen begann. Natürlich wandten sich beide Seiten  an die vorgesetzte Kircheninstanz. Nuntius Bonhomini -er war 1579-1581 apostolischer Nuntius mit besonderen Rechten in der Schweiz. Vom Papst hatte

er alle Vollmachten, in dieser Angelegenheit vorzugehen.Dem Nuntius hatte der Abt bekannt, dass er zwei Söhne habe, von denen allerdings nur noch einer am Leben sei. Vom Nuntius wurde der Abt in Chur gehört. Dann erging schließlich am 11. Juli 1580 das

Urteil. Er sollte für 8 Jahre vorläufig der Verwaltung enthoben sein. Das Kloster durfte er in dieser Zeit nicht betreten oder sich ihm nur auf drei Meilen nähern. Die Schwyzer hatten auf eine Amtsenthebung hingearbeitet. Doch Bonhomini meinte, dass

dies nach kanonischem Recht nicht möglich sei. Die Lage war nicht besonders gut. Der Konvent wollte ein ordentliches Oberhaupt bekommen, zumal zu befürchten war, dass sich Schwyz weiterhin in klösterliche Belange mischte. Man fürchtet aber auch

Eingriffe des Abtes von St. Gallen oder von Rom einen fremden Abt aufgezwungen zu bekommen. So beschlossen Konvent und Schwyz gemeinsam, den Abt zu bewegen, dass er resigniert. Das tat er schließlich 1585 und machte so den Weg frei.

Seit 1579 lebte er in St. Gerold, 1580 übernahm er die Verwaltung der Propstei. Er verwaltete sie vorbildlich. Er starb 1610 vom Klerus der umliegenden Pfarreien als Vater und Führer respektiert. auch im Volke genoss er größtes Ansehen.

Ulrich Wittwiler stammt aus Rorschach ist als Sohn des Heinrich Wittwiler und der Agatha Gerschwiler 1535 geboren und legte 1549 unter Abt Joachim die Profess ab. Er wurde 1550 zum Subdiakon und 1551 zum Diakon geweiht. Er zählte zu den Mönchen, die von Abt

Joachim zum Studieren geschickt worden waren. In Freiburg schloss 1556 mit dem Master artium und philosophiae ab. Zum Priester wurde er am 21. Dezember 1556 geweiht. Von 1558 bis 1580 war er Pfarrer von Einsiedeln.

Nuntius Bonhomini bestellte ihn am 15. August 1579 zum Administrator des Stifts.

Am 23. Oktober wählte ihn der Konvent zum neuen Abt. Papst Sixtus V. (1585-1590)bestätigte die Wahl am 17. April 1586. Die Herren von Schwyz baten den Gardehauptmann der Schweizer Garde Jost Segesser von Brunegg, dass er sich beim Papst verwende, dass

dem Kloster  die Annaten für die Wahlbestätigung erlassen würden und verwiesen auf den nicht lange zurückliegenden Klosterbrand, die Misswirtschaft des vorhergehenden Abtes und mehrere Jahre mit Missernten.Die Regalien verlieh ihm Kaiser Rudolf II (1576-

1612) am 23. Mai 1588. Er hatte auch ein Ladungen zu den Reichstagen  von 1594 und 1597 erhalten,die beide vom Kaiser nach Regensburg einberufen waren.Abt Ulrich beauftragte den Abt von Weingarten, Georg Wegelin (1586-1617) für ihn die Huldigung beim

Kaiser vorzunehmen. Er delegierte den Weingartner Abt auch zum Empfang der Urkunde nach Prag. Der Weingartner Abt wurde 1604 Vorsitzender der oberschwäbischen Benediktinerkongregation und hatte in Ordenskreisen sicher schon einen guten Ruf, so dass es

nicht verwunderlich ist, dass Abt Ulrich gerade diesen Amtsbruder zu der Mission ausgesucht hatte.

Drei Schwerpunkte seiner Amtszeit lassen sich feststellen. Vordringlich war natürlich der Wiederaufbau des Stifts und die Schuldentilgung. immerhin waren mittlerweile 25 000 Gulden an Schulden aufgelaufen. Da war er sehr erfolgreich. Bis 1590 hatte er 40 000

Gulden verbaut, gleichzeitig aber 13000 Gulden Schulden abgebaut. Dazu hatte er noch Geld verliehen. Ein großes Augenmerk legte er auf die Mehrung des Reliquienschatzes der Kirche. Ab 1593 war Elias Heymann von Senheim, vormals Rektor der Universität

Trier versehen mit Empfehlungsschreiben von ihm in der Schweiz, aber auch in Italien, Österreich, dem Elsass dem Rheinland und natürlich auch in Trier unterwegs, um Reliquien für Einsiedeln zu erwerben. Auch für den Nachfolger von Abt Ulrich war er tätig.

Bedingt durch die Querelen um den alten Abt hatte es zunächst wenig Nachwuchs im Kloster gegeben. Aber in seiner Regierungszeit kamen doch 15 Neueintritte dazu. Und er sorgte dafür, dass weiter Mönche an die Universitäten gingen. Zu Dillingen und Freiburg

war noch Luzern als Studienort gekommen. Benedikt Kessel wurde kurz nach seiner Profess nach Monte Cassino geschickt. Er blieb dort 5 Jahre. Schon kurz nach seiner Rückkehr 1591 wurde er wegen Vergehen in Pfäffikon eingesperrt, wurde dann ins Kloster

zurückgerufen, aber schon ein Jahr später des Klosters verwiesen. Er wurde nochmals begnadigt, bald aber erneut rückfällig und wurde wieder eingekerkert. Er konnte entkommen und versah, dann eine Pfarrstelle in Graubünden. Allerdings fiel er dann vom

Glauben ab, wurde in Appenzell Prädikant und starb schließlich an der Pest.

Nicht nur Theologie oder Philosophie studierten Einsiedler Mönche. Bartholomäus Kolin studierte in München Musik und wurde ein hervorragender Organist. Allerdings starb er mit nur 32 Jahren an der Pest.

Nach dem Konzil von Trient wurde im Zuge der Gegenreformation ein starkes Gewicht auf die Reform auch des klösterlichen Lebens gelegt. Der Nuntius Bonhomini hatte die Angelegenheit des  Abtes Adam Heer als auch willkommenen Anlass genommen, in der

Schweiz die Klosterreform anzugehen. Man beobachtete die klösterliche Disziplin sehr streng. Schon Bonhomini hatte ja weitreichende Vorschriften erlassen. Auch Abt Ulrich sorgte für Hebung der Klosterdisziplin. Für den Propst des Klosters Fahr hatte er 1586

eine eigene Ordnung erlassen.Auch Äbte anderer Klöster gingen wieder aus Einsiedeln hervor.Nachdem Bonhimini in Einsiedeln Abt Adam  seines Amtes enthoben hatte, ging er nach Pfäfers weiter. Um dieses Kloster stand es nicht besser als in Einsiedeln.

Dort war Bartholomäus Spiess Abt (1575-1584), dem ebenfalls Misswirtschaft vorgeworfen wurde. und auch er lebte im Konkubinat. Bonhomini berief nun Johannes Heider nach Pfäfers als Verwalter ein. Nachdem Abt Bartholomäus 1584 starb folgte ihm Johannes

Heider als Abt nach. Andreas Hersch wurde 1592 zum Abt von Engelberg bestellt.

Auch Abt Ulrich hatte Probleme mit Konstanz. Darin liegt vielleicht der Grund, dass man sich intensiv um die Bestätigung der Exemtion mühte. Am 24.7. 1597 erfolgte dies so wie die Bestätigung der Privilegien durch Papst Clemens.

Am 10. Oktober 1600 starb Abt Ulrich.

Nur 5 Tage nach dem Tod des Abtes erfolgte die Neuwahl. Auch der resignierte Abt Adam Heer nahm an der Wahl teil. Augustin I. Hofmann wurde der neue Abt. Sein Vater Andreas hatte in Baden eine kleine Schule errichtet. Dieser stand er 14 Jahre vor.

Dann wurde er von Abt Joachim nach Einsiedeln an die Klosterschule berufen. In Einsiedeln heiratete er Anna Ochsner, mit ihr bekam er 4 Kinder, drei Töchter und einen Sohn. Der Sohn Augustin wurde 1555 in Einsiedeln geboren. Schon mit 16 Jahren trat er hier ins

Kloster ein. Seine Profess legte er am 29. Juni 1572 ab. Er hatte noch drei Schwestern, die alle Nonnen im Klarissenkloster Paradies in Schaffhausen wurden. Augustin wurde 1579 Priester.Er war ein guter Musiker und wurde Stiftsorganist. 1583 wurde er von

Abt Ulrich zum Subprior berufen und ein Jahr später wurde er Dekan des Stifts.Schon vor der Wahl trafen die Mönche eine Vereinbarung und verpflichteten sich zu deren Einhaltung. Sie enthielt Grundsätze einer Reform. Das Hineinreden von Laien sollte verhindert

werden. Der Abt sollte drei Konventualen zu sich an den Hof holen, darunter den Ökonom und den Cellerar, die die Aufsicht über den Haushalt und die Ökonomie führen sollten. Klagen oder sonstige Vorstellungen sollten von einem dritten Pater

entgegengenommen werden, der diese dann dem Abt unterbreitete. Der Abt war somit entlastet und konnte sich uneingeschränkt seinem Amt widmen. Dass man es Ernst meinte mit der Minderung des Einflusses von Laien, zeigte sich schon bei der Wahl. Zwar waren

acht Abgeordnete von Schwyz mit ebenso vielen Dienern in Einsiedeln. Doch wurden sie erst nach der Wahl vom Ergebnis in Kenntnis gesetzt. Die Wahl  fand unter dem Vorsitz des päpstlichen Nuntius statt Johannes della Torre (Nuntius von 1600-1606) statt.

Die Äbte Benedikt Rennhas, Fischingen und Johann Jodok Singisen, Muri  assistierten. Diese Drei nahmen am Sonntag Lätare 1601 auch die Abtsweihe vor, nachdem Papst Clemens VIII. am 15. Februar 1601 den neuen Abt in seinem Amt bestätigt hatte. Zugleich

bestätigte er alle Temporalia und Spiritualia des Klosters. Abtsweihe und päpstliche Bestätigung des Abtes kosteten das Kloster insgesamt 1731 Gulden , wobei sich die Annaten allein auf 1472 beliefen. Kaiser Rudolf II. verlieh am 8. Oktober 1601 die Regalien an den

Abt. Da in der Regierungszeit des Abts der Kaiser zweimal wechselte, musste der Abt die Regalien nochmals zweimal beantragen. Kaiser Matthias (1612-1619) verlieh sie ihm im Oktober 1614 und Kaiser Ferdinand II. (1619-1637) machte dies am 8. März 1621.

Rudolf hatte auch die alten Freiheiten bestätigt.Wichtigstes Ereignis gleich zu Anfang der Amtszeit von Abt Augustin war die Gründung der Schweizer Benediktinerkongregation. Das Konzil von Trient hatte 1563 das Ordensdekret verkündet. Zwar ist jedes

Benediktinerkloster bis heute eine selbstständige Gemeinschaft unter einem Abt.  Das Dekret schrieb nun vor, dass sich alle selbstständigen Klöster, die keinem Verband oder einem Generalkapitelangehörten, sich innerhalb eines Jahres zu einer Kongregation

zusammenschließen mussten. So schnell ging es aber doch wieder nicht. Aber in vier Schweizer Klöstern begannen Reformansätze zu wirken, so in St. Gallen, Einsiedeln, Muri und Fischingen. Nuntius della Torre machte sich nun für einen Zusammenschluss der

Klöster stark. Am 29. Mai 1602 bestellte er die Äbte von St. Gallen (Bernhard Müller 1594-1630)Fischingen (s.o.) und Muri (s.o.) nach Einsiedeln. Dort forderte er sie zur Kongregationsbildung auf. Die Gründung wurde in Einsiedeln beschlossen. Schon einen guten

Monat später, am 12. Juli 1602 trafen sie sich wieder in Wil. Dort wurden Reformmassnahmen besprochen, die in elf Artikeln formuliert wurden.

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Beim nächsten Treffen in Pfäffikon am 4. November war  Abt Michael Saxer (1600-1626) von Pfäfers dabei und bei der nächsten Sitzung in Rheinau am 12. Mai 1604 kam Engelberg  mit Abt Jakob Benedikt Sigrist (1603-1619) dazu. Beide Äbte mussten vor dem Beitritt

versprechen, die beschlossenen Reformen anzunehmen. Disentis wurde 1617 in Muri in die Kongregation aufgenommen. Abt war Sebastian von Castelburg (1614-34) . Da der Abt aber in den Bündner Wirren fliehen musste, die weltliche Obrigkeit sich der

Verwaltung bemächtigte, griffen die Reformen aber erst unter dem aus Kloster Muri kommenden Administrator und Abt  Augustin Stöcklin (1634-1641)nach 1634. Das Kloster Beinwiel kam wegen des Widerstands des Basler Bischof erst 1647 unter Abt

Fintan Kiefer (1633-1675) zur Kongregation. 1648 wurde es nach Mariastein verlegt. Nach der Verlegung an den Wallfahrtsort blühte es auf. 1647 waren damit alle Schweizer Benediktinerklöster, die die Reformation überstanden hatte in der Schweizer

Benediktinerkongregation vereint.

Die Statuten forderten tägliches Lesen der Messe. Die Mönche sollten ihre Mahlzeiten gemeinsam einnehmen, dabei geistliche Lesungen hören. Jedes Privateigentum wurde verboten. Nach der Komplet ist strengstes Stillschweigen einzuhalten. Auch darf

nichts mehr gegessen oder getrunken werden. Nächtliche Zusammenkünfte sind strengsten verboten. Frauen dürfen die Klausur nicht betreten. Die Äbte sollen mittags und abends für mässige aber gesunde Nahrung sorgen. Mönche, die bisher außerhalb der Klausur

wohnten, müssen nun in die Klausur zurück. Wenn der Abt zu Versammlungen musste, darf er nur zwei, höchstens drei Diener mitbringen.Neben diesen praktischen Lebensregeln griff die Kongregation aber auch bei materiellen oder personellen Notlagen ein,

zum Beispiel nach Brandfällen oder bei materieller Misswirtschaft. Die Kongregation wurde am 29. Mai 1602 von Papst Klemens VIII. gegründet und am 13. Dezember 1608 von Papst Paul V. approbiert.

Die Päpste verliehen der Kongregation die Exemtion. Gregor XV. tat dies 20. Mai 1622, sein Nachfolger Urban VIII. am 30. März 1624. Jurisdiktionsstreitigkeiten gab es trotzdem wegen des Visitationsrechts von Bischöfen, des Vorsitzes bei der Abtswahl, des Rechts

auf Wahlbestätigung, der Abtsweihe  und noch anderen Steitpunkten.

Die Schweizer Kongregation hatte durchaus Anziehungskraft und auch ausländische Klöster baten um Mithilfe bei der Durchführung von Reformen. Kempten war von 1664-1679, Murbach von 1666-1686 und Fulda von 1672-1679 der Schweizer Kongregation

angegliedert. Wegen des Adelsprivileg konnten diese Klöster aber nicht dauernd bei den Schweizern verbleiben.

Eine große Bewährungsprobe wartete auf den Abt in den Pestjahren. Drei mal grassierte die Seuche in Einsiedeln. Auf die Seuche im Jahr 1611 hatte man sich gut vorbereitet. Man hatte nicht nur zum Sakramentenempfang, zu einer Prozession nach St. Gangulf

und zu ernster Lebensführung aufgefordert, sondern  auch sanitäre Vorschriften gegeben. Die Klosterapotheke gab besondere Medizinen aus. Zwei bis drei Totengräber wurden bestimmt und es wurde angeordnet, dass die, die am gleichen Tag sterben sollten, in

eine gemeinsames Grab gelegt wurden. Wie man aus den Todesfällen im Konvent schließen kann, grassierte die Seuche ab September und Oktober in Einsiedeln. Der Pfarrer von Einsiedeln. P. Markus Eichhorn und der von Freienbach, P. Johann Schlachter erlagen

der Pest. Im Konvent  fielen ihr noch zwei Patres und zwei Fratres zum Opfer. 1626 wütete die Seuche erneut, doch traf es diesmal keine Konventsmitglieder. Nur drei Jahre später schlug die Pest erneut zu. Dieses Mal fielen ihr zwei Patres zum Opfer.

Als Konsequenz hatte der Abt beschlossen, den Friedhof fürs Dorf weg von der Klosterkirche auf den heutigen Platz zu verlegen.

Großes Gewicht legte der Abt nach wie vor auf die Ausbildung seiner Mönche. 15 studierten in Dillingen. Pro Platz beliefen sich die Kosten auf 50 Gulden, die meist in Naturalien und dies überwiegend in Käse bezahlt wurden. In München  studierten 4 Leute aus

Einsiedeln, hier wurde mit Ziegen bezahlt. 5 Mönche waren in Freiburg, einer in Salzburg und zwei in Mailand. Von den Freiburger Studenten ist vor allem Johann Fridolin Rößler zu nennen. Er hatte zunächst in Dillingen Syntax studiert. Dort wurde er 1617

Baccalaureus und 1618 Magister der Philosophie. 1619 wurde er zum Priester geweiht und 1624/25 studierte er Theologie in Freiburg.Seit 1620 wurde in Einsiedeln ein eigenes Hausstudium eingerichtet, an dem Pater Rößler Philosophie und Theologie unterrichtete.

Schwierigkeiten gab es 1615 mit den Jesuiten. Im Vorjahr hatten zwei Jesuiten bei der Engelweihfeier geholfen, Beichte zu hören.Die Jesuiten schlugen nun vor, 6 Jesuiten auf Kosten des Stifts in Einsiedeln unterzubringen und zu unterhalten.

Das war allerdings nicht im Sinne des Abtes. Gute Beziehungen hatte er zu Kardinal Verallo, der von 1606-1608 auch Nuntius in Luzern war und auch zu einigen Kapuzinermönchen. Im Zusammenspiel brachten sie den Papst dazu, das Ansinnen der Jesuiten fallen zu

lassen. Streitigkeiten gab es auch zwischen Weingarten und Einsiedeln. 1613 kaufte Kloster Weingarten von den Grafen von Sulz die Herrschaft Blumenegg. Teile gehörten auch zur Herrschaft Sankt Gerold, in denen ja Einsiedeln das Sagen hatte.

Kaiser Ferdinand II. hatte in dieser Sache die Äbte Johann Eucharius (1616-1631)von Kempten und Bernhard Müller von St. Gallen, sowie den Bischof Heinrich V. von Knöringen (1599-1646) von Augsburg sowie den Grafen Hugo von Montfort als Richter bestellt.

Sie sollten versuchen die Sache gütlich zu regeln oder sich dann richterlich zu entscheiden. Sie wurde erst erledigt, als Einsiedeln 1648 von Weingarten die Landeshoheit kaufte.

Die Beziehungen zu Konstanz waren nicht sehr gut. Die Innerschweiz fühlte sich von Konstanz abgeschlossen. Man ersuchte deshalb, den Abt von Einsiedeln zu ermächtigen, Glocken und Paramente zu weihen. Auch erhoffte man  die Berechtigung,

die Firmung zu spenden, was der Abt von Einsiedeln ja schon mal hatte. Man wollte den Abt von Einsiedeln zum Bischof machen, um die vernachlässigten innerschweizer Pfarreien besser betreuen zu können. Konstanz erfuhr davon und konnte dies mithilfe des

Metropoliten von Mainz hintertreiben.

Als Abt war Augustin ein reger Bauherr. In Einsiedeln ließ er ein neues Bibliotheksgebäude errichten. Die Kirche ließ er durch den Maler Hans Heinrich Gessner ausmalen. Zwei neue Orgeln wurden aufgestellt.

Die Teufelsbrücke ließ er 1614 reparieren.

Probleme scheint er mit der Gesundheit gehabt zu haben. Dreimal suchte er Bäder auf. Am 20. Februar 1629 erlitt er einen Schlaganfall, an dessen Folgen er am 2. März 1629 verschied.

Das Kapitel versammelte sich und beschloss, Nuntius Rocci (in der Schweiz 1628-1629 Nuntius) zu benachrichtigen und zur Wahl einzuladen. Nicht benachrichtigt und nicht zur Wahl geladen wurde Schwyz. Das Verhältnis scheint nicht ungetrübt gewesen zu sein.

Im Konvent wurde kolportiert, einige Schwyzerherren hätten behauptet, sie könnten den Einsiedler Abt nach Gutdünken ein- und absetzen.Seit der Berufung von Abt Ludwig Blarer hatten immer Vertreter der Schwyz der Abtswahl beigewohnt. Das wurde immer

mehr als Eingriff in die Rechte des Kapitels betrachtet. Zufälligerweise aber waren Landamman Reding und der Schwyzer Seckelmeister in Einsiedeln. Dort erfuhren sie von der anstehenden Wahl und verlangten, teilzunehmen. Nuntius Rocci, der ja geladen und

auch anwesend war, forderte die beiden auf, ihre Beweise vorzulegen. Das konnten sie natürlich nicht. Am nächsten Tag forderten sie eine Audienz beim Kapitel und nochmals der Wahl bei zu wohnen. Das Kapitel bestimmte aber drei Männer, denen sie ihr

Anliegen vorbringen konnten. Ihre Forderung bei der Wahl dabei zu sein, wurde abgewiesen. Ihnen wurde mitgeteilt, dass sie nach erfolgter Wahl vorgelassen würden, zum Tod des alten Abts kondolieren könnten und dem neuen zu seiner Wahl zu gratulieren.

Gewählt wurde Plazidus Reimann am 9. März 1629. Er war am 19. August 1594 in Einsiedeln geboren.Er entstammte einer Familie, die schon 1384 in Einsiedeln erwähnt wird.Er legte 1611 seine Profess ab.Danach studierte er in Dillingen und wurde am 10. April 1617

Baccalaureus der Philosophie. Er erkrankte und wurde nach Einsiedeln zurückberufen. 1618 wurde er zum Priester geweiht.1620 musste er nochmals ins Bad nach Griesbach. Als er zurückkehrte wurde er in Einsiedeln Novizenmeister. 1622 war er Pfarrer und

Beichtiger im Kloster Münsterlingen. 1628 wurde er in Einsiedeln Statthalter und nur ein Jahr später wurde er im Alter von 34 Jahren zum Abt gewählt. Die Wahl fand am 6. März statt. Da ein Schreiben in Rom liegen blieb, erfolgte die Bestätigung

aus Rom erst am 29. Oktober 1629.  Die Weihe nahm Nuntius Rocci am 25. November vor. Die Äbte von Muri Johann Jodok Singisen (1596-1644) sowie Placidus Brunschwiler (1616-1672) von Fischingen assistierten ihm.

Abt Placidus hatte zwei Brüder, der eine Augustin war seit 1626 Amann des Gotteshauses, der andere, Johann Georg war Vogt der Waldstatt. Durch ihre Heiraten waren sie mit angesehenen Schwyzer Familien verwandt.

Das Emporkommen der Familie weckte auch Neid, insbesondere Ludwig Öchslin, der frühere Vogt hatte seine Probleme. Er war schon vorher wegen Schimpfreden gegen den verstorbenen Abt aufgefallen. Deswegen hatte er in Gegenwart einiger Abgeordneter von

Schwyz vor Abt Placidus Reimann und  einiger Konventualen Abbitte zu leisten. Eigentlich hätte der ehemalige Vogt öffentlich widerrufen müssen. Darauf hatte der Abt aber verzichtet. Die Abbitte wurde am 2. April getan. Die Retourkutsche kam aber schnell.

Abt Augustin hatte einen neuen Friedhof anlegen lassen, was ja eine Konsequenz auf die Pest war. Abt Placidus wollte nun am 20. April den neuen Friedhof den neuen Friedhof weihen. An diesem Tag aber protestierte der Rat  und verbot Beerdigungen auf

dem neuen Friedhof.  Schwyz legte er Einspruch ein. Man begründete das so, dass der Friedhof zu weit weg sei. Somit würde der Toten auch zu wenig gedacht. Der Abt nun berief sich auf seine landesherrliche Befugnis, diese Entscheidung zu treffen. Ein Schreiner

aus dem Elsass war gerade in dieser Zeit gestorben und diesen ließ der Abt nun auf dem neuen Friedhof bestatten. Schwyz suchte nun zu vermitteln, aber Vorschläge wie z. B. dass ärmere Einsiedler auf dem neuen Friedhof ihre letzte Ruhe finden sollten,

besser situierte aber nach wie vor auf dem alten Friedhof zu beerdigen seien, waren für alle Einsiedler unannehmbar. Als sich Schwyz aber voll auf die Seite des Abtes stellten, mussten die Einsiedler nachgeben. Es ging jetzt nur noch um die bereits aufgelaufenen

Kosten. Die Einsiedler baten um Übernahme der Hälfte der Kosten, wozu sich der Abt aus Güte schließlich bereit erklärte. Bald gab es aber auch Schwierigkeiten mit Schwyz. Im weitesten Sinne ging es um die Landeshoheit. Die Schwyzer hatten mehr und mehr

versucht, die Abtei voll unter ihre Oberhoheit zu bringen, was ja durchaus im Zug der Zeit lag. Gerade die protestantischen Fürsten hatten ja gezeigt, dass der Deckmantel Religion beziehungsweise Konfession sich auch vorzüglich zur Machtausweitung eignete.

aber auch katholische Gegenden machten sich dieses Prinzip voll zu Nutze. Dass die Abtei da ihre eigen Position wahren wollte, hatte der Konvent schon bei der Wahl von Abt Placidus gezeigt. Beide Seiten versuchten genauestens ihre alten Vorrechte zu wahren.

Das begann bei der Rechnungslegung. Schwyz wollte eine spezifizierte Rechnung des Klosters vorgelegt, das Kloster legte nur eine allgemeine Generalrechnung vor. Auch bei der Rechtssprechung wurde haarklein auf Zuständigkeiten geachtet. Der Abt verwahrte

sich dagegen, dass Gotteshausleute sich vor anderen Gerichten als vor seinem verantworten mussten, auch wenn die Tat außerhalb der Gemarkung des Stifts vorgefallen war.Weiterer Zündstoff lag in anfallenden Kriegskosten beziehungsweise Stellung von

Truppenkontingenten. So forderte Schwyz Leute an für einen Zug nach Bellinzona. Die Einsiedler wollten aber nur mit Zustimmung des Abtes ziehen, die dieser dann auch erteilte. Als die Schweden in Deutschland eingriffen und sich die allgemeine Lage verschärfte,

hatte das auch Auswirkungen auf die Eidgenossenschaft. 1631 forderte Schwyz eine Aufstellung der Waffen, die in Einsiedeln vor zu finden waren. 1633 fielen schwedische Truppen im Thurgau ein, um Konstanz zu belagern. Daraufhin ließ auch Schwyz seine

Truppen mobilisieren, was natürlich Kosten verursachte. Die Schwyz lieh sich vom Kloster insgesamt 3000 Gulden, mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass dies eine rückzahlbare Anleihe und keine Kriegssteuer sei. Schwyz bestätigte dies, versuchte aber später

trotzdem dies als Steuer zu deklarieren. Nur Kriege waren teuer und  Schwyz benötigte mehr Geld. Also schrieb man 1634 eine Landessteuer aus. Der Beschluß wurde allerdings gefasst, ohne den Abt zu begrüßen. Darin sah dieser eine Verletzung seiner Rechte.

Er versuchte die Angelegenheit zunächst gütlich zu regeln. Man verhandelte in Rothenturm am 7. und 8. April 1636. Der Abt war ebenfalls anwesend  und man schien einer Lösung nahe zu kommen. Doch dann schlug die Stimmung plötzlich um, woran Ludwig Öchslin,

der schon früher als Scharfmacher gegen den Abt aufgetreten war, nicht unbeteiligt gewesen zu sein schien. Am 22. April 1637 forderte Schwyz eine unverzügliche Einlieferung der Steuer. Der Stiftsammann überließ in dieser Sache für Einsiedeln die Entscheidung dem Abt,

seinem Bruder. Abt Placidus untersagte die Einlieferung der Steuer. Nun eskalierte die Angelegenheit weiter. Schwyz bestellte am 3. Mai 1637 mit Konrad Heinrich ab Yberg einen Landvogt für Einsiedeln. Schon einen Tag später hatte sich der Abt an den päpstlichen

Nuntius gewandt. Das war von 1630-1639 Ranuccio Scotti (1597-1659). Aber auch  Schwyz hatte den Nuntius kontaktiert. Der Abt suchte auch die Vermittlung der katholischen Orte. Der Nuntius hatte darauf verwiesen, dass die Einsetzung eines Landvogts für

Einsiedeln wohl eher eine Sache sei, die den Kaiser berühre. Schließlich war der Abt ja auch Reichsfürst. Einsiedeln hatte auch den kaiserlichen Abgeordneten, Freiherrn Peter von Schwarzenberg in Luzern informiert.Über den Nuntius ging die Sache nun auch an

den Papst. Von allen Seiten ergingen Mahnungen an Schwyz. Das fruchtete aber nichts. Schwyz war entschlossen, die Angelegenheit ohne Vermittlung durchzufechten. Die Sache eskalierte weiter. Schwyz hatte den Stiftsammann als Rebell erklärt und seine

Güter eingezogen, nachdem er nicht in Schwyz erschienen war, der Nuntius drohte mit Kirchenstrafen, der Kaiser verwandt sich in Schwyz fürs Kloster. Schwyz verwies auf die Gefahren, die den anderen Ständen dadurch für Demokratie und Souveränität drohe.

Erst 1642 fruchteten die Friedensbemühungen allmählich. Am 20. April 1642 hatte ein großes Brandunglück Schwyz getroffen. Der Abt sandte trotz aller Streitigkeiten als einer der ersten eine Soforthilfe von 400 Kronen, das versöhnte weiter. Man verhandelte und

am 10./11.9. 1642 hatte man eine grundsätzliche Verständigung gefunden. Allerdings dauerte es noch drei Jahre bis zu einem formellen Friedensvertrag. Am 21. Juni 1645 kam er schließlich zustande. Billig war das nicht. Nach Berechnungen des Abtes

hatte der langwierige Streit das Kloster 11.848 Gulden gekostet. Aber das Stift hatte seine Unabhängigkeit bewahrt. Wie oben erwähnt wurde auch der lange schwelende Streit zwischen den Klöstern Weingarten und Einsiedeln erst unter Abt Placidus erledigt.

Auch gegen Eingriffe des  Bischofs in Konstanz in seine Zuständigkeit musste der Abt sich zur Wehr setzen. 1639 hatte er zwei Konventuale aus Einsiedeln Pater Kolumban Ochsner (+1656) und Pater Wolfgang Weishaupt (+1676)nach Rom geschickt. Am Collegium

studierten sie Theologie und privatim wurden sie von Doktor Anton Nanni in kanonischem Recht unterrichtet. Nach Abschluss ihrer Studien besuchten sie noch die beiden bedeutenden Benediktinerabteien Subiaco und Monte Cassino. Beide hatten dem Abt mit

ihren nun erworbenen Rechtskenntnissen erklärt, dass er aufgrund der päpstlichen Privilegien volle Jurisdiktionsgewalt über den ihm unterstellten Ordens-und Weltklerus, aber auch das ihm untergebene Volk habe. Einen Ehehandel in Kuhbach zog der Abt nun

vor sein Offizialat.Das Offizialat entschied den Fall, aber eine Partei wandte sich nun an Konstanz. Das Bistum nahm den Einspruch an und berief die andere Partei vor sein Gericht. Dagegen verwahrte sich nun der Abt und leitete die Streitsache an Rom weiter.

Er hatte sich an Pater Wilfrid Selby gewandt, den Prokurator also den Ordensbeaufragten der englischen Benediktiner. Bei Selby hatten die beiden nach Rom entsandten Patres gewohnt, als sie ihre Rechtsstudien in Italien absolvierten.Der Papst, zu der Zeit

Innozenz X. (1644-1655) wies 1646 die Sache an den Nuntius in Luzern das war von 1646-1647 Alphonsus Sacrati. Der Nuntius lud nun den Konstanzer Bischof vor sich, dass war Sixt Werner Vogt von Altensumerau und Praßburg (1645-1689). Der schickte seinen

Dompropst nach Luzern und ließ erklären, dass er zu Verhandlungen bereit sei.

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Abt Placidus ließ nun seien Rechtstitel dem Bischof unterbreiten. Man kam zu keiner Einigung. Es gab weitere Versuche so 1652 auf Einladung des Bischofs. Der Abt kam nach Münsterlingen. Man kam sich in der Sache aber nicht näher. Beide Seiten beharrten immer

wieder auf ihren Positionen und Vermittlungsbemühungen von verschiedenen Seiten scheiterten. Die Sache zog sich. Auch eine Konferenz in Luzern 1665 erbrachte nichts. Der Nuntius schlug schließlich vor, die Frage in Rom einem Kardinalskollegium vor zulegen.

Am 15. Mai 1668 entschied der Papst, inzwischen Clemens IX (1667-1669)dass die Bulle Leos X. vom 10. Dezember 1518 sich nur auf das Stift, nicht aber auf dessen Pfarreien beziehe. Das war allerdings nicht im Sinne des Stiftes. Es erreichte immerhin,dass die

Untersuchungen wieder aufgenommen  wurden. Der Abt bestellte eine Fünferkommission, die sich vorab damit befassen sollte. Das Ende dieses Streits aber erlebte weder der Abt noch sein Nachfolger. Auch mit dem Bistum Chur hatte es Schwierigkeiten gegeben.

Dort konnte man sich allerdings einigen. Nuntius Frederico Borromeo (1655-1663) erreichte 1665 einen Vergleich zwischen Bistum und Stift.

Ein gutes Verhältnis hatte der Abt zum Kaiser. Drei Jahre nach dem Amtsantritt von Abt Plazidus bestätigte Kaiser Ferdinand II. (1619-1637) dem Kloster die Rechte und Privilegien. Die Regalien verlieh der Kaiser dem Abt am 5. März 1632. Er stand beim Kaiser wohl in

hohem Ansehen und erhielt am 16. März 1636 die Würde eines kaiserlichen Pfalzgrafen. Auch die Nachfolger des Kaisers, Ferdinand III.(1637-1657) und Leopold I.(1658-1705) bestätigten die Privilegien 1639 bzw. 1660. Als der 30-jährige Krieg in Deutschland tobte,

war das Kloster auch eine Zufluchtsstätte für Amtsbrüder aus deutschen Klöstern. So erhielten die Äbte von Weingarten, Ochsenhausen, Fulda, Gozau und Isenburg ein Obdach in Einsiedeln.Und auch Konventuale wurden in Einsiedeln aufgenommen. Bis zu 30

Mönche aus anderen Klöstern kamen in Einsiedeln unter.St. Peter im Schwarzwald hatte sogar sein  Archiv, seine Reliquien und seine Kostbarkeiten bei ihren Schweizer Ordensbrüder in Sicherheit gebracht. Seinerseits ließ der Abt die Einsiedler Reliquien und

das Archiv während des 1. Villmergerkriegs nach Schwyz verbringen (5.Januar-7. März 1656). Eine führende Rolle nahm das Stift auch in der Schweizer Benediktinerkongregation ein. Abt Plazidus wechselte sich im Vorsitz mit dem Abt von St. Gallen Pius Reher

(1630-1654)ab. Auch in der Kongregation musste er sich mit dem Bistum Konstanz auseinandersetzen, denn das Bistum versuchte die Privilegien, die Papst Urban VIII. der Kongregation verliehen hatte, zu beseitigen. Der Prokurator der englischen Benediktiner

Wilfried Selby wurde auch zum Prokurator der Schweizer Benediktiner berufen und erwirkte am 26. September 1631 ein Dekret, dass die Privilegien als zu Recht bestehen ließ. Bestätigt wurde dies auch von Papst Leo X. 1646, nachdem anläßlich der Abtswahl in

Rheinau erneut Streit ausbrach. Von 1630-1644 war Dominikus Tschudi Sekretär der Schweizer Benediktinerkongregation. Er hatte 1613 seine Profess in Muri abgelegt. Als Sekretär sammelte Tschudi 1636 alle bis dahin ergangenen Erlasse.  Die Äbte approbierten dies

als erweiterte Satzung und am 2. Dezember 1636 wurden sie in Einsiedeln promulgiert. Das ist ein Vorgang der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt zu vergleichen, d.h. diese Sammlung erhielt nun in der Schweizer Kongregation praktisch

Gesetzeskraft. Problem gab es mit den Klöstern Pfäfers und Disentis.Beide Abteien waren in Schieflage geraten. Vor allem Muri, später auch St. Gallen kümmerten sich um die Klöster. Zwei Äbte aus Muri, ab 1634 August Stöcklin und ab 1642 Adalbert Bridler

brachten das Kloster wieder vorwärts. Für einige Zeit schlossen sich auch die Klöster Kempten und Murbach der Kongregation an. Die Schweizer Benediktiner unterstützen ihre Brüder bei der Hebung der Ordenszucht. Mönche aus St. Gallen wirkten in Murbach

und von Einsiedeln wurde zunächst Christoph von Schönau nach Kempten abgeordnet. Dieser hatte am 9. Juni 1647 seine Profess abgelegt. In Kempten war Roman Giel von Gielsberg 1339 in einer für Kempten schwierigen Zeit zum Abt gewählt worden.

1632 hatten protestantische Bürger der Stadt Kempten zusammen mit den Schweden das Stift in einen Trümmerhaufen verwandelt.Der Konvent war in Schloss Schwabelsberg nahe Kempten  versammelt. Der Abt strebte für seinen Konvent strenge

Askese an. Außerdem wollte er die Ordensgemeinschaft auch für nichtadelige Mitglieder öffnen. Das scheiterte aber am Widerstand der Reichsritterschaft. 1664 wurde der Einsiedler Mönch Christoph nun auf Bitten der schwäbischen Ritterschaft und des

Konstanzer Bischofs als Subprior nach Kempten geschickt.Am Anfang scheint seine Tätigkeit ziemlich schwierig gewesen zu sein, zumal Abt Roman als schwierig galt, ein schroffes Wesen hatte und auch sehr sprunghaft war. Auch hat er wohl seinem Schweizer

Mitbruder das Leben schwer gemacht. Erst unter Abt Bernhard Gustav von Baden-Durlach änderte sich das. Sein Rat wurde geschätzt und er war auch Begleiter von Kemptener Mönchen in Fulda,Köln und Bonn. Er wollte schon 1671 nach Einsiedeln zurückkehren,

musste aber bis 1678 in Kempten bleiben, ehe er als Dekan nach Einsiedeln zurück durfte. Als weiterer Einsiedler Mönch war Pater Benno Zimmermann in Kempten. Er wirkte dort von 1664 bis 1670 als Theologieprofessor.

Auch andere Mönche aus Einsiedeln waren als Lehrer tätig. An der Benediktiner-Universität in Salzburg lehrte Augustin Reding als Theologieprofessor von 1654-1657. Später wurde er dann Nachfolger von Abt Plazidus.Auf Pater Augustin folgte Pater Bernhard Waibel

1657 in Salzburg. Er hatte 1638 seine Profess abgelegt. In Salzburg hatte er die Professur für spekulative Theologie und Exegese inne. Er war acht Jahre Vizerektor des Salzburger Kollegs und zwei Jahre Prokanzler der Universität. 1667 musste er zurückkehren,

da ihn der Abt wegen der Konstanzer Angelegenheit nach Rom schicken wollte. 1671 erbat ihn der Salzburger Erzbischof Max Gandolf von Kuenburg (1668-1687) für den Wallfahrtsort Maria Plein. Dort sollten sich jüngere Kräfte auf ihre Lehrtätigkeit in Salzburg

vorbereiten. Älteren Lehrkräften wurde die Möglichkeit gegeben, sich dorthin zurück zu ziehen. In Gengenbach wirkte Pater Basilius Strecker von 1655-1657 als Philosophieprofessor.

In der 40 –jährigen Amtszeit von Abt Plazidus werden 85 neue Mitglieder in den Konvent aufgenommen. Auch Pater Raphael Gottrau hatte unter Abt Plazidus die Profess abgelegt. Er wurde sein übernächster Nachfolger. Pater Bonifaz Tschupp hatte 1645

seine Profess in Einsiedeln abgelegt. 1667 wurde er zum Abt von Päfers gewählt.

Auch in weltlichen Angelegenheiten war der Abt ein gesuchter Vermittler. 1639 trafen sich erstmals Vertreter von Frankreich und Bayern, um dem mörderischen Ringen ein Ende zu machen. In Einsiedeln kamen die Gesandten zusammen. Inwieweit

der Abt dabei beteiligt war, ist nicht klar, aber es war das erste Mal überhaupt in diesem großen Krieg, dass Gespräche gesucht wurden. Im Schweizer Bauernkrieg von 1653 wurde der Abt vom Großen Rat von Luzern um Vermittlung gebeten.

Allerdings waren die Leidenschaften zu stark aufgepeitscht, so dass die Vermittlungsbemühungen des Abtes  zunächst nicht zum Ziel kamen. Auch im Zwyerhandel war sein Rat gefragt. Freundschaftliche Beziehungen hatte der Abt auch zu anderen Orden,

so den Schweizer Kapuziner und Franziskanern. Die Wallfahrt nahm unter Abt Plazidus großen Aufschwung. Gerade in sehr schweren Zeiten suchen Menschen vermehrt Trost. Nach einem erfüllten Leben verstarb Abt Plazidus am 10.Juli 1670.

P. Augustin Reding von Schwyz

Augustin Reding wurde am 10. August 1625 in Lichtensteig geboren. Dort war sein Vater Johann Rudolph von Reding-Biberegg Landvogt des Fürstabts von St. Gallen. Der Vogt war in zweiter Ehe mit Margareta Pfyffer von Altishofen verheiratet. Er wurde wegen

seiner klassischen Bildung  gerühmt und gelegentlich “eidgenössischer Cicero” oder der Seneca der Schweiz genannt. Zwei Brüder Augustins gingen ebenfalls ins Kloster. Als Jost Dietrich 1652 geboren trat er in Einsiedeln ins Kloster ein und erhielt dort den

Ordensnamen Plazidus. 1668 legte er seine Profess ab. Ein weitere Bruder Heinrich wurde Jesuit in Freiburg im Üchtgau. Dort starb er 1682. Auch drei Schwestern nahmen das Ordensgewand. Maria Katharina war Zisterzienserin in Magdenau, Maria Margaretha war in

St. Maria zu den Engeln in Wattwil  und Maria Mechthild schließlich war Priorin in Fahr von 1696 bis 1724. Augustin legte 1641 seine Profess ab. 1649 wurde er Priester und schon vor seiner Priesterweihe wurde er mit 24 zum Lehrer der Philosophie bestellt. Abt

Plazidus wollte seinem jungen Lehrer akademische Würden verschaffen. Der Rektor der Universität Johann Caspar Helbing signalisierte Entgegenkommen. Er erlangte in Freiburg ohne vorher die Universität besucht zu haben, die akademischen Grade. Am 5. und 12.

Oktober 1654 legte er in Freiburg die Prüfungen ab. Er erhielt den Grad eines Lizentiaten, das ist die Lehrbefähigung und Magister der Theologie. Augustin wurde dann als Professor an die 1622 gegründete Benediktineruniversität in Salzburg geschickt. Der Salzburger

Erzbischof Guidobald(1654-1668)schätzte ihn  sehr und ernannte ihn  zu seinem Geistlichen Rat.1657 rief Abt Plazidus seinen geschätzten Lehrer nach Einsiedeln zurück.

Er hatte ihn auf inständige bitten des Erzbischofs und der Äbtissin von Nonnberg, wo er das Amt des Beichtvaters versah schon ein Jahr länger als Abt Plazidus es beabsichtigt hatte. Augustin übernahm von Pater Bernhard den Lehrstuhl für Theologie. Der Abt

ernannte ihn auch zu seinem Offizialen.In dieser Funktion sollte er dem Abt vor allem im Streit mit Konstanz zur Seite stehen. 1659 wurde Augustin Dekan. Das verlieh seiner Verhandlungsposition noch mehr Gewicht. Einmal liess er aus Versehen eine von Konstanz

gegen Einsiedeln erwirkte Bulle fallen. Das wurde sofort so interpretiert, als habe sie Augustin aus Verachtung fallen lassen. Der Bischof verhängte die Suspension über den Abt, das ist das Verbot der Amtsausübung. Über Augustin und 15 Kapitularen aber wurde die

Exkommunikation verhängt. Zwar hob der Nuntius dieses Vorgehen  sofort auf, aber als Hebel bei der Abtwahl diente es wohl doch. Am 16. Juni 1670 hatte ihn das Kapitel zum Gehilfen des kranken Abts gewählt. Einen knappen Monat später verstarb Abt Plazidus

und es war klar, wer der neue Abt werden sollte. Augustin wurde zum neuen Abt gewählt. Er sandte sofort zwei Patres nach Konstanz, die dort erstens seine Wahl zum Abt meldeten und gleichzeitig seinen Willen zur friedlichen Beilegung des Streites  bekunden

ließen. Der neue Amtsinhaber erklärte sich bereit, die bischöfliche Gerichtsbarkeit anzuerkennen, Visitationen der Klosterpfarreien zu zu lassen und auf die Appellation nach Rom zu verzichten. Dafür erhoffte er, dass Entgegenkommen in anderen strittigen

Punkten gezeigt wurde. Gleiches ließ er auch in Rom verlauten. Aber Konstanz setzte alle Hebel in Bewegung und erreichte dass die Konsistorialkonkregation (1588 von Papst Sixtus V. gegründet) die Abtswahl für ungültig erklären liess. Als dies in Einsiedeln

bekannt wurde, stellte Abt Augustin sofort sein  Amt zu Verfügung. Aber er wurde erneut einstimmig gewählt. Allerdings war klar, dass die Bestätigung aus Rom kaum mehr zu Erreichen  war. Aber am 1. Juli 1671 bestätigte Papst Clemens X. (1670-1676) die Wahl.

Am 17. Juli 1670 war Augustin zum Abt gewählt worden. Schon 4 Tage später berief er das erste Generalkapitel ein und bekundete die Absicht, dies alle drei Jahre zu tun. Er sah sich so um Einklang mit der Regel aber auch mit den Bestimmungen,die Papst Benedikt

XII. 1336 in seiner Bulle “Summi magistri”(kurz Benedicta) erlassen hatte. Ein Pater sollte ihn bei der Rechnungsführung unterstützen. Außerdem bestimmte er drei Kapitularen,denen wollte er jährlich Rechenschaft über den ökonomischen  Stand des Klosters

ablegen. Dieser sollte schriftlich im Dekanat hinterlegt werden. In St. Gerold wollte er die Klausur einführen. Er wollte auch ihre Meinung  der Mönche zum Weitergang des Konstanzer Handels hören. Wie vorgesehen fand 3 Jahre später also 1673 das nächste

Generalkapitel statt. Dabei ging es hauptsächlich um die Stellung der Expositi, also der Patres, die ihn den Klosterpfarreien tätig waren. Beim dritten Generalkapitel 1679 wurden vor allem die Baupläne des Abtes besprochen. Beim letzten Generalkapitel 1682 wurde

vor allem über Pfäfers geredet,die Verhältnisse dort, die Novizenaufnahme und die Abtwahl. 1682 umfasste der Konvent 100 Mitglieder und dabei sollte es nach Meinung des Abtes auch bleiben. Es war schon eine große Leistung, einen  solchen Konvent zu führen.

Daneben schwelte weiter der Streit mit Konstanz. Er betätigte sich als Vermittler in mehreren Streitigkeiten.So vermittelte er eine Sache zwischen dem Stift Schäni und Benken, bei der es um eine Kollatur ging. Auch einen Streit zwischen Luzern und dem damaligen

Nuntius in der Schweiz Odoardo Cibo (1670-1679) konnte er beilegen, was sicher auch an den guten Beziehungen zwischen Abt und Nuntius lag. Das Professbuch erwähnt auch den Beistand, den der Abt der bayrischen Benediktinerkongregation gab, als es um deren

Errichtung und damit verbunden vor allem die Exemtion ging. Der bayrische Episkopat hatte bis zuletzt versucht dies zu verhindern. Im Professbuch steht, dass Kardinal Scarlatti erklärt habe, dass die Kongegregation ihre Exemption dem Kloster Einsiedeln verdanke.

Um das genau zu beurteilen, müsste man aber wohl die Korrespondenz des Abbate Scarlatti lesen, die mir leider nicht zugänglich ist. Sie ist im Diözesanarchiv Passau “Die  Errichtung der Benediktinerkongregation in Bayern” (lateinisch-italienisch)

Erwähnt werden muss noch, dass Scarlatti nicht Kardinal war, sondern als Gesandter für Bayern in Rom tätig war. Seit 1678 hatte das Kurfürstentum wieder eine diplomatische Vertretung beim Heiligen Stuhl. Sie wurde in der Zeit von Angehörigen der Familie

Scarlatti wahrgenommen. Am 16. Juni 1684 trafen sich die Äbte von 18 bayrischen Klöstern, die die bayrische Benediktinerkonkregation gründen wollten, unterstützt von  Kurfürst Max Emanuel. Sie wurde am 26.8.1684 durch das Breve von Papst Innozenz XI.

(1676-1689) gegründet. Vorbild für die Kongregation war die Helvetische Kongregation. Deswegen wurde sie auch der Jurisdiktion des Nuntius in Luzern unterstellt. Das Treffen der bayrischen Äbte fand in der Zeit statt, als sich auch Augustin in Rom aufhielt.

Augustin war von März bis Juni dort, um sich persönlich um den Streit mit Konstanz zu kümmern. Seine theologische Arbeit war in Rom ja durchaus beachtet worden. Am 28. April hatte er eine Audienz beim Papst. Er konnte dem Papst nicht nur seine Werke

über das Tridentiner Konzil und das auf päpstlichen Wunsch verfasste Buch über die Annalen des Baronius vorlegen, sondern er konnte auch den Streit mit Konstanz aus Einsiedler Sicht erläutern. Der Papst befragte ihn auch eingehend über die kirchlichen

Verhältnisse in der Schweiz und in Deutschland. Er beklagte sich dabei, dass die Bischöfe in Deutschland sich viel mehr um ihre weltlichen als die geistlichen Angelegenheiten kümmerten. Den Streit mit Konstanz wollte er aber nicht ohne neue Überweisung an die

Kommission entscheiden.

Wenn man sich vor Augen hält, wie der Abt von seinen durch das Kloster vorgegebenen Aufgaben auch zeitlich in Anspruch genommen war, kann man seine schriftstellerische Produktion nur bewundern. Seine Schrift übers Konzil von Trient sowie über die Annalen

des Baronius wurde oben erwähnt.Die Schrift für das Tridentinum umfasste 8 Bände und erschien von 1677-1684.Sie richtete sich hauptsächlich gegen den Züricher reformierten Theologen Johann Heinrich Heidegger (1635-1698), der von 1659-1665 in Steinfurt in

Westfalen als Professor lehrte. Von 1667 bis zu seinem Tod lehrte er in Zürich. In seinen kontrovers theologischen Schriften setzt er sich vor allem mit dem Konzil von Trient, den Wallfahrten und der unbefleckten Empfängnis auseinander. Cesare Baronio (+ 1607)

war italienischer Kirchenhistoriker, Schüler des Philipp Neri und hat eine große Kirchengeschichte von Christi Geburt bis 1198 verfasst. nicht zuletzt wegen dieser Leistung wurde er apostolischer Protonotar, Kardinal (1596) und schließlich Bibliothekar der

Vatikanischen Apostolischen  Bibliothek. Johann Heinrich Ott (um 1617-1682) war Professor für Hebräisch und ab 1668 für Kirchengeschichte. Dieser hatte Baronio in seinen Schriften angegriffen. Auf Wunsch von Papst Innozenz hatte Augustin seine

Verteidigungsschrift “Vindex veritatis annalium ecclesiasticorum Baronii” verfasst.1688 schrieb er die “Oeconomica cathedra apostolica”, die sich vor allem mit Gallikanismus auseinandersetzt. Darin hatte sich vor allem das Autonomieverständnis der

französischen Kirche manifestiert.  Unter Ludwig XIV. erreichte diese Bewegung ihren Höhepunkt. Exponent war der französische Bischof von Meaux Jacques Bénigne Bossuet (1627-1704), unter dessen Federführung auf dem Nationalkonzil von 1682 die

4 gallikanischen Artikel verkündet wurden. Diese Schrift Augustins fand in Rom die größte Anerkennung. Sein Hauptwerk ist die Theologia scholastika. Sie erschien von 1697 an in 13 Bänden.

Natürlich lagen einem solchen Abt die Studien in seinem eigenen Kloster besonders am Herzen. Er unterrichtete noch selbst im studium kontroversisticum. Die Abtei genoss den besten Ruf. Einsiedler Konventualen wurden nach Engelberg,

Pfäfers, Maria Stein und Ebersmünster erbeten. Aber auch nach Einsiedeln kamen Mönche, um dort Unterricht zu erhalten, so aus Pfäfers, Kempten und Gengenbach.

Nachdem Muster der Benediktineruniversität sollte auch für die Schweiz eine Benediktinerakademie gegründet werden. Sitz sollte das Kloster Pfäfers sein. Das Projekt kam aber nicht zustande.

Die Konfirmation des Abtes aus Rom hatte sich ja wegen der Konstanzer Einsprüche verzögert. So konnte der Abt auch erst nach 1671 um die Verleihung der Regalien beim Kaiser einkommen. Er hatte dafür Dr. Franz von Mayersheim bestellt. Begleitet wurde

dieser von den Grafen Brandis. Aus Kostengründen wollte der Abt nur die Verleihung der Regalien ohne die Bestätigung der Privilegien. Er wurde darauf hingewiesen, dass das eine nicht ohne das andere gehe. Insgesamt mussten dafür 1800 Gulden aufgewendet

werden. Zum Hause Habsburg hatte der Abt ein sehr herzliches Verhältnis. So wurde er durch einen eigenen Gesandten von der Geburt des späteren Thronfolgers Joseph I. persönlich benachrichtigt.

Auch als Landesvater war Augustin tätig. Gleich nach seinem Amtsantritt versuchte er Seiden-und Baumwollweben als Hausindustrie einzuführen, umso den Erwerb zu mehren. Im Stift selbst ließ der Abt eine Wollweberei einführen, über die zunächst

P. Rupert von Roll(bis Oktober 1675) die Aufsicht führte. Auch auf die Entsumpfung der Moore sollte mehr Augenmerk gelegt werden. Man konnte sie als Heu und Streuwiesen nutzen.

Zwei Erwerbungen in der Zeit Augustins waren wichtig. In Bellenz (Bellinzona)hatte er auf Drängen der Orte Schwyz, Uri und Unterwalden, die dort regierten, das dortige Gymnasium von den Jesuiten übernommen. Diese hatten in Bellenz seit 1646 eine

Schule geführt, aber 1674 den Unterricht eingestellt. Das Kapitel war zunächst dagegen. Man war aber gezwungen, auf die Orte Rücksicht zu nehmen und auch Nuntius Odoardo Cybo (1670-1679)hatte sich stark gemacht. Also wurde Pater Wolfgang Weißhaupt, der

ja 1639 zum Studium der Theologie und des kanonischen Rechts von Abt Plazidus nach Rom geschickt worden war, nach Bellenz gesandt. Er sollte dort die Übernahme untersuchen. Er wurde dann auch zum Propst der neuen Niederlassung bestimmt, starb aber schon

im Folgejahr und wurde in Bellenz bestattet. Mit Pater Wolfgang war Pater Pius Kreuel (Profess 1659) geschickt worden, um die neue Niederlassung in Augenschein zu nehmen. Er musste auch schon 1676 nach Einsiedeln zurückkehren, um dort die Stiftsorgel zu

reparieren. Drei  weitere Patres und ein Frater kamen nach Bellenz, um dort den Unterricht zu übernehmen von etwa 30 Schülern zu übernehmen. Pater Aegidius Effinger (Profess 1647) wirkte von 1675-1677 als Lehrer in Bellenz. Pater Roman Steinegger arbeitete

als Grammatiklehrer in Bellenz, starb aber schon am 18.Januar 1677 an einem heftigen Fieber, das er sich wohl bei einem Krankenbesuch zugezogen hatte. Pater Meinrad Steininger (Profess 1662)war Professor der Theologie, als er die Stelle in Bellenz übernahm.

Er war bis 1677 in Bellenz.Frater Maurus von Roll (Profess 1669)war seit 1675 als Prokurator tätig.1677 feierte er seine Primiz. Danach war er weiter für die Finanzen der jungen Niederlassung tätig. Anselm Bissling (Profess 1662)war auf Pater Wolfgang Weißhaupt als

Probst in Bellenz gefolgt. 1680 stürzte er in Bellenz vom Pferd. er wurde danach zwar nochmals leidlich hergestellt, verstarb aber im April 1681. Sein unmittelbarer Nachfolger, Pater Eustach Reutti vertrug das Klima in Bellenz nicht, und musste schon einen Monat

später nach Einsiedeln zurück. Auf ihn folgte Pater Desiderius Scolar (Profess 1663), der 13 Jahre Propst in Bellenz war. Abt Augustin war zeitlebens ein großer Gönner des Bellenzer Gymnasiums und besuchte es drei Mal persönlich.

Ein weiterer wichtiger Erwerb war die Herrschaft Sonnenberg in Thurgau. Das dortige Schlossgut war zuletzt im Besitz der Familie von Beroldingen. Der letzte Besitzer Sebastian Ludwig von Beroldingen hatte es zunächst dem Kloster Einsiedeln angeboten.

Da er aber keinen katholischen Käufer gefunden hatte,veräußerte er die Herrschaft für 80.000 Gulden an die Stadt St. Gallen. Aber die Herrschaft sollte nicht in nichtkatholische Hände gelangen. Nun machte der Bruder des Besitzers sein Zugrecht geltend, also das

Recht des nächsten Erben, ein aus der Familie veräußertes Grundstück binnen eines Jahres gegen Ersatz von Preis und Kosten , dieses wieder an sich zu ziehen. Luzern wandte sich zusammen mit dem Nuntius an Einsiedeln. Die Kaufsumme wurde nun auf die

Schweizer Klöster verteilt und die Herrschaft erworben. Auch der Papst war durch den Nuntius von dem Vorfall unterrichtet. Er sprach den Äbten sein Lob aus, war doch ein für die katholische Sache wichtiger Vorposten erhalten geblieben.

Nicht erfolgreich war der Abt dagegen auch beim Versuch, alten Stiftsbesitz im Elsass zurück zu erwerben.

Relativ ruhige Zeiten hatte die helvetische Benediktiner Kongregation. Nur das Kloster Pfäfers war in Schwierigkeiten geraten. 1665 war das Kloster niedergebrannt.Abt Justus Zink (1645-1677), in dieser Zeit Abt, war der Lage nicht gewachsen. Der Nuntius

bewegte ihn zum Rücktritt. Mit Bonifaz Tschupp, bisher Stiftsdekan in Einsiedeln wurde ein neuer Abt bestellt. Die Schwierigkeiten hielten aber an. Man wollte das Kloster ganz aufheben und die Mönche auf andere Klöster verteilen. Dann aber beschlossen

die in Einsiedeln versammelten Äbte, Päfers zunächst auf 30 Jahre mit Einsiedeln zu vereinigen. 1682 kam die Union zustande. Sie wurde allerdings mit dem Tod von Abt Augustin wieder aufgehoben.

Abt Augustin vermehrte den Reliquienschatz des Klosters. Unter ihm wurde die Große Monstranz fertiggestellt. Für den täglichen Gebrauch ließ der Abt eine weitere Monstranz fertigen.

Abt Augustin genoss großes Ansehen. Sein wissenschaftlicher Ruf, aber auch der seiner Konventualen waren unbestritten.

Gegen Ende der 80-iger Jahre wurde der Abt der Abt von einem Stein-und Bruchleiden geplagt. Sein Zustand verschlechterte sich. Im Dezember erhielt er auf eigenen Wunsch mit Pater Adelrich Suter (Profess 1657) einen Koadjutor.

Er verstarb am 13. März 1692.

Unter seiner Regierung hatte sich die Zahl der Konventualen fast verdoppelt. Allerdings hatte sich auch der Schuldenstand des Klosters vergrößert, was dann den Nachfolger doch etwas belastete.

Am 24. März 1692 wurde Raphael von Gottrau zum neuen Abt gewählt. Er war der 2. Sohn des Francois Pierre Jean Gottrau und der Marie Margerite Weck als Francois Othmar geboren. (alle Daten aus Gottrau,de Gottrau site genealofique et heraldique du canton de

Fribourg)Im 14. Jahrhundert blühte das Städtchen Freiburg im Üechtland vor allem durch den Leder-und Tuchhandel auf. Auch die Familien Gottrau und Weck waren in diesem Geschäft reich geworden und gehörten ab dem Ende des Jahrhunderts dem städtischen

Patriziat an. Abt Raphael hatte 9 Geschwister, 6 Brüder und drei Schwestern. Sein Vater gehörte dem Familienzweig der Grange-Montagny an und war 1662 Vogt von Bulle und seit 1670 Ratsherr in Freiburg. Franz Othmar studierte am Jesuitenkolleg St. Michael in

Freiburg.  1665 trat er  ins Kloster Einsiedeln ein.

Am 25. April 1666 legte er als Frater Raphael seine Profess ab.Am 15. August 1670 wurde er in Pfäffikon zum Priester geweiht.Er wurde 2. Exorzist in Einsiedeln und ab 1574 war er Bibliothekar in Einsiedeln. Im Sommer 1676 schickte ihn Abt Augustin an die Schule

nach Bellenz, doch schon im November kam er nach Einsiedeln zurück. 1678 war er wieder 2. Bibliothekar in Einsiedeln. Er sollte zusammen mit dem Bibliothekar Leodegar Fleischlin (Profess 1656) die Neuordnung der Bibliothek voranbringen. Nach der Union mit

Pfäfers wurde Raphael als Dekan nach Pfäfers geschickt, doch auch dort blieb er nicht lange. Schon ein halbes Jahr später kehrt er zurück. 1684 war er ein halb es Jahr Brüderinstruktor. Er sollte dann nach Fahr, wurde aber nach Münsterlingen als Pfarrer beordert.

Dort vertrug er aber das Klima nicht und er kam schon im Februar nach Einsiedeln zurück. Obwohl Raphael Ämter immer nur kurze Zeit innehatte und auch nie lange an einem Ort blieb, wurde er am 24. März 1692 zum Abt gewählt. Das geschah allerdings erst im

dritten Wahlgang. Die päpstliche Bestätigung durch Innozenz XII. (1691-1700) erfolgte am 15. Oktober 1692. so konnte auch die Abtweihe erst am 28. Dezember 1692 statt. Der neue Nuntius Marcello d’Aste (1692-1695) nahm die Weihe unter Assistenz der Äbte von

Pfäfers Bonifaz Tschupp und Muri Plazidus Zurlauben vor. Kaiser Leopold I. verlieh die Regalien am 3. September 1694.

Die finanzielle Lage des Stiftes zwangen den Abt schon gleich zum Handeln. Dass er erst im dritten Wahlgang zum Zug kam, hatte ja auch mit dieser Situation zu. Eine Fraktion der Äbte hätte lieber einen in weltlichen Angelegenheiten erfahrenen Verwalter als

neuen Abt gesehen. Die Schuldenlast des Klosters betrug nicht weniger als 208 860 Gulden, was immerhin eine Zinslast von 7000 Gulden verschlang. Ein Verkauf war angeraten. Sonnenberg war aus politischen Gründen kaum machbar.

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Also dachte man an Ittendorf. Das wurde kurz nach dem 30-jährigen Krieg 1650 vom Kloster Salem mit allen Rechten und Gütern erworben. Von 1671-1677 baute es das Kloster Einsiedeln als Statthalterei zum Schloss aus. Heute ist es nach einer Volksabstimmung

1972 ein Stadtteil von Markdorf. Die älteren Mönche waren gegen den Verkauf, doch Abt Raphael sah sich zum Handeln gezwungen. Rupert von Roll (Profess1668), der wir gesehen haben, 1675 der Wollweberei vorstand, war seit 1692 Statthalter in Einsiedeln.

Er wurde vom Abt nach Ittendorf geschickt, um das Anwesen in Augenschein zu nehmen. Der Fürstbischof von Chur Ulrich von Federspiel (1692-1728) zeigte sich am Erwerb der Herrschaft interessiert, war allerdings nicht bereit mehr als 70.000 Gulden zu zahlen.

Der Bischof von  Konstanz schlug einen Tausch mit Gütern im Thurgau vor. Damit wäre dem Stift, das ja Geld brauchte, nicht gedient gewesen. Aber das Kloster Weingarten zeigte sich stark interessiert. Weingarten hatte nach dem verheerenden Krieg von 1618-1648

vor allem unter Abt Wegelin, der noch während des Krieges regierte, einen enormen Aufschwung genommen. Der Weingartner Prior war 1693 in Einsiedeln. Die Sache wurde dem Kapitel vorgetragen und von 40 Kapitularen sprachen sich 36 für den Verkauf aus.

Der Verkaufspreis wurde zunächst auf 178.000 Gulden festgelegt, allerdings wollte Weingarten nur 132.000 zahlen. Nach zähen Verhandlungen einigte man sich schließlich auf 136.000 Gulden. Ganz reibungslos ging es nicht, da die Herrschaft Heiligenberg,

die Stadt Überlingen, das Stift Salem und der Bischof von Konstanz noch Rechtsansprüche geltend machten und deshalb gegen den Kauf Einspruch erhoben. Am 14. März 1693 gab das Stiftskapitel sein Zustimmung  zu dem Verkauf. Zur Regelung des Verkaufs wurden

die Patres Ottmar Reutti (Profess 1652) 1691 Propst von St. Gerold und Benno Zimmermann (Profess 1654) nach Ittendorf geschickt. Weingarten war ein guter Schuldner. Schon am 23. Mai 1693 wurde das erste Geld nach Einsiedeln geschickt. Bereits im Dezember

scheint die komplette Schuld getilgt gewesen zu sein. Zwar gab es in dieser Sache noch 1697 Verhandlungen vor dem Landgericht in Weingarten. Der Verkauf aber war durch. Das Kloster verwendete sofort 121.642  Gulden zur Tilgung und hatte so seine Schuldenlast

um mehr als die Hälfte reduziert.

Ein weiteres Problem war mit der Auflösung der Union mit Pfäfers bereinigt. Stand noch der Streit mit dem Bistum Konstanz an. In Konstanz war Marquard Rudolf von Rodt 1689 zum Fürstbischof gewählt worden. Die Bischofsweihe fand 1690 statt. Der Abt hatte ihm

durch den Stiftsdekan gratulieren lassen. Auch als Pater Benno wegen des Ittendorfer Kaufs dort war, ging er in Meersburg vorbei und ließ durch den Abt ausrichten, dass er an einer Lösung des Streits interessiert wäre. Auch vom Kapitel bekam der Abt freie Hand in

der Sache. Der Abt setzte auf eine persönliche Begegnung und als er im Juni 1693 im Thurgau war, ging er von Freudenfels ins Chorherrenstift Kreuzlingen und von dort nach Meersburg. Dort stieg er im Bären ab und ließ dem Fürstbischof seine Ankunft melden

und bat um eine Audienz. Man wurde sich einig, Advokaten aus dem Spiel zu lassen. Abt Raphael schlug vor, die Äbte von Weingarten Willibald Kobolt (1683-1697) und St. Gallen Cölestin Sfondrati (1687-1696) mit der Vermittlung zu betrauen. Sie hatten sich dazu

bereit erklärt. Am 10. Dezember 1693 wurde ein Treffen im Augustinerchorherrenstift Öhningen vereinbart. Vom Kloster Einsiedeln kamen Pater Meinrad Steinegger, mittlerweile Subprior in Einsiedeln und Josef Dietrich, damals Statthalter in Freudenfels.

Auf Konstanzer Seite verhandelten Generalvikar Johannes Blau (1692-1694) und Offizial Johann Hugo Kessler (1692-1711). Man einigte sich über dem Stifte unterstellten Pfarreien in Einsiedeln, Freienbach, Oberkirch-Kaltbrunn, Feusisberg, Ettiswil, Reichenburg,

Maria Zell bei Sursee, Ägeri, Eschenz, Sarmenstorf und Wagen. Der Bischof sollte in all den Kirchen als Ordinarius gelten. Auch in der Stiftskirche sollte der Bischof die Pontifikalien ausüben dürfen, das heißt Weihen vornehmen. Doch von jeglicher Jurisdiktion,

Visitation und Korrektion blieb sie ausgenommen. In diesem Fall wurden die Rechte des Bischofs auf den Abt übertragen. Es wurden noch Regelungen, die Weltgeistliche betrafen. Am 12. Januar 1694 stimmte das Kapitel dem Konkordat zu. Damit wurde ein Streit

abgeschlossen,der über Jahrzehnte geschwelt hatte. Das war das wichtigste Ereignis in der Regierung von Abt Raphael.Schon 1698 trat er von seinem Amt zurück und machte gesundheitliche Gründe geltend. Er ging nach Freudenfels, wo er am 4. Januar 1707

verstarb. In der Propsteikirche Klingenzell ist er bestattet.

Nachdem Abt Raphael am 30. September 1698 von seinem Amt zurückgetreten war, versammelte sich das Kapitel am 04.10. zur Wahl des neuen Abtes. Johann Josef von Roll war am 30. September 1653 als Sohn des Landvogts und Hauptmann Philipp von Roll und der

Maria Gugger geboren worden. Seine Familie zählte zu den vornehmsten in Solothurn. Am 4.August 1669 legte er die Profess ab und erhielt den Ordensnamen Maurus. Kurz nachdem er Subdiakon geworden war, wurde er 1675 nach Bellenz in die neue Schule

geschickt. 1676 kehrte er nach Einsiedeln zurück, um die weiteren Weihen zu empfangen. Am 20.Dezember 1676 wurde er zum Priester geweiht. Seine Primiz durfte er in Solothurn  feiern. Damit wurde auch die Bedeutung seiner Familie gewürdigt.

1677 kehrte er nach Bellenz zurück, wo er das Amt des Prokurators versah. Am 24. Oktober 1693 wurde er zum Propst von Bellenz. Die Niederlassung blühte unter ihm. Er erwarb sich einen guten  Ruf als Verwalter und Vorgesetzter. Das hat wohl dazu

beigetragen, dass er am 5. Oktober zum Abt erwählt wurde. Es waren vier Wahlgänge erforderlich. Den Vorsitz führte der Nuntius Giulio Piazza (1698-1702). Bei der Wahl waren auch Abt der Abt von Muri, Plazidus Zurlauben und der von St. Gallen, Leodegar

Bürgisser (1696-1717) anwesend. Am 30.03.1700 bestätigte Papst Innozenz XII den neuen Abt in seinem Amt. Die Abtsweihe erfolgte dann am 10. Oktober 1700 praktisch mit denselben Agierenden. Weniger glücklich verlief die Verleihung der Regalien.

Zum einen gab es Schwierigkeiten mit dem kurtrierischen Residenten in Wien, von Heunisch. Dieser sollte sich um die Verleihung der Regalien bemühen und erhielt dazu insgesamt 2000 Gulden. Das schien ihm nicht zu reichen und er verlangte mehr.

Es ergaben sich jahrelange Rechtsstreitigkeiten, in deren Verlauf Kaiser Leopold starb.Ein Freiherr von Au und Philipp Jakob Kistler sollten nun die Verleihung vorwärts bringen. Kaiser Joseph I. (1705-1711) erteilte am 7. Oktober 1706 die Investitur. Wie es scheint

wurde darüber allerdings kein Diplom erstellt, da die Angelegenheit mit von Heunisch immer noch strittig war. Auch Kaiser Joseph starb 1711 bei einer Pockenepidemie, die im Frühjahr 1711 Österreich heimsuchte. Unter einem neuen Kaiser, Karl VI. (1711-1740)

wurden die Reichsinsignien schließlich am 22. August 1714 verliehen. Das hatte sich wegen des spanischen Erbfolgekriegs 1701-1714, in den auch Karl noch verwickelt war, nochmals verzögert. Nur 7 Tage später, am 29.8. 1714 verstarb Abt Maurus an einem

Schlaganfall.

Das wichtigste Vorhaben in der Amtszeit von Abt Maurus war der Klosterneubau. Schon unter Abt Plazidus gab es Überlegungen in dieser Richtung. Unter Abt Augustin wurde mit dem Bau des Chores und der Beichtkapelle der Anfang der Baumaßnahmen ergriffen.

Problem war aber nach wie vor die Schuldenlast des Stiftes.Aber die alten Gebäude waren in schlechtem Zustand, der Konvent wuchs. Und so wurde ein Neubau unabhängig von der Finanzlage immer dringlicher. Am 8. Februar 1702 gab das Kapitel Günes Licht.

Frater Caspar Moosbrugger sollte einen Riss und ein Modell des neuen Klosters erstellen. Mit seinem Bruder Johann Moosbrugger wurde ein Vertrag über die Bauausführung abgeschlossen. Am 25. März 1704 teilte der Abt den katholischen Orten seine Bauabsicht

mit und am 31. März wurde der erste Spatenstich zum Neubau gemacht.

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Ein bisschen genauer soll hier Caspar Moosbrugger betrachtet werden. Er wurde am 15. Mai 1656 als Sohn des Christian und der Anna Beer in Au im Bregenzer Wald geboren.  Dort begründete Michael Beer (*1605) die Auer Zunft. Seine Idee war, dass das ganze Dorf

sich auf den Bau von Kirchen spezialisierte. In der Auer Zunft waren Baumeister, Maurermeister, Zimmerleute, Steinmetze und Stukkateure vereinigt. Die wichtigsten Familien waren Beer, Thumb und Moosbrugger und Kuen. Zwischen 1670 und 1700 war fast die

gesamte männliche Bevölkerung von Au im Bauhandwerk tätig. Andreas machte eine Maurer und Steinmetzlehre in Au. 1673 wurde er von Christian Thumb (1645-1725) freigesprochen. Bei ihm hatte er auch seine Lehre gemacht. 1673 hatte der Konvent in

Einsiedeln ja beschlossen, den Chor zu vergrößern. Abt Augustin hatte den Bau  an den Bregenzer Baumeister Johann Georg Kuen (1642-1691) vergeben. Unter ihm arbeitete Andreas Moosbrugger als Steinmetz in Einsiedeln am Bau des Chores und der Beichtkirche.

1681 bewarb er sich um die Aufnahme ins Kloster. Nach positivem Bescheid legte er am 21. November 1682. Er nahm den Ordensnamen Caspar an. Das Kloster erkannte seine Fähigkeiten und förderte sie. Er bildete sich fort. Er kopierte publizierte italienische

Architektur und konstruierte sie nach. Eine seine ersten Arbeiten war  die Magdalenenkapelle, das ist der Chor der Beichtkapelle  im Stift. Im September 1683 war er in Disentis.  Dort hatte er für Abt Adalbert de Medell (1655-1696). Dort legte er für den geplanten

Klosterneubau “ettlich Riss” vor. Schon kurz danach bat der Weingartner Abt  Willibald Kobold Bruder Caspar um mit ihm über den Weingartner Klosterneubau zu sprechen. Die Architektur der Weingartner Klosterkirche, der größten Barockkirche nördlich der Alpen

fußt weitgehend auf den Plänen von Bruder Caspar.So wie es aussieht, wurde der Rat Bruder Caspars immer gefragter. Im Dezember 1684 wurde er nach Muri bestellt. Abt Plazidus Zurlauben  plante in Muri einen Klosterneubau. In Muri übernahm er die Planung und

ab 1694 die Ausführung. In Fischingen plante und baute er zwischen 1685-1687 die neue Klosterkirche. In Münsterlingen folgten 1691 die Klausurgebäude . Zwischen 1694 und 1698 wurde die Klosterkirche in Muri erbaut. Ab 1704 war er mit der Planung von

Einsiedeln betraut. Diese Aufgabe nahm ihn auch so stark in Anspruch, dass andere Projekte zurücktraten. Um 1715 war Caspar Moosbrugger wohl nochmals in seiner Heimat in Au. Dabei entstanden wahrscheinlich die sogenannten “Auer Lehrgänge”, das sind zwei

Skizzenbücher. Der erste Teil enthält einen allgemeinen Teil zur fachlichen Ausbildung.  Daran schließt ein Kapitel über “die Prinzipien der Geometrie” an. Dann folgen Skizzen von Säulen-, Mauern- und Fassadenteilen, sowie Altäre und Chorgestühl und Grundrisse.

Der zweite Teil enthält Grundrisse und Architekturentwürfe von ausgeführten und nicht ausgeführten Projekten. 1720 war er nochmals in St. Gallen dort entwarf er für den Abt Joseph von Rudolfi (1717-1740) Pläne für den Kirchenneubau in St. Gallen.

Bruder Caspar verstarb am 26. August 1723. Nach seinem Tod wurde er als “archtitectus celeberissimus” bezeichnet. Seine Bedeutung liegt vor allem in der Weiterverarbeitung vorhandener Tendenzen. So haben auch Franz Beer in Weißenau und Dominikus

Zimmermann in Steinhausen seine Idee von der Ovalchorlösung  aufgegriffen.

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Nach diesem Exkurs zurück zu Abt Maurus. Neben der Bautätigkeit waren kleiner Probleme zu lösen. Kleinere Reibereien mit Schwyz mussten beseitigt werden. Schwierig war die Getreideversorgung wären des Spanischen Erbfolgekriegs,

da die süddeutschen Getreidemärkte durch die Kriegsereignisse für die Innerschweiz gesperrt waren. Wie auch während des 30-jährigen Krieges kamen eine Reihe von Flüchtlingen aus anderen Abteien nach Einsiedeln, so aus Ochsenhausen,

Wiblingen, Murbach und Schuttern.

1702 feierte die Schweizerische Benediktiner prunkvoll, wie das im Barock üblich war ihr hundertjähriges Bestehen.

Mit nur 61 starb Abt Maurus. Auf ihn folgte nach der Wahl am 13. September 1714 Thomas Schenklin. Er wurde am 24.Juni 1681 in Rorschach geboren. Sein Vater war Johann Jakob Schenklin, der erst Lehensvogt in St. Gallen und unter Abt Gallus Alt  fürstäbtlicher

Kanzler von St. Gallen.

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Aus seiner Familie waren schon zwei Äbte hervorgegangen, Markus von Schenkli (1540-1553), der aus St. Gallen kam. Er errichtete das im Zug der Reformation erloschene Kloster in Fischingen wieder.Auch im Kloster von Alt St. Johann regierte ein Mitglied der

Familie als Abt,nämlich Albrecht. 1697 wurde er ins Kloster aufgenommen unter der Bedingung, dass sein Lebensunterhalt gesichert sei. Ihm wurden dann 400 Taler Erbteil von zu Hause zugesichert. Am 8. Dezember 1698 legte er als erster unter Abt  Maurus

die Profess ab. Am 28. März 1705 wurde er zum Priester geweiht. In den Jahren davor war er schwer erkrankt, genas aber wieder. Er hat wohl auch Philosophie studiert, denn im Oktober 1706 wurde er von Abt Maurus als Philosophiedozent nach Bellenz geschickt.

Drei Jahre später kam er zurück nach Einsiedeln, wo er Klerikern in Philosophie und Theologie Unterricht gab. Am 10. April 1771 wurde er Kapitelsekretär. Vor seiner Abtswahl war er Fraterinstruktor und Subprior. Als Sekretär war er während des Toggenburger

Kriegs  in mehreren Missionen des Abt Maurus tätig.  Der Toggenburger Krieg ging vom 12. April bis zum 11. August 1712 war ein Konflikt, der sich an Auseinandersetzungen des St. Galler Abt Leodegar Bürgisser mit seinen reformierten Untertanen in der

Grafschaft Toggenburg entzündete. Siehe dazu Blog St. Gallen.

Bei der Wahl zum Abt führte Martin Battaglino den Vorsitz, der Auditor der Nuntiatur. Der Nuntius Giacomo Carraciolo (1710-1716 weilte zu der Zeit in Lugano. Die Äbte von Muri, Plazidus Zurlauben und Rheinau Gerold II. Zurlauben (1697-1735) waren anwesend.

Papst Clemens XI. (1700-1721) bestätigte die Wahl am 23. Februar 1715. Die Weihe nahm der päpstliche Nuntius unter Assistenz der Äbte von Muri und Rheinau am 7. Juli 1715 vor.

Am 23. März 1716 verlieh Kaiser Karl VI. die Regalien. Die Bestätigung der Privilegien erfolgte aber erst  am 30. April 1720. Am 13. August 1718

hatte der Kaiser den Blutbann über St. Gerold verliehen.

Drängendste Aufgabe für den neuen Abt war die Weiterführung und Vollendung des Stiftbaus. Gleich zu Beginn seiner Amtszeit begann er mit dem weiteren Ausbau. Bis 1718 war der Stiftsbau mit Ausnahme des nördlichen Halbflügels beendet. 1719 befragte der

Abt das Kapitel wegen des Neubaus, den schon Abt Augustin erwogen hatte. Der Konvent hatte wegen der zu erwartenden Schuldenlast zunächst gezögert. Das Kapitel gab nun sofort seine Zustimmung, zumal Bruder Caspar doch schon älter war und kränkelte.

Mit Michael Rueff, der ja schon nach dem Tod von Johann Moosbrugger 1710 an seine Stelle getreten war, wurde ein Vertrag geschlossen. Michael Rueff war der Schwager von Johann und Vormund seiner Kinder.

Man legte das alte Münster nieder in dem Maß, wie der Neubau fortschritt, um den Gottesdienst möglichst wenig zu beeinträchtigen. Im August 1723 hatte man nach intensiver Beratung auf den eigentlich vorgesehenen   Kuppelbaus zu verzichten zum einen

aus Kostengründen zum  anderen aber auch wegen des für für einen Kuppelbau ungünstigen Klimas. 1726 waren die Türme fertiggestellt worden und im Oktober konnten die  Glocken aufgezogen werden. Damit war die Kirche im Äußeren fertig. Auch für en Innen-

ausbau hatte der Abt hervorragende Kräfte gewonnen. Am 19. Februar 1724 hatte Abt Thomas Aegidius Asam (1692-1750)als Stukkateur und Cosmas Damian Asam(1696-1739) als Maler unter Vertrag genommen. Sie arbeiteten von 1724-1726 im Kloster Einsiedeln.

1730 arbeiteten Diego (1674-1750) und Carlo (1686-1775)Carlone, beide aus der italienischen Künstlerfamilie aus Scaria. Diego hatte in Einsiedeln 16 Figuren geschaffen sowie die allegorischen Verzierungen an den 8 Altären im Hauptschiff sowie die beiden

Grabdenkmäler über der Gruft der Fürstäbte. Carlo hat die Altarblätter des Benedikt und Meinradsaltar geschaffen. Sowie der Planer der Einsiedler Kirche ihre Vollendung nicht erleben durfte, hat auch Abt Thomas die Vollendung des kircheninneren nicht mehr

erlebt. Er verstarb mit 53 Jahren am 27. August 1734.

Auf Abt Markus folgte Nikolaus Imfeld. Er wurde am 25. April 1694 als Sohn des Johann Sebastian und der Maria Ursula Imfeld in Sarnen geboren. Er wurde auf den Namen Anton Sebastian getauft. Sein  Vater war Lehrer und Organist. Die Familie war damals

eine der führenden in Obwalden. Anton Sebastian hatte einen drei Jahre älteren Bruder, den Justus Ignaz. Dieser wurde später Landschreiber, Landessäckelmeister und war 1764 regierender Landammann von Obwalden, ein Amt, das 100 Jahre zuvor auch der

Urgroßvater der beiden, Hans Peter Imfeld innehatte. Anton Sebastian trat ins Kloster Einsiedeln ein. Am 21. November 1714 legte er als Nikolaus die Profess ab. Am 25. Mai 1720 wurde er zum Priester geweiht. Nach seiner Priesterweihe studierte er noch weiter.

Am 25. 10. 1721 wurde er zum Katecheten für die Schulkinder bestimmt. Ab 28. April 1723 war er Philosophieprofessor. Im Mai 1733 wurde er Subprior. Am 7. September 1734 erfolgte seine Wahl zum Abt. Nuntius Giovanni Battista Barni (1731-1743) führte den

Vorsitz.Anwesend waren auch die Äbte von Pfäfers  Ambros Müller (1725-1738) und Muri Gerold Haimb (1723-1751). Die päpstliche Bestätigung durch Papst Clemens XII. (1730-1740) erfolgte am 15. Dezember 1734. Da die Kirche praktisch beendet war, hatte man

beschlossen Kirchweihe und Abteinsetzung gleichzeitig zu begehen. Am 1. Mai 1735 nahm der Nuntius die Abtweihe vor und die Äbte von Muri und Pfäfers weihten die Altäre. Kaiser Karl VI. verlieh die Regalien am 12. August 1735. Auch die Nachfolger des Kaisers

taten dies, Franz I. (1745-1765), der Gemahl Maria Theresias  am 24.7. 1747 und Joseph II. (1765-1790) bestätigte am 22. September 1767 die Privilegien des Stifts.

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Abt Nikolaus vollendete nun vor allem den Bau der Ökonomiegebäude, die zum Teil schon von Abt Thomas begonnen worden waren. Noch Abt Thomas hatte das Fundament zur Bäckerei gelegt. 1735 folgten die Schlosserwerkstätten. 1740 wurde mit dem Bau der

Hofmühle begonnen. Da es aber nicht genug Wasser gab, ließ Abt Nikolaus die Mühle an der Alp bauen. Nun musste noch der Chorumbau ins Werk gesetzt werden, da der unter Abt Augustin erbaute Chor nicht recht zur Kirche passte. Der Augsburger Architekt und

Maler Franz Kraus wurde mit dem Umbau betraut. Er schuf auch die Deckengemälde im Chor. Er konnte seine Arbeit allerdings nicht beenden. Er erkrankte und verstarb im August 1752. Seine Gemälde vollendete ein Maler Ruepp aus Augsburg.

Die Statuen im Chor schuf der Bildhauer Johann Baptist Babel (1716-1799). Nun wurden auch die Ökonomiegebäude vollends zum Abschluss gebracht. 1764 wurde der Marstall erbaut und 1767 der Ochsenstall. 1770 war der letzte Trakt errichtet und damit der

Klosterbau abgeschlossen. Den Marstall hatte Bruder Kaspar Braun abgeschlossen. Er ist 1714 in Bregenz geboren. Er war zunächst Steinhauer von Beruf, ist dann aber ins Kloster Einsiedeln eingetreten. 1748 hat er die Profess abgelegt. Er war dann auch

Architekt tätig. 1759 hat er das Gasthaus am Etzel bei der Meinradskapelle, die Caspar Moosbrugger 1698 gebaut hatte, errichtet. In Pfäffikon baute er 1760 das neue Schloss. Im Kloster Einsiedeln war ihm die Aufsicht über die Gebäude anvertraut.

Auch zwei Patres aus Frankreich waren in Einsiedeln. Das war einmal Plazidus Beurret. Er hatte seine Profess 1714 abgelegt. Aegidius Docourt hatte seine Profess 1718 abgelegt. Er stammte wie sein Mitbruder aus Pruntrut. Beide waren am Umbau der Bibliothek

beteiligt. Die Bibliothek war  nun nicht nur bestens untergebracht. Der Abt stattete sie auch bestens mit Büchern aus.

Auch auf das Archiv richtete der Abt sein Augenmerk. Um 1770 ließ er es neu ordnen. Der Archivschreiber Wolfgang Dietele legte damals die Summarien an, die heute noch die Benutzung des Archivs erleichtern.

Unter Abt Nikolaus flammte der Streit mit Konstanz wieder auf. Es ging um das Recht Einsiedelns, die ihm inkorporierten Kirchen zu weihen. Der Nuntius hatte zwar 1740 zu Gunsten von Einsiedeln entschieden. Der Bischof und der Abt versuchten das

Problem ohne Rom zu lösen. Dazu traf man sich am 17. Mai zu einer Konferenz auf Schloss Sonneberg. Sein Kompromissvorschlag brachte der Abt im Konvent aber nicht durch. Vor allem Pater Meinrad Brenzer (Profess 1728) war dagegen. Er war lange Archivar und

auch Notarius Apostolicus. Die Frage blieb so ungelöst.

1764 wurde das Kloster auch in den “Harten-und Lindenhandel” hineingezogen. Das war einmal eine Auseinandersetzung von Franzosenfreunden und Anhängern der spanischen und habsburgischen Parteien. Es war aber auch eine sozial motivierte

Bewegung gegen die führenden Geschlechter in Schwyz, angeführt von aufstrebenden Politikern aus der ländlichen Mittelschicht,denen die höchsten Landesämter verwehrt blieben. Im Hungerjahr 1770 unterstützte der Abt beide Seiten tatkräftig, was half, dass

manche Wunde vernarbte.

Um 1755 hatte man um Einsiedeln mit dem Anbau von Kartoffeln begonnen,die bald zu einem der wichtigsten Nahrungsmittel des Hochtals werden sollte

Abt Nikolaus war in den letzten 15 Jahren seiner Amtszeit immer wieder krank. Ein Steinleiden setzt ihm schwer zu. Mehrmals dachte man schon, dass er sterben müsse. Im Alter von 80 verstarb er am 1. August 1773 nach großer Lebensleistung

und hinterließ ein gut bestelltes Feld.

Am 11. August 1773 versammelte sich das Kapitel zur Wahl des neuen Abtes. Gewählt wurde Marian Müller. Er war am 2. Oktober 1724 als Joseph Leodegar Müller geboren. Er war das jüngste von 15 Kindern des  Michael Müller und der  Magdalen Höltschi

in Aesch im Kanton Luzern. Schon mit 7 wurde er in Sachseln von einem Geistlichen unterrichtet. Sein Talent wurde wohl erkannt und mit 12 siedelte er an die Klosterschule in Einsiedeln über. 1741 meldete er sich für das Kloster an und am 20. Januar 1742

trat er das Noviziat an und ein Jahr später legte er als Frater Marian seine Gelübde ab. Er hatte wohl besonderes Redetalent, denn als er am 12. November 1747 Diakon wurde erhielt er auch den Auftrag, Unterricht in Rhetorik zu erteilen.

Auch musste er bei besonderen Anlässen Reden halten. Als am 14.9. 1747 Kardinal Angelo Maria Querini, Kardinalbibliothekar der Vatikanischen Bibliothek Einsiedeln besuchte, hatte er die Aufgabe, den Gast mit einer lateinischen Rede zu begrüßen.

Welche Ehre aber auch Herausforderung für einen jungen Mönch, denn Kardinal Querini stand mit bedeutenden Philosophen seiner Zeit im Gedankenaustausch und unterhielt einen Briefwechsel so z. B. mit Voltaire, Friedrich dem Großen, Montfaucon oder

Gottsched. Auch als die Äbte der Schweizer Kongregation zur  Jahrhundertfeier der Engelweihe in Einsiedeln versammelten begrüßte sie jetzt Pater Marian mit einer Rede in Latein. Seine Priesterweihe hatte er am 9. Juni1748 erhalten.

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Pater Marian hatte ja schon vor seiner Priesterweihe  Unterricht erteilt hatte, war es nur folgerichtig, dass Abt Nikolaus ihn auch weiter mit einer solchen Aufgabe betraute. Er wurde ans Gymnasium nach Bellenz geschickt, wo er 14 Jahre verbrachte.

Er lehrte dort 8 Jahre Rhetorik, zwei Jahre Philosophie und 4 Jahre Moraltheologie. Während seiner Zeit in Bellenz führten seine Schüle Komödien auf, die er verfasst hatte. Auch musikalisch war er begabt. 1751 schickte ihn  das Kloster nach Mailand

um bei Meister Giuseppe Palladino, das Komponieren zu erlernen. Der Musiker ist heute allerdings in Vergessenheit geraten. Als 1755 der Mailänder Kardinal Giuseppe Pozzobonelli Einsiedeln besuchte, war wieder Pater Marian der Begrüßungsredner.

1763 wurde er von Bellenz zurückberufen. Er übernahm gas Amt des Subpriors und war vor allem als Sekretär für Abt Nikolaus zuständig, er langsam alt wurde. 1771 übernahm er das Archiv, das unter seiner Leitung neu geordnet und registriert wurde. Der

Archivschreiber Dietele wurde oben erwähnt.

Pater Marian wurde 11. August 1173 zum neuen Abt gewählt. Nur einen Monat später, am 11. September 1773 bestätigte Papst Clemens IV. (1769-1774) die Wahl. Die Weihe nahm Nuntius Luigi Valenti Gonzaga (1764-1773)vor. Die Äbte von St. Gallen

Beda Angehrn (1767-1796) und Muri Bonaventura Bucher (1757-1776) assistierten. Kaiser Joseph II. verlieh dem Abt am 31. September 1776 die Regalien.

Dass Abt Marian sein Hauptaugenmerk auf Bildung und Schulen richten würde, ergab sich aus seinem bisherigen klösterlichen Werdegang fast zwangsläufig. Bei der Förderung der Volksschulen tat sich besonders Pater Isidor Moser hervor.

Seine Profess hatte er 1759 abgelegt. 1764 oder 1765 war er Dorfkatechet in Einsiedeln für die Schulkinder und ab 1767 war er Oberkatechet für die Schulentlassenen. Gleichzeitig war er aber auch als Philosophieprofessor, später als Theologieprofessor tätig.

Er arbeitete am “Grossen Einsiedlischen Katechismus”. Er schrieb auch eine Reihe kleiner Unterrichtsbücher für die Schulen sowie Gesangbücher. Im September 1774 wurde Pater Isidor erstmals Pfarrer in Einsiedeln. 1776 hielt er einen eigenen Unterrichtskurs

für Lehrer ab und er gab eine Schrift über die Verbesserung der Schulen heraus. Auch P. Johann Schreiber (Profess 1754)schrieb in der in Luzern erscheinenden “Historischen, philosophischen und moralischen Wochenschrift” einen Artikel zur “verbesserung

der Schulen” Auch die Gymnasien standen im Blickfeld des Abtes. Hier war vor allem Pater Robert Kech tätig. Er hatte seine Profess 1759 abgelegt. Er wirkte von 1763 bis 1764 als Lehrer in Bellenz,danach an der Klosterschule in Einsiedeln. Er gab eine lateinische

Grammatik für Gymnasien und später ein Übungsbuch heraus.

Die Bibliothek wurde weiterausgebaut.

Auf seiner ersten  Schweizer Reise war Goethe vom 09.bis 15. Juni in Zürich. Bei diesem Aufenthalt wanderte er von Zürich aus mit den Grafen Friedrich und Christian von Stolberg sowie Graf Christian von Haugwitz nach Einsiedeln.

Auch der Physiker Volta hatte zwei Jahre später Einsiedeln besucht. Auch Abt Martin Gerbert aus St. Blasien, das er schon aus seiner Studienzeit kannte. Er hatte ein halbes Jahr in Einsiedeln studiert. Er initiierte das Projekt “Germania sacra”.

Abt Marian versuchte das Problems des Weiherechts mit dem Konstanzer Bistum zu klären. Der Abt traf sich am 30. Mai 1775 mit Konstanzer bevollmächtigten in Freudenfels.  Der Abt wollte nicht, dass das Weiherecht Einsiedelns von einer vorherigen Erlaubnis

durch den Bischof abhängig gemacht wurde. Es kam aber nicht zu einer Einigung, da Bischof Franz Konrad von Rodt am 16. Oktober 1775 starb. Der Abt wandte sich zwar an den Nachfolger Maximilian Christoph von Rodt (1775-1779). Doch die Dinge blieben liegen.

Abt Marian war nie von besonders kräftiger Gesundheit. Ab 1777 verschlechterte sich aber sein Zustand stetig.  Am 17. November 1780 verstarb er schließlich erst 56 Jahre alt.

Am 4. Dezember 1780 wählte das Kapitel unter Vorsitz von Nuntius Giovanni Battista Caprara (1775-1785) Abt Beat Küttel zum neuen Abt von Einsiedeln. Anwesend war auch der Abt von St. Gallen Beda Angehrn und Gerold Meyer (1776-1810) aus Muri.

Papst Pius VI. (1775-1799) bestätigte die Wahl schon am 10. April 1781, so dass die Weihe durch Nuntius Caprara am 6. Mai erfolgen konnte. Kaiser Joseph II. verlieh die Regalien am 1. November 1781. Die Nachfolger Kaiser Leopold II. (1790-1792) tat dies am

17.Oktober 1791 und Kaiser Franz II. (1792-1806) am 24. November 1794. Beide bestätigten auch die Privilegien des Stifts. Kaiser Franz war der letzte Kaiser, der die Regalien verlieh.  Denn am 6. August 1806 erfolgte die

“Erklärung Sr. Maj. des Kaisers Franz II, wodurch er die deutsche Kaiserkrone und das Reichsregiment niederlegt, die Churfürsten, Fürsten und übrigen Stände, wie auch alle Angehörige und Dienerschaft des deutschen Reiches, ihrer bisherigen Pflichten entbindet”

(Dokumentarchiv.de). Damit war das Heilige Römische Reich erloschen.

Abt Beat Küttel  wurde am 2. Juni 1733 als Marzell Küttel geboren. Seine Eltern waren der Landammann von Gersau Johann Georg Küttel (1697-1792) und Maria Magdalena Camenzind. Marzell Küttel legte am 29. September im Kloster Einsiedeln seine Profess als

Frater Beat ab. Am 25. Mai 1755 wurde er zum Priester geweiht.

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Zunächst unterrichte Pater Beat an der Klosterschule Rhetorik. Ab Januar 1762 war er Vorsteher der Schule.1766 wurde Pater Beat durch Abt Nikolaus zum Stiftstatthalter ernannt. Ab 1772 war er Stiftsdekan. Er war damit auch für das wirtschaftliche Wohlergehen

des Stifts zuständig.

Gleich zu Beginn seiner Regierungszeit brachte er den Ausgleich mit Konstanz zustande. Abt Beat hatte sich mit dem letzten Salemer Abt Robert Schlecht (1778-1802) in Verbindung gesetzt. Auch die Zisterzienserabtei am Bodensee hatte Schwierigkeiten mit

dem Konstanzer Bischof. Auch er hatte es geschafft den Konflikt seines Klosters mit dem Bistum Konstanz offiziell beizulegen. Er hatte Pater Beda Müller (Profess 1755), der ihm im Amt als Statthalter folgte, als er selbst Dekan wurde, extra nach Salem geschickt,

weil der Salemer Abt ja im Einsiedler Streit mit Konstanz vermitteln sollte. Der Kanzler von Salem Seyfried wurde nun in den Verhandlungen mit dem Konstanzer Bischof zum Sachwalter Einsiedelns bestellt. Am 24. Juli 1782 einigte man sich und ein

Konkordat wurde mit Bischof Maximilian Christoph von Rodt wurde abgeschlossen.

Wichtigstes Bauvorhaben in der Regierungszeit war der Neubau der Residenz von Bellenz, der von 1781-1783 erfolgte. Pater Beda Müller wurde  am 6. Januar 1782 als Propst nach Bellenz geschickt doch verstarb er dort schon am 5. Juni des Folgejahres im Alter von 51

Jahren.

Es wird nun Zeit für einen kleinen Exkurs. Am 14. Juli 1789 stürmte die Pariser Bevölkerung die Bastille. Die Revolution war  ausgebrochen.Dieses Fanal wirkte auch in anderen Ländern.In der Schweiz sah man den Beweis, dass eine Revolution machbar ist und man

konnte mit französischem Eingreifen drohen.Überall in der Schweiz wurde nun mit einer Unzahl von Petitionen Veränderungen angestrebt. In St. Gallen kam es zu einer friedlichen Einigung. Abt Beda schloss im November gegen den Willen des Konvents eine

Vereinbarung mit einer Volksversammlung  in Gossau mit 20.000 Teilnehmern einen “Gütlichen Vertrag” ab.  1797 verlangte die Bevölkerung  in Baselbiet   Freiheit und Gleichheit. Die Schlösser Waldenburg, Hornburg undFarnsburg wurden in Brand gesteckt.

Der konservative Bürgermeister Andreas Merian in Basel trat zurück. Dann erst gab der Rat zögerlich nach und war bereit, die Forderungen der Landbevölkerung zu erfüllen. 1793 anerkannten die Alten Orte die Befreiung des Thurgau und die gleichberechtigte

Aufnahme des Kantons Thurgau in die Eidgenossenschaft. Im Waadtland erhob Fréderéric Caeser de La Harpe die Forderung nach der Unabhängigkeit von Bern. Er bat auch die französische Republik öffentlich um militärische Unterstützung  gegen Bern.

Die Landvögte von Bern verloren die Kontrolle. Der Rat von Bern  demonstrierte Macht und sandte 5000 Soldaten ins Waadtland. Darauf griffen die Waadtländer zu den Waffen und riefen die Republik Léman aus. Frankreich erklärte Bern unter einem Vorwand

den Krieg. Bern verlor zwei Schlachten bei Fraubrunn und am Grauholz. Die Stadt am 5. März 1798 besetzt und geplündert.

Das Französische Direktorium hatte 1797 Peter Ochs beauftragt, eine Verfassung auszuarbeiten. Peter Ochs hatte in Basel und Leyden Rechte studiert

und in Leyden promoviert. Die Verfassung war der französischen Verfassung ähnlich. Es gab ein Parlament mit zwei Kammern, einer zentralen Regierung, das Direktorium und einem obersten Gericht. Die

föderalistische Struktur der Schweiz wurde abgeschafft.

Am 12. April 1798 versammelten sich 121 Abgeordnete aus den Kantonen Aargau, Basel, Bern, Fribourg, Léman (Waadt), Luzern, (Berner)

Oberland, Schaffhausen, Solothurn und Zürich. Peter Ochs proklamierte vom Balkon des Aarauer Rathauses die Helvetische Republik. Diese war als “Schwesterrepublik” eng an die französische Republik gebunden

Die Urschweiz war bei der Gründung nicht dabei und lehnte die Helvetische Republik ab. Die Revolutionäre wollten die neue Ordnung mit Hilfe von französischen Truppen erzwingen. Uri, Glarus und Schwyz

nahmen die Verfassung am 28.3.1798 an, als die Franzosen in großer Überzahl anrückten und keine Hilfe kam. Nidwalden wehrte sich bis zuletzt. Stans wurde erobert und ging in Flammen auf. 368 Nidwalder fanden den Tod.

Die Helvetische Republik schaffte die Leibeigenschaft und politische Untertanenverhältnisse ab. Eine wichtige Errungenschaft war die Rechtsgleichheit. Ein einheitliches Strafgesetzbuch wurde eingeführt das sich an dem Code penal orientierte. Mittelalterliche

Rechtsvorschriften wurden abgelöst und endlich die Folter abgeschafft. Der Schweizer Franken wurde eingeführt . Die Einheitswährung beendete den Münzwirrwarr. Die Volksschulbildung wurde verbessert. Das war auch die Zeit eines Johann Heinrich Pestalozzi

(1746-1827). Was Kirche und Staat angeht, die Helvetische Republik sollte ein laizistischer Staat sein. Geistliche und Laien wurden einander gleich. Die geistliche Gerichtsbarkeit der katholischen Kirche wurde ebenso abgeschafft wie die Sittengerichte in

den reformierten Kantonen. Am 27.4. 1798 wurde dem päpstlichen Nuntius die Anerkennung versagt. Am 8.5. 1798 wurde das Vermögen der Stifte und Klöster einer staatlichen Zwangsverwaltung unterworfen und am 17.9. zum Nationaleigentum erklärt,

also säkularisiert. Am 4.4.1799 schränkte die helvetische Exekutive die Prozessionen ein und verbot auf diese Weise die Wallfahrten. Den Klöstern wurde verboten, Novizen und Professen aufzunehmen.

Zurück zu Abt Beat. 1790 baten Mönche aus Frankreich um Aufnahme im Kloster, um hier ihr Ordensleben fortsetzen zu können. 1792 waren schon 48 ausgewanderte Geistliche da. 1797 waren über zwei Jahre verteilt über 2000 Emigranten aus Frankreich

in Einsiedeln gewesen. Natürlich waren das überwiegend Anhänger des Ancien Régime. Ende April 1798 rückten französische Truppen gegen Schwyz vor. Mit einem solchen Einfall hatte man nicht gerechnet und war auch nicht vorbereitet.

Pater Konrad Tanner hatte vorher mit großer Umsicht als Propst in Bellenz gearbeitet. 1795 wurde er als Statthalter nach Einsiedeln bestellt. Am 3. Mai 1798 rückten die Franzosen nun in Einsiedeln ein. General Nouvion besetzte das Kloster.

Die Stiftsmitglieder waren alle schon ab dem 29. April  geflüchtet, die meisten nach Vorarlberg, einige nach Disentis. Nur Pater Martin du Fay de la Vallaz (Profess 1785) war zurückgeblieben. Vor seinem  Eintritt ins Kloster hatte  er im französischen Regiment seines

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Stiefvaters General Pankraz de Courten gedient und war dort mit 24 schon Hauptmann. Er war auf eigenen Wunsch geblieben, um das schlimmste für das Kloster abzuwenden. Am 4. September begann, die Plünderung des Klosters. Die Bibliothek, das

Naturalienkabinett aber auch viele Möbel gingen an das Direktorium. Ende Mai wurde die Gnadenkapelle niedergerissen. Die Orgeln wurden an einen  Uhrmacher in Aegeri verkauft und am 4. Juni wurden die Glocken vom Turm geworfen. Das Vieh war entweder

geschlachtet worden  oder wurde der Heeresverwaltung übergeben, auch die Pferde. Pater Martin machte man das Angebot, wieder in die Armee einzutreten, was er natürlich ablehnte. Am 9. Mai wurde er aus der Schweiz verbannt. Er wurde nach Konstanz

eskortiert und ging dann nach Petershausen, wo er bis 1799 blieb.Seine Familie hatte sich mittlerweile für ihm verwendet. Er durfte dann nach Siders, wurde allerdings bald wieder als Aufwiegler und Ruhestörer an die Landesgrenze nach Basel verbracht. Er hielt

sich dann auf Gütern von Kloster St. Blasien auf. Er erhielt dann im August 1801 vom Justizminister in Bern die Erlaubnis, bei seiner Mutter in Siders zu bleiben wo er dann bis zu seiner Rückkehr am 11. Februar 1802 blieb.

Pater Konrad Tanner war vom Abt beauftragt worden, Ornate, das Haupt des Heiligen Meinrads und das Gnadenbild in Sicherheit zu bringen, was ihm gelang, vor die Franzosen in Einsiedeln einmarschierten. Er ging zuerst nach Tirol. 1799 kehrte er nach Einsiedeln

zurück, musste aber mit den Schätzen erneut flüchten. Er kam dann bis nach Linz, kehrte später über Innsbruck 1802 nach St. Gerold, wo er 1802 Pfarrer wurde. Dort wurde er 1806 ins Kloster zurückberufen. Der Abt selbst war zunächst nach St. Gerold geflüchtet.

Der größte Teil der Stiftsmitglieder ging nun ebenfalls nach St. Gerold. Das aber war zu klein. Der Abt mühte sich nun die Patres irgendwie unter zu bringen. Man hatte angedacht mit Zustimmung der Kurie von Konstanz das Kloster Reichenau wieder zu besiedeln.

Doch das zerschlug sich. Einige Patres fanden Aufnahme in den Stiften von Augsburg, Ottobeuren, Petershausen, Salem und Stams. Aber auch in Schwaben kämpften die Franzosen und die Patres mussten wieder weiterfliehen.

Die Beschlüsse der Helvetischen Republik, das Vermögen der Stifte einer staatlichen Zwangsverwaltung zu unterwerfen, um sie schließlich zum Nationaleigentum zu überführe, galt natürlich auch für Einsiedeln. Und so wurde auch Kloster Einsiedel am 17. 9. 1798

aufgehoben. Das Zisterzienserkloster in Stams hatte Abt Beat Asyl angeboten. Er blieb aber zunächst in St. Gerold. Im Frühjahr rückten die Franzosen aber auch in Schwaben weiter vor, so dass die Lage in St. Gerold immer unsicherer wurde. Da ging der Abt

schließlich doch nach Stams.

Erzherzog Karl (1771-1847) hatte die französischen Truppen unter General Jourdan in Oberschwaben am 21. März 1799 bei Ostrach und am 25. März bei Stockach besiegt. Am 5. Juni schlug er General Massena bei Zürich. Am 8. Juni rückten die Kaiserlichen

nun in Einsiedeln ein. Einige Patres unter ihnen Pater Konrad Tanner konnten wieder ins Kloster zurückkehren. Das war zunächst allerdings nicht von langer Dauer. Die Franzosen rückten wieder vor und nahmen am 14. August Einsiedeln aufs Neue ein.

Die Heimkehrer mussten erneut eilends fliehen. Diesmal machten sich auch viele Dorfbewohner auf die Flucht. Nachdem im Kloster nichts mehr zu holen war, wurde jetzt das Dorf geplündert. Schnell wurde wieder der Zustand vor den französischen Niederlagen

hergestellt. Masséna siegte in der 2. Schlacht von Zürich am 25.und 26. September 1799. Die Lage war nun für den Konvent nicht rosiger wie im Jahr zuvor und Abt musste sehen, wo seine Konventualen im Winter bleiben konnten. Abt Beat war mittlerweile in

Herdwangen untergekommen, wo Kloster Petershausen ein Rentamt hatte. Von dort schickte er Pater Markus Landtwig, der in friedvolleren Tagen auch als Vizekapellmeister im Kloster tätig war, in verschieden süddeutsche Klöster um um Asyl zu bitten.

Diesmal kamen einige in Tirol und zwar in Stams, Wilten und Fiecht unter. Andere fanden Zuflucht in bayrischen Klöstern, in Ottobeuren, Benediktbeuren, Regensburg,Roth und Weyarn. Die Franzosen rückten Anfang 1800 auch in Schwaben weiter vor, so dass

Abt Beat in Herdwangen auch nicht mehr sicher war. Er wandte sich auch in die Benediktinerabtei Fiecht im Inntal. Dort blieb er bis zum 13.April 1801. Die gesamte Lage änderte sich aber doch rasch.

Am 9. Februar 1799 hatte in Frankreich ein Staatsstreich stattgefunden. Er beendete die Regierung des Direktoriums und damit auch die französische Revolution. Napoleon Bonaparte wurde als Erster Konsul Alleinherrscher. Am 12. Dezember 1799 wurde die

Verfassung des Konsulats verabschiedet und 1800 durch eine Volksabstimmung angenommen. Kurz zuvor hatte Napoleon seinen Bruder Lucien zum Innenminister ernannt. Dieser überwachte auch die Abstimmung. Napoleon hatte praktisch die Fäden in  der

Hand und das Abstimmungsergebnis für die neue Verfassung war entsprechend eindeutig. 99 % der Wahlberechtigten stimmten dafür. Nur der Erste Konsul bestimmte die Minister. Er konnte Gesetze verfassen und verabschieden.

In der Schweiz begünstigte der Erste Konsul die Föderalisten aus machtpolitischen Gründen gegen die Befürworter des Einheitstaats, die Unitarier.

Die Helvetische Republik versank bald im Chaos. In nur zwei Jahren zwischen 1800 und 1802 gab es mindestens 4 Staatsstreiche. 1802 zogen die französischen Truppen überraschend aus der Helvetischen Republik ab. Damit hatte die Exekutive ihre Machtbasis

verloren. In der Innerschweiz brach sofort ein Aufstand los. Der “Stecklikrieg” von 1802 erfasste rasch alle 19 Kantone. Die Zentralbehörden waren zur Flucht nach Lausanne gezwungen. Napoleon beorderte die Konfliktparteien zur “Consulta” nach Paris.

Dort arbeiteten Vertreter der Kantone und  Gemeinden zusammen mit den französischen Unterhändlern Kantonsverfassungen und eine Bundesverfassung aus. Die föderalistische Zukunft der Schweiz war gesichert. Die Kantonssouveränität wurde

wiederhergestellt. Die Mediationsakte erstellte Napoleon weitgehend selbst. Mediation heißt zwar Vermittlung, aber es war praktisch das Diktat Napoleons. Wichtig für unser Thema, die Güter der Klöster werde zurückerstattet, aufgehobene werden

wiederhergestellt mit Ausnahme von Kloster St. Gallen da man die Substanz des neugegründeten Kanton St. Gallen gefährdet hätte, was die Wiederherstellung des Stifts wohl bewirkt hätte. auch Novizen konnten wieder aufgenommen werden.

Abt Beat kehrte am 11. Januar 1802 in sein Kloster zurück. Das Kloster war in denkbar schlechtem Zustand und in seiner Existenz noch nicht gesichert. Das Aufhebungsdekret von 1798 war noch in Kraft. Aber am 19.02.1803 wurde die sogenannte Mediationsakte

veröffentlicht. Napoleon sah sich als Vermittler, französisch médiateur. Aber die Akte war natürlich ein Diktat. Aber sie bestimmte, dass die Klöster ihre Güter in der Schweiz zurückerhalten sollten. Am 15. März 1803 teilte die Regierung des neugebildeten

Kantons Schwyz dem Kloster mit, dass alle im Kanton gelegenen Güter des Stiftes zurückgegeben würden. Jetzt war die Wiederherstellung des Stifts endgültig gesichert. Aber die Klostergebäude waren schwer beschädigt, die Gnadenkapelle abgerissen.

und das Gnadenbild noch in der Fremde. In der Ökonomie war noch ein Pferd und ein Schwein. So startete man den Wiederaufbau.St Gerold, die Zufluchtsstätte vieler Mönche in dieser Zeit ging allerdings verloren. Sie wurde mit dem Reichsdeputations-

hauptschluss vom 25. Februar 1803 eingezogen und zusammen mit der Herrschaft Blumenegg, die dem Stift Weingarten gehört hatte an den Fürsten von Oranien übergeben.

Am 8. März 1804 wurde die Übereinkunft (das Convenium) zwischen dem Stift und dem Kanton Schwyz ausgefertigt. Darin hieß es unter a) “ Der Kanton nimmt unser Stift unter seinen unmittelbaren Schutz, garantiert und verspricht ihm seine Existenz, die Sicherheit

seines Eigentums, Güter,Kapitalien, Zinse und rechtliche Gefälle, sowie die freie Administration derselben, jedoch mit dem Vorbehalt der Kastenvogtei.” Rechte, Polizeiordnung und auch Abtwahl wurden in weiteren Punkzen angesprochen. Im

Gegenzug verpflichtete sich die Abtei jährlich 7000 Gulden quartalsweise Steuern an die Kantonskasse zu zahlen. Allerdings wird dem Kloster zugesichert, dass der Kanton “billige Rücksicht nehmen” würde, wenn das Kloster diese Summe “ohne merkliche

Schwächung seiner ökonomischen Substanz” nicht mehr leisten könne. Damit war nun auch die Existenz des Klosters wieder schriftlich garantiert.

Die Schule in Bellenz wurde am 16. August 1805 wieder übernommen. Am 29. September 1806 nahm Abt Beat die ersten Novizen wieder auf. Das war nötig, denn die Zahl der Klosterinsassen war seit dem Einmarsch der Franzosen 1798 von 93 auf

65 zurückgegangen. 13 Konventsmitglieder waren im Exil gestorben und mussten außerhalb von Einsiedeln bestattet werden. Natürlich hatte diese schwere Zeit, die das Stift durchmachen musste, auch die Kräfte des Abtes aufgezehrt.

Er verstarb am 18. Mai 1806.

Konrad IV. Tanner war als Judocus Meinrad Tanner am 29. Dezember 1752 in Arth am Zugerseee zur Welt gekommen. Sein Vater war Schulvogt der Gemeinde.Sein Vater starb mit 46. Nun kümmerte sich Landammann Josef Viktor Lorenz von Hettlingen

den der junge Waise wie einen zweiten Vater verehrte. Er trat früh in die Klosterschule in Einsiedeln ein. Dort trat er mit 18 ins Kloster ein. Am 8. September 1772 legte er als Frater Konrad sein Profess ab. Primiz feierte er am 1. Juni 1777. Am 6. Januar

1782 bestimmte ihn Abt Beat als Lehrer am Gymnasium Bellenz. Er schrieb einige Bücher zur Jugenderziehung. In Bellenz hatte er die Präzeptur übernommen und er stellte für den Schulbetrieb genaue Vorschriften auf.

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Von 1787-1789 war er wieder in Einsiedeln. Dort sollte er die Stiftsbibliothek übernehmen.Neuordnung und Katalogisierung waren seine Aufgabe. Er wurde eigens an eine Reihe süddeutscher Klöster geschickt, um die dortigen Einrichtungen zu studieren.

1789 wurde er Probst in Bellenz und er übte das Amt zur größten Zufriedenheit des Abtes aus. Er verwaltete den Wirtschaftsbetrieb sehr umsichtig. Er war auch ein kluger Vorgesetzter für Patres und Schüler. Deshalb berief ihn Abt Beat 1795 nach Einsiedeln zurück.

Dort wirkte er als Stiftsstatthalter. In den schweren Zeiten des Klosters war er einer der letzten die das Stift verließen. Er führte die Verhandlungen mit Konstanz wegen der Besiedelung der Reichenau und er brachte das Gnadenbild und das Haupt des Meinrad in

Sicherheit. 1806 wurde er von Abt Beat wieder nach Einsiedeln berufen. Er wurde nun Novizenmeister. Am 30. Mai 1806 wurde er zum Abt gewählt. Am 11. September weihte ihn Nuntius Fabrizio Sceberras Testaferrata (1803-1815) zum Abt. Die Äbte von Rheinau

Januarius Frei (1805-1831) und von Fischingen Augustin Bloch (1776-1815)assistierten. Abt Konrad brauchte keine Bestätigung der Privilegien mehr oder Fürstentitel, denn das war Vergangenheit. Auch die Huldigung der Gotteshausleute entfiel.

Drängendstes Problem waren zunächst die Finanzen. Der verstorbene Abt hatte gerade mal 3920 Gulden in bar hinterlassen, was natürlich nicht überraschte. Den jährlichen Klosterbedarf hatte der Abt auf 26 000 Gulden geschätzt. Ausländische Schuldzahlungen

blieben aus. Der Kanton begnügte sich dann mit einer jährlichen Zahlung von 300 Gulden. Auf eine gute Ausbildung seiner Patres legte er großen Wert. Viele erhielten Unterricht in höherer Mathematik, Physik und Hebräisch. Einige schickte er nach Frankreich oder

in die französische Schweiz, damit sie sich in der französischen Sprache ausbilden konnten. Die Bibliothek wurde gut mit Schweizer Geschichte ausgestattet. Auch auf die eigene Klostergeschichte legte er Gewicht. Die Patres sollten ihre Erlebnisse während des

Exils aufzeichnen. Die alte Klosterchronik wurde 1823 durch Pater Josef Tschudi neu herausgegeben. Die Herausgabe der  Monumenta Germaniae förderte er. Er wurde deshalb zum Ehrenmitglied der Gesellschaft “pro aperiendis fontibus historiae medii aevi”

ernannt. Seine Bemühungen, die dem österreichischen Kaiserhaus geliehenen 100.000 Gulden zurück zu bekommen, blieben  so erfolglos wie die Rückforderung des Kapitals, das  1794 an den emigrierten Erzbischof von Paris geliehen worden war.

Der Hochaltar wurde 1821 renoviert. Der Kirchplatz und die Kramgasse wurden restauriert. Die Klosterwaldungen wurden neu vermessen und eine Wollfabrik wurde im Stift wieder angelegt.

Die Lage aller Mitglieder der Schweizer Kongregation war nicht gerade rosig. Das Kloster Sankt Gallen war untergegangen. Besonders schwierig war die Lage der Klöster Muri und Rheinau, die in reformierten Kantonen lagen. Der Abt von Sankt Gallen Pankratius

Vorster zog sich immer mehr  von den Geschäften zurück.  Alle Klöster mussten sehen, wie sie mit der neuen Situation zurecht kamen. Ein Zusammenschluss fehlte, auch weil keiner der Äbte die Führung übernehmen wollte. Nach 1815 konsolidierte sich

die Lage allmählich. Abt Konrad übernahm die Initiative, um die Klöster wieder enger zusammen zu führen und die alte Kongregation wieder aufleben zu lassen. Er holte sich Rückendeckung vom Nuntius. Das war 1818/1819 Vincenzo Macchi. Auch die

Bundesbehörde in Luzern und die Kantonsbehörde in Schwyz informierte er. Erst dann lud er die Äbte auf den 28. Mai 1819 nach Einsiedeln ein. Nur Abt Pankratius Vorster aus St. Gallen und Abt Anselm Huonder aus Disentis erschienen nicht.

Disentis war am 6. Mai 1799 von den Franzosen in Schutt und Asche gelegt werden und Abt Lorenz Cathomen verstarb kurz danach in seiner Heimat in Brigel. Da das Kloster in Trümmern lag, beschlossen die verbliebenen Konventualen die Abtwahl

zu verschieben. 1804 wählten sie mit Anselm Huonder einen neuen Abt. Dieser machte sich auch gleich an die Wiederherstellung des Klosters, doch das nahm Jahre in Anspruch. Aus Pfäfers kam Stiftsdekan Johann Baptist Steiner, da Abt Joseph Arnold

(1805-1819) kurz vorher verstorben war. Die Versammelten wählten Abt Konrad zum Ersten Visitator und die Äbte Januarius Frei von Rheinau sowie Ambrosius Bloch (1816-1838) wurden zu Mitvisitatoren bestellt.

Die grundlegende territoriale Neuordnung in Deutschland und auch der Schweiz infolge der französischen Revolution und der napoleonischen Kriege hatte natürlich auch Auswirkung auf die Bistümer in Deutschland und der Schweiz. 1815 waren die

bayrischen,württembergischen, österreichischen und schweizer Teile vom Bistum Konstanz abgetrennt. Die schweizerischen Gebietsteile wurden von dem Propst von Beromünster, Franz Bernhard Göldlin (1762-1819) als Generalvikar verwaltet.Er favorisierte

ein Vierwaldstätterbistum mit Sitz in Luzern. Sein Plan scheiterte aber am Widerstand der Regierungen und der Kurie.Die Erhebung der Abtei Einsiedeln zum Bischofssitz für ein Bistum zunächst für Schwyz wurde auch angedacht.Göldlin starb am 16. September

1819. Die Teile des alten Bistums Konstanz wurden zunächst provisorisch Chur unterstellt. Schwyz schloss sich 1824 definitiv an Chur an. Damit war für Abt Konrad klar, dass er nicht Bischof würde, was er nie angestrebt hatte. Papst Pius VII. (1800-1823)

erließ am 16. August 1821 die Zirkumsskriptionsbulle “Provida sollersque”. Das war die Neuumschreibung der katholischen Diözesen in Deutschland nach dem Wiener Kongress und trug den territorialen und politischen Veränderungen Rechnung.

Der letzte Bischof Konstanzer Bischof Karl Theodor von Dalberg (1744-1817) war  am 10. Februar 1817 in Regensburg verstorben. Der Bischofsstuhl blieb vakant. Die päpstliche Bulle von 1821 erklärte das Bistum Konstanz für aufgelöst. Mit Bischof

Bernhard Boll wurde am 21. Oktober 1827 der erste Freiburger Erzbischof geweiht. Bis zur Säkularisation war er Zisterziensermönch in Salem.

Abt Konrad hatte sich nie einer besonders guten Gesundheit erfreut.Ab 1810 war immer in Kur in Pfäfers. 1822 im Jahr  seines goldenen Professjubiläums. Im Frühjahr 1824 war er schwer krank, doch ein Jahr später am 7. April 1825 verstarb er an Brustwassersucht.

Der Tod des Abtes gibt wieder Gelegenheit, auf die Zeitereignisse zu schauen.

Napoleon hatte Europa praktisch neugeordnet. Der Flickenteppich Deutsches Reich wurde von Napoleon beendet. Es gab fast 350 selbstständige Einzelstaaten auf dem Gebiet des Reiches. Der Reichsdeputationshauptschluss vom 25. Februar 1803 war die letzte

Sitzung des “immerwährenden Reichstages” und das letzte Gesetz. Die deutschen Fürsten sollten für ihre territorialen Verluste auf dem linken Rheinufer entschädigt werden. Säkularisation und Mediatisierung waren die Instrumente. Das Kirchengut wurde

verweltlicht und den Fürsten gegeben. Das bedeutet das Ende der Klöster in Deutschland. Die Reichsritterschaft verlor ihre Reichsunmittelbarkeit. Ihre Gebiete wurden ebenfalls zur Entschädigung herangezogen. 1806 war die Zahl der Territorien auf etwa

34 geschrumpft. Wie die Klöster verschwanden auch die Reichsstädte. Von 51 wurden 45 aufgelöst. Kleiner Fürstentümer und Grafschaften wurden aufgelöst und den benachbarten großen Fürstentümern Baden, Württemberg, Preußen und Bayern zugeschlagen.

Auf Druck Napoleons hatte Kaiser Franz am 6. August 1806 abgedankt. Das deutsche Reich hatte aufgehört zu existieren. Bis dahin hatte es insgesamt 844 Jahre bestanden. Die Völkerschlacht bei Leipzig vom 16.-19. Oktober 1813 besiegelte die Niederlage Napoleons.

Nach dem Intermezzo der hundert Tage wurde Napoleon auf St. Helena verbannt. Im Wiener Kongress von 1814-1815 versuchten Vertreter aus rund 200 europäischen Staaten,Herrschaften, Körperschaften und Städten eine dauerhafte europäische

Nachkriegsordnung zu erarbeiten. Ziel war es, zwischenstaatliche Gewalt zu vermeiden und mögliche Konflikte in Zukunft diplomatisch zu lösen.

In der Schweiz erhielten in einigen Kantonen nach der Völkerschlacht restaurative Kräfte wieder Auftrieb. In Bern übernahm am 23.12. 1813 wieder das Patriziat die Regierung und forderte die Kantone Waadt und Aargau auf, wieder unter die bernische Herrschaft

zurückzukehren. Anfang 1814 kam das Patriziat auch in Freiburg, Solothurn und Luzern wieder an die Macht. In dieser Zeit entbrannte aber auch ein Streit um einen neuen Bundesvertrag. Eine gemäßigte Partei, die die Mediationsverfassung reformieren wollte,

stand eine restaurative Partei gegenüber, die Machtverhältnisse der vorhelvetischen Ordnung wieder einführen wollte. Am 8.9. 1814wurde der neue Bundesvertrag verabschiedet und 3 Tage später Genf, das Wallis und Neuenburg als neue Kantone

aufgenommen. Der Wiener Kongress regelte am 20.03.1815 die Abfindungen und die Landesgrenzen. er anerkannte die 22 Kantone. Nachdem der 1. Pariser Frieden am 30. Mai 1814 nach dem Sturz Napoleons die Koalitionskriege vorläufig beendet hatte,

beendete der 2. Pariser Frieden vom 20.11. 1815 die Koalitionskriege definitiv. Wichtigstes Ergebnis für die Schweiz war,dass die unterzeichnenden Mächte die immer währende Neutralität der Schweiz anerkannten. Die Gebietsforderungen der Schweiz, unter

anderem war Konstanz gefordert worden, wurden nur zum kleinen Teil erfüllt. Der Schweiz wurden drei Millionen Francs Kriegsentschädigung zugesprochen. In der Zeit nach der europäischen Neuordnung erlebte die Schweiz 1816/17 die letzte schwere Hungersnot

ihrer Geschichte. Die Industrialisierung setzte ein. Die jährliche Spinnwarenproduktion steigerte sich zwischen 1814-27 von 680 auf 2800 Tonnen. In Rheineck wurde 1825 die erste mechanische Weberei eröffnet. In dieser Zeit begann auch die industrielle

Schokoladenproduktion. Parallel zur Industrialisierung entwickelte sich das Bankwesen. 1815 gab es in der ganzen Schweiz gerade 10 Banken, 1830 waren es bereits 74. In Bern wurde 1825 die erste Banknote ausgegeben.

Wichtige Passtraßen wurden ausgebaut. Das Verkehrswesen wurde leistungsfähiger und  auch der Tourismus nahm Aufschwung. Die wirtschaftliche Modernisierung untergrub die Fundamente der restaurativen politischen Ordnung. Gesellschaftliche Schichten, die

offen für liberale Ideen waren wurden gestärkt. Dieser Abschnitt der Restauration endet so um 1830. Die Modernisierung war auch von starkem Bevölkerungswachstum begleitet. Allerdings schafften es Industrie und Landwirtschaft nicht, diese Zunahme vollständig

zu absorbieren, was die traditionell vorhanden ländliche Armut zum Massenphänomen ausweitete.

Zurück zum Kloster Einsiedeln. Am 28. Dezember 1772 wurde Jakob Josef Müller als Sohn von Josef Jakob Müller und der Maria Anna Scherzinger in Schmerikon geboren. Schon sehr jung kam er in die Klosterschule nach Einsiedeln und schon mit 16 meldete er

sich als Novize Kloster an. Als Frater Cölestin legte er am 25. April 1790 legte er die Profess ab. Der päpstliche Nuntius Pietro Gravina (1794-1798) erteilte ihm am 11. September 1776 in Luzern die Priesterweihe.

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Er kam zunächst an die Klosterschule. Dann besetzten die Franzosen 1798 das Kloster und die Mönche mussten ins Exil. Zuerst kam er in Bludenz unter. Im November aber musste er weiter. Mit vier Mitbrüdern wandte er sich nach Bayern. Über Kempten,

Ottobeuren und Wessobrunn gelanget er nach Benediktbeuren. Da aber viele nicht in Benediktbeuren unterkommen konnte, musste er am 15. 12. 1798 weiterziehen. Im Professbuch steht, dass Pater Cölestin über München, Freising Landshut nach Asbach

kam und dort gute Aufnahme fand. Es müsste sich um Stift Adbach handeln, heute ein Ortsteil von Rotthalmünster. Das war ein kleines Kloster in der Nähe von Passau, das sich bis zu seiner Aufhebung eines ausgezeichneten Rufes erfreute. Dazu passt auch, dass er

vom Bischof von Passau, am 31. Dezember 1799 die Erlaubnis zur Ausübung der Seelsorge erhielt. Das war damals Bischof Leopold Leonhard von Thun, der letzte Fürstbischof von Passau. Es haben sich auch laut Professbuch Predigten aus Münchheim erhalten,

was auch Sinn macht, denn Münchham war eine Pfarrei, die seit 1338 dem Kloster Asbach inkorporiert war und aus Münchham kann leicht Münchheim werden, zumal wie das Professbuch vermerkt, näher Nachrichten fehlen. In Asbach blieb Pater Cölestin

von 1800 bis 1801 danach wanderte er weiter und kam auch nach Wien. Im Frühjahr 1803 kehrte er nach Einsiedeln zurück und wirkte dort zunächst als Unterpfarrer. Von seinen Mitbrüdern wurde er am 7. Oktober 1803 in die Kommission gewählt, die einen Plan

einer neuen Klosterordnung erstellen sollte.Zu Beginn des Jahres 1804 wurde die Klosterschule wiedereröffnet. Zunächst setzt Abt Beat Pater Anselm Zelger als Schulpräfekten ein. Er hatte am 31.8.1788 seine Profess abgelegt. Er war bei der Besetzung des Klosters

mit einigen Schülern nach St. Gerold geflohen. Zusammen mit Pater Dekan kam er am 29. November 1801 als erster wieder nach Einsiedeln zurück. Schon im Herbst 1804 nahm Pater Cölestin die Stelle von Pater Anselm ein. Pater Anselm war Lehrer für Theologie

und Philosophie von 1817 bis zu seinem Tode 1834 war er Statthalter. Pater Cölestin kümmerte sich sehr um die Schule. er gab auch ein Lehrbuch für den Rhetorikunterricht heraus. Wichtig waren ihm die Lateinkenntnisse seiner Zöglinge. Ab 5. Januar 1811

musste er die Stelle des Oberpfarrers in Einsiedeln übernehmen, da Pater Isidor Moser aus Altersgründen um seine Entlassung bat, was ihm 18.11. gewährt wurde. Pater Isidor hatte seine Profess 1759 abgelegt und insgesamt drei Mals als Pfarrer in Einsiedeln

gewirkt. Für Pater Cölestin war das Amt als Einsiedler Pfarrer eine wichtige Station, da er von Amts wegen mit Land und Leuten in Berührung kam und die Einsiedler Verhältnisse gut kennenlernte. Aber schon 1815 wurde er als Statthalter nach Sonnenberg gesandt.

Mit Sonneberg war auch Gachnang verbunden  und Pater Cölestin musste zwei weit auseinander gelegen Besitzungen verwalten. Den Anforderungen des Hungerjahrs zeigte er sich gewachsen. Auch erwies er sich als geschickter Verwalter und so Verwunderte

es nicht, dass nach dem Tod von Abt Konrad seine Mitbrüder ihn zum neuen Abt wählten. Abt Ambrosius Bloch von Muri  saß der Wahl vor. Papst Leo XII. (1823-1829) bestätigte die Wahl am 27. Junin 1825. Wegen der zu erwartenden Auslagen wollte der neue Abt

die Weihe zunächst nicht in Einsiedeln stattfinden lassen. Doch das Kapitel überredete ihn, die Weihe doch in Einsiedeln vorzunehmen.  Fürstbischof Karl Rudolf Graf von Buol-Schauenstein (1794-1833) nahm die Benediktion unter Assistenz der Äbte von

Rheinau Januarius Frey (1805-1831) und Pfäfers Plazidus Pfister (1819-1836) vor. Der Pfäferser Abt hielt die Festpredigt.

Als erstes hatte der neue Abt den Steuerstreit zu lösen. Beim Tode Abt Konrads war er gerade in der Schwebe.Am 26. Januar 1825 hatte der Kantonsrat die Verlängerung des Conveniums mit drei stimmen Mehrheit abgelehnt, aber auch beschlossen, einen

neuen “Subsidienvertrag” mit dem Stift abzuschließen. Der neue Abt schaltete sich persönlich in die Verhandlungen ein. Nach zähen Verhandlungen einigte man sich schließlich darauf, dass das Stift 200 Louisdor entrichten sollte, wovon die Hälfte dem ganzen

Kanton, die andere Hälfte dem Alten Land zu fallen sollte.

Was weiter zur Lösung anstand, war, wie man mit St. Gerold umgehen sollte. Mit Abt Konrad war der letzte “Pensionär” von St. Gerold gestorben. Der mit Österreich geschlossene Pachtvertrag lief 1825 aus. Es war die Frage, ob man Anstrengungen unternehmen

solle, diesen alten Stiftsbesitz wieder zu erwerben oder nicht. Die in Vorarlberg weilenden Patres waren überwiegen dafür, den Vertrag  Pachtvertrag nicht zu verlängern bzw. die Aufgabe der Propstei. Aber das eigens für diese Frage einberufenen Kapitel

entschied sich für eine Erneuerung des Vertrages auch unter dem Gesichtspunkt einer Zufluchtsstätte. Ein drittes Problem beschäftigte Abt Cölestin zu Beginn seiner Amtszeit. Das war die Wiedergewinnung des “Wiener Kapitals”. Wien hatte mittlerweile das

Zurechtbestehen der Forderung anerkannt. Dr. Römer aus Stuttgart hatte für das Stift verhandelt. Am Ende erhielt das Stift schließlich 78565 Gulden zurück. Ausgeliehen hatte es dem Kaiserhaus aber 300 000 Gulden. Darauf waren ja seit 1805 auch Zinsenangefallen.

Allerdings musste man in diesen Zeiten froh sein, überhaupt etwas zurück zu erhalten. Noch schlechter war es um Forderungen bestellt, die man  gegen den Bischof von Paris, den Grafen Fugger von Pappenheim und dem Fürsten von Schwarzenberg hatte.

Auf die 50000 Gulden, die schon 1764 an Schwarzenberg geliehen worden waren, erhielt man dann immerhin wieder regelmäßig Zinsen.

Am 19. November 1816 hatte Abt Konrad einen Vergleich mit den Einsiedlern abgeschlossen. Es ging dabei um die sogenannten drei dreizerteilten Güter, die so hießen, weil sie Allmende waren, also der Allgemeinheit zur Nutzung zur Verfügung standen,

das Stift aber Miteigentumsrecht beanspruchte und auch der Vogt ein mitsprachrecht hatte, wenn es zu Streitigkeiten zwischen den Nutznießern kam. Der Vergleich gewährte einen gleichberechtigten Anteil und regelte die Verteilung des jährlichen Ertrages

nach einer schon 1564 getroffenen Übereinkunft. Doch 1826 kam es zu Streitigkeiten. Bestrebungen liefen darauf hinaus, dem Kloster die Nutznießung der Allmendgüter und vor allem die Mitbestimmung über die Verwendung der aus den Gütern fließenden

Einnahmen zu entziehen. Abt Cölestin machte persönlich vor der Landgemeinde die Rechte des Stiftes geltend. Ein friedlicher Ausgleich war nicht  zu erreichen. So brachten beide Seiten die Sache vor den Landamman und den Rat von Schwyz.

Am 18. Februar 1829 anerkannte der Kantonsrat Miteigentums, Mitverwaltungsrechte und Mitnutzungsrechte des Klosters. Er setzte fest, dass eine eigene Behörde einzurichten sei, die vom Dorf und Kloster gestellt werde und von der Bezirksbehörde

vollständig unabhängig sein sollte. Da einige im Dorf damit nicht zufrieden waren und deshalb immer wieder Sand ins Getriebe streiten, so dass der Kompromiss nicht funktionieren konnte, wurden die Vorschläge von beiden Seiten am 7. Mai 1830

einer Landsgemeinde vorgelegt. Der Antrag des Klosters wurde abgelehnt. Falls dieses ablehnte sollte der Fall vor ein Kantonslandgericht gehen. Dazu kam es dann. Das Kloster akzeptierte schließlich einen Vergleich, die dreizerteilten Güter gingen an die

Gemeinde über. Das Kloster behielt nur den sogenannten Gärstlinsberg.Diese Lösung war allerdings nur von kurzer Dauer. Da der Kanton dringend Geld brauchte, wurde auch an das Stift die Forderung erhoben, eine jährliche Steuer zu entrichten. Der

Abt erklärte sich zu einer freiwilligen Abgabe bereit nicht aber eine jährliche Verpflichtung, da dafür keine gesetzlichen Vorgaben vorlagen. 1835 wurden schließlich die Genossengüter neu geregelt. Die Genossame erhielt nun privatrechtlichen Charakter, das heißt,

der Nutzen der Güter floss nicht mehr dem Gemeinwesen, sondern den Genossen zu. Das Stift erklärte sich bereit auf Forderungen von 15.000 Gulden zu verzichten und erhoffte sich im Gegenzug eine gütliche Lösung der Steuerfrage. Doch eine Lösung ohne Prozess

erschien immer schwieriger. Schließlich lenkte das Stift um des lieben Friedens Willen ein. Am 22. Januar 1837 einigte man sich auf einen Vergleich. Das Kloster musste den Gästlinsberg wieder abtreten aber ihm wurde ein Miteigentum an der Genossame im Sinne

des Vertrages von 1564 zugestanden. Damit war die Steuerfrage und die Frage der dreizerteilten Güter endlich geklärt.

Das Jahr 1830 war ein sehr unruhiges Jahr für den Kanton Schwyz. Das alte Land Schwyz hatte immer mehr versucht, seine alte Stellung geltend zu machen. Reichenburg hatte praktische eine Trennung von Einsiedeln vollzogen. Man drängte auf eine neue Verfassung

hin. In einem Memorial stellten die Bezirke Richtlinien für diese Verfassung auf. Am 26. April 1831 erschien die neue Staatsverfassung. Die Klöster wurden der Staatsaufsicht unterstellt. Sie hatten am Ort ihrer Niederlassung Beiträge zu den Bezirkslasten und

öffentlichen Anstalten zu leisten. Außerschwyzerische Novizen durften nur mit Erlaubnis des Kantonsrats ins Kloster aufgenommen werden. Sie unterstanden der Ortspolizei. Ankauf von Gütern und Kapitalien war ihnen untersagt. In Bezug auf Handel

und Gewerbe waren sie auf Hausbedarf und die Erzeugnisse ihrer Güter beschränkt. Weitere Unruhe verursachte der sogenannte Horn-und Klauenhandel. Es ging hier zunächst um eine Auseinandersetzung um die Nutzung der Allmend zwischen Besitzern

von Großvieh (Hornmännern) und Kleinvieh (Klauenmännern). Das weitete sich aber bald zu einer Auseinandersetzung zwischen konservativen (Hornmänner) und liberalen Kräften (Klauenmännern) aus und endete schließlich in einer handfesten Prügelei,

der sogenannten Prügellandsgemeinde vom 6.5. 1838 in Rothenturm Die eidgenössische Tagsatzung musste eingreifen und beschloss, dass eine weitere Kantonsgemeinde unter eidgenössischer Aufsicht abgehalten wurde. Diese fand am 22.7. 1838 statt. Die

Hornmänner siegten auf der ganzen Linie und hatten damit die Macht für die konservativen Kräfte auf Jahre hinaus gesichert.

Zwei weitere Ereignisse sind zu erwähnen. Am 21. April 1840 kaufte das Stift St. Gerold von der K.u.K.  Staatsgüterveräußerungskommission in Innsbruck. Von einem Erwerb der Herrschaft Blumenegg hatte man abgesehen. Ursprünglich hatte man gehofft,

damit den Erwerb von St. Gerold zu beschleunigen, hatte dies aber eher verzögert. Einen Rückschlag gab es dagegen beim Kloster Fahr. Seit der Helvetik hatte es als Exklave zum Kanton Aargau gehört. Zwar hatte der Kanton 1805 den Fortbestand der Klöster,

die in seinem Bereich lagen, garantiert, aber allmählich mischte sich die Staatsgewalt immer stärker ein. Im Aargau hatte es eine starke Bewegung für eine Verfassungsrevision gegeben. Am 5. Januar 1841 fand darüber eine entscheidende Abstimmung ab.

Die Katholiken unterlagen. In Solothurn war zu dieser Zeit Unruhen ausgebrochen. Klöster wurden als Urheber der Unruhen bezichtigt und man verlangte die Aufhebung der Klöster. Am 15. Januar erschien eine bewaffnete Abteilung vor dem Kloster und verlangte

von den Frauen, das Kloster innerhalb von 8 Tagen zu verlassen. Zwar setzte sich Einsiedeln sofort juristisch zu Wehr und legte Protest bei der Tagsatzung ein. Es dauerte dann aber zwei Jahre, bis die Frauen unter Bedingungen wieder zurückkehren konnten.

Die Regierungszeit von Abt Cölestin war alles andere als ruhig. Wie ernst er manchmal die Lage sah, zeigt auch, dass er sich von dem Bayernkönig Ludwig (1825-1848) die Zusicherung geben lassen hatte, dass man sich im Falle der Vertreibung in einem aufgelassenen

Kloster in Bayern niederlassen konnte.

Ein großes Augenmerk legte er natürlich auf das Schulwesen, was ihn bei den Umbrüchen natürlich auch besonders forderte. Und wie allen Äbten in Einsiedeln stand natürlich die Wallfahrt im Vordergrund. In der Schweizer Benediktinerkongregation war zum 1.

Visitator gewählt worden. Die Lage vieler Klöster war nicht rosig. Päfers ging dem Untergang entgegen. Rheinau im Kanton Zürich und Fischingen im Kanton Thurgau bereiteten Kummer. in Muri im Aargau waren die Mönch vertrieben worden

und fanden in Gries bei Boten eine neue Heimat.

In Bayern wurden nach der Säkularisation Benediktinerklöster wieder besiedelt. Einsiedeln unterstütze diesen Prozess tatkräftig. Am 16. Dezember 1834  wurde in Augsburg St. Stephan als Benediktinerkloster von  König Ludwig I. neu gegründet.

Bis zur Säkularisation war es ein freiweltliches adeliges Damenstift. St. Stephan wurde Mutterkloster für die Priorate Metten und Ottobeuren. Von Metten aus wurden weitere ehemalige Benediktinerklöster wie das Kloster Scheyern (1838), das Kloster

Weltenburg (1842) und Andechs (1846) und 1850 schließlich St. Bonifaz in München wiederbesiedelt. Mit Zustimmung des Kapitels sandte Abt Cölestin Pater Gregor Waibel (Profess 1807) und Pater Meinrad Kälin (Profess 1807)nach Augsburg. Pater Gregor wurde

Prior und Pfarrer in Ottobeuren. Für ihn war es auch so etwas wie eine Rückkehr, denn er hatte 1805 in Ottobeuren Rhetorik studiert.Pater Gregor blieb bis 1839 in Ottobeuren. Pater Meinrad wirkte als Professor in Augsburg, war im neuen Kloster von 1835 Subprior

bis 1839 und danach Prior bis 1845. In Augsburg war er auch Mitglied des polytechnischen Vereins des Oberdonaukreises. 1845 kehrte er in die Schweiz zurück. Auch Kolumban  Mösch (Profess 1827) war von 1835 bis 1844 in Ottobeuren. Franz Sales Müller (Profess

1811) war von 1839 bis 1846 als Pfarrer in Ottobeuren. Pater Ambros Röslin (Profess 1824) wurde 1839 als Lehrer nach St. Stephan in Augsburg geschickt, wo er bis 1848 tätig war. Danach kehrte er wieder nach Einsiedeln zurück. Vom Stift Muri unterstütze Pater

Reginbold Reimann die Bemühungen der Benediktiner in Bayern. Auch um mithilfe zur Wiedererrichtung des Stifts Weltenburg bat man Einsiedeln um Hilfe. Die politischen Unwägbarkeiten ließen auch über eine Klostergründung in Galizien nachdenken.

Das Projekt wurde aber nicht weiter verfolgt.

Am 25. April 1840 konnte der Abt sein goldenes Professjubiläum feiern. Seine Gesundheit aber ließ nach. Mehrmals suchte er Bäder auf. 1845 stellten sich starke Schmerzen ein. Er hatte ein krebsartiges Beinleiden. Am 26. März 1846 verstarb er.

Am 23. April 1846 wurde mit Heinrich Schmid ein neuer Abt gewählt. Es war der 50. in der Reihe der Einsiedler Äbte. Schon im ersten Wahlgang erreichte er die erforderliche Zahl der Stimmen.

Abt Heinrich

Heinrich Schmid kam am  17. Februar 1801 als Sohn der Bauern Heinrich Schmid und Maria Verena Bütler in Baar zur Welt. Dort besuchte er die Schule und wechselte dann 1814 auf das Städtische Gymnasium nach Zug. Von Herbst 1818 an besuchte

er die Klosterschule in Einsiedeln.1819 begann er mit dem Noviziat und seine Profess legte er am 22. Oktober 1820 zusammen mit Pater Gallus Morel und Pater Athanas Tschopp ab.

Im Zusammenhang mit Konstanz wurde oben die Bulle Provida sollersque vom 16. August 1821. In Württemberg wurde Rottenburg zum Bischofssitz erhoben . Interessanterweise erteilte der erste Bischof von Rottenburg Johann Baptist von Keller

(1821-1828) dem späteren Abt die Priesterweihe. Nach seiner Primiz wurde er als Mathematiklehrer an der Klosterschule eingesetzt. Er ging auch Pater Josef Tschudi (Profess 1810) zur Hand, der von 1819 bis 1832 Stiftsarchivar war. Als Pater Josef 1832

Statthalter in Pfäffikon wurde, war es nur folgerichtig, dass Pater Heinrich ihm im Amt folgte. Die Stelle des Archivars wurde immer als Vorstufe zur Tätigkeit eines Verwalters einer Klosterökonomie betrachtet. Auch die Ernennung zum Stiftsstatthalter

1839 wirkte so logisch.Die Tätigkeit als Archivar hatte für Heinrich den praktischen Vorteil, dass er sich in die Rechte und Befugnisse und die Nutzungsanteile der Allmende gut einarbeiten konnte. Als Statthalter kümmerte er sich vor allem um die Stiftswaldungen.

1831 veranlasste er eine Bestandsaufnahme aller Wälder. Er sorgte für die Verbesserung der Bodenkultur. Er erliess genaue Anweisungen zur Schonung des Jungholzes und darüber wo und wie Holz geschlagen werden darf. Diese Massnahmen kann man als Beginn

einer “modernen” Forstwirtschaft sehen.Die Güter des Stifts wurden ebenfalls vermessen.

Auch auf die Pferdezucht im Stift richtete er sein Augenmerk. Schon 1784 hatte Pater Isidor Moser (Profess  1759) in seiner Zeit als Statthalter in Einsiedeln von 1782-1787  das Gestütsbuch des Kloster Einsiedeln begründet.

Pater Heinrich führte nun zur Blutauffrischung der Einsiedler Pferdezucht die sogenannte englische Rasse im Marstall ein. 1840 wurde ein Zuchtbuch angelegt.

In der Verwaltung sorgte er für eine bessere Buch-und Geschäftsführung. Auch als Baumeister war er tätig. Er baute das Pfarrhaus in Schnifis. Das Schulhaus in Einsiedeln wurde unter seiner Leitung und nach seinen Plänen erbaut.

Als es im November 1846 bezogen werden konnte, war Heinrich bereits Abt. In den letzten Regierungsjahren Abt Coelestins war er bereits dessen wichtigste Mitarbeiter gewesen und so war es klar, dass er zu dessen Nachfolger gewählt wurde. Die Bestätigung

durch den Papst verzögerte sich allerdings, da Papst Gregor XVI. am 1. Juni verstarb. Sein Nachfolger wurde Pius IX. (1846-1878). Diese erfolgte am 27. Juli 1846. Die Weihe nahm Nuntius Alessandro Macioti (1845-1848) unter Assistenz des  Bischofs von Chur

Kaspar von Karl (1844-1859) sowie des Abtes von Engelberg Eugen von Büren (1822- 1851) vor. Zusammen mit Heinrich wurde auch der neugewählte Abt von Dissentis Anselm Quinter (1846-1858) geweiht.

Am Anfang der Regierung Abt Heinrichs fand die letzte militärische Auseinandersetzung auf dem Gebiet der Schweiz statt, der Sonderbundskrieg. Es war ein Bürgerkrieg, der von 3. bis 29. November 1847 dauerte. In den Jahren 1844 und 1845 fanden die

Freischarenzüge statt. In Luzern hatten die Konservativen unter Josef Leu und Constantin Siegward-Müller einen von ihnen initiierte Verfassungsrevision durchgesetzt und den Sieg davon getragen. Darauf hin forderten sie von der Tagsatzung, dass der Kanton

Aargau gezwungen werde, die im Rahmen des Aargauer Klosterstreits (s.o. Kloster Fahr) die aufgehobenen Klöster wieder herzustellen. 1843 erklärte der Kanton nur die Frauenklöster wieder her zustellen. Daraufhin fassten  die katholischen Kantone

Luzern, Uri, Zug, Schwyz, Obwalden, Nidwalden und das Wallis den Beschluss, sich von der Eidgenossenschaft zu trennen, falls der Kanton Aargau, die Klöster nicht wieder vollständig wieder herstelle. Der Kanton Aargau vermutete, dass die Jesuiten dahinter

steckten und forderte, dass diese aus der Schweiz ausgewiesen würden. Im Wallis wurden die Liberalen gewaltsam nieder geworfen. Der Kanton Luzern berief Jesuiten an die Höheren Lehranstalten von Luzern. Das konfessionalisierte die politische

Auseinandersetzung zwischen dem liberal-radikalen und konservativen Lager. Freischaren versuchten die Regierung in Luzern zu stürzen, scheiterten aber in zwei Angriffen. Der konservative Politiker Josef Leu wurde am 20. Juli 1845

erschossen. Dies und die Furcht vor weiteren Freischarenzüge veranlasste die konservativen Kantone, einen förmlichen Bund zu schließen. Als die Beschlüsse bekannt wurden, beantragte Zürich im Sommer 1846, den Bund gemäß Bundesvertrag für

aufgelöst zu erklären. Im Juli 1847 waren in Genf und St. Gallen die Liberalen an die Macht gekommen. Nun wurde eine Revision des Bundesvertrags und eine Ausweisung der Jesuiten beschlossen.Die Sonderbundskantone vertrauten auf die Hilfe Frankreichs und

Österreichs blieben  Mahnungen und und Vermittlungen unzugänglich und rüsteten. Am 4. November 1847 entschied die Tagsatzung in Bern auf Waffengewalt. Sonderbundstruppen fielen am 3. November ins Tessin ein. Am 12. November unternahmen sie einen

Vorstoß ins aargauische Freiamt. Der General der Sonderbundstruppen  Johann Ulrich von Salis-Soglio kam am 27. September in Einsiedeln an. Er machte dem Abt seine Aufwartung und logierte im Kloster. Ab 11. November rückten die eidgenössischen

Truppen mit 100 000 Mann unter General Guillaume-Henri Dufour rückten gegen die Sonderbundskantone vor. Am 11. November kapitulierte Freiburg. Die Truppen der  Sonderbundskantone wurden am 23. November geschlagen. Daraufhin kapitulierte Luzern

und wurde besetzt. Am nächsten Tag kapitulierten die übrigen innerschweizer Kantone des Sonderbunds. Abt Heinrich hatte Kunde vom Fall Luzerns erhalten und begab sich am 25. November zum Kommandeur  der Schwyzer Truppen Alois von Reding nach

Biberbrück. Er machte die aussichtslose Lage klar und riet dringend, einen Waffenstillstand einzugehen. Dieser kam zustande und wurde am 27. November vom Schwyzer Volk angenommen.

Der Sonderbundskrieg hatte 150 Menschen das Leben gekostet und 400 Verletzte gefordert. In den besiegten Kantonen wurden Verfassung und Regierungen im liberalen Sinne revidiert. Die Kriegskosten mussten von den Verlierern durch hohe Reparationen

beglichen werden. Am 28. November erschien Oberstbrigadier Blumer und nahm mit seinem Stabe im Kloster Quartier.  Im Dorf waren rund 1000 Mann stationiert.  Die Einquartierung dauerte vom 28. November 1847 bis 11. Februar 1848. Die Kosten für Verpflegung

und Einquartierung beliefen sich auf 40.000 Gulden, für die das Kloster aufkommen musste.Schwieriger war die Lage im Kanton Schwyz. Das Kloster hatte sich bereit erklärt, die Hälfte der Kriegsschulden, das waren immerhin 110.000 Franken freiwillig zu

übernehmen. Das war dem Kanton noch nicht genug, am 30. Oktober nahm der Kantonsrat die Verteilung der Lasten zwischen Kanton und Kloster vor. Dem Kloster wurde die Hälfte der Staatsschulden, das waren 2269.83 Franken. Gleichzeitig wurde der Verkauf

von Liegenschaften untersagt. Doch die Herrschaft Gachnang im Thurgau, die man 1632 erworben hatte, musste aufgegeben werden.

Auch Bellenz ging verloren. 1852 hatte die Regierung im Tessin einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die Aufhebung aller männlichen Orden vorsah. Auch die Residenz in Bellenz war auf der Liste der aufzuhebenden Klöster. Zwar machte Probst Pius Regli

(Profess 1812) die Regierung darauf aufmerksam, dass die Residenz kein Kloster darstelle. Ohne Erfolg. Am 28. Mai 1852 nahm der Große Rat den Aufhebungsantrag mit einer Stimme Mehrheit an. Der Probst wurde dann vom Kloster beauftragt,

den Prozess gegen die Tessiner Regierung wegen der Güter, die dem Kloster gehörten, zu führen. Er wurde am 26. Oktober 1855 schiedsgerichtlich entschieden. Dem Kloster wurde die Residenzbibliothek sowie eine Entschädigung von 40.000

Franken zugesprochen. Das Kloster hatte aber in 175 Jahren rund 175.000 Franken eigene Mittel aufgebracht.

Der Sonderbundskrieg und seine finanziellen Folgen, aber auch die Vorgänge in Bellenz, haben die unsichere Lage der Schweizer Klöster deutlich gemacht. Der Gedanke in der Neuen Welt eine Niederlassung zu schaffen, war nachvollziehbar, Der Anstoß kam

allerdings aus den USA selbst.

1822 war in Lyon basierend auf den Ideen und initiiert von Pauline Jaricot das Werk der Glaubensverkündung gegründet worden. Das Werk verbreitete sich rasch in Europa. Von 1846 bis 1850 war damals Pater Gallus Morel in der Schweiz Präfekt des

Werkes. Nachdem Der Strom europäischer Einwanderer und darunter eben auch vieler deutschsprachige wurde das Problem der seelsorgerischen Betreuung dieser Menschen immer drängender. Zwar hatte das wiedergegründete Benediktinerkloster

Metten und vor allem der aus Metten kommende Pater Bonifaz Wimmer sich intensiv um Amerika gekümmert. Pater Bonifaz war auch Begründer des benediktinischen Mönchtums in Amerika. Wie wir oben gesehen haben, begann sich benediktinisches

Leben nach den Klosteraufhebungen der Säkularisation gerade wieder zu entfalten. Da waren einfach noch nicht genug Kräfte für eine umfassende Missionstätigkeit in Übersee frei.

1847 wandte sich nun John Henni an den Präfekten der Glaubenskongregation, Gallus Morel. John Henni war seit 1843 Bischof in Milwaukee. Er stammte aus Obersaxen in Graubünden. Der Zeitpunkt der Anfrage war allerdings nicht sehr günstig,

denn es war ja die Zeit des Sonderbundkrieges. 1852 erneuerte der Bischof seine Bitte. Ein Pater sollte kommen und schauen, wo eine Benediktinerniederlassung gegründet werden könne. Das sollte bald geschehen, da die Grundstückspreise im Steigen

begriffen waren. Allerdings hatte kurz zuvor der Bischof Jacques Maurice de St. Palais (1849-1877) von der amerikanischen Diözese Vincenne in Indiana Gelegenheit mit Abt Heinrich persönlich zu sprechen. 1851 war der Bischof in Rom und kam auch nach

Einsiedeln. In der erst 1834 gegründeten Diözese lebten etwa 4000 Katholiken, verteilt auf 50.000 Quadratmeilen. Die Zahl war ständig im Steigen begriffen und der überwiegende Teil der Gläubigen war deutschsprachig. Nur 3 Priester standen dem

Bischof zur Seelsorge zur Verfügung.  Abt Heinrich war zu der Zeit mit dem Ausbau der Schule der Schule beschäftigt und auch die finanziellen Nachwirkungen der letzten Jahre lasteten noch auf dem Kloster. Im Folgejahr kam der Generalvikar der

Diözese Pater Joseph Kundek (1810-1857) nach Einsiedeln. Pater Joseph Kundek war kroatischer Priester, der deutsch sprach. Er tat viel für die Ansiedlung deutscher Einwohner. Er gründete Siedlungen. Ferdinand war das erste komplette deutsche Dorf, das er

gründete. Dann folgte Fulda und Celestine. In Einsiedeln hatte sich die Lage inzwischen geändert. Die Regierung im Tessin hatte gerade die Residenz in Bellenz aufgehoben. Dadurch wurden Kräfte frei. Und es lief ja auch ein Prozess gegen die Tessiner Regierung.

Vielleicht erhoffte man sich auch daraus finanzielle Mittel zu bekommen, um ein  solches Unternehmen finanzieren zu können. Der Abt und der Konvent gaben also die Zustimmung zu einer Gründung in der Neuen Welt. Natürlich wurde der Plan auch dem

Papst vorgelegt. Pater Gallus Morel stellte das Vorhaben in Rom persönlich vor. Die geplante Klostergründung sollte auch der Erziehung von Weltgeistlichen dienen. Kardinal Fransoni, seit 1834 Präfekt der Kongregation De Propaganda fide, teilte am 22.

November 1852 mit, dass Papst Pius das Werk lobe. Auch dem Werk der Glaubensverbreitung in Lyon wurde das Projekt vorgelegt. Die finanzielle Hilfe des Werks sah der Abt auch deswegen für wichtig an, dass in der Schweiz nicht der Gedanke aufkomme, man

verlagere Klostervermögen aus der Schweiz nach Amerika. Der Abt schickte Pater Karl Brandes (Profess 1832 in Solesmes, erneuert in Einsiedeln 1850) nach Lyon. Seine Mission war erfolgreich, wobei ihm vielleicht seine Zeit in einem französischen Kloster half.

Das Werk sicherte eine Unterstützung von 12 bis 15000 Franken zu, nur noch der Zentralrat in Paris müsse zustimmen. Nun holte Abt Heinrich auch die Zustimmung des Kapitels ein. Diese wurde am 19. November 1852 gegeben. Nun wählte der Abt aus den Patres,

die sich freiwillig gemeldet hatten, zwei aus. Das war einmal Pater Beda O’Connor, ein gebürtiger Ire, der als Knabe nach Einsiedeln kam und praktisch kein Wort deutsch konnte. Das lernte er in Einsiedeln natürlich rasch. Seine Profess legte er 1847 ab.

In Einsiedeln unterrichte er Englisch. Für seine neue Aufgabe war er dank seiner Sprachkenntnisse natürlich bestens gerüstet. Er wurde begleitet von Pater Ulrich Christen (Profess 1832).

Pater BedaPater Ulrich

Pater Beda war ab 1886 Kanzler des Bischofs von Vincennes, ab 1870 war er dessen Generalvikar. Abt Heinrich ernannte ihn 1871 zum Apostolischen Notar. Er verstarb mit erst 50 Jahren in Terrehaute.

Pater Ulrich war erst an der Kirche St. Joseph in Jasper, danach an der Ferdinandskirche in Ferdinand und schließlich an der Maria Hilfkirche in Dubois. Er 1865 wieder nach Einsiedeln zurück. Schon im April 1835 hatte Pater Ulrich

1400 Juchart Landgekauft, was den Abt doch etwas aus der Fassung brachte. Er beruhigte sich erst wieder nach einem Schreiben des Bischofs und Pater Kundeks. Der Kauf erwies sich aber als sehr vorteilhaft, den er aber vorbehaltlich der Zustimmung

des Kapitels gemacht hatte. Die Zustimmung wurde erteilt. Bischof und Generalvikar hatten weiteres Land geschenkt. Am 21. März 1854 wurde die klösterliche Niederlassung eröffnet, die man unter das Patronat St. Meinrads stellte.

Die Niederlassung war um weitere zwei Patres verstärkt worden, nämlich Pater Hieronymus Bachmann (Profess 1818). Er war zweimal in USA, erstmals von 1853 bis 1854 und dann nochmals 1855 für zwei Jahre. Mit Pater Hieronymus ging Pater Eugen Schmerzmann

nach Amerika.  Er gehörte zwar dem Stift Engelberg an, half in der Zeit aber als Lehrer in Amerika aus. Pater Eugen war der erste Pater, der in Amerika verstarb und zwar im Jahr 1854. Ihnen folgten Pater Athanasius Tschopp (Profess 1820) und Pater Johannes

Chrysostomus Foffa (Profess 1851). Pater Athanasius war für ein Jahr ab 1855 als Prior von St. Meinrad in Amerika. Pater Johannes Chrysostomus war zweimal in Amerika, einmal von 1855-1871 und ein zweites Mal für 10 Jahre 1875 bis 1885. Da war er dann Pfarrer in

Belleville. Die Unternehmung in Amerika erwies sich als glückhaft. Doch bereitete die Verschuldung der neuen Niederlassung dem Abt zunehmend Sorgen und er meinte dieser Entwicklung durch eine teilweise Liquidation des Besitzes entgegen wirken zu

müssen. Bischof Jaques Maurice de Palais reiste 1859 extra nach Einsiedeln und erreichte, dass man die Lage von St. Meinrad zuhause nun doch günstiger beurteilte. Der Bischof erhielt auch zwei neue Hilfskräfte die für St. Meinrad wichtige Impulse brachten.

Pater Martin Marty hatte sein Studium bei den Jesuiten in Freiburg begonnen. Als die Jesuiten 1848 dort vertrieben wurden, ging er nach Einsiedeln. 1855 legte er dort seine Profess ab. In Einsiedeln war er Professor für Moraltheologie. Vom Abt wurde er 1860 nach

St. Meinrad nach Amerika gesandt.  1865 wurde Prior. Seiner geschickten Leitung war es zu verdanken, dass das Priorat zur selbstständigen Abtei erhoben wurde und Pater Martin wurde der erste Abt. 1876 ging Abt Martin zu den Sioux-Indianern.

Er wurde “zum Apostel der Sioux-Indianer” und war einer der bedeutendsten Missionare seiner Zeit. Er wurde zum Titularbischof von Tiberias ernannt. Er legte 1879 die Abtswürde nieder. Ihm wurde die Indianermission anvertraut und er war sämtliche Katholiken

des Riesengebietes anvertraut. 1889 wurde das Territorium von Dakota in die beiden Staaten Nord-und Süddakota aufgeteilt. Auch die kirchliche Aufteilung folgte. Martin Marty wurde der erste Bischof des neuen Bistums Sioux Falls. Bischof Martin verstarb

1896 mit 63 Jahren. Mit Pater Marin war Pater Fintan Mundwiler (Profess  1855) nach Amerika gegangen. Er wurde der erste Prior der zur Abtei erhobenen Niederlassung und als Abt Martin zum Bischof erhoben wurde, wählten seine Mitbrüder den

bisherigen Prior zum Nachfolger des bisherigen Abtes. Abt Fintan wurde 1855 der erste Präses der Schweizerisch-Amerikanischen Benediktinerkongregration. Auch er verstarb mit 63 am 14. Februar 1898 in St. Meinrad in Amerika.

Zurück nach Europa. Abt Heinrich war ja gleich am Tag nach seiner Weihe bestellten ihn die Äbte der Kongregation zu ihrem Präses. Am 28. Oktober 1846 brannte das Kloster Dissentis nieder.Dem Wiederaufbau folgte eine drückende Schuldenlast.

Der Kanton Graubünden stellte das Kloster unter Staatsaufsicht. Das kantonale Klostergesetzes von 1861 verhinderte die Novizenaufnahme. Das Kloster geriet an den Rand des Untergangs. Als Abt Anselm 1859 verstarb, blieb der Abtsstuhl zunächst mal unbesetzt.

Abt Heinrich wurde zum Apostolischen Administrator der Abtei bestellt. Abt Heinrich sandte Patres aus Einsiedeln nach Disentis um die Dinge dort zu bessern, allerdings kaum mit Erfolg da man dort “von Fremden” nichts wissen wollte.

Am 15. Juli 1859 ernannte Papst Pius IX. Pater Georg Ulber zum Abt von Dissentis.Pater Georg hatte 1840 seine Profess in Einsiedeln abgelegt. Er verhandelte nun mit der Regierung in Graubünden. Doch die erzielte Übereinkunft wurde von Rom nicht angenommen.

Daraufhin verzichtete Pater Georg auf die an ihn ergangene Berufung. Nun wurde Placidus Tenner vom Nuntius zum Oberen, nicht zum Abt ernannt. Abt Heinrich hatte auch wegen der politischen Lage seine Stelle als Apostolischer Administrator

niedergelegt. Nun ernannte Rom den Bischof als apostolischen Delegaten für Disentis, mit dem Recht, Obere nach eigenem Gutdünken einzusetzen. Davon machte Bischof Nikolaus Franz Florentini (1859-1876) und bestellte Paul Birker als Abt von Disentis

Abt Paul war am 27. August 1847 von König Ludwig I. als erster Abt von St. Bonifaz in München ernannt worden. Er hatte sehr strenge Vorstellungen von mönchischer Askese und Klosterleben. In seinem Konvent konnte er sich damit nicht durchsetzen und trat

1854 zurück. Er war ein anerkannter Schulmann. Deshalb bemühte er sich in Disentis vor allem um die Hebung des Schulwesens, auch um die Regierung in Graubünden günstig zu stimmen. Unterstützt wurde er in seinem Bemühen durch Kapitularen aus Einsiedeln.

Seine Regierung war aber nicht sehr glücklich und so dankte er 1877 auch in Dissentis ab. Bessere Zeiten für Disentis gab es erst, als ein Stimmungsumschwung im Volk und der Regierung für ein besseres Umfeld gesorgt hatten.

Im Thurgau war die Meinung vieler Politiker Klöster seien  „jedem gemeinnützigen Wirken fremd geblieben“.  Staatliche Klösterverwalter wurden eingesetzt. Man beschloss, dass Novizenaufnahme bewilligt werden musste oder ganz oder

sie wurde gleich ganz verboten. 1848 beschloss der Große Thurgauer Rat alle Klöster bis auf eines aufzuheben, das dann 1869 auch noch folgte. Dies betraf die Klöster Augustiner-Chorherrenstift St. Pelagius Bischofszell (seit etwa 850),

Augustiner-Chorherrenstift St. Ulrich und Afra Kreuzlingen (seit 968), Benediktinerinnenkloster Münsterlingen  (seit etwa 1100)

Bendiktinerkloster Fischingen (seit 1135), Zisterzienserinnenabteien Feldbach (seit 1253), Kalchrain (seit 1330) und Tänikon (seit 1249)*

Kartäuserkloster Kartause Ittingen (seit 1461, zuvor Augustinerkloster),Kapuzinerkloster Frauenfeld (seit 1559)

und 1869 Dominikanerinnenkloster St. Katharinental

Für Rheinau hatte der Züricher Rat 1835 das Verbot der Novizenaufnahme beschlossen und damit das Kloster zum Aussterben verurteilt. 1874 wurde Kloster Mariastein vom Kanton Solothurn aufgehoben.

Damit existierten in der Schweiz nur noch drei Benediktinerklöster als Abt Heinrich starb.

Am 8. September 1869 wurde in Rom das 1. Vatikanische Konzil eröffnet. Auch Abt Heinrich war zu diesem Konzil berufen worden und nahm daran teil. Zusammen mit Prior Martin Marty von St. Meinrad und Pater Georg Ulbers, der ja in Disentis hätte Abt werden

sollen reiste man nach Loreto und Assisi. Zum St. Benediktsfest in Monte Cassino 1870 hielt Abt Heinrich das Pontifikalamt. Wichtigstes Ergebnis des Konzils war das Dogma von der Unfehlbarkeit des Papstes bei “endgültigen Entscheidungen in

Glaubens-und Sittenlehrern.” Das führte mancherorts zu heftigen Reaktionen. Österreich kündigte ein 1855 geschlossenes Konkordat. Es kam zu Kirchenabspaltungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz, die altkatholische Kirche, in der Schweiz

Christkatholische Kirche. die Gemeinschaft selbständiger katholischer Kirchen ist in der Utrechter Union zusammengeschlossen. Das Erzbistum Utrecht ist die älteste altkatholische Kirche und seit 1723 von Rom unabhängig.

Abt Heinrich konnte im Jahr 1870 auch sein goldenes Professjubiläum feiern.

Abt Heinrich verstarb am 28. Dezember 1874.

Abt Basilius

Am 28 Dezember 1821 kam Abt Basilius als Johann Anton Oberholzer auf dem Gut Buchholz bei Uznach zur Welt. Seine Eltern waren die Bauersleute Alois Oberholzer und Anna Bochsler. Er besuchte die Schule in Uznach. Dort wurde er schon früh

als Sänger geschult. Er erlernte auch das Orgel-Klavier-und Geigenspiel. Danach besuchte er eine Art Höhere Realschule. Ab Herbst 1835 besuchte er die Klosterschule in Einsiedeln. Seine musikalischen Talente wurden dort gefördert.

Irgendwann aber sagt ihm das nicht mehr zu und er wollte das Studium nach der sechsten Klasse aufgeben. Sein Vater hatte sich nach einem Platz in einem Handelshaus in St. Gallen für ihn umgesehen. Auf dem dahin besann er sich aber eines anderen

und kehrte nach Einsiedeln zurück und meldete sich dort für das Noviziat an. Er wiederholte die 6. Klasse und beschäftigte sich viel mit Musik. Im September 1845 legte er als Frater Basilius die Profess ab. Er studierte Theologie und wurde am 19. September 1846

zum Priester geweiht. Nach seiner Primiz wurde er dem Präfekten und Rektor am Gymnasium Pater Rupert Ledergerber zur Seite gegeben um in den Ferien die Studenten zu überwachen und Unterricht in Gesang und Musik zu geben. Im neuen Schuljahr

unterrichtete er an zwei Klassen Mathematik, in der ersten Klasse Griechisch. Daneben übernahm er noch eine Zahl Gesangs-und Musikstunden. Als 1848 die Schule vergrößert wurde, bestellte ihn der Abt zum Vizepräfekten.

Von 1846 bis 1850 war er auch Vizekapellmeister. Er war ein ausgezeichneter Musikant und konnte die meisten Instrumente spielen. Er war ein sehr guter Lehrer und kam mit dem ihm anvertrauten jungen Leuten bestens klar.

Am 22. Dezember 1858 bestellte ihn Abt Heinrich zum Stiftsküchenmeister. Das sollte die Vorbereitung zum Statthalter in Pfäffikon sein. Diesen Posten musste er am 14. Mai 1859 antreten. Er ging nur ungern von Einsiedeln weg. Er wurde oft von seinen

ehemaligen Studenten aber auch Mitbrüdern in Pfäffikon besucht. An seinem neuen Platz aber arbeitete er sich gut ein und verwaltete den Betrieb in Pfäffikon bestens. Als sich der Gesundheitszustand von Abt Heinrich zunehmend

verschlechterte, kam auch ihm das Gerücht zu Ohren, er werde in Einsiedeln als neuer Abt gehandelt. Er eilte sofort nach Einsiedeln, um Abt Heinrich zu bitten, ihn unverzüglich nach Amerika zu schicken. Als er in Einsiedeln ankam, stand es schon so schlecht

um Abt Heinrich, dass er seine Bitte nicht mehr vorbringen wollte.

Am 13. Januar 1875 wählten in seine Mitbrüder zum neuen Abt. Die Weihe nahm Weihbischof Kaspar Willi von Chur an, der ja auch dem Orden der Benediktiner angehörte. Laut Professbuch assistierten ihm die Äbte von Rheinau und Engelberg.

Für Engelberg war das Abt Anselm Villiger (1866-1901). Für Rheinau müsste das der letzte Abt Leodegar Inneichen gewesen sein. Allerdings war das Kloster ja 1862 aufgehoben worden und in eine kantonale Heil-und-Pflegeanstalt umgewandelt worden.

Auch müsste das kurz vor seinem Tod gewesen sein. denn Abt Leodegar verstarb 1876.

Als Schulmann lagen ihm natürlich die Schulen am Herzen. Ein großer neuer Schlafsaal wurde gebaut. Dazu kamen sanitäre Anlagen. Die Schule bot nun 130 Schülern Platz. 10 neue Musikzimmer wurden eingerichtet.

Er sandte seine Mönche auch an Hochschulen in Rom, Leipzig, Berlin, München und Tübingen.1880 hatte er  Columban Brugger, seinen Späteren Nachfolger zum Studium nach Karlsruhe geschickt. Das zeugt für Offenheit und Weitsicht des Abtes.

Die Gründung des Polytechnikums Karlsruhe erfolgte durch Großherzog Ludwig von Baden  am 7. Oktober 1825 in seiner Residenzstadt. Es war eine der erste Hochschulen dieser Art in Deutschland. Ihr Bildungsangebot lässt auf den ersten Blick nicht

unbedingt  auf ein klösterliches Profil zu passen, zeigt aber, dass der Abt die besonderen Begabungen seiner Mönche im Blick hatte und sie förderte.

Als seinen Nachfolger in Pfäffikon schickte Abt Basilius Pater Dominikus Matter (Profess 1863) Am 7. Februar 1875 wurde Pater Dominikus Statthalter in Pfäffikon. Dort blieb er bis zum 30. Dezember 1922. Im darauffolgenden April verstarb er im Alter von 85 im

Kloster. Schon von Beginn seiner Regierungszeit an versuchte er den Betrieb im Kloster rationeller zu gestalten. Eine Reihe landwirtschaftlicher neuer Maschinen wurde erworben. Die Torfgewinnung wurde 1877 auf maschinellen Betrieb umgestellt.

Im Kloster wurde 1876 eine für die damalige Zeit moderne Dampfheizung errichtet, die danach 50 Jahre ihren Dienst versah. Das war zunächst gegen den Widerstand einiger Konventualen erfolgt, die Unannehmlichkeiten wegen der Bauarbeiten befürchteten.

Stiftsstatthaler war von  1869 bis 1895 Pater Raphael Kuhn (Profess 1847). Er hatte einiges unternommen, um seine Mitbrüder von den Vorzügen einer Dampfheizung zu überzeugen. Wichtigstes Argument war für ihn die Verminderung der Brandgefahr. Denn im

Kloster fielen durch die Dampfheizung “100 Feuerherde” weg. Er lobte die Vorzüge der Dampfkraft. Er plante damit den Betrieb einer Mühle, einer Säge, einer Dampfwäscherei, ja sogar einer Dampfküche und einer Badeanstalt für die Mönche. Die

Technikbegeisterung von Pater Raphael kam nicht von ungefähr. Den er in Kremsmünster ab September 1850 ein Jahr Physik studiert. Danach unterrichtete er in Einsiedel bis 1869 Physik und Astronomie. 1867 besuchte er die Weltausstellung in Paris.

1663 hatte Abt Plazidus Reimann eine neue wasserbetriebene Säge an der Alp erbauen lassen. Beim Klosterneubau leistete die Sägerei wertvolle Dienste. Allerdings war sie so baufällig geworden, dass sie 1787 durch einen Neubau ersetzt wurde.

Anfang des 19. Jahrhunderts kam es immer wieder zu Streitigkeiten mit anderen Wasserwerksbesitzern. 1878 entschieden  die Waldleute, wegen Überschwemmungsgefahr die Alp tiefer zu legen. Da entschloss sich das Kloster zum Verkauf der Mühle.

Mit dem Erlös baute man auf dem Klosterareal eine neue Mühle und 1882 nahm man eine neue mit Dampf betriebene Säge in Betrieb. Lange Transportwege entfielen nun. Das Kloster konnte seine Werkstätten mit zugeschnittenem Nutzholz versorgen.

Auch der Marstall hatte die Aufmerksamkeit des Abtes. Auf dem Freiherrenberg wurde ein neuer Pferdestall erstellt. Zwei Bundeshengste wurden 1891 eingestellt. Das Kloster wurde immer wieder für seine Zuchterfolge bei Pferden, aber auch beim

Braunvieh ausgezeichnet. 1891 wurde im Konventgarten ein großes Bienenhaus erbaut. Auch in der Kirche wurden Neuerungen vorgenommen zum Beispiel ein neuer Bodenbelag oder 1866 eine neu Bestuhlung.

Auch die Benediktinerkonkregation brauchte immer mal wieder personelle Hilfe.  So kam Pater Paul Schindler (Profess 1862)1876 nach Disentis. Dort war er von 1877 bis 1879 Prior. Von 1888-1890 war er Theologieprofessor am Ordenskolleg S. Anselmo in Rom.

In Monte Cassino und in Delle, wohin die Benediktiner von Mariastein ausgesiedelt waren, unterrichteten Konventualen aus Einsiedeln.

Das Missionswerk in Amerika forderte und erhielt immer wieder personelle Unterstützung. Pater Wolfgang Schlumpf hatte seine Profess 1853 abgelegt. 1862 kam er in Amerika in St. Meinrad. Abt Martin Marty sandte ihn 1878 nach Arkansas.

Dort gründete er die neue Niederlassung San Subiaco, deren Prior er wurde. Diese entwickelte sich zu einem blühenden Kloster. Es wurde 1891 zur Abtei erhoben. 1887 traf das Kloster St. Meinrad in USA ein Brandunglück. Aber man begann sofort mit

einem Neubau, auch von Einsiedeln tatkräftig unterstützt. Pater Vinzenz Wehrle (Profess 1876) kam 1882 nach St Meinrad, Von dort ging er weiter nach Neu-Subiaco. In Devils Lake gründete er eine klösterliche Niederlassung die 1899 nach Richardton verlegt wurde.

1901 wurde dort ein kanonisches Priorat errichtet. Pater Vinzenz wurde dort Prior. Papst Pius X. (1903-1914) erhob es zur 24. November 1903 zur Abtei St. Maria. Der Prior wurde Abt von Richardton. Am 9. April 1910 ernannte ihn Papst Pius zum Bischof von

Bismark. als Abt von Richardton resignierte er 1915.

Für das Kloster Fahr konnte Abt Basilius Erleichterungen erreichen. In einem Gesetz von 1865 war dem Kloster Fahr die Novizenaufnahme untersagt. 1886 konnte Abt Basilius diese Bestimmung revidieren. Allerdings blieb die Zahl der Klosterfrauen auf 30

beschränkt.

1893 konnte Abt Basilius sein 50-jähriges Professjubiläum feiern. Er war da allerdings schon krank. Ein Magenleiden ging allmählich in Krebs über, dem er am 28. November 1895 erlag.

P. Kolumban (Johann Baptist) Brugger von Basel

Columban Brugger wurde am 17. April 1855 als Johann Brugger in Basel geboren. Seine Eltern Johann Brugger und Katharina Gerspach hatten seit 1871 das schweizerische Bürgerrecht. Zunächst besuchte er die von den Schulbrüdern in Basel geleitete

Schule. Er hatte eine große Begabung für Musik und in Basel hatte er schon für Musikunterricht. Ab 1868 besuchte er die Stiftschule. Dort verbrachte er viel Zeit mit praktischen und theoretischen Musikstudien. Aber bald zeigte er auch eine besondere

Vorliebe für Technik. mit 17 meldete er sich ins Kloster an. Als Frater Columban legte er am 2. September 1873 seine Profess ab. Er beendete sein Physik-und Philosophiestudium. Am 20.September 1879 wurde er zum Priester geweiht. Seine technische

Begabung förderte der Abt mit einem Studium an der Universität Karlsruhe. Vin 1881 bis 1889 unterrichtete er Mathematik am Stiftsgymnasium, 1883 und 1884 auch Physik und Chemie. Daneben war er auch Vizekapellmeister. Hier pflegte er vor allem den

gregorianischen Choral, das in einer Zeit, in der dieser alten Tradition noch nicht soviel Gewicht beigemessen wurde wie heute. Er baute das physikalische Kabinett aus. Für sein physikalisches Interesse hatte er in seinem Abt einen großzügigen

Förderer und Gönner. Im Physikzimmer wurde auch eine elektrische Anlage erstellt, die es ermöglichte, die Kirche zu beleuchten. Am 31. März 1894 wurde er Nachfolger des verstorbenen Siftsdekans Ildefons Hürlimann (Profess 1845, Stiftsdekan von 1867

bis zu seinem Tod 1894). Damit musste er seine Tätigkeit als Lehrer aufgeben. Kurz nach seiner Ernennung zum Dekan brach ein schweres Magenleiden aus, an dem er fast gestorben wäre. Er erholte sich zwar, musste aber zeitlebens strengste Diät halten.

Trotz gesundheitlicher Bedenken wurde Pater Columban am 5. Dezember 1895 zum neuen Abt gewählt. Am 21. März 1895 weihte ihn der Abt von Muri-Gries Augustin Grüninger (1887-1897). Anwesend waren die Äbte der Schweizer Benediktinerklöster,

aber auch Laurentius Wocher (1893-1895)Abt des Klosters Mehrerau. Im Zuge des Klosterstreits im Kanton Aargau mussten die Mönche ihr Kloster Wettingen am 12. Januar 1841 verlassen. Sie gründeten ihr Kloster 1854 in der alten BenedikinerAbtei Mehrerau bei

Bregenz neu. Aus Kloster Ölenberg war Abt Francois Struck (!889-1912) dabei. Ölenberg  im Deparment Haut-Rhin in der Nähe von Mülhausen war 1825 von Trappisten wieder besiedelt worden. Auch zwei Bischöfe weilten der Amtseinsetzung bei,

nämlich Bischof Johannes Fidelis Battaglia (1889-1905) vom Bistum Chur und der Basler Bischof Leonhard Haas (1888-1906). Der neue Abt wurde bald zum Präses der schweizerischen Benediktiner gewählt.

Zu Beginn seiner Amtszeit widmete er sich der Orgel. Musikalisch und physikalisch bewandert besorgte er einen Teil des Umbaus in den Einsiedler Werkstätten zusammen mit seinen Brüdern selbst. Die Federführung hatte die Stuttgarter Firma Weigle,

die damals als führend auf dem Gebiet des Orgelbaus galt. Am 24. November 1898 wurde die neue Orgel eingeweiht, de damals wohl das modernste Orgelwerk ihrer Zeit war. Unter Abt Columban hielt auch die elektrische Kraft Einzug im Kloster.

Überall gab es elektrische Beleuchtung und auch eine große Dieselmotoranlage wurde erstellt. Der Abt ließ auch ein Photoatelier im Kloster errichten. Trotz seiner Technikbegeisterung vergaß er auch die Landwirtschaft nicht. Die neue Benediktscheuer

auf dem Freiherrenberg wurde errichtet. Die Stiftsstatthalterei wurde als eigene Viehzuchtgenossenschaft geführt und errang Diplome und Medaillen. Auch die gute Düngerwirtschaft und vorbildliche Weg-und trinkwasseranlagen auf der Alp Sihltal wurden geehrt.

Zur Jahrhundertwende hatte der Konvent 143 Mitglieder erreicht, soviel wie nie zuvor.

Bei der Einweihung eines Blitzableiters zog sich der Abt eine Erkältung zu. Dazu kam eine Blinddarmentzündung und weiter Komplikationen. Am 23. Mai 1905 verstarb er im Alter von nur 51 Jahren.

Abt Thomas bossart

Am 30. Mai 1905 wurde Thomas II. Bossart zu Abt Columbans Nachfolger gewählt. Er ist am  16. September 1858 als Kaspar Bossart in Altishofen im Kanton Luzern geboren. Sein Vater Kaspar war Gerichtsschreiber. Seine Mutter

war Verena Schiffmann. Im Herbst 1872 kam er an die Stiftsschule nach Einsiedeln. 1878 meldete er sich zum Kloster an. Am 8. September 1879 legte er seine Profess ab. Er studierte Theologie und wurde am 20. April 1884 zum Priester geweiht.

Abt Basilius schickte ihn nach seiner Priesterweihe zu einer weiteren Ausbildung nach Rom. Dort erwarb er an der Gregorianischen Universität den Doktorgrad und kehrte nach Einsiedeln zurück um als Theologieprofessor an der Hauslehranstalt

des Kloster zu wirken. Abt Basilius schickte ihn dann aber als Theologieprofessor an das neuauflebende Ordenskollegium nach Rom. Doch im November 1895 musste er nach Einsiedeln zurück um an der Wahl des Nachfolgers für den verstorbenen

Abt Basilius teilzunehmen. Auch er kam neben Pater Columban als neuer Abt in Frage. Als dieser gewählt war, ernannte er bald darauf Pater Thomas zum Dekan. Bei der Wahl nach Columbans Tod wurde Thomas am 30. Mai 1905 im ersten Wahlgang zum neuen Abt

gewählt. Am 11. Juni 1905 weihte ihn sein Freund Hildebrand de Hemptinne zum Abt. Hildebrand hatta 1870 seine Profess im Kloster Beuron abgelegt. Papst Leo XIII. (1878-1903)hatte 1893 die benediktinische Konföderation gegründet, das ist die Gemeinschaft

der 20 Benediktinerkongregationen mit derzeit 341 selbstständigen Mönchsklöstern.Papst Leo XIII. ernannte Hildebrand de Hemptinne zum ersten Abtprimas.

Im Kloster wurde eine neue Kanalisation und eine eigen Wasserversorgung geschaffen. Die Klosterkirche wurde durchgreifend umgestaltet. Das Naturalienkabinett wurde vergrößert. Die Zahl der Laienbrüder wuchs stetig. Für die Laienbrüder wurde ein neues

Stockwerk aufgebaut.Die Gärtnerei erhielt ein großes Treibhaus und die Klosterküche wurde umgestaltet. An äußeren Ehren lag dem Abt nicht. Er war zum Beispiel für die Nuntiatur in Wien in Aussicht genommen worden, konnte dies aber verhindern .

Am 12. Mai 1913 wählten die versammelten Äbte in Rom Thomas zum Abtprimas. Der Gewählte wollte die Wahl auf keinen Fall annehmen und der Papst wollte ihn nicht zwingen. so konnte er ins Stift zurückkehren.

Als im August 1914 der 1.Weltkrieg  ausbrach half der Abt, wo er konnte. Dem zweiten Abtprimas der Benediktiner Fidelis von Stotzingen (1913-1947) gewährte er Asyl. Auch der Generalobere der Pallotiner Karl Gissler (1909-1919) kam in Einsiedeln unter.

Deshalb kamen immer wieder  Gesandte von Österreich, Bayern und Preussen vorübergehend nach Einsiedeln. Auch der frühere Reichskanzler von Bülow war unter den Besuchern. In der Presse der Entente wurde das nicht immer sehr freundlich aufgenommen.

Aber Abt Thomas hielt streng an der neutralen Haltung fest. Doch stand das Kloster allen Besuchern aus beiden Lagern offen.

Für deutsche Kriegsgefangene stellte er  Pater Sigismund de Courten (Profess 1888) zur Verfügung, der sie besuchte und sich um ihre Seelsorge annahm. Er war Geistlicher Abgeordneter des Schweizer Bundesrats und des Heiligen Stuhls. Um seiner Mission eine

bessere Wirkung zu verschaffen ernannte ihn der Schweizer Bundesrat am 20. März 1917 zum Feldprediger-Hauptmann. Vor allem nach dem Krieg war der Abt in großem Umfang helfend tätig. Wie kaum ein Einsiedler Abt vor ihm war er weit über die Schweizer

Grenzen hinaus angesehen und verehrt. Im September 1919 zog er sich aufgrund einer Erkältung ein Nierenleiden zu, dass zwar durch strenge Diät und mehrere Kuraufenthalte gelindert aber nicht mehr geheilt werden konnte. Am 7. Dezember 1913

erlag er seiner Krankheit.

Abt-Ignatius-staub

Auf ihn folgte Pater Ignatius Staub. Er ist am 19. Dezember als Josef Thomas Staub in Baar geboren. Seine Eltern waren Karl Josef Staub und Anna Maria Trinkler. Ab 1886 besuchte er die Stiftsschule in Einsiedeln. 1892 trat er ins Kloster ein und legte am 1. September

1895 die Profess ab. Am 16.Juli 1899 wurde er zum Priester geweiht. 1902 sandte ihn Abt Columban zum Studium der Geschichte nach Freiburg im Uechtgau, wo er mit einer Arbeit über den Konstanzer Generalvikar (1518-1523) Johann Fabri  am 10. Mai 1910

zum Doktor promovierte. Im April 1916 bestellte ihn Abt Thomas zum Stiftsbibliothekar. 1922 gab er ein “Lehrbuch des Mittelalters” heraus

Am 19. Dezember 1923 wurde er zum Nachfolger des verstorbenen Abtes Thomas gewählt. Die Weihe nahm der päpstliche Nuntius Lugi Maglione (1920-1926)am 28. Januar 1924

vor.1925 wurde ein Vertrag zwischen dem Kanton Schwyz und dem Kloster Einsiedeln geschlossen. Eine landwirtschaftliche Schule wurde gegründet, vom Kloster finanziert und betrieben. Sie ist die älteste Berufsschule im Kanton Schwyz.

Im Jahr 1924 hatte der Apostolische Administrator für den Tessin Benediktiner von Einsiedeln nach Ascona gerufen. Sie übernahmen das Collegium Papio, das schon 1585 auf Initiative von Karl Borromäus gegründet wurde. Die Mönche aus Einsiedeln wirkten bis 1964

in Ascona.

Seit 1931 war er Vorstandsmitglied der Allgemeinen Geschichtsforschenden Gesellschaft der Schweiz. Das war die Dachorganisation der Schweizer Historikerschaft.

Er war Abt bis 1947 und verstarb am 29. März 1947.

Abt Benno

Auf ihn folgte Benno Gut 1947- 1959. Er wurde am 1. April 1897 als Walter Gut in Reiden im Kanton Luzern geboren. Sein Vater war der Organist und Lehrer Gottfried, seine Mutter Marie Oetterli.

Er besuchte das Gymnasium in Luzern und wechselte 1916 auf die Stiftsschule nach Einsiedeln. Ab 1916 begann er ein Musikstudium in Basel. Sein Noviziat machte er in Einsiedeln. Dann wurde er zum Theologiestudium

nach Rom geschickt. Dann wurde er zum Priester geweiht. Er setzte seine Theologiestudien an der Benediktinerhochschule St. Anselmo fort. Dort promovierte er am 29. Juni 1923 zum Doktor der Theologie. Er kehrte nach Einsiedeln zurück

und war dort 1923!924 Choralmagister. Dann war er für zwei Jahre Direktor der Studentenmusik. Er lehrte auch Exegese an der theologischen Hauslehranstalt. Außerdem war er in Einsiedeln von 1923-1930 als Lehrer an der Stiftsschule.

1930 wurde er als Professor für Apologetik nach St. Anselmo berufen. Nebenher studierte er auch am Päpstlichen Bibelinstitut in Rom. Dort erwarb er 1934 ein Lizentiat, das ist ein akademischer Grad und beinhaltet eine Lehrerlaubnis.

1935 unternahm er eine Studienreise nach Palästina und Kleinasien. Nach seiner Rückkehr war er in St. Anselmo Lehrer für neutestamentliche Exegese. Während des Krieges kehrte er nach Einsiedeln zurück. Seit August 1942 war er Präfekt am

Internat. 1947 wurde er zum Nachfolger des verstorbenen Ignatius Straub gewählt. Die Abtweihe nahm Nuntius Filippo Bernardini (1935-1953) vor.

Schon sein Vorgänger Ignatius Straub hatte von seinen Patres eine Bittschrift erhalten, mit der er gebeten wurde, sich um überseeische Missionsaufgaben zu kümmern. Im November 1939 sandte er Pater Leopold Haniman (Profess 1919 +1976) und Polykarp Buchser

(Profess 1926 + 1972) als Pioniere nach Argentinien. Dann brach aber der II. Weltkrieg aus und verzögerte das Projekt. Nach dem Krieg gab der Apostolische Nuntius Giuseppe Frietta (päpstlicher Nuntius in Argentinien 1936-1953) einen Tipp. In der Nähe des Dorfes

hatte eine Frau Maria Marenco, Witwe des Verstorbenen Cayetano Sancho Diaz auf der Farm ihres Mannes eine gemeinnützige Stiftung mit einer landwirtschaftlichen Schule eingerichtet. Diese wollte sie nun einem Orden übergeben. Das Kapitel beschloss im

Februar 1948 unter Abt Benno Gut eine klösterliche Niederlassung in Argentinien zu errichten. Am 28 März 1948 reisten 6 Einsiedler Patres und 6 Brüder nach Argentinien ab. Unter ihnen war Pater Eugen Pfiffner (Profess 1919 +1959) Er wurde der erste Prior in

Los Toldos. Pater Albert Huber (Profess 1929) war von Abt Ignatius Straub an die ETH, wo er Agronomie studierte. Er sollte die landwirtschaftliche schule, die nach dem Willen der Stifterin errichtet werden sollte, leiten. Das Schulexperiment wurde nach 3 Jahren

abgebrochen. Pater Albert trat 1954 einen Heimaturlaub an, blieb dann aber auf Dauer in Einsiedeln. Dort war er wieder an der Stiftsschule tätig, betreute aber nebenbei auch die Pferdezucht in Einsiedeln.  1963 veröffentliche er das Buch “1000 Jahre Pferdezucht

Kloster Einsiedeln.” Er verstarb am 26. April 1981 im Alter von 75 Jahren. Das Kloster Los Toldos wurde am 03.05. 1948 gegründet. Abt Benno weihte es am 07.04. 1951. Nach dem Tod des ersten Priors folgte ihm Pater Josef Felber als Prior. Auf sein Bestreben hin

wurde mit Pater Pedro Alluralde der erste aus Argentinien stammende Mönch Prior in Los Toldos. Am 31.07. 1968 sprach Rom die kanonische Errichtung eines selbstständigen Priorats aus. Damit war Los Toldos von Einsiedeln unabhängig. 1981 erhielt Los Toldos

von den Bischöfen von Paraguay eine Einladung, ein Tochterkloster in Paraguay zu errichten. Der Konvent sprach sich dafür aus und am 22.07. 1984 begannen 5 Mönche aus Los Toldos unter Leitung von Prior Pedro Alluralde mit der errichtung von tupasy Maria in

Paraguay.

In Einsiedeln wurde 1956 die Renovierung der Klosterfassade abgeschlossen.

1959 stellte sicher bisherige Abtprimas der Benediktinerkonföderation  Bernhard Kälin nicht mehr zur Wahl als Abtprimas, was er von 1947-1959 war. Von 1945-1947 war er Abt in Muri-Gries. Der Äbtekongress der Benediktinerkonföderation wählte nun Abt

Benno Gut zum 4. Abtprimas. Von Amts wegen ist der Primas Abt der Primitialabtei Sant Anselmo in Rom. Abt Benno resignierte auf Einsiedeln und übersiedelte nach Sant Anselmo, wo er ja schon als Lehrer tätig war.

Seine kirchliche Karriere ging noch weiter. 1960 wurde er Mitglied des vorbereitenden Zentralkomitees des 2. Vatikanischen Konzils, an dem er als Konzilsvater teilnahm. Papst Paul VI. ((1963-1978) wurde er 1967  zum Titularerzbischof

von Tuccabora in Mauretanien ernannt. Kardinal Eugène Tisserant weihte ihn in Einsiedeln zum Bischof. Papst Paul kreierte ihn zum Kardinaldiakon. Seine Titelkirche war S. Giorgio in Velabro. Daraufhin trat er als Abtprimas zurück. In diesem amt

folgte ihm der bisherige Erzab Rembert Weakland, Erzabt von St. Vincent in Latrobe nach. Benno Gut wurde vom Papst am 8. Januar 1968 zum Präfekten der Rietenkongregation und zum Vorsitzenden des Liturgierats bestellt. Einen Monat wurde

er auch Mitglied der Kommission zur Revision des kanonischen Rechts. Benno gut starb am 8. Dezember 1970 in Rom und ist in Einsiedeln beigesetzt.

Auf ihn folgte Raymund Tschudi 1959-1969. Er ist am 7. Juli 1914 in Basel geboren. In Einsiedeln besuchte er ab 1927 das Stiftsgymnasium. Er trat dort ins Kloster ein und legte 1936 seine Profess in Einsiedeln ab. 1940 wurde er zum Priester

geweiht. In Fribourg studierte er Geschichte und Pädagogik. 1945 promovierte er. Dann unterrichte er am Stiftsgymnasium in Einsiedeln. Nach 1947 ging er als 2. Sekretär des Abtprimas Bernhard Kälin nach Rom. 1948/49 war er Lehrer am Collegio Papio

in Ascona. Dann ging er nach Einsiedeln zurück. In Einsiedeln wurde er 1956 Novizenmeister. Nach der Wahl Abt Bennos zum Abtprimas, wurde er dessen Nachfolge. Die Weihe erteilte ihm der apostolische Nuntius Nuntius Gustavo Tessa (1953-1959)

1969 legte er überraschend seine Ämter nieder und trat aus der Klostergemeinschaft aus. Bis zu seinem Tod 2011 lebte er in München.

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Georg Holzherr wurde am 22. Januar 1927 in Neuendorf im Kanton Solothurn in eine Bauernfamilie geboren. er besuchte das Gymnasium in Beromünster bis 1944. Bis 1948 war er in der Stiftsschule in Einsiedeln. Dort trat er 1948 ins Kloster ein

und legte 1949 als Bruder Georg seine Profess ab. Er studierte Philosophie in Einsiedeln und 1950-1953 Theologie in Sant Anselmo in Rom. In Montecassino wurde er am 24. Juni 1953 zum Priester geweiht. Bis 1956 folgte ein Studium Kirchenrecht an

der Lateranuniversität in Rom. Dort promovierte er zum Dr.jur.cand. Ein Studium Moraltheologie und Pschyologie in München folgte. Von 1957-1969 war er Lehrer an der Stiftschule in Einsiedeln. 1967 wurde er zum Sekretär der Schweizer Benediktinerkongregation

ernannt. Nach dem Rücktritt Raymund Tschudis wurde er 1969 im dritten Wahlgang zum 57. Abt des Klosters Einsiedeln gewählt. Nach der päpstlichen Bestätigung weihte ihn sein Vorvorgänger Kardinal Benno Gut zum Abt. Sicherlich hatte der Rücktritt seines

Vorgängers auch für Unruhe im Kloster gesorgt. Daneben war eine seiner ersten Aufgaben die Umsetzung der Beschlüsse des 2. Vatikanischen Konzils im Bereich der Liturgie. Er musste eine Balance finden, die klösterliche Liturgie in der Kernsubstanz zu erhalten

und gleichzeitig den Anforderungen des Konzils gerecht zu werden. Als Territorialabt war Georg Holzherr auch Mitglied der Schweizerischen Bischofskonferenz. Da war er neben dem Ressort Liturgie eine Zeit lang auch für die Ökumene und Fragen der

Medienarbeit zuständig.

Dem Rückgang der Klostermitglieder musste begegnet werden. Abt Georg tat dies mit einer Konzentration auf die Aufgaben, die sich mit dem Gemeinschaftsleben und Gebetsleben verbinden ließen. Auch die Klosterwirtschaft musste Einschnitte hinnehmen.

Erstmals in 1000 Jahren wurde Klosterland verpachtet. Der Grundbesitz wurde reduziert. Die Theologische schule öffnete sich für auswärtige Dozenten und Schüler und konnte so erhalten werden. Die landwirtschaftliche schule in Pfäffikon wurde dem kanton

abgetreten. Die Stiftsbibliothek und die barocke Klosterkirche wurden restauriert. auch in verschiedenen Statthaltereien wurden Sanierungen durchgeführt. Kurz vor Erreichen der Altersgrenze von 75 Jahren reichte Abt Georg seinen Rücktritt ein.

Als Spiritual im Benediktinerinnenkloster St. Lazarus verbrachte er seinen Lebensabend. Er verstarb am 26. Februar 2012.

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Derr jetzige Abt Martin Werlen ist am 26. März 1962 als Stefan Werlen geboren. Seine Profess legt er am 11. Juli 1987 ab. Er studierte Theologie in Einsiedeln und den USA. Am 25. Juni 1988 wurde er zum Priester geweiht. Am 10. November 2001 wurde er zum 58. Abt

gewählt. Am 16. Dezember 2001 wurde er geweiht. Am 13. Januar 2012 erlitt er infolge eines Sportunfalls eine Hirnblutung. Das Sprachzentrum war beeinträchtig. Er musste praktisch wieder Lesen und Schreiben lernen. Nach Reha und 160 Therapiesitzungen sieht er

sich wieder geheilt. (Bericht in der NZZ vom 27. Mai 2012) Sein Amt wird er 2013 abgeben.(Medienmitteilung  vom 21. Januar 2013)

Der Konvent umfasst laut homepage des Klosters etwa 70 Mönche. Das Kloster besteht seit 934 und ist eines der wenigen Klöster im deutschsprachigen Raum, die ununterbrochen bestehen

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22 Okt. 2013

DIE FAMILIE VON STADION

Stadion-Wappen

 

Die Familie von Stadion stammte ursprünglich aus Graubünden. Im 13. Jahrhundert erwarb sie Besitz in Schwaben. Erstmals urkundlich erwähnt wird ein Henricus de Lapide in einer Urkunde vom 9. September 1197, die

Herzog Philipp von Schwaben in Rottweil ausstellt und in der er dem Kloster Obermarchtal alle von seinem Vater Friedrich und seinem Bruder Heinrich bewilligten Begünstigungen  bestätigt und erneuert . In dieser Urkunde

tritt ein Henricus de Lapide als Zeuge auf (WUB II, Nr. 503). In Schwaben benennt sich die Familie nach ihrem Herrensitz Oberstadion. In einer Urkunde vom 13. Mai 1270 wird dominus Waltherus de Stadegun genannt. (WUB VII. Nr.119)

Im 14. Jahrhundert erscheinen die Enkel des ober genannten Walters wieder in Rätien und Glarus als bischöfliche und österreichische Lehensträger. Am 14. Dezember 1138 stellen Ludwig und Walter von Stadion
dem Churer Bischof Ulrich V. (Ribi) von Lenzburg (1331-1355) für die Burg(Alt-)Aspermont ob Trimmis einen Pfandrevers aus. Von 1338-1343 sassen sie als Pfandinhaber auf der Burg. 1340 wurde Ludwig österreichischer Vogt in Glarus. Am 3. 1354  urkundet der Churer Bischof Ulrich V. (Ribi) von Lenzburg (1331-1355) , dass Ritter Ludwig von Stadion mit seiner Zustimmung die Feste (Alt-)Aspermont Heinrich und Martin Buwigs um 600 Pfund und zwar unter gleichen Bedingungen wie dieselbe Burg dem Stadion vom Hochstift Chur versetzt worden war. Ludwig wird in der Urkunde allein erwähnt. Sein Bruder Walter war ja 1352 bei Näfels im Kampf gegen die Glarner gefallen. Von 1348-1353 sassen die Stadion auf der Marschlins bei Iglis,die 1337 als Lehen an Herzog Albrecht II gekommen war.

1339 hatten die Brüder Walter und Ludwig zusammen mit seinem Sohn Eitel für drei Jahre von Swigger von Schellenberg die Kastvogtei über das Kloster Ochsenhausen gekauft.

Ludwig war mit Anna von Frielingen (+ 1357  Daten Ludwigs und Annas nach Wilhelm Karl Prinz zu Isenburg, Europäische Stammtafeln) verheiratet und hatte mit ihr 4 Kinder, drei Töchter und den Sohn Eitel. Ludwig starb  1364. Eitel hatte drei Söhne,

Wilhelm, Konrad und Johann. Unter diese wurde der Stadionsche Besitz aufgeteilt. Eitel starb 1386. Konrad begründete die elsässische Linie. Johann der Reiche war württembergischer Landhofmeister und hatte mit Margareta von Stain einen Sohn Ludwig, der aber schon 1472 verstarb (nach Wilhelm Karl Prinz zu Isenburg)Ludwig war mit Margareta von Gravenegg verheiratet, mit der eine Tochter hatte, Waldburg von Stadion. Diese starb1498. Die Söhne Konrad, Burkhard, Wilhelm und Nikolaus hatten keine Nachkommen, bzw. erreichten das heiratsfähige Alter nicht.Damit war die Familie ausgestorben. Johann der Reiche hatte ein  beträchtliches Vermögen erworben, dass alles der Linie von Konrad zufiel.

Konrad hatte drei Söhne, Walter, Pankraz und Johann. Pankraz war mit Agnes von Laubenberg verheiratet. Aus dieser Ehe gingen vier Söhne hervor nämlich Konrad, Nikolaus, Johann und Walter. Nikolaus war mit Agnes von Gültingen verheiratet. Nikolaus von Stadion ließ sich in Schelklingen nieder. Der Bruder von Nikolaus war mit Clara von Wernau  verheiratet. Die Familie war auch in Schelklingen begütert. Außerdem lag die Pfandherrschaft über Schelklingen bei der schwäbischen Linie der Familie Stadion.Das alles mögen Gründe gewesen sein, die Nikolaus veranlasst haben, seinen Wohnsitz in Schelklingen zu nehmen. Dort erwarb er kurz vor 1475 ein Haus.In diesem Haus wurde 1878 sein Sohn Christoph geboren.

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In Schelklingen hat Christoph wohl die Lateinschule besucht. Schon mit 12 Jahren immatrikulierte er sich am 22. April 1490 an der Universität in Tübingen. 1491 wurde er Baccalaureus und am 28. Januar 1494 erhielt er den Magister der Artistenfakultät.

In Tübingen setzte er sich mit dem Humanismus auseinander. Ab 1494 studierte er in Freiburg im Breisgau. 1497 wechselte er nach Bologna und studierte dort Rechtswissenschaften. Nicht vor 1506 machte er in Ferrara den Doktor jur. Er kehrte nach Deutschland zurück und wurde in Augsburg Domherr. 1517 wurde er Domdekan. Auch erhielt er den Rang eines kaiserlichen Rats. Der Augsburger Bischof Heinrich von Lichtenau (1505-1517) wählte in Absprache mit dem Domkapitel bereits todkrank Christoph zu seinem

Koadjudator. Am 10. April 1517 übertrug ihm Papst Leo X. (1513-1521) das Recht auf Nachfolge. Zwei Tage später verstarb Bischof von Lichtenau. Christoph von Stadion wurde am 5.7. 1517 zum Bischof geweiht. Der Beginn seiner Regierung ist zu stürmischen

Zeiten erfolgt. Am 31. Oktober 1517 schlug Luther seine Thesen in Wittenberg an.Auf dem Reichstag in Augsburg 1518 war Martin Luther selbst zugegen. Dort fand vom 12.-14. Oktober die Unterredung mit Kardinal Thomas Cajetan statt, bei der ihn dieser aufforderte, seine 95 Thesen zum Ablass zu widerrufen, da er diese für ketzerisch hielt. Luther widerrief nicht. Seiner drohenden Verhaftung entzog er sich durch Flucht.

220px-Luther-vor-CajetanIn Augsburg hatte Luther schon viele Anhänger. Bischof Christoph nahm aber zunächst eine entschiedene Position gegen diese neue Strömung ein. So belegte er den Pfarrer von Jengen, Caspar Aquila mit dem Bann.

Aquila stammte aus Augsburg und hatte in Wittenberg Theologie studiert. Dann wirkte er als Feldprediger bei Franz von Sickingen. 1516 übernahm er eine Pfarrstelle in Jengen in der Nähe von Buchloe. Dort wurde er mit den Schriften Luthers vertraut.

Er heiratete und predigte im lutherischen Sinn. Die Reformation in Jengen war eingeführt. Bischof Christoph ließ den Pfarrer zudem in Dillingen festsetzen. Bischof Christoph nahm aber eine zunehmend verbindlichere Haltung an. Er näherte sich stark an Erasmus

von Rotterdam an. Erasmus hatte 1516  eine kritische Edition des griechischen Neuen Testaments herausgegeben, die auch Martin Luther als Ausgangstext für seine Bibelübersetzung nutzte und damit natürlich ein wichtiger Wegbereiter für die Reformation war.

Doch Luther hatte die Gegensätzlichkeit der theologischen Standpunkte schon 1516 erkannt. Erasmus sah die Freiheit des Menschen darin, die ihm von Gott angebotene universale Gnade abzulehnen oder anzunehmen. Erasmus sah sehr wohl die Mißstände in der

Kirche und trat auch für eine innere Reform ein. Für ihn war Toleranz und Neutralität wichtig. Die Gefahren der Religionskriege sah er voraus. Bischof Christoph stand mit Erasmus seit 1528 in Verbindung. Als auf dem Augsburger Reichstag 1530 die Confessio Augustana verkündet wurde, nahm Bischof Christoph eine versöhnliche Haltung ein. Er zeigte weitestes Entgegenkommen gegen die Forderungen der Protestanten.Die Confessio Augustana war eine der grundlegenden Bekenntnisschiften der lutherischen Reichsstände. Verfasst worden war sie von Philipp Melanchthon. Kaiser Karl ließ eine  Erwiderung darauf verfassen, die “confutatio”. Federführend war der papsttreue Theologe Johannes Eck, der in der Leipziger Disputation von 1519 das Streitgespräch mit Luther führte. Die Bemühungen Bischof Christophs waren weitgehend erfolglos. Das machte ihn müde und hoffnungslos. Der Bauernkrieg von 1525 hatte auch das Gebiet seines Hochstiftes schwer erschüttert. Am 18. Januar 1537 erließ die Freie Reichsstadt Augsburg ein Dekret, das den Klerus der Stadt zur Ausreise zwang. Bischof Christoph hatte schon vorher einen Sitz in Dillingen. Nun wurde auch der Sitz des Hochstifts nach Dillingen verlegt. Von jetzt an residierte der Bischof im Dillinger Schloss. Beim Reichstag in Nürnberg 1543 war er als Kaiserlicher Kommissar tätig. Beim Reichstag erlitt er einen Schlaganfall, an dem er verstarb. Er wurde in der Dillinger Pfarrkirche bestattet. Als Landesherr hatte er 1519 eine Straf-und Gerichtsordnung für Rettenbach erlassen. Auch hatte er Anläufe zur Reform des Klerus unternommen, allerdings ohne die notwendige Nachhaltigkeit. Er war geprägt von einer erasmisch-humanistischen Auffassung des Christentums. Er war wohl –sicher auch bedingt durch seinen Studiengang- wohl mehr Jurist als Theologe.

Auch war er wohl etwas zaghaft und dem Tumult abgeneigt, keine guten Voraussetzungen für diese stürmischen Zeiten. Und so fällt seine Bilanz auch etwas durchwachsen aus. Er galt aber als einer der gelehrtesten Bischöfe Deutschlands. Er  war geachtet von

Fürsten und vom Kaiser. In Zusmarshausen hatte er Hospital gestiftet, das bis in die Neuzeit Bestand hatte.

Der Bruder Bischofs Christoph Johann war mit Agnes von Stain verheiratet. Mit ihr hatte er sieben Söhne unter anderem Johann Christoph von Stadion und Johann Kaspar von Stadion. Johann Kaspar wurde am 21. Dezember 1567 in Beffort geboren, einem kleinen

Städtchen und Schloss im Sundgau. 1594 trat er in den Deutschen Orden ein. Er kam an den Hof des Hoch und Deutschmeisters Erzherzog Maximilians von Österreich. 1594 zog der Erzherzog nach Ungarn, wo sein Bruder Matthias den Oberbefehl im Kampf

220px-Brunnenfigurstadion

gegen die Türken den Oberbefehl innehatte.Im Jahre 1596 wechselte der Oberbefehl an Maximilian. Johann Kaspar bekam dabei den Befehl über eine Schar mit 1000 Pferden übertragen. Bis 1597 kämpfte er in Ungarn. Dann kehrte er nach Wien zurück.

1606 war Komtur in Freiburg, 1624 – 26 auf der Mainau. 1626 Landkomtur. Bis zum Tode Erzherzogs Maximilian war er auch dessen Oberstkämmerer und Oberhofmeister. Dann war er am Hof des Bruders des Kaisers Ferdinand II., Erzherzog Leopolds

in Innsbruck als kaiserlicher Kämmerer und diesem zugeordneter Assistenzrat. Er hatte seine administrativen Fähigkeiten ja schon unter Beweis gestellt und auch ausreichend Kriegserfahrung im Kampf gegen die Türken erworben. Als dann der kaiserliche

Feldmarschall Hans Freiherr von Molart am 15. Juni 1619 starb, berief ihn Kaiser Ferdinand zum Präsidenten des Hofkriegsrats. Auch Kommandant der Stadt Guardia Wien war er. Diese war eine dem Hofkriegsrat unterstellte Einheit, die den Auftrag hatte,

für die „Ordnung auf den Stadtmauern“ zu sorgen. Er wurde oft zu den Kriegsobersten in die Feldlager geschickt, um ihnen beratend zur Seite zu stehen. Auch als es im österreichischen Heer um Reformprojekte und Operationspläne geht, hat seine Stimme Gewicht.

Am 16. Januar 1622 bestimmte ihn der Kaiser als Mitglied in den Geheimen Rath, in welchem Eggenberg, Trauttmannsdorf,Liechtenstein, Ulm und Stralendorf außer ihm Sitz und Stimme hatten.  Auch im Orden ging sein Aufstieg weiter. 1626 hatte er die Landkomtur

Elsass inne. 1627 wählte ihn das Generalkapitels des Deutschen Ordens zum Hoch und Deutschmeister. Ende März 1621 sollte er das Kommando über die Reichsmiliz übernehmen. Er lehnte jedoch ab. Als Gustav Adolf nach Deutschland vorstieß, war

Johann Kaspar auch bei der Schlacht von Nördlingen 1634 dabei. Für seine Kaisertreue übertrug ihm Ferdinand 1637 die Grafschaft Weikersheim. Mittlerweile hochbetagt wurde ihm Erzherzog Leopold Wilhelm als Koadjudator zur Seite gestellt.

Trotz seines hohen Alters wurde er aber immer als diplomatischer und strategischer Berater gerufen. Auch 1641 machte er sich mit 74 Jahren nochmals auf den Weg zur kaiserlichen Hauptarmee. In dem Dorf Ammern in der Nähe von Mühlhausen in Thüringen

erlitt er einen Schlaganfall und starb. Er wurde nach Mergentheim überführt, wo er bestattet ist.

Der Bruder Johann Kaspars Johann Christoph war mit Margareta von Sickingen verheiratet. Aus dieser Ehe gingen 5 Söhne und eine Tochter hervor. Der Sohn Johann Christoph von Stadion wurde am 15.06. 1610 geboren. Er heiratete Maria Magdalena von Ostein,

die am 22.10. 1610 geboren ist. Aus dieser Ehe gingen 10 Kinder hervor. Zwei davon wollen wir näher betrachten. Am 16.01. 1637 kam Franz Kaspar zur Welt. Er wurde 1673 Bischof von Lavant und war das bis 1704.  Vorher war Franz Kaspar Domherr in Salzburg,

Bamberg und Würzburg. Ernannt hatte ihn der Salzburger Erzbischof Maximilian Gandolph (1668-1687). Der Bischofssitz war in St. Andrä im Lavanttal. Lavant war ein Salzburger Eigenbistum. Am 28. März 1679 schenkte Erzbischof Maximilian Gandolf

Gut und Schloss Thürn im Lavanttal dem Bistum Lavant, da das Einkommen des Bischofs so gering war. Er konnte auch Schloss Kolleg für das Bistum erwerben. Darüber gibt es einen Kaufbrief vom 20. April 1693, indem der Verkauf an den Domprobst bestätigt wird.

Auch Reideben konnte für das Domkapitel erworben werden.

In St. Andrä hatte Bischof Franz die Loreto – Kirche gebaut. Franz Kaspar war wohl  “ein Mann voll wahrer Gottesfurcht,christlicher Liebe und Milde, unermüdlichen Eifers in Erfüllung seiner hohen seelsorgerlichen Pflichten” wie es 1841 bei Karlmann Tangl in der

Reihe der Bischöfe von Lavant auf Seite 304 heißt.

Johann Philipp Joseph, Graf von Stadion-Warthausen, und Thannhausen, der Bruder Franz Kaspars , ist am 6.10.1652 in Maasmünster im Elsass geboren. Er war drei mal verheiratet.  Seine politische Karriere startete er als Würzburger Gesandter in Paris.Dann wurde

mainzischer Kammerpräsident und schließlich kurmainzischer Oberhofmeister. Damit hatte er automatisch großes Gewicht im Deutschen Reich, denn der Mainzer Erzbischof war auch Reichserzkanzler.  Aufgrund seiner herausragenden reichsrechtlichen Stellung war der Erzbischof der zweitwichtigste Mann im Heiligen Römischen Reich. Im Laufe der Jahre war diese Position allmählich unumstritten, aber Ende des 15. Jahrhunderts hatten die Mainzer Erzbischöfe sie wieder erreicht. Der Erzkanzler hatte besondere

Vorzüge und Rechte bei der Kaiserwahl und Krönung. Er hatte das Recht, die Kaiser-oder Königswahl zu leiten. Beim Tod des jeweiligen Reichsoberhaupts war er für die Zeit des Interregnums war er praktisch Reichsverweser. Er war beim Tod des Kaisers sofort zu

benachrichtigen. Er berief dann die Kurfürsten ein und setzte Wahlort und Wahltermin fest.

Kurmainz unterhielt am kaiserlichen Hof eine eigene Kanzlei, die Reichskanzlei oder Reichshofkanzlei genannt wurde. Folglich verfasste also Kurmainz die  Reichskanzleiordnungen. Die Reichskanzlei bewahrte das kaiserliche

Siegel und führte das Reichsarchiv. Eine wichtige Funktion hatte noch das Reichsdirektorium auf dem Immerwährenden Reichstag. Kurmainz führte das Direktorium und in diesem Sinne kann man  Kurmainz  durchaus als Vorgänger des heutigen

Bundesratspräsidenten sehen. Diese exponierte Stellung hatte natürlich auch eine rege Korrespondenz mit dem Kaiser, dem Papst, den Reichsständen und den bedeutenden , kleinen und auswärtigen Herrschern zufolge. Und so hatte der oberste Landesbeamte

eben eine ganz andere Funktion in diesem Apparat wie der eines kleines Kurfürstentums. Johann Philipp von Stadion wirkte bei vielen Türkenhilfen mit. Die Kriege gegen Ludwig XIV. waren natürlich ein Thema. An der Augsburger Liga, ein am 9. Juli

1686 geschlossenes Defensivbündnis zwischen Kaiser Leopold I., König Karl II. von Spanien, König Karl IX. von Schweden, Kurfürst Maximilian II.von Bayern und den Mitgliedern des fränkischen und oberrheinischen Reichskreises, wirkte er mit. Auch beim Ausbruch

des Pfälzischen Erbfolgekriegs war er tätig. Er nahm er  als Gesandter des Rheinkreises an den Friedensverhandlungen  von Utrecht im September 1712 teil. Der Friede wurde 1713 geschlossen. Auch bei den Verhandlungen für den

Frieden von Baden im Aargau war er dabei. Kaiser Leopold I. (1640-1705) erhob ihn am 21. April 1686 zum Freiherrn und am 1. Mai  1705 erfolgte die Standeserhöhung zum Grafen.  1696 erwarb er die Herrschaft Warthausen und 1705 die Herrschaft Thannhausen.

1653 hatte Graf Georg Ludwig von Sinzendorf die Reichsherrschaft Thannhausen  käuflich erworben. Von Sinzendorf war Reichserbschatzmeister, wurde allerdings 1680 wegen Betrugs und Unterschlagung seines Amtes enthoben. Die Familie musste die Herrschaft

verkaufen, um Steuerschulden zu tilgen. Diese Herrschaft erwarb dann Graf Johann Philipp  1705. Infolge dieses Erwerbs wurde er am 3. Mai 1708 in das Schwäbische Reichsgrafenkolleg aufgenommen.

Graf Johann Philipp war dreimal verheiratet. Seine erste Ehefrau Anna Maria Eva Faust von Stromberg verstarb am 10.10.1683. Aus dieser Ehe waren fünf Kinder hervorgegangen, 3 Töchter und zwei Söhne. Franz Konrad von Stadion wurde am 28. August 1679 in

Arnstein geboren.Er startete seine kirchliche Laufbahn sehr früh. Schon 1695 trat er in das Domstift in Bamberg ein. Er studierte in Rom und Angers. Seit 1709 war er kurmainzischer Gesandter am brandenburgischen und sächsischen Hof. Seit 1719 war er auch im

Würzburger Domkapitel vertreten.1727 wurde er in Würzburg Domprobst. Am 23. Juli 1753 wurde er Nachfolger des verstorbenen Fürstbischofs  Johann Philipp Anton von und zu Frankenstein. Er verstarb nach nur vier Jahren im Amt des Bamberger

Bischofs im März 1757. Er galt als religiös. Er veranlasste die Einführung eines neuen Katechismus für den Schulunterricht im Hochstift Bamberg. Auch förderte er die Volksmission der Jesuiten in Bamberg.

Zurück zu Graf Johann Philipp. Nach dem Tod seiner ersten Ehefrau heiratete er Maria Anna Gräfin von Schönborn. Sie war die Nichte seines Dienstherrn, des Erzbischofs Lothar Franz von Schönborn (1655-1729). Aus dieser Ehe gingen 9 Kinder hervor,

für uns im Rahmen des Blogs von Interesse Anton Heinrich Friedrich. In dritter Ehe heiratete Johann Philipp Maria Anna, Freiin Wambolt von Umstadt. Auch diese Ehe war kinderreich. 10 Nachkommen entsprossen ihr.

Kommen wir nun zu Anton Heinrich Friedrich, Graf von Stadion-Warthausen und Thannhausen. Bei einer Schlossführung in Warthausen wurde mein Interesse für dieses Mitglied der Familie von Stadion geweckt. An ihn wird ja auch im Rahmen des Biberacher

Schützenfestes erinnert. Bei der Recherche fand ich aber die gesamte Familie so interessant, dass ich da vieles halt nicht einfach unter den Tisch fallen lassen wollte.

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Anton Heinrich wurde am 5. April 1691 in Würzburg geboren. Er studierte an der Universität Mainz Jura und Kameralwissenschaften. Die Kameralwissenschaften sollten Studierenden, die Kammerbeamte werden wollten, die erforderlichen Kenntnisse

für die Verwaltung in einem absolutistischen Staat vermitteln. Kameralwissenschaft wurde in zwei Teile gegliedert, zum einen Ökonomie, zum anderen Verwaltung. Schon in seinem Studiengang wurde der junge von Stadion also bestens auf den

angestrebten Beruf vorbereitet. Natürlich wurde auch er nach Abschluss seines Studiums auf Kavalierstouren geschickt. Er reiste nach Holland, Italien und Frankreich. Er begegnete dort den größten Geistern seiner Zeit, so in Frankreich Voltaire,

der ihn sehr beeindruckte. Er blieb auch weiter in Verbindung mit Voltaire. Er war sehr begabt und seine Reisen unternahm er mit sehr wachen Augen. Er wurde schon sehr jung in den Staatsdienst aufgenommen. Anton Heinrichs Vater trat 1737 von

allen Ämtern am kurmainzischen Hof zurück. Anton Heinrich begann seine öffentliche Laufbahn auch in kurmainzischen Diensten. Er wurde Geheimer Rat, dann Hofmarschall.In Bischofsheim, dem heutigen Tauberbischofsheim wurde er 1718

Oberamtmann. Dann kam er nach Mainz, wo er Staatsund Hofminister und schließlich  wie sein Vater Oberhofmeister wurde. Der erste Mainzer Erzbischof, unter dem er diente, war Philipp Karl von Eltz-Kempenich. Philipp Karl wurde im Juni 1732 neuer Erzbischof

in Köln und blieb dies bis zu seinem Tod 1743. Auf ihn folgte Johann Friedrich Karl von Ostein, ein Cousin von Anton Heinrich. Beide Herrscher waren schwach und in Staatsgeschäften sehr unerfahren.

1737 , imselben Jahr als Graf Johann Philipp von allen Ämtern zurückgetreten war, hatte Anton Heinrich den Rollingschen Hof erworben. Der Geheime Hofrat Lothar Friedrich von Rollingen hatte ihn in den Jahren 1628 bis 1633 erbauen lassen. Nach dem Erwerb durch

Anton Heinrich wurde er das Gebäude in Stadionscher Hof umbenannt.

Nachdem Tod von Philipp Karl von Eltz-Kempenich am 21. März 1743 wählte das Mainzer Domkapitel auch unter dem Druck der Pragmatischen Armee Johann Friedrich Karl von Ostein zum neuen Mainzer Erzbischof. Der bisherige Domkustos war

ein entschiedener Parteigänger Habsburgs. Nach dem Tod Karls VII. (1742-1745) gelang es ihm, im Bayrisch-Österreichischen Erbfolgekrieg zu vermitteln. In Füssen wurde  am 22. 4. 1745 Frieden geschlossen und damit der  Österreichischen Erbfolgekrieg  zwischen

Österreich und Bayern beendet. Kurfürst Max Joseph verzichtete auf die Kaiserwürde und alle Ansprüche auf österreichische Länder, anerkannte die Pragmatische Sanktion und versprach gegen Rückgabe seiner Länder Franz Stephan, dem Gemahl Maria Theresias,

bei der Kaiserwahl seine Stimme. Formell beendet war der Krieg zwar erst mit dem Frieden von Aachen. Der Füssener Friede hatte zunächst nur die Einigung zwischen Bayern und Österreich gebracht. In Aachen wurden Vereinbarungen zwischen

Österreich und England, die in diesem Krieg verbündet waren und Preussen und Frankreich andererseits getroffen. Im Bereich des Kurstaates war aber der Friede schon mit dem Vertrag in Füssen eingetreten.  Der Mainzer Erzbischof lud als Reichserzkanzler

zur Kaiserwahl nach Frankfurt. Dort wurde am 13. September 1745 Franz Stephan von Lothringen zum Kaiser gewählt. Der bayrische Kurfürst hatte sich in Füssen ja bereit erklärt, der Wahl zu zustimmen. Sieben der neun Kurfürsten stimmten für Franz I. Stephan.

Als er am 4. Oktober 1745 im Kaiserdom zu Frankfurt gekrönt wurde, kniete seine Gemahlin Maria Theresia nicht wie üblich neben ihrem Mann. Sie blieb unter den Zuschauern. Im Gegensatz zum neugewählten Kaiser besaß sie als Monarchin von Ungarn und

Böhmen und regierende Erzherzogin der habsburgischen Erblande wirkliche Macht. Der Kaiser war im 18. Jahrhundert für Zeremonien und Repräsentation zuständig. Er nahm Adels-und Ordensverleihungen vor. Friedrich der Große sagte zur Kaiserwürde, sie sei nur

“leerer Titel”.

Natürlich war die agierende Person immer der Mainzer Erzbischof. Man kann aber annehmen, dass Graf Anton Heinrich die Strippen zog, zumal er gut vernetzt war, während Friedrich Karl von Ostein ja kaum praktische Erfahrung in Staatsgeschäften hatte.

Auch im Kurstaat stellte der Oberhofmeister die Weichen. Er führte ein gültiges Landrecht im Kurstaat ein, das willkürlichen Rechtsabweichungen ein Ende machte. Ergänzt wurde das durch eine neue zeitgemäße Gerichtsordnung. Sie regelte den Verlauf von

Verfahren in Bürgerlichen und Strafsachen. Er erließ für die Förderung von Handel und Verkehr wichtige Verordnungen. Er führte zwei vierzehntägige Messen in Mainz ein. Er erließ Verordnungen zur Regelung des Messkredits und der Zahlungstermine. Er schuf

eine Vertretung des Handelsstandes unter Leitung des Vicedom-Amts. Das ist der Vorläufer einer künftigen Handelskammer. Sie hatte über alles zu beraten, „was zur Aufnahme der Gewerbe und Kauffmannschaft dahier gereichen, und Schaden und Abgang zu

verhindern vermag.“  Begleitet wurde dies von einer Neuregelung des Schiffahrtswesens. Auch über eine Verbesserung des Pfandverkehrs wurde nachgedacht. Das Löschwesen wurde verbessert. Und man versuchte den Bettelunfug in Griff zu bekommen.

1746 wurden die Privilegien der Universität erneuert. Der Erzbischof ließ einen botanischen Garten errichten und ein Anatomisches Institut wurde errichtet. Der Einfluss der Jesuiten wurde allerdings nicht zurückgedrängt.

Wenig Unterstützung hatte der Oberhofmeister von seinem Erzbischof allerdings, wenn es um religiöse Angelegenheiten ging. Als er ein 1720 errichtetes Kreuz entfernen ließ,um Platz für die Messe zugewinnen wurde geschickt Stimmung gegen den

aufklärerischen Oberhofmeister gemacht. Um die aufgebrachte Menge zu beruhigen, ließ die Regierung ein neues Kreuz errichten. Johann Baptist Horix war Doktor beider Rechte, der weltlichen und kirchlichen. Er unterrichtete als Professor an

der Universität Mainz. Er war einer der ersten Dozenten, die ihre Vorlesungen in deutsch hielten. In einer Arbeit “Tractatiuncula in fontibus juris canonici germanici”, kämpfte er gegen die von Rom angestrebte Vermehrung der Machtvollkommenheit an.

Die Geistlichkeit regte sich gegen den Gelehrten und ruhte nicht, bis dieser gemaßregelt wurde. Es gelang auch von Stadion darin zu verwickeln. Dieser musste schließlich eine Erklärung abgeben, er habe an der Arbeit des von ihm protegierten Professors

keinen Anteil.  Dies alles und die Erkenntnis, dass er bei seinem Herrn keinen Rückhalt hatte, veranlassten ihn, sich nach Warthausen zurück zuziehen, ohne aus dem Staatsdienst auszuscheiden.

Christoph Martin Wieland nennt einen anderen Grund für den Rückzug aus Mainz: „Der Graf von Stadion hatte den Cardinalnepoten, wie man ihn damals  am mainzer Hofe nannte, zum Fenster hinauswerfen wollen, und erhielt daher den Befehl, nach Warthausen, eine Stunde von Biberach, wo er Oberamtmann war, sich zu verfügen, und nicht eher als gerufen wieder  bei Hofe zu erscheinen.“(in Historisches Taschenbuch 10 S. 395 f.)

Sein Vater Johann Philipp hatte die Herrschaft Warthausen ja 1695 erworben.

Anton Heinrich hatte am 27. Juni 1724 in Ebnet bei Freiburg Maria Anna Augusta Antonia Euphemia Euphrosyna von Sickingen zu Hohenburg geheiratet. Dieser Ehe entstammten drei Söhne, von denen einer allerdings nur ein Jahr alt wurde und drei Töchter.

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Aus seiner Zeit aus Tauberbischofsheim stammt Georg Michael Anton Frank von Lichtenfels gen. von La Roche, den er zwar nicht legitimierte, der aber beste Ausbildung erhielt.

Zu Schloss Warthausen siehe Blog.  Graf von Stadion hatte sich 1756 ins Biberacher Bürgerrecht eingekauft. Er hatte auch ein Haus in Biberach erworben, das der damalige Biberacher Bürgermeister Wilhelm von Brandenburg erbaut hatte.

(Biberacher Bauchronik von 1928-Preisersche Chronik-S. 174.) Er ließ es kostbar einrichten. Die Rokoko-Stuckdecken im Haus, die Balustertreppe und die Tür mit Messingbeschlägen stammen wohl aus dieser Zeit.

Von Stadion nutzte das Haus als Sommerresidenz, wenn er in Biberach weilte. In diesem Haus hat er wohl auch Christoph Martin Wieland getroffen, der ja nur ein paar hundert Meter davon entfernt wohnte und als Städtischer Kanzleiverwalter

arbeitete. Als Georg Michael La Roche Warthausener Oberamtmann war, bewohnte er dieses Haus in der heutigen Biberacher Hindenburgstraße.

Graf Anton Heinrich hatte auch in Warthausen einige Veränderungen vorgenommen. So ließ er die bis dahin gotische Schlosskapelle barockisieren. Im heute sogenannten Damensalon ist eine aus der Zeit von 1720 original erhaltene Seidentapete zu bewundern.

Dort ist auch viel Porzellan ausgestellt. Vieles  sind Hochzeitsgeschenke zur Vermählung mit Maria Anna Augusta. Es sind alle Manufakturen der damaligen Zeit vertreten. Auch eine beachtliche Chinosoirie-Sammlung ist zusehen.

Ein Schmuckstück ist natürlich die Bibliothek, zum einen der Raum selbst, aber natürlich der Inhalt. Licht erhält der Raum durch zwei Fenster in Ost-West-Richtung. Er hat also den ganzen Tag Tageslicht. Die Fenster sind mit Butzenglas versehen,

das eine fokussierende Wirkung hat und so lange Tageslicht herrscht, optimale Lesebedingungen bietet. Die Bibliothek ist ins Denkmalbuch Baden-Württemberg eingetragen und wird von der Landesbibliothek betreut. Es ist dies ein repräsentatives

Zeugnis süddeutscher und aristokratischer Bibliothekskultur. Zusätzlich interessant ist die Bibliothek natürlich auch durch die Tatsache, dass sich Wieland oft und gerne in Warthausen aufgehalten hat, oder mit Wielands Worten Johann Georg Zimmermann

in einem Brief vom 22. Juni 1762 in Christoph Martin Briefwechsel hsg v. der Dt.Akademie der Wiss. (WB) Bd. III, Berlin 1975,S.93 “ un endroit où je passe de tems en tems quelques jour´s aussi agreablement qu’il le faut oublier ma situation desastreuse dans ma

villaine patrie”. Interessant ist die Bibliothek natürlich vor allem dadurch, dass die Möglichkeit, diese Bibliothek zu nutzen, in die Zeit fiel, in der Wieland an der Geschichte des Agathon und an seinen Shakespeare –Übersetzungen arbeitete. Die Bibliothek umfasst

rund 1400 Bände. Mehr als die Hälfte davon sind Geschichtswerke, Reisebeschreibungen, staatswissenschaftliche und ökonomische Beschreibungen. Sehr vieles davon sind französische Werke. Sie hat auch eine umfangreiche höfische Traktatliteratur,

Werke über Grundlagen der Adelserziehung. Wieland war ja ab 1772 in Weimar als Prinzenerzieher für die beiden Söhne von Anna Amalia von Sachsen-Weimar tätig. Dann sind in der Stadionschen Bibliothek natürlich  politische und philosophische Werke der

europäischen Frühaufklärung vertreten, die meisten in französischer Sprache oder Übersetzung. Francis Bacon Neuf Livres De la Dignité et De l’Acroissement des Sciences, Pierre Bayle, Dictionnaire historique et critique, einige Bücher von Réné Descartes,

Hugo Grotius Le Droit, La Guerre et la Paix,Voltaire, Oeuvres, Anti-Macchiavelli. Nicht verwunderlich ist Voltaire, schließlich ist von Stadion ja schon auf seinen Kavalierstouren begegnet und war von ihm beeindruckt. Dann ist Leibniz in Warthausen zu finden.

Einen großen Rahmen nimmt die französische Literatur von 1600 bis 1750 ein. Englische Literatur ist in Warthausen kaum verzeichnet. Daraus kann man schließen, dass Wielands  Rezeption englischer Literatur schon in seine Schweizer Zeit von 1752-1759

bei Bodmer fiel. Deutsche Dichtung des 18. Jahrhunderts ist in der Stadionschen Bibliotherk kaum präsent. Es ist noch eine handsignierte Aussage von Kant zu finden und natürlich eine komplette Wielandausgabe, die aber möglicherweise erst durch die Enkel

von Anton Heinrich hinzukamen.

Ab 1761 lebte Graf Anton Heinrich in Warthausen. Auch Georg Michael Frank von La Roche ging mit dem Grafen nach Warthausen. Er war dort Oberamtmann und übernahm die Verwaltung des Guts. 1753 hatte er Sophie von Gutermann geheiratet. Sie war

die Tochter des Kaufbeurer Arztes Georg Friedrich Gutermann zu Gutershofen.Sie war von ihrer Familie nach Biberach gebracht worden, weil sie sich in Augsburg mit dem Italiener Giovanni Ludovico Bianconi verlobt hatte. Die Familie wünschte aber die

Eheverbindung auch aus konfessionellen Gründen nicht. In Biberach traf sie den evangelischen Pfarrersohn, ihren Cousin Christoph Martin Wieland. Ihre Seelenverwandschaft führte bald dazu, dass sie sich verlobten. Allerdings löste Sophie diese

Verlobung als Wieland bei Johann Jakob Bodmer in Zürich weilte. Ende 1753 heiratete sie nun Georg Michael Frank von La Roche. Sophie war als Hofdame und Gesellschafterin am Warthauser Hof. Wieland war mittlerweile zunächst Senator und dann

Kanzleiverwalter in Biberach.Nicht weit von Warthausen ist das Kloster Obermarchtal. Dort war  Sebastian Sailer Prämonstratensermönch. Er war gefragter Prediger und vielseitiger Autor. 1764 war Ignaz Valentin Heggelin Pfarrer in Warthausen geworden,

auch er durchaus mit den Schriften der Aufklärung vertraut. Dann war noch Maria Maximiliana, die Tochter des Grafen. Seit 1754 ist sie als Stiftsdame des Freiweltlichen Damenstifts in Buchau verzeichnet. Am 18. Januar 1775 wurde sie dort als letzte Äbtissin

gewählt. Dieser kleine Kreis traf sich regelmäßig zum Gedankenaustausch in Warthausen und ist später als Warthauser Musenhof bekannt geworden. Auch Johann Heinrich Tischbein war immer wieder zugegen und fertigte Porträts des Kreises an. Auch das obige

Bild von Anton Heinrich Johann stammt von ihm. Als Johann Heinrich gerade 14 Jahre alt war, malte er ein Porträt des Kochs des Grafen. Das wurde auch dem Grafen gezeigt. Er erkannte das Talent des Jungen. Er förderte ihn und ermöglichte ihm eine Ausbildung in

Paris. Später stellte er den Kontakt zum Landgrafen Wilhelm VII. her. Er fertigte ein Porträt des Landgrafen an. Obwohl der Maler nur einen Tag zur Verfügung hatte und er außerdem von heftigen Zahnschmerzen geplagt war, gelang das Bild so gut,

dass er zum Hofmaler Wilhelms VII. ernannt wurde.

Auch den aus Reutte in Tirol zugewanderten Tischler Anton Haaf hatte er gefördert. Er hatte ihn auf die Bauakademie nach Wien geschickt. In Warthausen führte er im Auftrag des Grafen einige Umbauten durch. In Bönningheim wurde er mit dem Neubau des

Schlosses beauftragt, das über  Anton Heinrichs Vater in den Besitz der Familie Stadion gelangt war. Die Pläne für das Schloss stammen aber wohl von Anselm Franz Reichsfreiherr von Ritter zu Groenesteyn, der auch den Stadionschen Hof in Mainz gebaut hatte, der

manchmal als der “ große    Bruder “ des Bönnigheimer Schlosses bezeichnet wurde.

Nicht nur Friedrich der Große hatte in seinem Land die Kartoffel eingeführt. Auch Graf von Stadion hatte das in seiner kleinen Herrschaft gemacht. Die Riss hatte ein neues Bett bekommen und auf dem neugewonnenen Land ließ der Graf die Kartoffel

anpflanzen.

Zu von  Ostein’s Nachfolger Emmerich Josef v. Breidbach-Büresheim kam es wieder zu freundschaftlichen Beziehungen zwischen dem ehemaligen Oberhofmeister und dem Kurfürsten, ohne dass Graf Anton Heinrich wieder in den kurmainzischen Staatsdienst

zurückkehrte. Und dank dieser Beziehung hatte er durchaus noch Einfluß. So wurde auf seinen Rat Christoph Martin Wieland als Professor der Philosophie nach Erfurt berufen, was in konservativen Mainzer Kreisen nicht besonders gut ankam. Auch beim Umbau

des Mainzer Schulwesens  spielten Stadion’s Freunde Freiherr v. Benzel-Sternau und Großhofmeister v. Grosschlag, beide freisinnige Männer, eine hervorragende Rolle.

Die Ehe mit Maria Anna von Sickingen war wohl nicht besonders glücklich. Maria Anna war wohl etwas engstirnig fromm und so ziemlich das Gegenteil ihres freisinnigen Gattens. Das Ehepaar lebte meist getrennt, sie die meiste Zeit in Freiburg.

Graf Anton Heinrich Friedrich verstarb am 26. Oktober 1768 in Warthausen.

Er hatte eine enorme politische Gestaltungskraft gezeigt. Ohne selbst schriftstellerisch tätig zu sein, hat er durch die Förderung Wielands und Sophie La Roches auch der deutschen Literatur Impulse gegeben. Seine Förderung Wielands in Biberach,

die Möglichkeit in Warthausen zu arbeiten und dass von Stadion Wieland den Weg nach Erfurt geebnet hat, hat diesem sicher einiges erleichtert.

Und auch seine Söhne haben wohl einiges von seinem Talent geerbt. La Roche hat in Trier dieselbe Stellung wie der Vater in Mainz eingenommen. Seine Frau Sophie war die bedeutendste Schriftstellerin ihrer Zeit. Die Geschichte des Fräuleins von Sternheim

gilt als der erste von einer Frau geschriebene Roman. Über ihre Tochter Maximiliane wurde sie zur Großmutter von Bettina von Arnim und Clemens Brentano.

Der Sohn von Graf Anton Heinrich Johann Franz Konrad von Stadion zu Warthausen und Thannhausen wurde  am 15.03.1736 geboren. Er heiratete Maria Ludovica geb. Zobel von Giebelstadt. Am 18. Juni 1763 wurde Johann Philipp Karl Joseph Graf von Stadion

geboren. Sein erster Sohn Friedrich Lothar Graf von Stadion-Warthausen wurde am 6. April 1761 geboren. Er erkrankte früh an Tuberkulose und musste deshalb auf sein Erzgeburtsrecht verzichten. Er wurde für den geistlichen Dienst bestimmt und wurde Domherr in

Mainz. Sein Bruder  Johann Philipp Carl Joseph wurde am 18.06.1763 in Warthausen geboren. Johann Philipp studierte Jura in Nancy und Göttingen. Nach dem Studium ging er mit seinem Bruder auf Kavalierstour begleitet vom gemeinsamen

Erzieher Joseph Hieronymus Karl Kolborn. Für die beiden Brüder blieb er zeitlebens ein enger Berater und Vertrauter.

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Johann Philipp absolvierte ein Praktikum am Wiener Hofrat. 1787 trat er in den österreichischen diplomatischen Dienst ein. von 1787 bis 1790 war er Gesandter in Stockholm. Dann übernahm er die Gesandtschaft in London. Er konnte das angespannte britisch-

österreichische Verhältnis entspannen. Er trug auch maßgeblich zum Eintritt Englands in die Koalitionskriege gegen das revolutionäre Frankreich bei. 1793  Johann Amadeus Franz de Paula Thugut die Leitung der österreichischen Außenpolitik. Von Stadion hatte

sachliche Differenzen mit der österreichischen Politik und quittierte deshalb seinen Dienst. Er lebte auf den böhmischen Gütern der Familie. 1794 vermählte er sich mit Marie Anna Gräfin v. Thannhausen,deren Vater Joseph Johann Nepomuk Georg von Stadion

kurmainzischer  Geheimrat und Obersilberkämmerer war. Aus dieser Ehe gingen acht Kinder hervor.

Als Thugut 1800 zurücktrat folgte Johann Ludwig Graf von Cobenzl auf ihn. Er hatte die Verhandlungen beim Rastatter Kongress geleitet, die zum Friedensvertrag von Lunéville führten. Nun nahm auch von Stadion seine diplomatische Laufbahn wieder auf.

Er wurde 1801 Gesandter in Berlin. Danach folgte ab 1803 die Vertretung in Petersburg. 1805 trug er wesentlich zum Bündnis gegen die Expansionsbestrebungen Napoleons bei. Stadion hatte 1803 geraten, das alte Reich aufzulösen in der Hoffnung,

den Rheinbund verhindern zu können. Allerdings trog die Hoffnung. 1805 war Stadion zum Außenminister ernannt worden. Die Reformen des Schulwesens, innere Reformen, Verwaltungsreformen waren Schwerpunkte der Stadionschen Tätigkeit.

Er  befürwortete den österreichischen Aufstand von 1809. Aber Preußen hatte Stadions Hoffnungen enttäuscht und sich nicht daran beteiligt. Nach der österreichischen Niederlage wurde Stadion durch Metternich abgelöst. Ab 1815 war er als

Finanzminister tätig. Im Zug der Neuordnung des Finanzwesens gründete von Stadion 1816 die Österreichische Nationalbank. Sie hatte das Monopol auf die Emission von Banknoten. Die Wirtschaft hatte eine solide Geldquelle und es trat eine Beruhigung des

österreichischen Geldwesens ein.

Von Stadion gehörte in seiner Eigenschaft als Graf von Warthausen auch der Württembergischen Ständeversammlung an. Mit dem württembergischen König, der seine Standeserhöhung ja Napoleon verdankte, lebte er im Dauerkonflikt.

Das führte dazu, dass Warthausen 1826 verkauft wurde. Graf Philipp Johann starb am 15. Mai 1824 in Baden bei Wien.

Damit soll der Blick auf rund 1000 Jahre interessanter Familiengeschichte abgeschlossen sein.

01 Okt. 2013

Die Große Ravensburger Handelsgesellschaft

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                                                                        Die Wirtschaft im Spätmittelalter

Im Mittelalter war der Großteil Europas landwirtschaftlich geprägt. Die Bauern produzierten überwiegend für den Eigenbedarf. Da sie der Kirche den Zehnten entrichten mussten und ihren Grundherren Frondienste

leisten mussten, wurden kaum Überschüsse produziert, die gehandelt werden hätten können. Auch waren die Verbindungen in die Regionen sehr schlecht, so das meist nur für das Umland produziert wurde.

Es gab auch Handwerker auf dem Land, die aber praktisch nur für das Dorf und dessen Bedarf produzierten. Auf dem Land herrschte Selbstversorgung. Der tägliche Bedarf, auch Kleidung wurde selbst produziert.

Das blieb so im gesamten Frühmittelalter,das man grob von 500 nach Christus bis 1000 datieren kann. Im Hochmittelalter (1000-1300) werden in zunehmenden Maße Städte gegründet. Die Dominanz des Landes bleibt aber bestehend.

In den Städten lebten Handwerker, aber auch Dienstleister wie Bader, die auch eine medizinische Grundversorgung erbrachten. Man könnte sie als “Ärzte des kleinen Mannes” bezeichnen. Sie waren einerseits durchaus angesehen, da sie

aber Pflegebedürftige, Kranke und Verwundete berührten, zählten sie zu den unehrlichen Berufen, die gar nicht oder sehr spät in Zünfte aufgenommen wurden, in Augsburg und Würzburg z.B. 1373, in Hamburg 1375.

Im Süden des deutschen Reiches wie in Wien wurde Bader ein geregelter Ausbildungsberuf mit Lehre, Wanderschaft und schließlich Meisterprüfung. Dienstleister waren auch Stadtbüttel oder Prostituierte.

Die Handwerker waren in Zünften oder Gilden organisiert. Diese regulierte meistens die Preise, legte die Absatzmengen fest, überwachte die Qualität, legte die Zahl der Betriebe und Angestellten fest. Der einzelne Handwerker

hatte einerseits kaum eine Chance, aus eigener  Kraft nach oben zu kommen oder zu expandieren. Andrerseits gewährleistete die strenge Regulierung ein gutes und einigermaßen geregeltes Auskommen. Die Mitglieder zahlten Beiträge in

eine gemeinsame Kasse. Wenn nun ein Zunftmitglied krank wurde, unterstütze ihn die Zunft. Diese hatte also auch eine Versicherungsfunktion.

Im Spätmittelalter  herrscht zunächst eine Krise, die aber abflaut. Um 1450 setzt ein Wideraufschwung ein. Verschieden Gründe hatten zu der Krise geführt.  Ein wichtiger war die Schwarze Pest. 1348 erreichte sie aus Asien kommend Europa.

Sie verbreitete sich rasch entlang der Handelswege und wütete vor allem in den Städten. In einigen Regionen reduzierte sich die Bevölkerung in der Folge um mehr als 50 %. Auf ganz Europa bezogen kann man annehmen, dass die Bevölkerung

von etwa 100 Millionen auf 50 Millionen sank. Weitere Gründe waren Kriege, so zum Beispiel der “Hundertjährige Krieg” zwischen England und Frankreich (1338-1453), der vor allem Westeuropa verwüstete.

Die Einnahme Konstantinopels durch die Türken (1453). Damit ist ein Rückgang des Handels verbunden, vor allem des Orient- Handels. Vor allem Venedig ist davon betroffen. Die Nahrungsmittelproduktion ging zurück. Zwischen 1315 und 1317

wurde Europa von einer großen Hungersnot heimgesucht. Verantwortlich dafür war zum  Beispiel ein Rückgang der Rodungen. Außerdem wurden immer mehr Wiesen in Ackerland verwandelt. Dadurch nahm der Viehbestand ab, mit der Folge, dass weniger

Düngemittel zur Verfügung standen und damit wieder die Bodenproduktivität abnahm. Auch Klimaveränderungen, ausgelöst durch die Rodungen haben wohl eine Rolle gespielt. Auf dem Land hat dies auch zu sozialen Spannungen geführt, die

schließlich in den Bauernunruhen mündeten, die ja keine auf Deutschland beschränkte Erscheinung waren.

Die Krise ist aber auch Vorbedingung für den Wiederaufschwung.Pest und Hungersnöte führen zu einem Bevölkerungsrückgang zwischen 1350 und 1450. Die Geldlöhne steigen und die Nahrungspreise sinken. Die steigenden Löhne haben auch

wieder Auswirkungen auf das Bevölkerungswachstum. Ab etwa 1450 nimmt die Bevölkerung wieder zu. Wegen der Wüstungen steht unbebautes Land zur Verfügung. Es kann wieder vermehrt Viehzucht betrieben werden. Damit stehen wieder mehr

Düngemittel zur Verfügung. Die Bodenproduktivität steigt wieder an. Ab etwa 1450 kann der Wiederaufschwung einsetzen.

Das Mittelalter hatte eine erstaunliche technische und ökonomische Dynamik. Mühlen waren eine wichtige Energiequelle. Mit der Wasserkraft werden auch Webstühle und Spinnräder betrieben.

Die Maschinenbautradition setzte schon im Frühmittelalter ein. Der Tretwebstuhl wird eingerichtet, dadurch wird das Weben schneller. Spinnanlagen, die mehrere Fäden auf einmal spinnen werden eingerichtet.

Die Herstellung von Eisen macht im Mittelalter enorme Fortschritte. Aus Eisen werden Werkzeuge, aber auch Waffen und Rüstungen hergestellt. Eisenpflüge werden produziert, was wiederum die landwirtschaftliche Produktion steigert.

In der  Zeit ab 1500 entstehen die sozialen Voraussetzungen für den Handelskapitalismus. In den zentraleuropäischen Städten entsteht das Wirtschaftsbürgertum

 

                                                                                             Buchhaltung, Bankwesen

 

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Im späten Mittelalter werden in den Kaufmannskontoren die geschäftlichen Vorgänge genauer erfasst. Dadurch steigern die Kaufleute ihre Effizienz. Der italienische Mathematiker und Franziskanermönch Luca Pacioli

(um 1445 bis 1514) beschrieb in seinem 1494 gedruckten Buch Summa de Arithmetica, Geometria,Proportioni et Proportinalità das System der doppelten Buchführung. Das Buch wird in andere Sprachen übersetzt und von

vielen Autoren kopiert. So verhalf es der doppelten Buchführung zum Durchbruch. Charakteristisch ist einerseits die Führung von getrennten Kapital-und Ertragskonten und andrerseits die Verbuchung von Soll-und Habenposten

in zwei Kolonnen, bzw. auf zwei gegenüberliegenden Seiten. Max Weber hat zur doppelten Buchführung bemerkt, dass sich ohne sie der moderne Kapitalismus mit seinen komplexen Geschäften nicht hätte entwickeln können.

In der Mitte des 13. Jahrhunderts wird international anerkanntes Geld geprägt, was den Handel wesentlich erleichtert. Ab 1252 gibt es in Florenz den Florin, eine Goldmünze mit 3,54 g Feingold. 1284 folgte Venedig mit dem Golddukaten,

der in den beiden folgenden Jahrhunderten als Welthandelsmünze angesehen werden kann. Dennoch war der Geldverkehr recht umständlich. Zum einen brauchte der Kaufmann eine Riesenbörse, da ja die verschiedensten Währungen

im Umlauf waren. Ein sehr schönes Exemplar wurde auf der Ausstellung Bayern-Italien in Füssen gezeigt. Auch war es ein Risiko, Münzen in großen Mengen mit sich zu tragen. Bald reichte für Großkaufleute und überregionale Händler die

Abwicklung des Zahlungsverkehrs mit ortsüblichen Münzen nicht mehr aus. Die Messen in der Champagne waren wichtige Handelsplätze des Mittelalters. Dort entstanden auch neue Kreditinstrumente. So wurde dort der Wechsel erfunden

oder auch neu erfunden. Es entstehen Techniken des Zahlungsverkehrs. Man verrechnet jetzt über ein Jahr weg und nur noch Saldi führen zu Edelmetalltransporten von Flandern nach Italien oder umgekehrt.

In Norditalien entstehen große Handelsgesellschaften wie la vera società, die größte. Diese Gesellschaften üben auch bald bankähnliche Funktionen aus. Das Ersetzen von Bargeldern durch Kreditgeschäfte, vor allem Wechsel,

erhöht die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes. Die Medici in Florenz organisieren ihre Bank in Form einer Holding. Der Konkurs einer einzelnen Gesellschaft gefährdet somit nicht mehr das Ganze. Vor allem in Florenz, später auch in Genua

entwickelt sich das Bankwesen. Dies schlägt sich auch in einer Vielzahl moderner Bankbegriffe nieder, die alle aus dem Italienischen stammen wie Kontokorrent, Skonto, Giro, Diskont aber auch Bankrott. Bald bürgert sich der Begriff

Lombarden für die italienischen Bankiers ein, obwohl viele Bankzentren gar nicht in der Lombardei liegen. Im Lombardsatz lebt das noch fort. Damit entwickeln sich Handeln und das gesellschaftliche Leben enorm, vor allem in den

oberitalienischen Städten aber auch in deutschen Städten, die Import und Export betreiben, wie Nürnberg, Augsburg,Köln, Ulm aber auch Ravensburg. Diese Städte blühen auf und haben auch eine große Anziehung auf Künstler.

Auch glänzen sie mit großen repräsentativen Bauten, in Köln der Dom, in Ulm das Münster, Gotteshäuser, die für die Einwohnerzahl fast überdimensioniert sind. Prachtvolle Rathäuser wie in Augsburg zeugen vom Reichtum der

Städte.

In Ulm wirken Künstler wie Syrlin, Erhart oder Multscher, in Nürnberg Veit Stoß und Dürer,  in Augsburg Elias Holl, der Erbauer des Rathauses Hans Holbein der Ältere und Hans Holbein der Jüngere und Hans Burgkmaier

                                                                                                                  Handelswege

 

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In der Römerzeit war abgesehen vom Technischen der Straßenbau besser zu bewerkstelligen als dann im Mittelalter. Die Zentralgewalt plante und führte  die Streckenführung und Bau der Straßen in

standardisierten Verfahren durch. Sie waren Instrument der Eroberungspolitik und wurden nach militärischen Gesichtspunkten geplant. Wichtig war der rasche Truppentransport. Die Römerstraßen wurden bis ins

Mittelalter und darüberhinaus genutzt aber kaum ausgebessert oder gar ausgebaut. Neben den Römerstraßen gab es die Altstraßen, die meist unbefestigte Naturwege waren, und die Täler mieden, da dort meist Auenwälder

wuchsen und mäandernde Flüsse waren. Man bevorzugte Höhenwege oft entlang von Wasserscheiden, lateinisch strata alta, also Höhenstraße, daher vielleicht der Name Altstraße. Auf den Höhen konnten Gefahren auch schon von

weitem gesehen werden. Im Mittelalter gab es viele Kleinstaaten.So machte es für  die Herrschenden wenig Sinn in befestigte Straßen zu investieren. Erst zu Beginn der Neuzeit deuten Ausbau, Pflege und Ausbesserung vor allem wichtiger Fernstraßen auf gezielte

Wirtschafts-,Territorial und Verkehrspolitik hin. Die wichtigsten Straßen waren die öffentlichen Straßen und Heerstraßen. Das waren immer Hauptstraßen. Auf diesen standen die Benutzer unter dem Land oder Königsfrieden.

Heerstraßen wurden zunehmend  Handelswege.

Wichtige Straßen war der Hellweg. Der keltische Namensteil deutet darauf hin, dass hier ursprünglich Salz transportiert wurde.

Der Schwabenweg verband die deutschsprachigen Länder mit der französischen Route des Jakobswegs. Er begann in Konstanz und endete dann natürlich auch in Santiago de Compostela. Schon im Mittelalter kamen viele Schwaben in Konstanz an. von dort ging es weiter nach Kloster Einsiedeln und weil er eben von vielen Schwaben genutzt wurde, wurde er schon in dieser Zeit Schwabenweg genannt. Von Einsiedel ging es über Genf auf dem französischen weg weiter in Richtung Spanien.

Die via imperii ist eine der bekanntesten alten Fernhandelsverbindung und sie führte von Venedig über den Brenner über Augsburg Nürnberg schließlich nach Cölln dem heutigen Berlin. Von dort bestand eine Verbindung zu den Hansestädten an der Ostsee

bis nach Stettin. Von dort wurde sie über Danzig nach Königsberg weitergeführt. In Leipzig kreuzte sie mit der via regia. Sie war unter besonderem Friedensschutz und führte von Frankfurt über Fulda, Erfurt Leipzig bis nach Breslau in Schlesien.

220px-Via_Imperii_und_Via_RegiaAls ältester befestigter Verkehrsweg in Bayern gilt die Via Claudia Augusta von Rom über den Reschenpass nach Augsburg und von dort in bis in das Donau-Ries. Sie war die wichtigste Verbindung im Italienhandel.

In den Alpen ging es oft auch nur über Saumpfade weiter, zumal die Saumgenossenschaften den Alpentransit gut geregelt hatten. Wichtige Säumerwege in der Schweiz waren Gotthard, Grimsel und Griesspass, in Österreich Hohe Tauern, Silvretta und Ötztal,

in Deutschland und Tschechien der Goldene Steig.

Wegen der schlechten Beschaffenheit der Straßen wurde aber ein großer Teil des Handels auf den Flüssen abgewickelt. Die wichtigste Wasserstraße war natürlich der Rhein, aber auch die Nebenflüsse, zum Beispiel der Main. Transportiert wurden meistens

Massengüter wie Bau-und Brennholz, Bau-oder Mühlsteine, Getreide, Salz, Wein oder Eisen. Die Transportkosten auf dem Wasserbetrugen  nur ein Sechstel des Straßentransport. Erst im 15. Jahrhundert begann der Landtransport den zu Wasser zu überflügeln,

da die Binnenschiffahrt durch Mühlendämme oft behindert wurde und die Straßen, aber auch die Sicherheit allmählich besser wurden.

                                                                         Verkehrsmittel

Auf den Straßen waren natürlich die Handelszüge unterwegs, schwere eisenbeschlagene Wägen, meistens von mindestens 4 Pferden gezogen. Es gab oft Rad-und Achsenbrüche. Gemäß dem damaligen Gewohnheitsrecht

gehörte alles, was auf den Boden fiel dem Grundherrn. Auch das ein Grund, dass diese wenig Interesse an der Instandhaltung der Straßen hatten, zumal das ja auch eine gute Einnahmequelle war. Fuhrleute hatten immer Ersatzräder und Achsen dabei.

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Begleitet wurden die Transporte praktisch immer von Reisigen, also Bewaffneten, die die Transporte schützen sollten. Im Mittelalter entwickelte sich das Geleitwesen. Gegen Geldzahlung wurden die Händler zunächst von Bewaffneten begleitet,

später wurde ein Schutzbrief ausgestellt, in dem sich der Geleitherr verpflichtete, Schadenersatz zu leisten, wenn der Kaufmann durch Überfälle zu Schaden kam, eine Art Versicherungsschutz also.

Auf dem Ober-und Mittelrhein und dem Main waren meist sogenannte Lauerdannen unterwegs, das waren Einwegschiffe, auf denen Wein, Holz,Steine und sonstige Güter transportiert wurden. Am Zielort wurden sie dann als Bau-oder Brennholz

verkauft. Sie hatten eine Tragkraft von bis zu 40 Tonnen. Oberhalb von Köln war der Oberländer das Großschiff des Mittelrheins. Auf dem Bodensee waren “Lädinen”unterwegs, Lastensegler, die bis zu 120 Tonnen Ladung aufnehmen konnten,

das entspricht einer Ladung von 120 Fuhrwerken. Und bei entsprechenden Windverhältnissen bewältigte eine Lädine die Strecke von Bregenz nach Konstanz in 10 Stunden.

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Für die Hochseeschiffahrt muss natürlich die Hansekogge erwähnt werden, die bis zu 200 Tonnen Lasten transportieren konnte und bei normaler Windstärke etwa 3,5 Knoten pro Stunde schaffte.

                                                              Handelsgüter

 

Die große Ravensburger Handelsgesellschaft wurde um 1380 gegründet und am Anfang stand vor allem die Vermarktung des heimischen Tuches im Vordergrund, also vor allem Leinen und Barchent.Leinen war der wichtigste Stoff in Schwaben, hergestellt aus Flachs

und das Allgäu galt bis ins 19. Jahrhundert als das blaue Allgäu. Der blaublühende Flachs hat zu dieser Bezeichnung geführt. Ab dem 14. Jahrhundert kam der Barchent auf. Vom frühen 14. Jahrhundert an wurde Baumwollgarn aus dem Mittelmeerraum

eingeführt. Die Barchentweberei begann. Das war ein Mischgewebe aus Leinen (Kette) und Baumwolle (Schuß)Das Gewebe war hautfreundlicher als reines Leinen und außerdem war es leichter zu färben. Ab 1380 setzte in Regensburg die Produktion

hochwertigen Barchents ein. Bald unterlag er strengen Qualitätsanforderungen. Beschaumeister überprüften Qualität und Maß und vergaben so etwas wie Gütesiegel. Regensburg bezeichnete die beste Qualität seiner Tuche mit 3 Kronen, 2 Kronen  erforderten

einen Baumwollanteil von mindestens 7,5 Pfund. Mindere Qualitäten erhielten eine Krone. Aber alles wurde mit Bleisiegeln oder Bleistempeln gekennzeichnet. Was den Anforderungen nicht entsprach, wurde zerschnitten. Eine Basler Ordnung von 1409

gab für die beste Qualität einen Ochsen, die zweitbeste mit einem Löwen und die dritte mit einer Traube. In Konstanz entsprach dem Ochs, Löwe, Traube und Stern, in München Ochs Löwe, Traube Stern. Ulmer Barchent war mit Gütesiegel

so gut wie bares Geld. Der Verkauf von Biberacher Barchent lässt sich 1386 in Prag nachweisen.

1393 wurde in Ravensburg eine der ersten Papiermühlen nördlich der Alpen errichtet. Im Ravensburger Bürgerbuch werden Anfang des 14. Jahrhunderts zwei Brüder erwähnt, ein Hans und Frik Holbein. Sie hatten in der Ravensburger Oehlschwang den sogenannten

Hammer gekauft, der am Flattbach lag. Der Flattbach fließt durch Ravensburg und mündet beim früheren Gerber-und Färberviertel Pfannenstiel in die Schussen. Dort errichteten sie die erste Papiermühle. Drei, die ganz nahe beieinander waren, bestanden noch im

Jahr 1825. Allerdings führte die Wasserentnahme bald zu Streitigkeiten mit Mitbürgern. Die Holbeins  kamen aber rasch zu großem Vermögen und bald wurde ihnen das Amt des Stadtammans übertragen, dem Älteren  Frik von 1344-1359 und Frik dem Jüngeren von

1367-1398. Sie heirateten in die angesehensten Familien ein. Friedrich Gutermann, der sich mit der Herstellung des Linnenpapiers in Ravensburg befasste und mit der Familie Holbein vermutet sogar, dass der Maler Hans Holbein der Jüngere dieser Familie

entsprungen ist.

Von 1348-1359 war Burkhard Holbein aus derselben Familie Abt im Kloster Weissenau. 1404 macht Frik Holbein bedeutende Stiftungen. Aber schon 1358 wurde Frik Holbein  seines Amtes enthoben und sogar der Stadt verwiesen weil er “Geheimnisse der Stadt”

verraten haben soll und feindliche Truppen gegen sie geworben haben soll. Auch sein Sohn Hans scheint bald Probleme bekommen zu haben. 1366 verkaufte er all seine Besitzungen. Man findet jetzt nur noch Veräußerungen in den Ravensburger Akten.

Es ist möglich, dass die letzten Familienmitglieder nach diesen Ereignissen nach Augsburg ausgewandert  sind und damit wäre die Verbindung zum Maler Hans Holbein gegeben.

Das Wasserzeichen der Holbeinschen Papiere war der Ochsenkopf.

Nach dem Sturz der Familie Holbein gingen ihre Papiermühlen in den Besitz der Ravensburger Handelsgesellschaft über. Schon die Holbeins waren schnell reich geworden. Und auch für die Ravensburger Handelsgesellschaft war Papier sicher ein wichtiger Baustein

zum wirtschaftlichen Erfolg und der Gesellschaft stand ein weiteres Eigenprodukt zur Verfügung.  Ravensburger Papier hatte einen ausgezeichneten Ruf und man dominierte den Papierhandel. Augsburg produzierte erst im Jahr 1519 Papier wie die Ravensburger

und Ulm schickte 1632 eine Abordnung nach Ravensburg, um von den dortigen Papiermühlen zu lernen. Natürlich handelte die Ravensburger Gesellschaft in beide Richtungen. Neben den heimischen Tuchen handelte man mit Wolle, Damast,

Samt  und Seide. Farbstoffe wie Safran und Purpur waren im Angebot, Kurzwaren wie Draht,Stricke aber auch Hüte oder Reitsporen. Sie handelte mit Gewürzen aus dem Orient. Der Gewürzhandel wurde

damals überwiegend über die italienischen Häfen abgewickelt. Das man damit auch viel Geldverdienen konnte, zeigt ja der Name “Pfeffersäcke”, der ursprünglich auf die Hansekaufleute angewandt wurde, bald aber wurden auch die großen süddeutschen

Handelshäuser damit bedacht, die ja allmählich die Hanse überrundeten. Aber auch Luxuswaren wie Korallen und Perlen waren zu haben.Was die Ravensburger Handelsgesellschaft nur in sehr begrenztem Rahmen machte, waren Geldgeschäfte womit die Fugger ja

reich wurden. Karl V. wäre ohne die Fuggerschen Gelder wohl kaum Kaiser geworden. Im Gegenzug für die Finanzierungen bekamen die Fugger das Erzgeschäft, den Silberbergbau in Tirol und Kupfer in Oberungarn, der heutigen Slowakei.

       Die großen Familien der Ravensburger Handelsgesellschaft

 

Die wichtigsten Gesellschafter stellten vor allem drei Familien, das waren die Humpis aus Ravensburg, die Mötteli aus Buchhorn (dem heutigen Friedrichshafen) und die Muntprat aus Konstanz.

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Das erste Mitglied der Familie Humpis, das urkundlich nachzuweisen ist, ist ein Heinrich Humpis. Er wird 1218 als Zeuge erwähnt und tritt hinter dem Ravensburger Amman auf. Verheiratet ist er mit Sanna von Altdorf.

Der nächste Träger des Namens erscheint erst wieder 1252. Da tritt ein “Huntpize” wieder als Zeuge auf. Ein Jahr später folgt ein Heinrich, der 1258 gemeinsam mit einem anderen Verwandten nur Huntpizus genannt wird und beide werden als Bürger von Altdorf

bezeichnet. Daraus kann man folgern, dass die Familie aus Altdorf, dem heutigen Weingarten stammt. Sanna erscheint nochmals 1253. In Altdorf wird ein Konrad als filius Sanne bezeichnet.In einer Konstanzer Bischofsurkunde wird ein Heinrich

als filius domin sannu als letzter Zeuge hinter Klerikern aufgeführt. Es lässt sich zwar nicht mehr feststellen, wer die domina Sanne war, aber allein die Bezeichnung domina lässt annehmen, dass Sanne zu einer Ministerialenfamilie gehören muss und in Altdorf

ist das natürlich eine Welfenfamilie.Um 1260 gab die Familie die Bezeichnung Sannensohn auf – oder ist ausgestorben. 1264 wird ein Heinrich Hunpiß in ponte de Altdorf erwähnt. Das muss eine Scherzachbrücke in Altdorf gewesen sein.

Dieser Heinrich erscheint 1270 als Bürger Ravensburg. Die Übersiedlung nach Ravensburg ist wahrscheinlich wegen des finanziellen Vorteils erfolgt. Heinrich hat einen Sohn, Konrad, der 1298 Amann in Ravensburg wird. Diesen Posten hat er wahrscheinlich bis zu

seinem Tod im Jahre 1328 inne.Er eröffnete auch die lange Liste der Amtsinhaber der höchsten Ravensburger Ämter der Familie Humpis, erst Stadtamman und ab 1347 Bürgermeister in 230 Jahren, also in dem Zeitraum von 1298-1528

hatten die Humpis das Amt 77 mal inne! Auf Konrad folgte Wilhelm 1328-1344. Wilhelm hatte 1326 einen Sohn. Wahrscheinlich war das Frick (Friedrich). Er wurde von Herzog Stephan, der in der Zeit die Reichslandvogtei Schwaben innehatte,

als Vogt in Oberschwaben eingesetzt. Schon in den Städten Ulm (1327), Konstanz 1342 und Biberach und in Kempten (1344) hatten die Zünfte nach Aufständen die Privilegien des Stadtadels beschnitten. 1345 taten es die Lindauer

Zünfte ihnen gleich. Als Landvogt wirkte Frick  Humpis vermittelnd. In Biberach erzwang er die Herausgabe der Häuser der vertriebenen reichen Bürger. In Lindau stellte er die Ruhe wieder her.Er erzwang eine Zunftverfassung und die Einführung des

Bürgermeisteramtes. Er war auch Unterhändler des Kaisers beim Streit um Feldkirch anlässlich eine Montfortschen Erbteilung. Er war verheiratet mit Clara von Engertswiler. Engertswiler ist eine Wüstung bei Bergatreute. Mit Clara hatte er drei Kinder, den 1343

geborenen Johannes, genannt Henggi, der später auch Bürgermeister von Ravensburger wurde und vor allem wurde er zum Mitbegründer der Großen Ravensburger Handelsgesellschaft,  die Tochter Agathe, die 1343 geboren wurde und die dann Lütfrid Muntprat

heiratete, und der Mitbegründer der Großen Ravensburger Handelsgesellschaft wurde. Der zweite Sohn Ital wurde 1346 geboren und er wurde Stammvater der Waltramser und Ratzenrieder Linie der Humpis. Frick starb schon  am 26.08. 1346 und hinterließ drei

unmündige Kinder.Clara heiratete in zweiter Ehe den Johannes von Ankenreute. Die Kinder wuchsen in Ankenreute auf und Henggi wurde zum Kaufmann erzogen.

Henggi wurde 1365 erstmals Ravensburger Bürgermeister, in den Folgejahren bis 1406 noch sechsmal. 1385 war er einer von zwei Schiedsleuten für den Schwäbischen Städtebund. Seine Zuständigkeit erstreckte sich von Basel bis zum Allgäu. Er war verheiratet mit

Elisabeth Erler. Ihr Vater Johannes war Mitglied der Gesellschaft zum Esel. Nach der Reformation, die i n Ravensburg 1544 eingeführt wurde, waren vorwiegend katholische patrizische Familien in Ravensburg in der Gesellschaft. Ihre Mitglieder waren kleinere Ministeriale und Kaufleute, die sich fast ausschließlich mit dem Groß-

und Fernhandel befassten. Ihre Zunftstube war in dem Haus in der Marktstraße 1, dem man aus heute unbekannten Gründen den Namen zum Esel gab. Diesen Namen übernahm auch die Gesellschaft. Es gab natürlich auch Beziehungen zu den benachbarten lokalen

Patriziergesellschaften Zur Katz in Konstanz, zum Sünfzen in Lindau, zum Golden Löwen in Memmingen. Fast alle Mitglieder  der beiden Ravensburger Patriziergesellschaft Zum Esel und Zur Katz sind auch Gesellschafter der Ravensburger Handelsgesellschaft

Die beiden hatten zwei Söhne und zwar Jos II (Jodokus) und Frick III. Jos wird 1397 erstmals genannt. Nach dem Tod von Henggi 1429 teilen die Brüder den Komplex untereinander auf. Jos II war bis 1437 Regierer der Ravensburger Handelsgesellschaft.

Er gab sein Amt aber nicht an die Ravensburger Linie zurück, sondern nominierte seinen Sohn Jos III. Dies wurde von seinen Kontrahenten Frick III und dessen Sohn  Onofrius aufs heftigste bekämpft. Jos III. musste schließlich 1462 abtreten,

kam aber 1477 nochmals kurzfristig an die Macht, wurde aber dann gezwungen, endgültig abzutreten. Das ganze Ravensburger Patriziat war in den Streit verwickelt. 1477 trat Konrad Ankenreute und viele bewährte und erfahrene Gesellen mit ihrem Kapital aus der

Gesellschaft aus und gründete die Ankenreutegesellschaft. 30 Jahre machten sie der Muttergesellschaft die Märkte streitig und lieferten einen erbitterten Konkurrenzkampf. Onofrius, ab 1477 Regierer der Großem Handelsgesellschaft, war mit der 1421 in Augsburg

geborenen Patriziertochter Benedicta Arzt  verheiratet. Sie war die Tochter von Ulrich Arzt, dem seinerzeit reichsten Bürger von Augsburg, der zusammen mit Bartholomäus Welser in der Welser Gesellschaft in Augsburg tätig war, neben den Fuggern die

bedeutendste Augsburger Handelsgesellschaft. Ihre Nichte Sybille war mit Jakob Fugger dem Reichen verheiratet. Man kann also feststellen, dass die bedeutendsten Handelsfamilien Süddeutschlands miteinander verschwägert waren.

Jos war mit Elisabeth Rätz verheiratet, die aus einem Memminger Patriziergeschlecht stammte und 1400 in Memmingen geboren ist. Sie hatten 4 Töchter und einen Sohn. Die älteste, Agnes, war mit Johann Brandenburger, einem Biberacher Patrizier und

Bürgermeister verheiratet. Die Brandenburg betrieben auch Handel mit dem Ausland. Der Sohn Jos III. ist laut Ausweis des Ravensburger Steuerbuchs von 1473 der mit Abstand reichste Bürger Ravensburgs.Jos III. starb 1488. Er hatte zwei Söhne, Jos V und Jakob, die

Ratzenried erbten. Die Ravensburger Besitzungen gingen nach dem Tod von Hans dem Jüngeren 1513 auf den Herren von Neidegg über,den Schwiegersohn von Hans II. der Parteigänger der Ratzenrieder war und sich in der Ratzenrieder Pfarrkirche beerdigen ließ.

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Der Großvater von Rudolf Mötteli dem Alten Ulrich stammte aus Buchhorn. Der Name seiner Ehefrau ist nicht bekannt. Sein Sohn Frick war Mitglied der Ravensburger Gesellschaft zum Esel. Rudolf nun war mit einer Schwester  von Henggi  verheiratet,

deren Vorname nicht bekannt ist. Aus dieser Ehe entsprossen zwei  Söhne, Hans und Rudolf.

Zusammen mit Henggi gründete er die Große Ravensburger Handelsgesellschaft. Rudolf der Alte starb nach 1426. Rudolf der Jüngere machte seine Lehr- und Wanderjahre im südfranzösischen und spanischen Handelsgebiet der Ravensburger Handelsgesellschaft.

Er kehrte an den Bodensee zurück, ging zunächst nach Buchhorn und erwarb dort 1441 das Bürgerrecht. Sein Ravensburger Bürgerrecht erneuerte er 1448 um 5 Jahre. Hans der andere Sohn von Rudolf dem Älteren war Bürger in St. Gallen und Vogt in Arbon. Hans

starb 1453. Rudolf war verheiratet mit Walburga Muntprat und hatte mit ihr einen Sohn, Jakob Mötteli vom Rappenstein.Rudolf hatte einen Halbbruder, Lutfried. Dieser wird 1454 erstmals erwähnt. Er war verheiratet mit Barbara Kupferschmied. Er diente 10 Jahre in

der Ravensburger Handelsgesellschaft. Um 1450 kam es wohl zu einem Zerwürfnis. Daraufhin gründeten Rudolf und  Luitfried eine eigene Gesellschaft, die Mötteli-Gesellschaft, die in Avignon, Saragossa, Lyon, Genf und Frankfurt und Nürnberg nachgewiesen ist.

Luitfried wurde der Spanienhandel weitgehend überlassen. Nach Spanien wurde überwiegend Leinwand exportiert und da St. Gallen ein  Zentrum der Leinwandfabrikation war, übersiedelte er nach St. Gallen und erwarb 1454  dort das Bürgerrecht. Zwischen 1467

und 1479 war er Ratsherr in St. Gallen. Er verstarb 1481. Rudolf übersiedelte nach Zürich und nahm dort 1458 das Bürgerrecht an. Dort ging er dann nach Schloss Alt-Regensberg. Dort pflegte er Landwirtschaft, Fischzucht und Obstbau. 1464 wurde er ins Luzerner

Bürgerrecht aufgenommen und 1465 ins Landrecht beider Unterwalden. Er ging allerdings keinem Streit aus dem Weg, lebte 1475 in Lindau. Er nannte sich mittlerweile vom Rappenstein. Kurz vor seinem Tod wurde er in Lindau auf kaiserlichen Befehl

mit seinem Sohn inhaftiert, warum genau lässt sich nicht mehr sicher aufklären. Der Reichtum der Mötteli war in der Schweiz geradezu sprichwörtlich.

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Die Familie der Muntprat kommt wahrscheinlich aus Italien. Ein Heinrich Muntprat erscheint urkundlich erstmals 1351 und wird dort Kawerze genannt, so wurden ausländische Kaufleute, meist Italiener genannt. Er war wohl 1320 in

Konstanz geboren und mit einer Ursula verheiratet. Er hatte vier Kinder und zwar  Johann I., der wahrscheinlich 1347 in Konstanz geboren ist, dann Lütfried I, der 1349 geboren ist, eine Schwester namens Anna 1351 und schließlich Konrad, der 1353

auf die Welt kam. Johann I. ist von 1375-1417 im Konstanzer Rat nachzuweisen. Er war verheiratet. Sein Sohn Heinrich II. ist 1370 in Konstanz geboren. Lütfried ist seit 1377 im Konstanzer Rat. Er war mit Anna Blarer verheiratet und hatte mit ihr drei Kinder,

Hans II. geboren 1385, Lütfried II. geboren 1390 und Ludwig I. geboren 1395. Lütfried verstarb 1404. Anna Muntprat war mit Albrecht Blarer verheiratet, mit dem die Familie über Lütfried verschwägert war.Konrad war von 1380-1396 im Konstanzer Rat und starb nach

1413. Er hatte einen Sohn Ludwig II., der 1420 geboren ist. Der Sohn von Johann I. Heinrich II. ist 1370 in Konstanz geboren.Lütfried war in zweiter Ehe mit Ursula Humpis verheiratet, der Tochter von Frick Humpis. Lütfried hatte mit Anna Blarer drei Söhne,

Hans II., der 1385 geboren ist,Lütfried, der 1390 geboren ist. Er saß mindestens von 1416 im Rat bis 1447. 1443 war er Bürgermeister in Konstanz. Ab 1417 beteiligte er sich an der Ravensburger Handelsgesellschaft. Ab 1418 gehörte er zu den Konstanzer Bürgern, die

über 5000 Gulden fahrendes Vermögen zu versteuern hatten. Aber sein Vater war wohl schon bei der Gesellschaft dabei.  Lütfried II. nahm 1411 das Ravensburger Bürgerrecht an. Er verstarb 1447.Schon ab 1419 waren die

Muntprats in der Schweiz begütert. Von 1419-1439 besassen sie in Altenklingen eine Gerichtsherrschaft. Sie hatten ab 1440 die Herrschaft Spiegelberg inne, nach der sie sich dann auch nannten,Sie besaßen auch die Burg Rosenberg, Lommis,Zuckenried, halb

Weinfelden und die halbe Vogtei Eggen. Hans war mit Elisabeth Humpis verheiratet, der Tochter von Henggi, dem Begründer der Ravensburger Gesellschaft. Von 1416-1422 saß er im Konstanzer Rat. Er starb 1422. Hans hatte 6 Kinder und zwar

Konrad II., der 1413 geboren wurde,Walpurg, aus dem Jahre 1415, die mit Rudolf Mötteli verheiratet war.Agathe wurde 1417 geboren. Sie war mit Rudolf von Breitenlandenberg verheiratet. Hans IV. ist 1420 geboren. Er war zu Lebzeiten der reichste Konstanzer

Bürger. Dann gab es noch ein Tochter, die mit dem Ulmer Rudolf Besserer verheiratet. Dessen Mutter wieder war eine geborene Mötteli, eine Tochter von Rudolf.

Während niemals ein Nachkomme von Rudolf Mötteli jemanden aus dem Hause Humpis geheiratet hatte, gab es, wie zu sehen ist zwischen den Familien Humpis und Muntprat mehrere Ehen. Henggi Humpis und Lütfried Muntprat waren in ihrer Zeit wohl die

reichsten Bürger Schwabens.

Im “Werdbuch” der Ravensburger Gesellschaft sind 38 Gesellen mit ihren Einlagen verzeichnet. Den größten Betrag hatte der “Reiche Möttelin” mit Bruder und Schwester eingelegt, nämlich 150.000 Gulden. Dann folgten Jos III., Frick III. und Onofrius Humpis mit

zusammen 131 000 Gulden. 100 000 Gulden betrug die Einlage des Roth von Schreckenstein. Die Familie zählte zum alten Stadtadel Ulms und ist. 1237 wird das erste Familienmitglied als Ministeriale der Grafen von Dillingen urkundlich erwähnt.Mitglieder der

Familie waren Bürgermeister der Stadt Ulm, saßen im Rat oder waren Richter in Ulm. Zweige der Familie waren aber auch in Ravensburg und Augsburg. Dann folgten Hans und Rudolf Besserer mit ihrer Schwester mit

zusammen 54000 Gulden. Die Familie Besserer war mit Schwerpunkt in Ulm ansässig, wo ein Jerg Besserer erstmals 1212 erwähnt wird.Es bildete sich eine 3. Hauptlinie aus, deren Stammvater Otto der Besserer von Schnirpflingen nach seinem Gut genannt wurde.

Aus diesem Zweig siedelte  Conrad mit dem Beinamen zu Bußmannshausennach 1400 nach Ravensburg. Dieser hatte zwei Söhne und zwar Rudolf und Hans. Bei diesen beiden müsste es sich um die Gesellen der Ravensburger Gesellschaft handeln. Rudolf war 1452

Freischöffe des Römischen Reiches. Zusammen mit Jacob Truchsess von Waldburg besiegelte er einige der Privilegien der Stadt Ravensburg. Conrads Mutter war Ursula Mötteli und sein Sohn Rudolf wohl 1415 in Ulm geboren, war mit einer Frau

aus der Familie Muntprat, deren Mutter die Tochter von Henggi Humpis war, verheiratet. Hans um 1415 wohl auch in Ulm geboren, wanderte 1457 nach Ravensburg aus. Conrads 3. Sohn ist 1418 in Ulm geboren. Er heiratete Barbara Muntprat, eine Schwester seiner

Schwägerin.

Im Werdbuch folgt nun Haber von Randegg mit 40000. Doch handelt es sich hier wohl um Faber oder Fauber von Randegg. Die Familie war ein Rittergeschlecht, die sich nach ihrem Stammsitz von Randegg nannt. Die Burg war Randegg, einem Ortsteil von

Gottmadingen .1275 ist die Burg im Besitz des Heinrichs von Randegg.Im Schwabenkrieg werden Burg und Ort von den Eidgenossen zerstört. Berühmtestes Mitglied der Familie war Burkhard von Randegg, der von 1462-1466 Bischof in Konstanz war. 1444 wird ein

Faber zu Randegg ins Ravensburger Patriziat aufgenommen. 1463 stiftet Franz Faber von Randegg und seine Ehefrau die Kaplanei St. Franz in Ravensburg.

Dann ist die Familie Geldrich mit 34000 Gulden aufgeführt. Die Geldrichs sind seit 1350 in Ravensburg nachweisbar.1350,1361 und 1364 wird ein Friedrich Geldrich als Bürge erwähnt. Er hatte zwei Söhne Konrad und Heinz. Konrad wird 1408, Heinz 1410 als

Ravensburger Bürger aufgenommen. Konrad heiratete Margarete Hüpschli. Sie hatten einen Sohn, Konrad III. Dieser heiratete Margarete Täschlerin. Konrad III. starb 1500 in Ravensburg. Seine Frau Maragrete vor 1485.Es gab noch einen Konrad II., der der Sohn von

Heinz war. Konrad III. begleitet in Ravensburg öffentliche Ämter.

Von 1472-1481 und dann wieder von 1502-1520 und dann wieder von 1524 bis 1560 (Conrad, Johann und Jacob) waren Familienmitglieder der Geldrich Bürgermeister.

Außerdem versah die Familie das Amt des Stadt-Ammans, so 1465-1469 und dann wieder  1529-1531.

1564 wird Jacob Geldrich als Bürgermeister genannt. 1529 war er Amman. Konrad hatte einen Sohn Hans. Er heiratete Barbara Humpis, die Tochter von Jos IV. Zusammen mit seinen Schwägern wurde er 1518

mit der Senftenau belehnt, einer Wasserburg des Grafen Ulrich von Montfort. 1334  wurde sie von den Grafen an den Kaiser als Lehen übergeben, der diese dann an wechselnde Patriziergeschlechter vergab, die die Senftenau meist als Sommersitz

nutzten. Konrad wird 1559 geadelt. Er hat mit Magdalena Schindelin einen Sohn, Konrad, der Elisabeth von Ulm heiratete. Diese hatten zwei Kinder, Anna Maria Geldrich und Hans Friedrich, der herzoglich- württembergischer Truchsess wurde.

Sürg von Sürgenstein ist mit 24000 Gulden vermerkt. Die Sürgenstein waren  eine Freiherrenfamilie, die auf St. Gallener Ministeriale zurückging. Das Schloss Sürgenstein liegt auf dem Gemeindegebiet von Heimenkrich, gegenüber Eglofs am linken Ufer der oberen

Argen. Die Familie war in Ravensburg gut vernetzt. Hans IV. von Sürgenstein ist 1415 geboren. Sein Sohn war Heinrich IV und ist 1450 geboren. Er war Mitglied der Ravensburger Handelsgesellschaft und mit Amalia Humpis verheiratet. Er führte den Titel eines

kaiserlichen Küchenmeisters und hatte auch Reichslehen und St. Gallische Lehen inne. Amalia war die Tochter von Hans V. 1432 und 1445 ist auch ein Sürg von Sürgenstein in Ravensburg Amtmann. Der zweite Sohn von Hans IV. war Hans Sürg von Sürgenstein und ist

1460 geboren. Dieser hatte drei Söhne, von den der Älteste Philipp 1495 geboren ist und mit Anna Humpis aus der Linie Waltrams verheiratet ist. Der dritte Sohn Conrad war mit der Schwester von Anna, Maria, die 1495 geboren ist, verheiratet. Der

Bruder von Anna und Maria, Friedrich VI. war 1500 geboren. Er war mit Anastasia Sürg von Sürgenstein verheiratet.

Mit einer Einlage von 20000 Gulden ist Teschler verzeichnet. 1481 wird ein Patrizier Teschler erwähnt.Bis 1600 ist die Familie aber nicht in öffentlichen Ämtern verzeichnet.  Der Name lässt vermuten, dass es eine Handwerkerfamilie war.Teschler bedeutet soviel wie Taschenmacher.

Um 1550 waren Angehörige der Familie in Ravensburg ansässig. Sie waren aufgrund ihrer erfolgreichen Handelstätigkeit aus dem Handwerk in den Kreis der vermögenden Ravensburger Familien aufgestiegen. Um 1540 war ein Konrad Teschler Ravensburger Bürger

und Ratsherr. Er hatte einen Sohn Franz, der um 1545 nach Nürnberg zog, dort die Witwe Anna Koberger heiratete und so das Nürnberger Bürgerrecht erwarb.  Dann gibt es noch einen Niklas Teschler, der möglicherweise um 1410 in Ravensburg geboren ist. Niklas war 1453 und 1456-1457 Bürgermeister in Wien.

Er müsste auch aus unserer Ravensburger Familie Teschler stammen.

Ebenfalls mit 20000 Taler dabei ist die Familie Croaria.Die Familie ist seit dem 15. Jahrhundert in Konstanz ansässig und erhielt schon 1398 von Kaiser Wenzel viele Privilegien. 1453 ist ein Ulrich von Croaria in Konstanz. Andreas wird um 1470 erstmals Sattler genannt,

Ulrich und Johann erhalten 1504 das ihren Vorfahren vom Kaiser verliehe Palatinat bestätigt. Hans von Croaria war 1491 Stadtamtmann in Konstanz. Von 1510-1513 war im Rat. Hieronymus der Älter war von 1492-1496 Rektor der Universität Tübingen. Er war es wohl,

der 1484 in die Ravensburger Gesellschaft zum Esel aufgenommen wurde, bei der wie wir schon gesehen haben viele Mitglieder der Ravensburger Handelsgesellschaft waren

Verbleibt noch eine Einlage mit 12000 Gulden der Familie von Neidegg. Diese waren mit der Familie Humpis verschwägert. Hans II. überließ die Gebäude an der Markstraße 47 und Humpisstraße seinem Schwiegersohn von Neidegg.

Noch zwei Familien sollen näher betrachtet werden, nämlich Ankenreute und Krell. Klemens Ankenreute war ein wichtiger und erfahrener Geselle der Ravensburger Gesellschaft. Als der Familienstreit kulminierte, trat er mit eine Zahl von Gesellen aus, zog Kapital

ab und gründete eine eigene Gesellschaft, die Ankenreutegesellschaft und lieferte ihr über 30 Jahre einen erbitterten Konkurrenzkampf.

Die Familien von Ankenreute und Humpis kommen schon früh miteinander in Berührung. Frick, der schwäbische Landvogt verstarb ja früh. Und wie bei der Familie Humpis gezeigt, heiratete seine Frau Clara  noch einmal und zwar den Johannes von Ankenreute, der

am 24.02. 1366 Bürger zu Ravensburg genannt wird. Ihre beiden unmündigen Söhne brachte sie in die Ehe mit und diese wuchsen beim Stiefvater auf der Wasserburg Baumgarten auf. Clemens von Ankenreute wurde 1425 in Ravensburg geboren. Er war Großhändler

in  Barcelona, wohl im Auftrag der Großen Ravensburger Handelsgesellschaft. Er war mit Eva Humpis von Waltrams verheiratet, einer Tochter von Jos IV. Mit ihr hatte er 4 Kinder, einen Sohn dessen Vornamen wir nicht kennen und der 1478 geboren ist, dann Konrad,

der 1480 geboren ist und die Ankenreuter Gesellschaft leitete. Der dritte Sohn Anton ist 1482 und ebenfalls für die Ankenreuter Gesellschaft tätig und zwar in Valencia und Saragossa. Die Tochter Kunigunde ist 1485 geboren und heiratet Joachim Besserer, den Sohn

von Lütfried Besserer, der in 1. Ehe mit  Agnes Humpis, die Tochter von Frick III. verheiratet ist. Clemens war es auch, der sich 1477 von der Ravensburger Gesellschaft trennte und die Ankenreuter Gesellschaft gründete.

Die Familie von Ankenreute war schon seit Anfang bei der Patriziergesellschaft Zum Esel dabei.

Noch eine Person aus der Endzeit der Ravensburger Gesellschaft. Oswald Krell oder auch Kröll geschrieben ist 1480 in Lindau geboren. Er war der Sohn von Melchior Krell, der 1540 geboren ist und von Anna von Nidegg , die 1455 geboren ist. Oswald heiratete die

1485 geborene Agathe von Essendorf. Agathe stammte aus dem Geschlecht der Familie von Essendorf. Ihre Mutter war Appollonia Humpis, die 1455 geboren ist. Allerdings konnte ich nicht feststellen aus welchem Familienzweig sie stammt. Oswald arbeitete für die

Ravensburger Handelsgenossenschaft. In der Zeit von 1495 bis 1503 war er im Gelieger Nürnberg als Faktor tätig. Im Auftrag der Gesellschaft besuchte er die die Herbstmessen im Jahr 1497, 1500 und 1503 in Frankfurt. 1497 wird er vom Nürnberger Rat zusammen

mit dem Nürnberger Schembarthauptmann Wolf Ketzel zu einem zu einem Monat Haft “ uff einen versperrten Turm” verurteilt, aber das ist wohl eher als fastnächtlicher Rügebrauch ähnlich dem  “Grobgünstigen Stockacher Narrengericht” als eine Maßnahme

im strafrechtlichen Sinne zu sehen zumal der Schembartlauf im spätmittelalterlichen Nürnberg eine beliebte Faschingsveranstaltung der Nürnberger Patrizier war, die bis zur Einführung der Reformation  in Nürnberg 1524 jährlich stattfand.

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1499 ließ er sich von dem damals gleichaltrigen Dürer porträtieren. Das Bild ist heute in der Alten Pinakothek in München zu bewundern. 1503 kehrte Krell in seine Heimatstadt Lindau zurück und übernahm dort die Filiale der Ravensburger Handelsgesellschaft, was

urkundlich bis 1525 zu belegen ist. 1512 war er Amtmann in Lindau, 1513 schickte ihn die Stadt zum Reichstag nach Augsburg und 1514 wurde er erstmals zum Lindauer Bürgermeister gewählt. Dieses Amt bekleidete er regelmäßig bis 1531.

Als 1510 die Pest in Lindau wütete, brauchte man einen neuen Begräbnisplatz. Dieser wurde auf dem Äschacher Berg in einem Baumgarten angelegt.  Auch eine kleine Kapelle wurde errichtet, die weitgehend von der Familie

Krell errichtet wurde, weshalb sie bis heute Krellsche Kapelle heißt. Krell war 1528 zur Reformation übergetreten, andere Mitglieder der Ravensburger Handelsgesellschaft blieben beim  alten Glauben. Und die Gesellschaft hielt sich nach

wie vor an das Zinsverbot der katholischen Kirche. Auch dies und die religiöse Spaltung haben unter anderem wahrscheinlich zum Ende der Gesellschaft beigetragen.

Der Lindauer Bürger Hans Hainzel von Tegelstein hatte 1390 den Hof Nidernstad mit Burgstall in Egnach gekauft, wo die Konstanzer Bischöfe eine Schiffslände für ihr Gericht in Egnach hatten. 1490 kaufte Oswald Kröll diesen Hof

und errichtete auf einer Insel am See Schloß Luxburg. Er nannte sich  dann auch Luxburg. Das Schloss blieb bis 1596 im Besitz der Familie Kröll.

Krölls Frau Agathe war seit 1514 Mitglied der Sünfzengesellschaft in Lindau. 1542, das ist 8 Jahre nach Oswalds Tod unterschreibt sie eine Erweiterung der Sünfzenordnung. Das Ehepaar hatte 11 Kinder. 3 kamen  nach Oswalds Tod bei einem Bootsunglück ums

Leben. Oswald Kröll stirbt 1534.

Nachdem oben einige Gesellschafteranteile der Ravensburger Handelsgesellschaft aufgezeigt wurden noch ein kurzer Blick auf die Kaufkraft des Geldes. Um 1500 hatte der Gulden ein Gewicht von 2,48 Gramm. Das heißt unsere Gesellen mit 100.000 Gulden hatten

praktisch 248 Kilo Gold als Einlage, bei dem Goldkurs vom 21.08.2012 heißt das 52,72 $ je Gramm Gold also rund 13 Millionen $ oder 16 Mio €. Dürer zahlte z. B. für sein Haus in Nürnberg 275 Gulden. Also hätte die Einlage eines Gesellen gereicht, ungefähr 360 Wohnhäuser in damals bester Lage in Nürnberg zu erwerben. Aber das war ja nur die Einlage, mit der gearbeitet wurde und damals noch reicher Ertrag erzielt wurde. Außerdem war die Einlage in der Regel nur ein Teil des Vermögens eines Gesellen. So ist es auch nicht verwunderlich, dass Henggi als reichster Zeitgenosse galt oder Reichtum der Mötteli in der Schweiz legendär wurde.

Die Quellenlage war bis 1909 nicht besonders gut. Der württembergische Bibliothekar und Historiker Wilhelm Heyd gab 1890 eine Monographie aufgrund der wenigen vorhanden Akten heraus. Per Zufall wurden 1909 im Kloster Salem zahlreiche Akten der

Gesellschaft gefunden, die als “unnütze Handelssachen deklariert waren und über Jahrhunderte unbeachtet geblieben waren. Aloys Schulte gab dann 1923 die Geschichte der großen Ravensburger Handelsgesellschaft in drei Bänden heraus. Schulte galt mit diesem

als Pionier der deutschen Wirtschaftsgeschichte.

 

                                                                               Die Gelieger

 

Die Ravensburger Handelsgesellschaft war in Memmingen, Konstanz und Sankt Gallen vertreten. Die auswärtigen Niederlassungen wurden auch “Gelieger” genannt. In Italien gab es drei Gelieger.  Das größte und wichtigste war  Genua. Schon 1221 lassen sich

deutsche Kaufleute in Genua nachweisen. Genua hatte eine günstige Lage und erteilte deutschen Kaufleuten schon sehr früh Privilegien. Das erklärt auch, dass sich die Ravensburger dort sehr früh niederließen.

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In Genua hatten die Ravensburger wie auch in Barcelona, praktisch die Monopolstellung. Um 1440 lässt sich wie das Museum Humpis Quartier bei seiner Pressemitteilung zur Sonderausstellung “Die Humpis in Genua” bemerkt,

kaum ein deutscher Kaufmann feststellen, der nicht der Ravensburger Handelsgesellschaft angehört. In Genua wurde ein umfangreicher Handel in beiden  Richtungen betrieben. Aus Schwaben kam Leinwand und Barchent. aus Flandern

wurden feinste Leinwandsorten wie Berkan, das sind dünne Kleiderstoffe aus Ziegenhaar und Wolle,Bursat, das sind leichte Stoffe mit Seide als Kett- und Wolle als Schlußfaden. Genuesische Seidenstoffe wie Samt und Brokat wurden von Genua in die Levante

verhandelt und die italienische Wolltuchindustrie wurde mit Merinowolle versorgt.

Das Gelieger in Venedig wurde schon relativ früh aufgegeben. Den Gewürzhandel übernahm nun Genua. Pfeffer, Ingwer Muskat und Gewürznelken wurden nun eingekauft und auf der Frankfurter Messe gehandelt. Ein wichtiger Geschäftszweig in Genua war auch

der Metallhandel.An Rohmaterial wurde vor allem Kupfer nach Genau eingeführt. Aus Nürnberg kam Messing, Zinn und Silber. Fertigwarne waren Armbrustwinden, Blech,Schlüssel, Kupfer und Messingdraht. Der Handel mit Meeresstoffen machte Genua ab 1497

zum ertragreichsten Gelieger der Ravensburger. Von dort wurden auch Luxusartikel wie Korallen, Straußfedern und Perlen gehandelt. Was in Genua immer wieder Schwierigkeiten machten, waren Machtkämpfe des Adels und Revolutionen. Seit 1441 hatten die

deutschen Kaufleute einen von ihnen gewählten und von der Stadt bestätigten Konsul. Er bekam ein bestimmten Anteil beim Verkauf der Waren als sogenanntes Konsulgeld. Im Jahre 1479 amtierte z.B. der Genuese Dr. Pallo Baxadone als Konsul. Am 23. Dezember

1466 wurde ein Handelsvertrag abgeschlossen, den Heinrich Fry erwirkt hatte. Er Kaufmann und Geschäftsführer der Ravensburger Gesellschaft in Genua. Der Vertrag ist bei Heyd abgedruckt. Fry war wohl schon vorher in Italien. Ebenfalls bei Heyd gibt es

einen für Fry am 20. November 1447 ausgestellten Geleitbrief von Francesco Sforza, dem Mailänder Herzog. Dass die Handelsgesellschaft nicht nur im Inland – auf die verschiedenen Fehden mit Raubrittern wird noch eingegangen werden- mit

Diebstahl behelligt wurde, zeigen die Bemühungen Heinrich  Frys um die Herausgabe geraubter Ware in Genua, auch das bei Heyd abgedruckt.

Wichtig war Genua für die Ravensburger auch durch die Seeverbindung nach Spanien, vor allem als die großen Entdeckungen gemacht waren. Die Große Handelsgesellschaft versäumte es allerdings, anders als die Welser und die Fugger, aktiv am Indienhandel

teilzunehmen. Die Welser hatten sogar eigene Kolonien errichtet. Dieses Versäumnis war ein Baustein zum Niedergang der Ravensburger Handelsgesellschaft oder wie Gorbatschow 500 Jahre später in anderem Zusammenhang gesagt hat “Wer zu spät kommt, den

bestraft das Leben”. Der Handel, vor allem der Spezereihandel verlagerte sich von Genua nach Lissabon und Antwerpen. 1503 erfahren wir von der Rekordanz die Gabriel  Gessler, der 1511 Faktor des Geliegers Wien war, dass der Pfeffer für die Messe in Frankfurt

1503 in Antwerpen besorgt worden war. Die letzten Bilanzen aus Genua für Ravensburg werden 1507 erstellt. Man kann daher annehmen, dass das Gelieger Genua in diesem Jahr aufgelöst wurde.

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Der erste Nachweis für das Gelieger Mailand stammt aus dem Jahr 1447. Zunächst war dort Heinrich Fry aus Konstanz, der schon oben erwähnt ist, als Faktor genannt. Die Ravensburger erfassten in Mailand den lombardischen Handel. Es wurde nur wenig

schwäbischer Barchent nach Mailand exportiert. Es sind nur 34 Ballen nachweisbar. Es wurde aber sehr viel schwarzer und auch anderer Barchent von den Mailänder Webereien, die seit langem gerühmt wurden nach Norden geliefert.

Vor allem wurde er aber von hier aus von der Gesellschaft für die Gelieger in Spanien geliefert. Gesuchte Handelsware aus Mailand waren aber feinste Stoffe aus Seide, Gold und Silber, Damaste und Brokate. In Mailand verkaufte die Gesellschaft Straußenfedern.

Nur für die Gesellen wurden in Mailand Perlen und Edelsteine gekauft. In Mailand erwarben die Ravensburger Artikel der Mailänder Goldschläger und der Metallindustrie. Eisendraht, Nadeln und vor allem Nägel wurden  verhandelt. Im Gegenzug wurde

Kupfer,Zinn und Messing eingeführt, in großen Mengen auch Schmirgel, mit dem man Metall polierte. Aus Spanien kamen Schaffelle und Lammfelle. Es gab auch einen  nennenswerten Lebensmittelexport aus Mailand und zwar Käse aus der Landschaft Piacenza,

Konfekt,Weinbeeren, Thunfisch. Über Mailand wurde hauptsächlich Barchent sowie Erzeugnisse der Metallwarenindustrie gehandelt, ansonsten Luxusgüter.

Am 22. März 1475 erneuerte Herzog Galeazzo Maria der Sohn von Francesco Sforza den Freiheitsbrief für Jos Humpis und Genossen, das heißt es muss schon vor diesem Brief einer für die Ravensburger Handelsgesellschaft ausgestellt gewesen sein.

1486 fielen die Graubündner über Bormio und Chiavenna in die Lombardei ein.Onofrius Humpis befürchtete, dass sich daraus Komplikationen ergeben würden, weil er befürchtete, dass die Mailänder Beamten die Mitglieder der Gesellschaft berauben würden,

weil sie mit den Graubündner gemeinsame Sache machen würden. Die Ravensburger verwahrten sich gegen diesen Verdacht. Daraus versicherte der Herzog mit einer Urkunde vom 29. Juli 1486 weiterhin sein Wohlwollen.

Am 2. Oktober 1490 stellte Giovanni Galeazza Sforza, der von 1476-1494 Herzog in Mailand war, für Onofrius Humpis und die Große Handelsgesellschaft wird einen Privilegienbrief aus. Darin wurden ihm unter der Zusicherung, dass die Zölle bezahlt wurden, die

Zusagen von 1475 erneut eingeräumt.

Zu Misstimmungen kam es allerdings als 1497 zwei Wagen, die der Ravensburger Handelsgesellschaften die Mailänder Zollstelle passierten. Ihre Ladung war als Zinn deklariert, tatsächlich war unter dem Zinn eine Platte Silber versteckt. Das Silber wurde konfisziert

und zusätzlich ein hohes Strafgeld erhoben. Die Gesellschaft kämpfte nun mit allen Mitteln um die Rückgabe des Silbers. Nachdem auch die Eidgenossenschaft, wo die Gesellschaft ja auch einige Mitglieder hatte, eingeschaltet worden war, willigte der Herzog

schließlich ein, was wohl dem mächtigen Einfluss der Eidgenossenschaft zu zuschreiben war. 1520 war Paul Hinterofen aus Wangen Faktor in Mailand. In diesem Jahr wurde das Gelieger Mailand aufgelöst. Hinterofen blieb in Mailand, betrieb

aber jetzt eigene Geschäfte.

Von den drei italienischen Geliegern bestand Venedig am kürzesten. Aber um 1448 stand es in höchster Blüte. Hans Griesinger war zu derzeit Faktor.Die Gelieger halfen sich wohl gegenseitig aus. Die beiden Nürnberger Agenten Oswalt Morgen und

Hans Lewtin zahlten an den Deutschordenspfarrer Kunisch in Danzig, der im Auftrag des Hochmeisters Ludwig von Ehrlichshausen handelte für die Aushändigung von Urkunden, die Riga betrafen 2500 Dukaten. Diese streckte der Faktor in Venedig dem Nürnberger

Gelieger vor, die dann  wieder von dort zurückzuzahlen waren. Nach Venedig lieferten die Ravensburger hauptsächlich oberschwäbisches Leinen und von dort wurde Baumwolle für die Barchentindustrie und Gewürze vor allem aber Indigo, der zum Färben benötigt

wurde, eingeführt. Schon ab 1474 wurde eine dauerhafte Vertretung in Venedig aufgegeben. Im Mittelmeer in der Gegend von Neapel scheint die Handelsgesellschaft zweimal Opfer von Piraten geworden zu sein. Das geht aus Briefen der Stadt Bern hervor, die

sich deshalb an den französischen König Ludwig IX., da die Kaperkapitäne vom König angestellte Kapitäne waren. Die Stadt Bern hatte sich eingesetzt, weil auch Berner Bürger bei der Ravensburger Handelsgesellschaft Mitglied waren.

Das Gelieger von Brügge. 1437 lässt sich erstmals nachweisen, dass die Handelsgesellschaft auch in Brügge vertreten war. Aber schon vor dem Zusammenschluss zur Ravensburger Gesellschaft waren die Muntprats z.B. in Venedig schon 1404, in Barcelona 1406 und in

Brügge 1410 mit einem ständigen Faktor vertreten. Über Brügge wurden fast ausschließlich Waren aus Spanien eingeführt. Vor allem Safran wurde eingeführt. Safran wurde im Spätmittelalter nicht nur sehr intensiv in der Küche benutzt sondern auch zum

Gelbfärben verwendet. Zwischen 1425 und 1440 exportierte die Ravensburger Gesellschaft fast 20000 Kilo Safran aus Barcelona. 1478 wurde auch Reis eingeführt. Mit Reis wurde allerdings nur ein kurzer Versuch gestartet. Außerhalb der romanischsprachigen Welt

gab es noch keinen festen Bedarf an Reis. Man kannte ihn einfach zu wenig. Der Handel war somit hochspekulativ. Außerdem wurde der Reis erst im September geerntet, die Schiffe ruhten aber im Winter meist. Somit blieb er

bis zu den Frühjahrspassagen ruhen und  blockierte das investierte Geld. Schon bald nach 1480 wurde das Reisgeschäft deshalb aufgegeben.

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Brügge war nach dem Tod von Karl dem Kühnen über die Hochzeit seiner Tochter Maria von Burgund durch die Heirat mit dem späteren Kaiser Maximilian an Habsburg gekommen. Flandern war unter Ludwig XI. und Maximilian geteilt worden.

Das lief allerdings nicht ganz reibungslos. Maximilian wurde sogar von seinen eigenen Untertanen in Brügge gefangen gehalten. Sein Vater stellte ein Reichsheer zusammen vor allem mit Truppen aus Schwaben, befreite seinen Sohn und konnte die Lage in Burgund

einigermaßen stabilisieren. Die Ravensburger Gesellschaft kehrte Brügge den rücken. Es lässt sich nicht beweisen, ob sie nochmals zurückgekehrt waren. Um 1485 hatten die Kaufleute schon ihr Haupthandelsfeld von Brügge nach Antwerpen verlegt.

Das Gelieger von Antwerpen. Die Antwerpener Messen hatten Brügge allmählich den Rang abgelaufen. Auch hatte sich hier ein beachtlicher Geldhandel entwickelt, den die Ravensburger allerdings kaum nutzten, da sie sich dem Geldhandel ja

weitgehend fernhielten. Die Entdeckungsfahrten der Spanier und Portugiesen und der Seeweg nach Indien gaben der Stadt an der Schelde einen enormen Auftrieb. Der Gewürzhandel hatte sich von Genua nach Antwerpen verlagert.

Im Gegensatz zu Brügge spielte der Spanienhandel kaum mehr eine Rolle. Nun standen Luxusstoffe aus Genua wie schwarzer Samt. Einen großen Anteil hatte nach wie vor der Handel mit niederländischer Leinwandel. Der Handel mit Pfeffer fand nur  gelegentlich

statt. zum einen fanden die Gesellen nie so ganz die Einstellung zum Gewürzhandel. Vor allem fehlte es aber dazu an barem Geld. Beide niederländische Gelieger waren wichtig für die Handelsgesellschaft auch weil diese über einen Hafen verfügten.

Das Gelieger Antwerpen lässt sich bis 1527 nachweisen.

Das Gelieger Lyon. Lyon war schon von den Kelten besiedelt. Als lugdunum war es seit 27 nach Christus römischer Verwaltungssitz und schließlich die Hauptstadt Galliens. Bei der Christianisierung spielte es eine wichtige Rolle. Der Erzbischof von Lyon ist

seit 1074 unter Papst Gregor VII. Primas von Frankreich bis heute. Unter den Kriegen mit England hatte Lyon sehr zu leiden. Zum Anfang des 14. Jahrhunderts wütete die Pest in der Region. Der völlig verarmten Stadt stiftete Dauphin Karl zwei Messen von je sechs

Tagen, eine an Ostern und eine im November. 1444 kam noch eine dritte Messe und 1462 eine vierte dazu.  Das Ende des 100-jährigen Krieges bewirkte auch eine strake Belebung des Handels. Ab 1440 zogen diese Messen auch den internationalen Handel an.

Man kann annehmen, dass die Ravensburger Kaufleute schon auf den Messen von 1420 vertreten waren. Ludwig XI., der die Messe von 1462 gestiftet hatte unterstützte nun Lyon massiv. Das richtete sich vor allem gegen Genf. Genf ging

dadurch wie beim Gelieger Genf noch zu zeigen ist, bald ins Hintertreffen. Dazu kam noch der Vorteil der verkehrsgünstigen Lage mit der Anbindung über die Rhone ans Mittelmeer. Schon 1465 scheint die Ravensburger Gesellschaft von Genf nach Lyon umgezogen

zu sein. Belegen lässt sich ein festes Gelieger allerdings erst 1474. Faktor war der St. Gallener Philipp Fechter.Das erste überlieferte Privileg für deutsche Kaufleute mit dem Handel für Lyon ist eine am 14. März 1516 ausgestellte Urkunde. Sie garantiert freies

und sicheres Geleit. Wolf Apenteger von der Großen Ravensburger Handelsgesellschaft war beauftragt worden sich darum zu bemühen. Diese Privileg erstreckte sich vor allem auf Kaufleute, die Bleisilber, Kupfer, Metalle, Harnische und Hellebarden nach

Frankreich einführten. Das verwundert nicht denn im Frühjahr rüsteten der französische König Franz und der deutsche Kaiser Maximilian zu einem neuen Waffengang in Italien. In dieser Zeit war das Gelieger wohl nicht mehr ständig besetzt.Lyon wie die übrigen

französischen Gelieger spielte bei den Ravensburg nie die Rolle wie die Niederlassungen in Spanien oder Italien. Lyon passte nicht gut zu den Ravensburger Grundsätzen, Waren möglichst am Ursprungsort tu kaufen und dann in weitentlegenen Gebieten zu

verkaufen. Lyon bot nur zwei Dinge. Safran, der war aber von schlechter Qualität und Cannemasse, das sind aus Hanfgarn gefertigte Gewebe, die zwar dauerhafter sind wie die aus Flachs aber weniger geschmeidig und merklich schwerer. Außerdem brauchten sie

länger  zum Bleichen. Das waren die Hauptwaren der Messe in Lyon und so nicht besonders reizvoll für die Gesellschaft. Aus Valencia führten sie Ravensburger Rohseide und Zucker ein. Aus Deutschland sind einmal Hüte, zweimal Schmalz, Silber und Zinn

verzeichnet. Der Wert der beiden Gelieger Avignon und Lyon betrug 1497 nur 4102 Gulden.

Genf wurde um 1032 an das Heilige Römische Reich deutscher Nation angegliedert.als Messestadt gewann in dem Maß an Bedeutung wie die Champagnermessen an Bedeutung verloren. Für Kaufleute aus Italien war Genf ein wichtiger Standort, für die

Ravensburger weniger, da sie nicht auf die Waren, die auf der Genfer Messeangeboten wurden,  angewiesen waren. Das Gelieger von Genf lässt sich 1454 erstmals belegen. Nikolaus Stoß aus Ravensburg war damals Faktor von Jos und Ital Humpis.

Genf war außer den beiden Geliegern Wien und Nürnberg der mit rund 420 Kilometer der nahegelegenste Standort. Ihr Handelszüge brauchten von Ravensburg aus 13 Tage. Wie schon bei Lyon bemerkt wurde,

begünstigte der französische König Lyon massiv. Außerdem behinderte er den Messestandplatz Genf. So verbot er seinen Kaufleuten den Besuch der Messen in Genf. Diese protektionistische Politik zeigte Wirkung. Auch die Ravensburger verlagerten ihre Tätigkeit

weitgehend nach Lyon. Der letzte Beleg für einen Besuch der Ostermesse stammt aus dem Jahr 1478.

Das dritte Gelieger im französischen Raum war Avignon. Diese Niederlassung war für die Ravensburger vor allem durch ihre verkehrstechnische Lage wichtig. Zum einen liegt Avignon an der Rhone, bietet also einen Wasserweg zum Mittelmeer.

Zum andern war sie eine wichtige Station auf dem Landweg nach Spanien. Bedeutend war sie vor allem durch die auch im Volkslied besungene Brücke. Im 12. Jahrhundert erbaut war sie dann die damals längste Brücke Europas. Von Ludwig VIII.

bei der Belagerung Avignons während der Albigenserkriege 1226 zerstört, baute sie Hugues II. de Sade 1355 wieder auf.

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Reich wurde die Stadt natürlich auch durch die Anwesenheit der Päpste während der “babylonischen Gefangenschaft der Kirche” von 1309 bis 1377. Schon 1303 gründete Papst Benedikt VIII. dort die Universität Avignon. Clemens  VI. verleibte die Stadt 1348 dem

Kirchenstaat ein. Die Kurie war einer der größten Endverbraucher von Luxuswaren.Etwa ab 1420 lässt sich belegen, dass die Ravensburger Handelsgesellschaft in Avignon Handel betrieb. Rudolf Mötteli verbrachte dort einen Teil seiner Lehrzeit. In Avignon wurde

fast nur Cannemasse gekauft, das gegen Zucker, der in Valencia gekauft wurde, eingetauscht.Avignon war für die Ravensburger eher als Lager- und Umladeplatz, denn als Handelsplatz wichtig. Es verliert schon bald seine eigene Rechnung und steht seit 1497

mit Lyon und Genf in einer Wertsumme zusammen.

In Frankreich waren Gesellen auch noch in Bourg en Bresse und in Bouc bei Marseille und Perpignan stationiert. Die Agenten erhielten die Gelder, die auf den Lyoner Messen übrig geblieben waren und kauften damit bei den Webern in Bourg en Bresse ein. Die

Tuche gingen wann wieder nach Valencia weiter, wie man zum Beispiel aus eine Bestellung aus Valencia von 1472 nachvollziehen kann. Diepold Burklin war zu der Zeit Faktor in Valencia.

Spanien. Der Handel mit Spanien war der wichtigste Posten in der Tätigkeit der Ravensburger Handelsgesellschaft.Reisen der Ravensburger Kaufleute nach Spanien lassen sich schon 1394. Die Humpis und Mötteli waren in diesem Jahr schon in Barcelona. 1400

folgten die Muntprat. Die ersten Beleg für ein Gelieger in Barcelona sind 1408 festzustellen und schon im Januar 1406 agierte Jos Humpis in Barcelona im Namen seiner Genossen Rudolf Mötteli und Lütfried Muntprat. Der sich intensivierende Handel mit

Katalonien dürfte dann auch den Ausschlag für den Zusammenschluss der bisher selbstständigen Familienfirmen gewesen sein. Er senkte ganz erheblich die Kosten, die bei gesonderten Reisen und Warentransport angefallen wären. Sie erlaubte größere

Warenquantitäten. Außerdem verringerte sie die Konkurrenz sowohl im Einkauf als auch im Verkauf. Am 7. Januar 1420 gewährte König Alfons V. von Aragon deutschen und savoyischen Kaufleuten ein Handelsprivileg, das den direkten Handel mit Aragon und

Katalonien weiter erleichterte. Es sicherte den Kaufleuten auf fünf Jahre Schutz und Geleit zu. Es legte einen Wertzoll auf aus-und eingeführte Waren fest und gewährte die Ernennung eines besonderen Konsuls für Barcelona. Dieser war gleichzeitig Richter und

Schatzmeister für ihre Zollangelegenheiten. Ein solcher Konsul führte dazu ein Zollregister, das sich von 1425-1440 erstreckt. Daraus lässt sich ersehen, dass an dem Handel hauptsächlich Kaufleute aus Oberschwaben neben einigen wenigen Nürnberger Kaufleuten

beteiligt waren. Dem Spanienhandel zusätzlichen Auftrieb verlieh in dieser Zeit die von Kaiser Sigismund verhängte Blockade Venedigs, weil die Stadt mit seinen Eroberungen in Venetien und Friaul den König herausgefordert und in dessen  Rechte verletzt hatte.

Dadurch konnten auf der Handelsstraße nach Spanien besonders große Gewinne realisiert werden. Zudem fiel in dieser Zeit der Stapelzwang in Genua. Damit war der Seeweg Genua-Spanien offen.Diese günstigen äußeren Umstände ließen

das Gelieger rasch aufblühen. Aber von 1462 bis 1472 herrschte Bürgerkrieg in Katalonien. Die Rebellion gegen König Joan II. endete 1473 in einer Belagerung der Stadt, an deren Ende sie zerstört wurde. Dies spielte natürlich dem Handel schwer mit und

1477 überlegten die Ravensburger, ob sie das Gelieger schließen sollten. 1480 bestand das Gelieger noch. Aber 1481 wurden für Katalonien enorme Einfuhrsteuern erhoben. Zudem wurden noch eine große Zahl von Waren ausgeschlossen. Dies machte den

Handel unrentabel. 1497 bezeichnete eine Notiz von Hans Hinderofen den Wert des Geliegers Barcelona nur noch mit 80 Gulden. Zwischen 1440 und 1480 hatte die Ravensburger Handelsgesellschaft über 50 % des Gesamthandels in Barcelona abgedeckt.

Allein 1443 lieferte die Gesellschaft 385 Ballen Leinwand 37 Ballen Barchent und 2 Ballen Cannemasserie. Ein Ballen, das waren 75,250 Kilogramm. Es wurden also ganz schöne Mengen an Textilien abgesetzt.Dazu wurden im selben Jahr noch Tuche

aus den Niederlanden Hüte sowie Garne abgesetzt. Auch Metalle stellten einen großen Posten. Kupfer, Messing, Messingdraht und Messingblech standen auf der Liste. An Ausfuhrgütern stand vor allem Safran. 1443 waren das 7712 Pfund.

Dazu kamen 15230 Kaninchenfelle, 344 Pfund Korallen und 12 Körbe “trockene Weinbeeren”. Die politischen Wirren sowie die Vertreibung der Juden, die im Handel eine große Rolle spielten und die Inquisition ließen den Handel im Jahre 1495 praktisch zur

Bedeutungslosigkeit herabsinken.

Ein weiteres Gelieger befand sich in Saragossa. Die Ravensburger Handelsgesellschaft ist dort seit 1430 nachgewiesen. Saragossa war die Hauptstadt des Königreichs Aragon und das war der Hauptlieferant von Safran. Safran war im Mittelalter nicht nur Gewürz, es

wurde auch zum Färben verwandt, und war deshalb hochgeschätzt.Allein aus Barcelona exportierte die Ravensburger Gesellschaft in nur 15 Jahren nämlich von 1425 bis 1440 knapp vierzigtausend Pfund Safran. Die mühsame Gewinnung verursachte einen hohen

Preis. Aber nicht nur der Preis, auch die Wertschöpfung war hoch. Die erhöhte Nachfrage der deutschen Kaufleute nach Safran ließ schon um 1380 die Preise für Safran in die Höhe schnellen, wie wir aus dem Schreiben eines Faktors der florentinischen Firma

Datini aus  Florenz aus einem Schreiben aus Barcelona erfahren. Interessant war für die deutschen Kaufleute auch der Handel mit Wolle, die in Saragossa von ausgezeichneter Qualität aber immer noch verhältnismäßig billig beziehen konnte. Nach Saragossa wurde

vor allem Leinwand eingeführt. Die Ravensburger Leinwand erfreut sich in Saragossa großer Beliebtheit. Der gute Ruf deutscher Leinwand zeigt sich zum Beispiel auch, dass Papst Johannes XXII. (1316-1344) seine Tafel mit “ tavolia d’Alamania” decken.

In Saragossa erlebte die Gesellschaft etwas, was ihr sehr selten passierte. Als Ulrich Ehinger dort die Geschäftsführung übernahm, vernachlässigte er seine Handelspflichten. Er feierte rauschende Feste und führte auf Kosten der Gesellschaft ein luxuriöses

und sorgenfreies Leben. Natürlich hatte es einige Zeit gedauert, bis dies in Ravensburg ruchbar wurde. Ein Brief von Saragossa nach Ravensburg war 36 und 46 Tagen unterwegs. Das Krise konnte nochmals überwunden werden. Doch war das Gelieger in sehr

schlechtem Zustand. Deshalb wurden die Gesellen Ulrich Gessler und Heinrich Stüdlin nach Saragossa geschickt. Sie waren praktisch ständig damit beschäftigt in Aragon herum zu reisen und Schulden einzutreiben.

Ulrich Hessler wechselte übrigens spätestens 1528 zu den Welsern und war für sie in Sevilla tätig. Nach dem die Ravensburger ihre Geschäftstätigkeit eingestellt hatten, kamen sehr viele der leitenden Angestellten bei der Welser-Vöhlin Gesellschaft unter.

Die Familie Ehinger aus Konstanz hatte über Jahre hinweg Mitglieder der Großen Ravensburger Handelsgesellschaft gestellt. Das Gelieger wurde 1526 aufgelöst.

Valencia war das dritte Gelieger der Ravensburger in Spanien. Erste genaue Nachrichten stammen aus dem Jahr 1445. Haupteinfuhrartikel für Valencia war Barchent. Aus Mailand und Cambrai wurde Leinwand geliefert, auch aus Flandern wurde Leinwand eingeführt.

Für Valencia sind noch drei Dinge besonders zu erwähnen. Einmal war es das einzige Gelieger, in dem Kleinhandel betrieben wurde. Die Bodega machte bis 1477 gute Geschäfte. In Valencia arbeitete die erste Druckerei des Königreiches Aragon und führte damit

1474 hochmoderne Buchdruckkunst ein. Als Drucker arbeitete Lambert Palmer aus Köln. Dann waren noch Johannes aus Salzburg und Paul Hurus (Paulus de Constantia) dort tätig. Dort wurde eine “ Biblio Sacra Sermone Valentino reddita” gedruckt. Von ihr

existieren heute allerdings nur die letzten 4 Blätter in einem einzigen Exemplar im Dom von Valencia. Die Ravensburger Handelsgesellschaft und vor allem der aus Isny stammende Faktor Jacob Vizlant bestritt die Kosten. Man kann annehmen, dass dabei auch

Ravensburger Papier zum Einsatz kam. Paul Hurus ließ sich bald darauf in Barcelona nieder.1476 ging er nach Saragossa weiter. Seit 1481 arbeitet er allein. Bald stand er an der Spitze aller Offizinen, also Buchdruckwerkstätten. Hurus pflegte gute Beziehungen zu

Süddeutschland und so gelangten Holzschnitte deutscher Inkunabeldrucker in spanische Übersetzungen.

Ein drittes. Die Ravensburger Handelsgesellschaft stieg selbst in die Zuckerproduktion ein. Seit 1461 betrieb sie in der Nähe von Valencia eine eigene Zuckerfabrik. Schon in islamischer Zeit wurde der Zuckerrohranbau im späteren Königreich Valencia gepflegt.

Es gab auch genügend Wälder, die genügend Brennholz für das Zuckerkochen lieferte. Doch schon vor dem Investment in Valencia hatte sich der Zuckermarkt geändert. 1420 hatten portugiesische Seefahrer die unbewohnte Insel Madeira entdeckt.

Schon 1425 ließ Heinrich der Seefahrer Madeira kolonisieren und Zuckerrohrplantagen auf der Insel anlegen. Der Zuckerhandel zeigte allerdings, dass die Gesellschaft mittlerweile schwerfällig reagierte. In einem Brief der Geschäftsleitung an das Gelieger

Valencia vermerkt man dort  ” Am Zucker haben wir zu Lyon schon lange verloren. Wisst dass er zu Brügge jetzt nichts gilt, dort läuft nur der portugiesische aber vielleicht kommt einmal der Tag, da der Zucker wieder etwas wert ist.” Die schlimmsten Befürchtungen

der Ravensburger waren nicht eingetreten. Der zunehmende Holzmangel auf Madeira ließ die Preise wieder ansteigen. Die Gewinnspanne war trotzdem recht klein geworden. Also verkauften sie schließlich 1480 ihre Zuckerfabriken, kaufte direkt bei den

Herstellern und setzte ihn vor allem in Mailand und Genua ab. Die Entdeckung der zentralamerikanischen Inseln schließlich führte zu einem raschen Niedergang des Zuckeranbaus in Valencia. Auf den kurzen Versuch mit Reis aus Valencia wurde schon beim Gelieger

Brügge eingegangen.Valencia wurde als letztes der drei spanischen Gelieger aufgelöst.

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Im deutschsprachigen Raum hatte die Gesellschaft zwei Gelieger und zwar das in Wien und das in Nürnberg. Natürlich bot sich Wien als kaiserliche Residenzhauptstadt der Habsburger und Hauptstadt des Heiligen Römischen Reiches als Sitz eines Geliegers

an.Außerdem lag der ungarische Absatzmarkt geradezu vor der Tür. Erste Nachrichten für das Gelieger Wien gibt es aus dem Jahre 1440. Dort ist in einem Satzbuch, das ist ein Buch in dem mit Satz oder Burgrecht einer Hypothek vergleichbares Recht eingetragen

werden.  Dort verpfändet ein gewisser Hans Hämerl zwei Hypotheken zwei Häuser in Wien, da er der Ravensburger Handelsgesellschaft 285 Pfund schuldete. Wir wissen ziemlich wenig über die Tätogkeit des Geliegers Wiens. Es scheint so, dass die Gesellschaft in

Wien keine Einkäufe tätigte und nur Waren weiterhandelte, die sie von anderen Geliegern z.B. Mailand und Antwerpen bezog. Wir erfahren von einem Einkauf, in dem der Wiener Faktor Heinrich im Steinhaus Zobelfelle zu überhöhte4m Preis angekauft hat. Und

wir wissen, dass Hans Gessler 1520 noch für die Ravensburger tätig war, das Gelieger da also noch bestand.

As 15. und 16. Jahrhundert gilt als die blühende Zeit Nürnbergs. Handwerk und Handel florierten. Kunst und Wissenschaft blühten auf. Nürnberg war eine wichtige Reichsstadt. 1424 hatte Kaiser Sigismund der Stadt Nürnberg die Reichskleinodien

“für ewige Zeiten” anvertraut. Künstler wie Veit Stoß, Adam Kraft und vor allem Albrecht Dürer begründeten den künstlerischen  Ruf Nürnbergs. In Nürnberg wurde die erste Papiermühle Deutschlands gebaut. Martin Behaim schuf dort den ersten Globus und Peter

Henlein erfand die Taschenuhr.Aber sicher hat natürlich vor allem die verkehrstechnisch günstige Lage Nürnberg für die Ravensburger Handelsgesellschaft interessant gemacht. Nürnberg lag in der Mitte Europas und es war neben Köln und Prag die größte Stadt im

Heiligen Römischen  Reich. Der erste Nachweis für die Präsenz der Ravensburger Handelsgesellschaft stammt aus dem Jahr 1439. Nürnberg war der Hauptlieferant für Metalle. Nürnberg war eine Hochburg der Waffenherstellung. Bekannt sind die Harnische. In

Nürnberg wurde die “Nürnberger Schere” erfunden, das ist eine für militärische Zwecke verwendbare Steigleiter und schon vor 1517 das Radschloss bei Handfeuerwaffen. Die Gesellschaft verschaffte der Stadt Ravensburg  aus Nürnberg Hakenbüchsen,

Handbüchsen, Schlangen und Model zum Gießen der Geschosse sowie Eisen und Blei. Und bei der Ausstellung des Handelsprivileg für Lyon wurde ja schon darauf hingewiesen, dass sich diese vor allem auf Kaufleute, die Waffen lieferten erstreckten.

Dank der florierenden Wirtschaft lebte natürlich auch eine zahlungskräftige Kundschaft in der Stadt. So standen neben Safran und Zucker Luxuswaren wie Perlen, Damaste und Korallen auf der Liste. Das Nürnberger Gelieger wurde bis 1527 geführt.

In Frankfurt hatte die Gesellschaft kein eigene Gelieger oder zu mindestens einen Agenten wie in Köln. Aber natürlich war sie auf der Frankfurter Messe präsent.

Die Ravensburger Gesellschaft bot auf der Frankfurter Messe Safran an, das Gelieger Saragossa lieferte nach Lyon, von dort ging es weiter nach Genf und von Genf gelangte schließlich die Ware auf die Messe. Das  Einkaufsbuch der Familie Mulich,

einer Nürnberger Fernhandelskaufmannsfamilie von der Fastenmesse von 1495 zeigt zum Beispiel, dass die Ravensburger Gesellschaft für die Firma der Familie Mulich für 850 Gulden Waren lieferte. Daneben wurde die Firma auch von Georg Fugger  und Peter Watt

mit je 700 Gulden beliefert. Auch Einkäufe tätigte die Handelsgesellschaft. So bezog sie 1475 Blech von der Witwe des Nürnberger Blechschmieds Konrad Eschenloer. Zur Frankfurter Fastenmesse gibt es auch einen Geleitbrief, den Herzog Christoph von

Württemberg am 14. Februar 1459 in Mömpelgard ausstellt und indem er auf Bitten der Stadt Ravensburg zusichert “Eure Mitbürger Kaufleuten durch unser Fürstenthum Württemberg” zu begleiten. Es wird darauf verwiesen, dass das auch früher schon so

gehandhabt worden ist, auch die möglichen Gefahren werden erwähnt, das Nebenstraßen zu vermeiden seien. Es wird ausdrücklich gesagt, dass das Geleit auch für die kommenden Messen gelten soll. Auch daraus ergibt sich, dass die Ravensburger

Handelsgesellschaft ein ständiger Besucher der Frankfurter Messe war.

In den letzten Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts war in Köln Peter Lutzenkirchen unter anderem für die Ravensburger Gesellschaft tätig. Er war verheiratet mit der Seidenmacherin Fygen. Er unterhielt aber auch Beziehungen zu anderen oberdeutschen

Handelshäusern wie den Vöhlin-Welser. Seine Tochter Agnes heiratet 1492 Andreas Imhof, einen Faktor der Vöhlin-Welser Gesellschaft.

In der Schweiz, die damals ja noch zum Heiligen Römischen Reich zählte, gab es außer dem Gelieger in Genf noch einen Agenten in Bern unter anderem Hans Fränkli, der 1458 Seckelmeister der Stadt Bern war und sein Schwiegersohn Anton Archer, der von

1477-1503 Berner Seckelmeister war. Die Stadt Bern setzte sich auch außenpolitisch immer wieder für die Handelsgesellschaft ein, sowohl gegenüber dem französischen König, als es um von Seeräubern geraubte Ware ging als auch in Savoyen und Italien.

Begründet wurde das immer damit, dass Berner Bürger Gesellen der Ravensburger Handelsgesellschaft waren. Auch in Zürich und Luzern lebten Gesellen der Ravensburger. Nach dem Schwabenkrieg 1499 (siehe dazu auch Beitrag  Kloster St. Gallen) zogen sich die

meisten Schweizer Gesellen  aus der Gesellschaft zurück. Besonders enge Beziehungen gab es zu St. Gallen. Dort benützten die Ravensburger sogar die Bleichen und natürlich waren sie ein wichtiger Abnehmer der St. Gallener Leinwand. In St. Gallen, ebenso

wie in Memmingen und Konstanz arbeitete ein Bevollmächtigter der Gesellschaft.

                       Die Geschichte der Großen Ravensburger Handelsgesellschaft

Ladislaus Suntheim, der um 1440 in Ravensburg geborene Theologe, Historiker und Genealoge, der 1460 zum Procurator der Rheinischen Nation gewählt worden war, das ist ein Bediensteter in der Staatsverwaltung  oder in der Rechtspflege , gab schon um 1495

eine Beschreibung seiner Heimatstadt heraus die “Beschreibung der Stadt Ravensburg und des Schussentals”.  Darin schreibt er “Item die erst geselschafft in Hoch-Tewtschn-lannden ist zu Ravenspurg durch die burger, genannt die Motzli[28] erfunden unnd gemacht

wordenn und in die selben geselschafft sind noch maln khomen: die Humpis, Pesserer, Taschler, Geldrich, Montpratn, Neydeckhenn, Anckareyte und annder etc. unnd ist die Gros Geselschafft wordenn unnd haben gehannttirt in das Kunigreich von Appels[29], in

Lampartten[30], in die Kunigreich von Arragon, Valens, in Kastilia unnd in Katalonia etc.; dar nach sein annder geselschafft auferstannden als der Sechli zu Memmingen, der Meiting zu Augspurg, der Metzli zu Sannd Gallen unnd yetz der Fuker zu Augspurg unnd der

Welsser daselbs etc. unnd in annderen stetten desgleichnn. Das ist wohl die erste Beschreibung der Ravensburger Handelsgesellschaft. Die Ravensburger Kaufleute haben sich schon früh im Fernhandel umgetan. so erscheinen 1390 ein Johannes, Konrad und Ulrich

Wirt im Fondaco dei Tedeschi. Möglicherweise ist Konrad Wirt identisch mit dem Konrad Wirt, der 1397 und 1401 in Ravensburg Bürgermeister war. Auch sind zwei Brüder Wirt bei der Gründung der Ravensburger Patriziergesellschaft zum Esel dabei. Auch Konrad

und Johann Segelbach erscheinen auf der Liste des Fondaco dei Tedeschi. Johann Segelbach ist 1401 Bürgermeister in Ravensburg und beide Brüder sind wieder unter den Gründern der Gesellschaft zum Esel. Auch ein Johann Muntprat wird erwähnt, der als

Ravensburger bezeichnet war, aber im Auftrag zweier Konstanzer Bürger bezeichnet wird. Auch in Spanien sind Ravensburger Bürger unter den ersten namentlich bekannten Kaufleuten aus Deutschland. Humpis und Mötteli lassen sich 1394  in Barcelona

nachweisen, die Muntprat folgen 1402. Ein genaues Gründungsdatum für eine gemeinsame Handelsgesellschaft gibt es nicht, aber so um 1380 bereits dürften sich die Familien Humpis, Mötteli und Muntprat zu einem gemeinsamen Unternehmen

zusammengeschlossen haben. Einige Vorteile gemeinsamen Vorgehens wurden schon beim Gelieger Barcelona aufgezählt. Neben der Kostensenkung spielte sicher auch die Risikominimierung eine gewichtige Rolle. Die Unsicherheiten beim Transport, egal ob zu

Wasser oder Land bargen immer das Risiko des Verlusts einer Ladung. auf mehrere Schultern verteilt, trug sich die Last leichter. Es mussten nicht nur Raubritter oder Piraten sein, manchmal genügten auch einfache Unfälle oder Fahrlässigkeit. So ging 1480 einmal

eine ganze Ladung Zucker verloren, Als ein Fuhrmann auf dem Weg von der Rhonemündung 13 Kisten Zucker in die Durance kippte. Bei Seetransporten waren meist Faktoren der Gesellschaft dabei, während  Landtransporte Fuhrleuten anvertraut wurden. Für

Seetransporte schloss die Gesellschaft meist eine Transportversicherung  ab, um sich gegen Warenverlust durch Piraterie oder Schiffbruch abzusichern. Selbst war die Gesellschaft nicht im Versicherungsgeschäft tätig.

Die Vereinigung der Ravensburger Kaufleute erhielt rasch Zuwachs. Sie liest sich fast wie die Liste der Gründungsmitglieder der Gesellschaft Zum Esel. Aber auch Konstanzer Patrizier waren bald dabei. Bald waren über 100 Gesellschafter aus über 10 Städten im

Bodenseeraum und Oberschwaben vertreten. Auch  Schweizer Bürger waren unter den Gesellschafter, so aus Bern, Zürich und Luzern.Noch 1498 lassen sich 38 Gesellen nachweisen. Der rasche Eintritt vieler Gesellen hatte natürlich einen raschen Kapitalzufluss zur

Folge.  Andrerseits machte sie die Gesellschaft natürlich auch schwerfällig, stärker als das später zum Beispiel bei den Fuggern der Fall war. Die Ravensburger Gesellschaft war nach dem  Vorbild der italienischen Binnenhandelsgesellschaft (compagnia) aufgebaut.

Die Mitglieder der Gesellschaft hatten nicht nur Anteil am Geschäftskapital, sondern sie arbeiteten aktiv im Unternehmen mit. In einem schriftlich fixierten Gesellschaftervertrag wurde die Kapitalbeteiligung, aber auch Kompetenzen, Rechte und Pflichten

fest. Leider ist kein einziger solcher Vertrag erhalten geblieben, so dass wir über die interne Struktur heute im Ungewissen bleiben. Gewinne und Verluste wurden anteilig im Verhältnis zur Kapitalbeteiligung verteilt.

In Urkunden aus Bern,Luzern und Konstanz wird die Gesellschaft “magna societas mercatorum altioris alamaniae” genannt. In einer genuesischen Urkunde ist von der societas Alamanorum ,quae dicitur de Josumpis. In Mailand war sie als compagnia grande bekannt

und in Spanien lief sie unter dem Namen der wichtigsten Gesellschafter Joushompis (oder Joghompis) y compania.

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Egal unter welchem Namen, sie war eine der bedeutendsten Handelsgesellschaften, die rund 150 Jahre im Fernhandel mit Spanien, Italien und Frankreich eine wesentliche Rolle spielte.

An der Spitze der Gesellschaft standen drei Regierer. Der erste bekannte war Henggi Humpis, der 1429 verstarb. wie wir oben gesehen haben, hat er in der Stadt Ravensburg aber auch im Schwäbischen Bund eine gewichtige Rolle gespielt. Die ersten

beiden Regierer führten die Geschäfte und waren auch für die Gesellschaft unterwegs, der dritte führte jeweils die Hauptbuchhaltung, die in Ravensburg war (oberes Bild der Geschäftssitz). Die Gelieger standen unter der Leitung eines

Faktor, der dafür mit Quartier, Speis und Trank und Kleidung versorgt wurde.Wenn die Gesellen zum Handeln  unterwegs waren oder mit Wissen der Anderen zum “Wohl und Nutzen” reisten, stand ihnen eine “Zehrung” aus dem “gemeinen seckel

und gelt” der Gesellschaft zu. Auf Reisen und in den Geliegern wurden die Gesellen von Kopf bis Fuß neu eingekleidet und gut schwäbisch von der Gesellschaft immer ermahnt, sorgfältig damit um zu gehen. An Waffen erhielt der Kaufmann ein Schwert.

Es war ein ausdrückliches Privileg, dass er dies auch auf der Frankfurter Messe tragen durfte. Arzt-und Apothekerkosten gingen zu Lasten der Gesellschaft. Auf “Reisespesen” achtete man streng, d.h., die Gesellen wurden angehalten, wo immer zu Fuß zu gehen und

auf teure Mietpferde zu verzichten. Es gibt einen amüsanten Briefwechsel mit dem Patriziersohn Claus Bützel, der wohl 1472 in Bourg en Bresse war. Er scheint wohl nicht begeistert gewesen zu sein, zu Fuß zu gehen. Doch es wird ihm gesagt

“Es sind ebenso gute Herren zu Fuß gegangen”. Die Kosten für Schuhe wurden ersetzt. So legte der Geselle Heinz Wyer eine Abrechnung vor, nach der in knapp drei Jahren 22 paar Schuhe verbraucht hatte. Diese bekam er natürlich anstandslos bezahlt. Das gibt

auch eine gute Vorstellung, was im Dienst der Gesellschaft zu leisten war. Neben den Kosten für die Schuhe wurden dem Gesellen auch Versäumnisgelder für Messen, sowie das Beichtgeld bezahlt und sogar noch zwei Rosenkränze. Es scheint also, dass

das Seelenheil ihrer Gesellen der Gesellschaft durchaus am Herzen lag.

Wie konnte man Geselle werden? Voraussetzung war, Bürger einer Reichsstadt zu sein. Eine Einlage war zu leisten, die allerdings im Lauf der Vertragszeit zum Teil zurückgezogen werden konnte. Dies wurde in den Papieren vermerkt und dann natürlich

das Anrecht auf Gewinnbeteiligung entsprechend gekürzt. “Verlieren der ganzen und halben Gewinnung” war dann zu lesen. Die Gesellen wurden von den Regierern in die Gesellschaft aufgenommen. Sie mussten dann dorthin gehen, wo sie die Regierer nach

eigenem Ermessen senden konnte. Seinen Posten durfte niemand ohne Urlaub verlassen. Es musste ein Treueversprechen an Eides statt ab gelegt werden. Darin verpflichtete sich der Geselle, sich an die Ordnung der Gesellschaft zu halten, Treue und Fleiß zu

bewahren und zu Gehorsam gegenüber den Vorgesetzten. Das war kein Versprechen auf Lebenszeit. Viele nahmen städtische Beamtungen an, manche Glieder reich gewordener Geschlechter taten einige Zeit Dienst und lebten danach als reiche Privatleute.

Am Ende Rechnungsperiode wurde die Dividende ausgezahlt. Falls ein Geselle durch nachlässige Geschäftsführung einen Schaden verursacht hatte, musste er dafür haften. Vor allem wer bares Geld ausgeliehen hatte wurde er streng gerügt und

schadenersatzpflichtig gemacht. Die Gesellen waren nicht an der Spitze der Gelieger. Diesen Posten versah ein “Obmann”. Dieser hatte Prokura, aber nicht allein, so dass auch während seiner Abwesenheit die Gesellschaft nicht handlungsunfähig war.

Die Prokuristen konnten rechtsverbindliche Verträge eingehen. Der Prokurist stand dem Personal eines Geliegers verpflichtet. Er besorgte die Buchführung und war zur Rechnungslegung verpflichtet. Er unterlag der Verschwiegenheitspflicht in geschäftlichen

Dingen.

Die “Ehrung” war ein Mittel besonders erfolgreiche Gesellen auszuzeichnen, alle anzuspornen, so etwas wie heute die Erfolgsbeteiligungen. Die Ehrung wurde ins Wertbuch eingetragen und nahm am Gewinn  des neuen Geschäftsjahres teil, bedeutete also

die Möglichkeit, sein Einkommen durch Fleiß entsprechend zu steigern. Die Regierer erhielten keine Ehrung sondern ein Entgeld das meist bei 150 Gulden lag.

Bilanz wurde in der Regel nach drei Jahren gezogen. Die Dividende wurde festgelegt. Die “Rechnung” das war die Hauptversammlung. Die drei Regierer und der Neunerausschuß waren anwesend. Dieser Ausschuss ist dem heutigen Aufsichtsrat zu vergleichen.

Die Gesellschafter waren auch anwesend. Nach einer Aufstellung aus dem Jahr 1477 wurde in einem Zeitraum von einem knappen Monat, das war die längste “Rechnung” kräftig gespeist und getrunken.

“20 3/4 Lämmer; dann 401 Pfund Rindfleisch, 23 Pfund Hammelfleisch, 28 1/2 Pfund Schweinefleisch, 20 Stück Leberwurst, 9 Pfund Wurst, 7 1/2 Pfund Kalbfleisch, 7 Zungen, Wild-pret, 44 Hähne, 102 Hühner, 52 Spislyvögel, 50-60 große Vögel, 300 Vögel, 2 Rebhühner,

1 Haselhuhn, 1 Cuter. Getrunken wurden insgesamt 2.261 Maß Wein” .

In der Spätzeit der Gesellschaft erzielte die Ravensburger Gesellschaft etwa 7 % Kapitalrendite, das war etwas weniger als die 9 % der geringer kapitalisierten Nürnberger Gesellschaft Weiser, aber nicht zu vergleichen mit den rund 20 %, die die Firma

von Jakob Fugger zwischen 1511-1527 jährlich erwirtschaftete.

Die Kommunikationswege sind natürlich in keinster Weise mit heute zu vergleichen. Im Zeitalter von Telefon, Fax und Email läuft das ja praktisch zeitgleich ab. Auf die Brieflaufzeit nach Sargossa wurde bereits verwiesen. Der wichtigste deutsche Handelsplatz

Nürnberg war per Brief in etwa 5 Tagen zu  erreichen, nach Mailand dauerte es 8 Tage, nach Genf war der Brief 9 Tage unterwegs. Zwei Wochen nahm die Kommunikation mit Wien, Lyon oder Genua in Anspruch. Das südfranzösische Avignon erhielt die Post

nach etwa 19 Tage und die spanischen Gelieger wurden zwischen 36 und 46 Tagen kontaktiert. Mitunter dauerte das noch länger, im schlimmsten Fall 10 Wochen!

Ein großes Problem stellt die Sicherheit der Wege dar.Einerseits waren da die Kaufleute, die ihre wertvollen Waren zu den großen Handelsplätzen transportieren mussten. Zum andern waren da Leute, die die Unsicherheit der Wege, aber auch das spätmittelterliche

Fehderecht für ihre Zwecke nutzten. Siehe dazu den Blog über Götz von Berlichingen, der ja fast so etwas wie ein “Fehdeunternehmer” war. Auch die Ravensburger Gesellschaft hatte unter solchen Zeitgenossen schwer zu leiden. Viele Kaufleute, nicht nur in

Ravensburg, waren ja gleichzeitig in öffentlichen Ämtern, oft Bürgermeister oder Amtleute. Erinnert sei hier auch an die herausragende Stellung von Henggi Humpis im Schwäbischen Städtebund.

Im Schwäbischen Unterland machten Wegelagerer die Straßen unsicher. Sie hatten es auf Kaufleute abgesehen, die zur Frankfurter Messe zogen, und beraubten sie. Auf dem Bodensee waren zur gleichen Zeit fast so etwas wie die Seeräuber unterwegs.

Berüchtigt waren Graf Heinrich von Lupfen, Hans von Rechberg Heinrich von Ysenburg. Ein reichsstädtisches Heer mit seine  Hauptleuten Walter Ehinger aus Ulm, Hans Vöhlin aus Memmingen und Jacob Schellang aus Ravensburg zog nun von Überlingen aus

gegen die Burgen der Ritter und zerstörte sie.Im Bodenseeraum wurden die Burgen Schrozberg gegenüber Schönau, Hilzingen,Randeck und Wasserburg zerstört.

Gleichzeitig gingen die Städte im schwäbisch-fränkischen Raum gegen die dort tätigen Ritter vor und brachen deren Burgen.Das waren vor allem Neuenfels und Maienfels. Für Maienfels wurde ein kaiserliches Widersaufbauverbot erteilt, das die Ganerben

allerdings umgingen, in dem sie Burg und Städtlein 1464 der Pfalz zu Lehen übertrugen.

Walter Ehinger war Ulmer Patrizier und Bürgermeister. Hans Vöhlin war Memminger Bürgermeister, sein Sohn Hans der Jüngere war Teilhaber der Vöhlin-Welserschen Handelsgesellschaft. Jacob Schellang hatte 1420 das Ravensburger Bürgerrecht erworben,

war Ratsmitglied und auch in der Gesellschaft zum Esel dabei. Seine Frau war eine Barbara Humpis.

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Wenn man die Liste der Hauptleute betrachtet, sieht man Patrizier aus den oberdeutschen Städten aber eben gleichzeitig Vertreter wichtiger Handelsgesellschaften. Es scheint, dass nicht nur Konkurrenzsituation herrschte, sondern dass man

durchaus  auch gewillt war, für gemeinsame Interessen gemeinsam vorzugehen.

Eine langwierige Fehde hatte die Gesellschaft mit den Herren von Stain auszufechten. Die Herren von Stein saßen zeitweise auf über 50 Herrschaften vor allem in Schwaben, so auf Rechtenstein, Klingenstein und Gundelfingen im Lautertal.

Sie galten das ganze Mittelalter durch als sehr streitbar. Im 15. Jahrhundert war oft der Stoßseufzer zu hören “ Wer will bleiben von Händeln rein, der hüt sich vor Freyberg, Rechberg und vor Stain.” Die Auseinandersetzungen zogen sich fast über

20 Jahre hin und im Ravensburger Stadtarchiv sind eine Reihe von Fehdebriefen und auch Versöhnungsbriefe zu finden. Ein Versöhnungsbrief, der am St. Gallus Tag (16.Oktober) 1458 geschrieben ist, nennt “Hans von Klingenstein,der jung, Hans Böck,

genannt Heinerlin und Wolf, seine gedingten und gebrödeten Knechte” auf der Seite der Ritter und “Ytal und Josen Huntbiß” und ihrer Bürgergesellschaft,  erklären, dass Fehde und Feindschaft geherrscht haben. Vor “Jakob Truchsess von Waldburg

Hofmeister und Landvogt” Mit diesem Brief wird  versprochen, dass die Fehde nun zu Ende sei. Dieser und  einige andere Briefe sind abgedruckt bei Johann G. Eben, Versuch einer Geschichte der Stadt Ravensburg von Anbeginn bis auf die heutigen Tage, erschienen

1835.Bei der Belagerung von Gundelfingen 1463 hatte die Stadt Ravensburg einen großen Teil ihrer Kriegsgeräte verloren. Nur gut, dass wie beim Gelieger Nürnberg gezeigt wurde, die Ravensburger Handelsgesellschaft auch als Waffenhändler fungierte.

Eine allmähliche Erschöpfung beider Parteien, aber auch Versöhnungen und Vergleiche wie der oben erwähnte und nicht zuletzt die Vergrößerung der Rittergesellschaft von St. Georgen Schild, die 1406 im Zusammenhang mit dem Appenzeller Krieg

zum ersten Mal als Zusammenschluss von niederen und hohen Adligen auftrat als Reaktion auf den gesellschaftlichen Wandel, Mitte des 15. Jahrhunderts schlossen sich der Gesellschaft immer mehr Prälaten als Vertreter geistlicher Gebiete der Rittergesellschaft

an, führten zum Nachlassen der Raubritterplage. Ziel der Rittergesellschaft war die Sicherung des Landfriedens und allmählich mussten die Kaufleute nicht mehr befürchten, dass ihre Waren und Handelszüge auf den Straßen überfallen und beraubt wurden.

Nach 1450 stiegen die Möttelis aus der Ravensburger Handelsgesellschaft aus. Lütfried und Rudolf Mötteli gründeten eine eigene Gesellschaft. Ihre Geschäfte betrieben sie nun von St. Gallen aus.Lütfried ließ sich 1454 ins St. Gallener Bürgerrecht aufnehmen,

Rudolf 1458 ins Züricher Bürgerrecht.Warum das geschah, lässt sich nicht mehr nach vollziehen. Es ist aber denkbar, dass es wegen der Familienfehde war, in der Familie Humpis ausbrach, als Henggi Humpis 1429 starb und die Ravensburger Linie und die

Ratzenrieder Linie sich die Führung der Handelsgesellschaft streitig machten.

Die Möttelis waren schwerpunktmäßig weiterhin in Spanien tätig. Sie lässt sich in Saragossa nachweisen. Sie war die einzige deutsche Gesellschaft, die ein  Kontor im damals islamischen Granada unterhielt. Die Mötteligesellschaft war auch in Avignon,

Lyon, Genf Nürnberg und Frankfurt vertreten. Sie vertrieb hauptsächlich Leinwand, Barchent-und Wolltuche sowie Metallwaren. Importiert wurde Safran, Zucker, Baumwolle und Korallen. Rudolf überließ die Geschäfte mehr und mehr Lütfried.

Rudolf übersiedelte ins Schloß Alt-Regensberg bei Regensdorf im Kanton Zürich, das er samt Leuten, Gütern, Zehnten und Zinsen erworben hatte. Er erneuerte dort die alten Bauten und erprobte sein kaufmännisches Denken nun in der Pflege von

Landwirtschaft, Obstbau und Fischzucht. Rudolf war ein typischer Vertreter des reichen Bürgertums, das den sozialen Aufstieg in den Adel anstrebte.

Nach dem Tod Henggis ging die Führung der Gesellschaft an seine Neffen Jos.II aus der Ratzenrieder Linie über.Jos II. war der Sohn von Henggis 1346 geborenen Bruder Ital. Da Jos II. ein kaufmännisches Genie war und auch über enormes  Organisationstalent

verfügte, scheint das zunächst noch kein Problem gewesen zu sein. Jos straffte die Gesellschaft im Inneren und verschaffte ihr schließlich Weltgeltung, was auch daraus zu ersehen ist, dass die Gesellschaft in romanisch sprachigen  Ländern meist naxch im benannt

ist. “Joushompis oder Joghumpis”. Problematisch wurde es, als er 1437 nicht daran dachte, das Amt an die Ravensburger Linie zurück zu geben. Er nominierte für das Amt seinen Sohn Jos III (geboren 1430). Dagegen werden sich seine Kontrahenten  aus der

Ravensburger Linie Frick III. (geboren1426), der Cousin von Jos III. und Fricks Sohn Onofrius “Noffre” (geboren 1450). Der Streit spaltete auch die Familie tief. So war der jüngere Sohn von Frick III. Parteigänger der Ratzenrieder Linie. Er bezog ein Haus in der

Herrenstraße 41 und ließ sich sogar in der Ratzenrieder Pfarrkirche beerdigen. Jos III. musste seinen  Stuhl 1462 zugunsten der Ravensburger Linie räumen, kam 1477 nochmals kurz an die Macht. Dann wurde er gezwungen endgültig abzutreten.

Onofrius war nun Regierer. Er starb 1496 und ihm folgte als letzter Regierer Konrad II, der die Gesellschaft von 1496-1530 als letzter Regierer leitete. Nicht nur die Familie wurde von dem Streit betroffen. Er ging auch quer durch das Ravensburger

Patriziat. Der Streit wurde mit härtesten Bandagen geführt. Es gibt Hinweise auf zwei vereitelte Entführungen auf Onofrius mit Lösegeldforderungen. Jos III. seinerseits überfiel zwei Ravensburger Kaufleute vor den Toren der Stadt und kerkerte sie in  seinem

Schloss ein. 1477 als Jos III. zur Abdankung gezwungen wurde, trat Klemens von Ankenreute mit einer beachtlichen Zahl von Gesellen aus der Handelsgesellschaft aus, alle zogen ihr Kapital ab und Klemens gründete die Ankenreutegesellschaft. Er war ja

nicht irgendwer sondern immerhin mit einer Humpis, nämlich Eva, der Tochter von Jos II. verheiratet. Clemens war für die Gesellschaft in Barcelona tätig gewesen. Nicht nur Kapital war damit abgezogen worden, sondern eben auch viel Berufserfahrung,

und “Connections”. Nicht umsonst wurde nach der Gründung der Ankenreutegesellschaft den Teilhaber der Ravensburger Gesellschaft streng untersagt, sich mit den Ankenreuteleuten zu unterhalten. Der Absprung einer Reihe von Gesellen hat sicher

nicht zum Niedergang der Ravensburger Gesellschaft geführt. Aber geschwächt worden, begleitet von dem jahrelangen Familienzwist, dürfte sie schon. werfen wir noch einen kurzen Blick auf die Konkurrenzsituation außer der “hausgemachten” Konkurrenz.

In Süddeutschland entstand zu dieser Zeit eine Reihe von Handelsgesellschaften, wobei der oben zitierte Ladislaus Suntheim schreibt,dass die Ravensburger Gesellschaft  in Ravensburg “erfunden und gemacht” worden sei.

Die Diesbach-Watt Gesellschaft ist in den Quellen zwischen 1420 und 1460 belegt. Initiiert ist sie von dem Berner Niklas Diesbach (um 1375-1380 bis um 1436) der die Gesellschaft zusammen mit den beiden Kaufleuten, Peter und Hug von Watt gründete.

Ende der 1440-iger Jahre befindet sich der Hauptsitz in Bern. St. Gallener Leinwand war von Anfang an das Haupthandelsprodukt, dazu kam Barchent aus den schwäbischen Weberstädten Ulm, Augsburg, Biberach und Memmingen. Die Leinwand wurde in

Genf, Südfrankreich und Spanien verkauft, der Barchent in Schlesien und Polen. Von dort bezog die Gesellschaft Wachs und Pelze. In Warschau wurden Hermelin, Marder, Eichhörnchen  und Kaninchenfelle gekauft, die in den oberdeutschen Städten

vertrieben wurden. Das Warenangebot wurde ergänzt durch Messing aus Nürnberg und Kupfer aus den oberungarischen Bergstädten. In Spanien bezog man hauptsächlich Safran,aber auch mediterrane Produkte wie Datteln, Malvasier und Rosenlikör.

Das Angebot war also durchaus vergleichbar mit dem Ravensburger.Bemerkenswert war bei der Diesbach-Watt Gesellschaft nicht so sehr das Angebot als die geographische Ausdehnung ihrer Aktivitäten. Das erforderte ein gut funktionierendes

Kommunikationsnetz, gezielt angelegte Niederlassungen sowie eine ständige Anpassung der Geschäftsstrategie. Ihre Blüte erlebte die Gesellschaft in den 1440-er Jahren. Dann  setzte ein rascher Niedergang ein. Die Gesellschaft machte dafür die kriegerischen

Ereignisse im eidgenössischen und süddeutschen  Raum verantwortlich. Dazu kamen Zwistigkeiten unter den Teilhabern, die sich lähmend auf die Betriebsleitung auswirkte. Um 1460 löste sich die Gesellschaft nach rund

dreißigjähriger Tätigkeit wieder auf.

Die Welser-Vöhlinsche Handelsgesellschaft entstand, als die Ravensburger ihre Hochzeit schon hinter sich hatten. In den 90-Jahren des 15. Jahrhunderts fusionierten die beiden Gesellschaften der Vöhlin und Welser. Die Vöhlin stammten ursprünglich aus St. Gallen,

sind aber seit 1340 in Memmingen nachzuweisen. Sie waren Mitglieder der Memminger Patrizier und viele ihrer Familienmitglieder begleideten das Amt des Memminger Bürgermeisters. Hans Vöhlin ist uns schon als Heerführer  beim Zug der Reichsstädte gegen

das Raubrittertum am Bodensee begegnet. Schon in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts handelten die Vöhlins mit Barchent, Salz, Wein Eisen und Sensen. Ihre Geschäfte tätigten sie aber hauptsächlich in Wien, in der Steiermark und in der Eidgenossenschaft.

Sie stieg aber bald auch in das Geldgeschäft ein. In kurzer Zeit nahm sie im internationalen Zahlungsverkehr eine wichtige Stellung ein. Auch im Montanbereich , vor allem im Tiroler Silberhandel war die Gesellschaft bald erfolgreich tätig. Diese beiden

Geschäftsfelder unterschieden sie doch stark von der Ravensburger Handelsgesellschaft. Die Welser waren in Augsburg und Nürnberg tätig. Die Welser sind 1246 erstmals in Augsburg nachweisbar und die Welschersche Handelsgesellschaft ist erstmals 1420 in

Augsburg belegt. Anton Welser (1451-1518) lebte und arbeitete in Augsburg, sein jüngerer Bruder Jakob (1468-1541) begründete die Nürnberger Linie.Die Kinder von Hans Vöhlin dem Älteren Katharina und Konrad heirateten beide in das Haus Welser ein.

Katharina heiratete Anton Welser und Konrad Barbara Welser. Diese Heiratsverbindungen leitete die Fusion der beiden Familiengesellschaften ein, die dann Anton Welser 1498 mit Konrad Vöhlin vollzog.  Die Firma “Anton Welser, Konrad Vöhlin und Mitverwandte”

nahm ihre Tätigkeit auf. Neben den beiden Familienoberhäupten waren noch 16 Gesellschafter in der Firma. Neben Augsburg blieb Memmingen bis zum Tode Konrad Vöhlins 1511 zweite Firmenzentrale. Man kann also ähnliches für Elser-Vöhlin sagen, was

Andreas Meyer für in Die Große Ravensburger Handelsgesellschaft in der Region festgestellt hat:  “Durch Konnubium, nicht durch Zusammenschluss“Vergenossenschaftung von Kaufleuten” wuchs die Gesellschaft”. Mögliche Ehepartner suchte und fand man im

entsprechenden patrizischen Milieu Süddeutschlands”. Wenn man die Heiratsverbindungen der süddeutschen Patrizier betrachtet, gewinnt man den Eindruck, dass die Verbindungen  sehr wohl überlegt waren, fast so nach habsburgischem Motto “Tu felix

Austria nubes”. Wenn man nun Vöhlin-Welser mit der Ravensburger Handelsgesellschaft vergleicht, so fällt ins Auge, dass neben der Tätigkeit im  Montanbereich und Geldgeschäft gleich nach den großen Entdeckungen ein beherzter Einstieg ins überseeische

Geschäft stattgefunden hatte. Die Welser beteiligten sich finanziell an der Finanzierung portugiesischer Schiffe für den überseeischen Gewürzhandel und gründeten sogar Kolonien in Venezuela. Die Ravensburger nahmen an diesen Geschäften nicht teil,

sondern beschränkten sich auf ihre bisherigen Geliegern. So verloren sie den Anschluss an die neuen gewinnträchtigen Handelsmöglichkeiten.

Betrachten wir noch kurz den wohl berühmtesten Konkurrenten der Ravensburger Handelsgesellschaft, nämlich die Fugger. Hans Fugger war um 1408 aus dem kleinen Dorf Graben in der Nähe von Augsburg in die Reichsstadt Augsburg eingewandert.

Hans Fugger war Mitglied der Weberzunft, handelte aber schon bald mit Baumwolle aus Italien und war als Weberverleger tätig. D. h. er lieferte den Rohstoff, also Baumwolle und Weber verarbeiteten dies auf seine Rechnung, während er den

Verkauf der Fertigware organisierte. Hans hatte zwei Söhne, nämlich Andreas (1394/1395-1457/1458) und Jakob (nach 1396-1469). Das Familienvermögen wurde 1455 aufgeteilt und die beiden Linien trennten sich und gingen verschiedene Wege.

Andreas war der Stammvater der Fuggerlinie “vom Reh” und Jakob der Linie “ von der Lilie”. Die Familie vom Reh ging schon früh bankrott, was vor allem daran lag, dass sie Kaiser Maximilian einen Kredit einräumte, der nicht genügend abgesichert war.

Die Reichstadt Leuven in Brabant bürgte. Die Schulden ließen sich bei der Stadt nicht eintreiben. Die Firma ging bankrott.Jakob Fugger der Älter hatte mit seiner zweiten Gemahlin 11 Kinder von denen die Söhne Ulrich, Georg und Jakob (später genannt

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der Reiche) seine Firma übernahmen. Sie machten sie zu einem der größten und reichsten Handelshäuser Europas. Seine Ausbildung hatte er mit 14 Jahren in Venedig begonnen. Italien galt ja für angehende Kaufleute als das Ausbildungsland schlechthin.

Allerdings sollte er wohl zunächst Kleriker werden und hatte auch eine Ausbildung zum Kleriker. Er erhielt eine Pfründe in St. Veit in Herrieden in Franken. Allerdings war er dort wohl nie. Als der Vater 1469 starb, sollte er noch weiter Kleriker bleiben,

erst als 1473 Jakobs Bruder Peter in Nürnberg starb, wurde er vom älteren Bruder Ulrich in die Firma geholt.1485 übernahm er die Innsbrucker Niederlassung der Fugger. Der junge Fugger schaffte es, die Silber und Kupfergeschäfte monopolähnlich in seiner Hand zu

konzentrieren. Dazu hatte er umfangreiche Darlehen an den Landesherren Sigmund der Münzreichen gegeben. Die Firma Fugger übernahm die Besoldung der Beamten und erhielt dafür Vorzugspreise bei der Berechnung von Metallieferungen, sowie

Exportvergünstigungen und andere Privilegien. Schon in Kürze beherrschte die Faktorei den Bergbau in Schwaz und die Münze in Hall. Er entwickelte ein kombiniertes System  von Kapital und Politik, das für ihn typisch wurde. Seine Finanzkraft stellte er

fast ausschließlich dem Erzhaus Österreich zur Verfügung. Das Eingreifen Fuggers hatte zum Rücktritt des Landesherren und zur Übergabe Tirols an Maximilian, seinen späteren Großkunden geführt. Fugger genoss nun königlichen Schutz.

Er hatte polnisch-schlesische- ungarische Geschäftsfreunde. Einer der wichtigsten war Johannes Thurzo der Ältere, ein Krakauer Geschäftsmann. Schon 1494 war sein Einstieg ins ungarische Bergwesen und den Metallhandel offensichtlich geworden. Er hatte in

Kärnten bei Villach und in Thüringen Betriebe zur Metallverarbeitung der ungarischen Erze errichten lassen. Auch der Kirche stellte er die Organisation seine auf europäischer Bühne wirkenden Unternehmens zur Verfügung. Die Organisation des

Jubeljahres 1500 und die Verbreitung des Ablasses durch Raymund Kardinal Peraudi (1435-1505) brauchte eine funktionierende Organisation. Im Firmenvertrag von 1502 hatte er zwar formal Gleichberechtigung, de facto aber die Führung inne.

Die Finanzkraft der Fugger und die Protektion durch Maximilian waren nicht allein massgebend für den Aufstieg der Fugger. Ein wichtiger Finanzier war Melchior von Meckau, der 1488 Fürstbischof von Brixen wurde. Er war bald so etwas wie ein

Bergbauunternehmer.  1498 befanden sich bereits 31 % aller Gruben am Schneeberg, im Berggerichtsbezirk von Sterzing-Gossensaß in Südtirol gelegen. Er wurde sehr reich und war auch immer wieder bei der für Maximilian so wichtigen Geldbeschaffung

behilflich. Und der Fürstbischof, seit 1503 Kardinal legte sein Geld bei den Fuggern an. Seine Einlagen überstiegen das eigene Vermögen der Gebrüder Fugger. Diese Querverbindungen sowie die Auswirkungen auf die römischen Fuggergeschäfte im

Sektor der Pfründen-Ablass-und Gebührenüberweisungen waren lange unbekannt. Als der Kardinal 1509 plötzlich verstarb, erhob Papst Julius II. Anspruch auf den Nachlass von Kardinal Melchior. Das brachte die Fuggerfirma an den Rand des Konkurses.

Glücklicherweise brachte zu diesem Zeitpunkt die französische Offensive und den Sieg von Agnadello Maximilian in Bedrängnis und er hatte wieder einmal Geldbedarf. Er half den Fuggern als diplomatische Mittler über die römischen Schwierigkeiten hinweg.

1508 hatte sich Fugger an einer deutschen Gewürzflotte beteiligt.Der Gewürzhandel war ein wichtiger Baustein in der Vermögensmehrung der Fugger.Das Vermögen der Familie war in den Jahren von 1494-1527 fast um das vierzigfache angewachsen.

1514 wurde Fugger als erster deutscher Kaufmann in den Reichsgrafenstand erhoben.

Das gesteigerte Ansehen der Fugger führte nun auch dazu, dass der Mainzer Kurerzbischof Albrecht von Brandenburg eine Anleiheanfrage des Vatikans an die Fugger

richtete. Sie finanzierten nun die Pfründebemühungen um Mainz, Halberstadt und Magdeburg vor und sie waren der deutschen Erhebung des Ablasses für St. Peter beteiligt und waren damit mitten in der Vorgeschichte der Reformation.

Als Kaiser Maximilian 1519 starb, standen Karl aus dem Hause Habsburg und Franz I.aus dem Hause Valois zur Wahl. Dafür wurden enorme Bestechungssummen aufgebracht. 852000 Gulden kostete die Wahl, davon finanzierten die Fugger mehr als eine halbe Million.

Die Kurfürsten und den Abgesandten Karls hatten eine Wahlkapitulation unterzeichnet, nach der auch die Handelshäuser abgeschafft werden sollten. Das scheiterte am Widerstand der oberdeutschen Handelshäuser. Auf deren Intervention unterzeichnete

Karl V. 1525 ein neues Handelsgesetz das den Interessen der Handelshäuser entgegenkam.

Jakob Fugger verstarb am 30.12 1525 in Augsburg. Er hatte seinen Neffen Anton als Nachfolger bestimmt.

Vergleicht man nun die Ravensburger Gesellschaft mit ihren Konkurrenten, so ist zu sagen, dass sie mit Diesbach –Watt oder Mötteli oder Ankenreute durchaus vergleichbar ist. Einmal bewegten sie sich im gleichen oder ähnlichen

Geschäftsfeld. Auch der regionale Tätigkeitsbereich war ähnlich wobei Diesbach-Watt noch wesentlich stärker in Osteuropa tätig waren. Vöhlin-Welser und vor allem Fugger waren sehr schnell global tätig,

die Ravensburger hatten sich auf Spanien,Italien und Frankreich und natürlich Deutschland beschränkt. Das Kreditgeschäft hat im Gegensatz zu den Welsern und vor allem den Fuggern nur eine

marginale Rolle gespielt. Es hat eigentlich mehr im Rahmen von Gewährung von Zahlungszielen statt gefunden.

                                                        Niedergang und Ende

Bericht der Großen Ravensburger Handelsgesellschaft 1477 nach Andreas Sattler
Liebe Freunde, […] euch verlangt mit Recht zu wissen, wie unsere Abschlussrechnung ausgefallen ist. Was uns Gott zu Gewinn gegeben hat, waren 21 Prozent [in drei Jahren], wofür wir dem Allmächtigen Lob und Dank sagen. Ihr werdet das wohl verstehen, denn der Lauf der Welt ist wirklich allenthalben wild und schwer und ungetreu. Der Kaufleute sind mehr als rote Hunde, alle Winkel sind voll, und der Gewinn ist schmal. Wenn man das bedenkt, liebe Freunde, so müssen wir zufrieden sein und hoffen, dass unsere Sachen fortan besser werden, ihr selbst werdet dazu helfen, wie wir zu euch allen das Zutrauen haben. So hoffen wir mit Gottes Hilfe, unsere Sache ebensowohl zu Nutzen zu schieben als andere Leute, denn wir haben einen guten Kredit und sind bis jetzt immer redlich mit unseren Waren umgegangen. Das lasst uns weiterhin so halten, so kann es uns nicht anders denn gut gehen. Ebenso haben wir für den Kauf wie für den Verkauf Kunden, um die mancher viel gäbe. Solche Stege und Wege in Deutsch- und Welschland zu haben, ist kein geringes Kleinod, dazu ein löblich ehrbar Wesen; von keiner Gesellschaft in der Welt hat man je gehört, dass sie so lange und so redlich bestanden habe, schier bei hundert Jahren. Große Almosen und Zierden zur Ehre Gottes hat die Gesellschaft gestiftet und stiftet sie noch alle Tage, und so möge es auch bleiben. Auch sind in unser Land durch die Gesellschaft großes Gut und Reichtum gekommen. Sollte dies aufhören, das wäre, meine ich, wider Gott, Schande und Schaden, es ist so mancher dadurch allenthalben erfreut worden. Darum liebe Freunde, jung und alt, lasst uns das ehrsame Wesen hochhalten, ein jeglicher in seinem Stand, wie es unsere Vorfahren getan haben, dann geht es uns gewiss wohl, wenn wir nur selber wollen.
Aus: Große Rekordanz (d. h. offener Brief) für Genf, Avignon, Barcelona, Saragossa, Valencia und Lyon, verfasst von Andreas Sattler. Nach A. Schulte (Hrsg): Geschichte der großen Ravensburger Handelsgesellschaft, Bd. III, S. 52 f.

Ein Jahresbericht der Handelsgesellschaft aus dem Jahre 14777 , das war das Jahr, in dem die Ankenreute Gesellschaft gegründet wurde, klingt noch recht zuversichtlich.Die Gesellschaft war allerdings etwas schwerfällig geworden. Man ließ den Geliegern im

Einkauf kaum freie Hand, obwohl die Leute vor Ort den besseren Einblick hatten. Dadurch entging manches gute Geschäft. Der Geschäftsgang scheint bis etwa 1510 noch durchaus befriedigen zu sein. Das lässt sich unter anderem auch daraus ersehen,

dass bis 1510 noch jährlich 600 Gulden  an Spenden getätigt werden. Bis 1525 sinkt der Betrag kontinuierlich auf etwa 100 Gulden ab. Der Rückgang von Umsatz und Gewinn verringerte natürlich auch die Barmittel, die zum schnellen

Einkauf einfach nötig waren. Bis Gelder oder Kauferlaubnis aus Ravensburg  da waren, hatten die Wettbewerber meistens schon gehandelt und so das Geschäft gemacht. Ein weiteres Hemmnis war, dass nun die Reformation auch vor der

Handelsgesellschaft nicht halt gemacht hatte. Der Lindauer Oswald Kröll,die Konstanzer Apenteger, Ruland Muntprat, Jörg von Hoff und Konrad Zwick und Kaspar von Ulm bekannten sich alle zur neuen Lehre, währen die letzten Regierer  Konrad

Humpis, Alexius Hilleson und der Wangener Hans Hinterofen sowie praktisch alle Familienmitglieder blieben beim alten Glauben.

Sicher hatten auch die massiven Familienstreitigkeiten der Humpis die gesamte Gesellschaft geschwächt und in Mitleidenschaft gezogen. In Manchen Arbeiten über die Gesellschaft ist auch vom Buddenbrook-Sybndrom die Rede, also vom Niedergang von

Familiengesellschaften, wie sie ja Thomas Mann in seinem Roman plastisch geschildert hat. Wir haben bei den Möttelis ja schon gesagt, dass viele Vertreter des Bürgertums den sozialen Aufstieg in den Adel anstrebten. Die Humpis hatten das geschafft,

hatten kleine Schlösser erworben und waren unsagbar reich. Durchaus verständlich, dass man sich damit zufrieden gab. 1527 war die Gesellschaft nur noch in Mailand und Genua, sowie in Antwerpen vertreten.

In Deutschland wurden noch Geschäfte in Nürnberg, Wien und natürlich in Ravensburg sowie in Frankfurt auf der Messe getätigt.

1530 hatte die Gesellschaft noch ein Dekret zur Eintreibung von Schulden in Mailand. Demnach bestand da die Gesellschaft noch. Danach erfährt man nichts mehr über sie.

1447 waren die Humpis an die Herrschaft  Brochenzell gekommen. Sie erbauten sich dort das Humpisschloss. Diess fiel 1721 an das Kloster Weingarten, weil Freiherr Marquard Humpis seine Schulden nicht mehr bedienen konnte.

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04 Okt. 2012

Kloster Heiligkreuztal

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Um 1140 lebte in dem Dorf Altheim eine Beginengesellschaft, wegen ihres Habits auch “Graue Schwestern” genannt. Das “Grosse vollständige Reallexikon aller Wissenschaften und Künste” von 1733

gibt sogar an, dass dort 60 Nonnen gelebt hätten. Andere Quellen erzählen auch, dass die Frauen unter Kriegswirren gelitten hätten. Deshalb wandte sich diese Gesellschaft  nun an den Abt von Salem, zu der Zeit Eberhard I. von Rohrdorf (1191-1240) und bat um

Aufnahme in den Ordensverband der Zisterzienser. Dieser Bitte wurde 1204 stattgegeben und so kam Heiligkreuztal zu den schwäbischen Zisterzienserinnenklöster, die in kurzer Folge gegründet wurden.

Ausführlicher ist das im Beitrag über Kloster Baindt beschrieben.

Konrad von Markdorf (1227, gefallen 1235 in einer Fehde gegen die Herren von Rhäzüns) verzichte auf seine angestammten Rechten auf ein Hofgut  in dem Ort “Wasserschapf” was auf den Quellreichtum des Ortes hindeutet.Konrad von Markdorf verzichtete auf den

Grund. Die Schwestern kauften 1227 das Gut für 21 Mark Silber von dem Ritter Werner von Altheim.Aber erst eine große finanzielle Schenkung des Grafen Egon von  Grüningen –Landau, der urkundlich nicht genau fassbar ist, ermöglichte dann eine würdige

Unterkunft. Graf Egons Schwester Hailwilgilde wurde erste Äbtissin des Klosters. Sie starb um 1240. Die Herren von Grüningen-Landau nennen sich nach einer Burg, die oberhalb der Donau errichtet wurde und sind eng verwandt mit den Grafen von Württemberg.

Eberhard Ritter von Landau hat die Grafschaft Landau übrigens 1444 samt der Burg für 14409 Gulden an Truchsess Eberhard von Waldburg verkauft. Der Truchsess überließ die Grafschaft dem Kloster, dieses ließ die Burg niederreißen. Aus dieser Grafschaft besaß.

das Kloster noch das Dorf Andelfingen.

Die Stiftungsurkunde ist nicht mehr vorhanden. Die Totenregister des Klosters, aber auch die drei Hirschgeweihe im Klosterwappen weisen auf die Familie Landau hin. Graf Egon soll nun dem Kloster eine Reliquie, nämlich einen Splitter vom Kreuz Jesu geschenkt

haben, die er sich vom Kloster Reichenau verschafft habe. Das sei auch Anlass zur Umbenennung in Heiligkreuztal gewesen sein. Eine andere Herleitung des Namens ist ein Messingkreuz mit einem Christusbild, das bei der Gründung des Klosters von einem

Wildschwein ausgegraben werden sein soll. Beide Reliquien waren um 1800 noch im Kloster vorhanden.

Kommen wir wieder zu den geschichtlich fassbaren Fakten. 1233 nimmt Abt Wilhelm das Kloster in den Zisterzienserorden auf. Zu dieser Zeit war allerdings Gauthier d’Orchies (1219-1236)Abt in Citeaux. In Urkunde 825 des WUB ist der Name entsprechend

in Frater G. abgeändert.

König Heinrich VII.(1222-1242) nimmt das neugegründete  Kloster in einer am 15. Juni 1234 in Nürnberg ausgestellten Urkunde in seinen besonderen Schutz und zwar den Ort selbst und die Personen, mit allem was sie an zeitlichen Gütern

besitzen und er gewährt den Boten des Klosters zum Almosensammeln freies Geleit. Das illustriert auch die guten Beziehungen des Salemer Abtes Eberhard zu den Staufern.

Das finanzielle Wohlergehen des jungen Klosters fördert auch Papst Gregor IX. (1227-1241)  einer am 16.Juni 1237 in Viterbo ausgestellten Urkunde, in der er  die Gläubigen der Erzdiözese Mainz zu Spenden für das Kloster Heiligkreuztal auffordert, wo der Orden der

Zisterzienser eine Kirche und ein Kloster neu errichtet haben “ecclesiam et claustrum inciperint de novo construere” Am 3. März 1238 stellt Papst Gregor eine Urkunde aus, in der den Abt, den Konvent und das Zentralkapitel des Zisterzienserordens beauftragt,

Kloster Heiligkreuztal unter die Obhut des Zisterzienserabtes zu stellen.

1241 schenken die Grafen Eberhard und Ulrich von Württemberg dem Kloster einen Hof in Enslingen.

Am 21. Oktober 1242 weiht Bruder Johannes, Bischof und Meister des Predigerordens einen Altar und den Friedhof in Heiligkreuztal. Dies geschieht mit Einwilligung des Bischofs in Konstanz. Gleichzeitig ordnet er die jährliche Weihegedenkfeier mit Ablasserteilung

auf den Sonntag nach dem St. Gallustag (16. Oktober)an.

1243 schenkt Albert,genannt Schedel von Steußlingen seine Besitzungen in Andelfingen den Schwestern in Heiligkreuztal.

Der übernächste Papst Innozenz IV.(1253-1254) nahm das Kloster in einer am 16. Dezember 1247 in Lyon ausgestellten Urkunde in seinen Schutz. Er bestätigte sämtliche Besitzungen des

Kloster, wobei er einige Orte namentlich angibt, wo die Besitzungen liegen, z.B. Altheim, Langenenslingen, Riedlingen,Markdorf usw.Vor allem aber wird das Kloster in all seinen Rechten, Freiheiten und Immunitäten bestätigt. Es unterstand also nicht mehr

der Gewalt des Bischofs und weltlicher Gerichte.Dies geschah in der Amtszeit der zweiten Äbtissin, Bertha Freiin von Justingen, die auf Hailwilgilde gefolgt war. Im Kloster kamen vor allem Adlige aus der näheren Umgebung unter. So erhielt das Kloster auch rasch

bedeutende Schenkungen und blühte auf.

Aber auch Käufe standen statt. So kaufte das Kloster 1251 das Kloster die Besitzungen des Schwigger von Gundelfingen in Dollendorf.

1252 überträgt Ritter Wolfrad der Jüngere von Veringen dem Kloster ihm überlassene Güter in Huseberg.

Der Konventsbau zog sich bis 1256 hin. Am 4. Juli 1256 erfolgte die feierliche Klosterweihe. Diese nahm der Augsburger Bischof Siboto von Seefeld (1227-1247) vor.

Siboto war 1217 in die Zisterienzerabtei in Kaisheim eingetreten. Und so lässt es sich erklären dass der Konstanzer Bischof Eberhard II. seinem Augsburger Mitbruder, der 1227 Augsburger Bischof geworden war, den Vortritt ließ, obwohl das Kloster in seinem

Sprengel lag. Die Weihe erfolgte zu Ehren der Heiligen Jungfrau und des Kreuzes. Er ordnete die jährliche Feier des Einweihungsfestes an und erteilt für diesen Tag Ablässe.

1257 überlässt  Abt Burkhard von der Reichenau dem Kloster Heiligkreuztal eine Mühle in Altheim gegen einen jährlichen Wachszins.

1263 erhält das Kloster von Anshelm von Justingen und Anselm von Wildenstein eine Schenkung in Neufra.

Im Jahr 1266 baut das Kloster seine Besitzungen in Andelfingen aus und zwar kauft es vom Kapitel der Konstanzer Kirche,dem Dekan und Propst mit Einwilligung Bischof Eberhard einige Höfe um 23 Mark Silber. Außerdem kauft es von Anselm von Justingen dessen

Andelfinger Besitzungen um 5 1/2 Mark Silber. Ob es sich bei Anselm um einen Familienangehörigen der Äbtissin handelt, lässt sich aus der Urkunde nicht ersehen, ist aber nicht von der Hand zu weissen, die Äbtissin ist zu der Zeit Bertha Freiin von Justingen.

1267 erhält das Kloster weitere Güter in Andelfingen. Der Schenkende ist Graf Hartmann von Grüningen. In diesem Jahr werden auch Güter in Wilflingen gekauft und zwar von der Familie von Veringen, von denen das Kloster ja schon 1252 Schenkungen erhalten hat.

1270 ist der gesamte Ort Andelfingen wohl weitgehend im Besitz des Klosters. Graf Hartmann der Ältere hat den Ort mit dem Patronatsrecht mit allem Zubehör für 206 Mark Silber verkauft. Die Kirche in Konstanz wurde mit der Übertragung anderer Lehen für ihre

Lehensrechte in Andelfingen entschädigt.

Auch in Hayingen kam das Kloster zu Gütern.1271 schenkt Ulrich von Gundelfingen genannt von Otterswang Heiligkreuztal einen Hof. 1284 verkauft das Kloster mit Bewilligung seiner Visitatoren und des Abtes von Salems seine Besitzungen in Hayingen an

den Abt und Konvent in Zwiefalten.

1286 kauft das Kloster von Graf Hermann von Veringen dessen Besitzungen in Friedingen mit allem Zubehör und Rechten.

1287 verkaufen die Herren von Grüningen ihre Güter in Binzwangen an das Kloster.

Im Jahr 1299 befiehlt Bischof Heinrich von Konstanz (1293-1306) allen Geistlichen seiner Diözese den besonderen Schutz des Klosters Heiligkreuztal auf Grund der Bulle Gregors IX vom 4. März 1238, deren Wortlaut in die Urkunde aufgenommen ist.

Um 1315 wirkt ein Meister Konrad mit Laienbrüdern in Heiligkreuztal und erbaut eine dreischiffige, flachgedeckte Pfeilerbasilika. Diese wird 1319 von dem Konstanzer Bistumsverweser Johannes VI. geweiht. In der Zeit war der Konstanzer Bischofsstuhl vakant und

erst mit Rudolf II. von Montfort besteigt 1322 wieder ein gewählter Bischof den Stuhl. In Heiligkreuztal war Helena Murzelerin Äbtissin, die von 1312-1326 regierte.

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Eines der bekanntesten Kunstwerke des Klosters aus dieser Zeit ist die Johannesminne, die noch heute in der Kirche steht. Die Schnitzerei aus Nussbaum ist um 1310 von einem seeschwäbischen Meister geschaffen worden und war von einem Konstanzer Künstler

bemalt worden. Die Johannesminne war vor allem in oberschwäbischen Frauenklöstern eines der beliebtesten Andachtsbilder. Es sind aber nur noch wenige erhalten. Zu den weiteren Kostbarkeiten zählt das spätgotische Kruzifix, das aus der Zeit um 1450 stammt

und wohl von Hans Multscher für das Kloster Heiligkreuztal geschaffen wurde (Siehe auch Blog über Hans Multscher).

72_Kruzifix_jpg_240467Dann ist auch das Chorgestühl sehenswert, das 1532 von Michael Zey, einem Schreiner in Riedlingen geschaffen wurde.Es ist mit Menschen und Tierköpfen verziert und ist 1699 auf die Empore versetzt worden.

In dieser Zeit wirkte Veronika von Rietheim. Sie war von 1520-1551 Äbtissin und gab dem Kloster weitgehend sein heutiges Aussehen. Sie wurde 1472 geboren und war die Tochter des Reichsritters Ulrich von Rietheim und der Veronika von Landau.

Sie veranlasste eine Heiligkreuztal-Reimchronik von Bruschius in der auch die Gründerschaft der Grafen von Landau-Grüningen erzählt wird, für die es in den Urkunden keine Bestätigung gibt. Auch die Bilder der Grafen von Landau-Grüningen im Kreuzgang des

Klosters wurden unter ihrer Aufsicht angefertigt. Unter ihrer Ägide wurde das hochgotische Münster erbaut von dem durch den Uracher Steinmetz und Bildhauer Joseph Schmid, der 1520 die Seitenschiffe und 1532 das Hochschiff einwölbte. Kreuzgang, Kapitelsaal

und Refektorium folgten. Im Obergeschoss gab es Raum für Nonnenzellen. 1549 wurde eine Pfisterei mit Staffelgiebeln erbaut. Darin waren Mühle und Bäckerei. Dank ihrer regen Bautätigkeit kann man sie durchaus als zweite Gründerin des Klosters bezeichnen

zumal sie sich auch um die Reformbestrebungen, die in dieser Zeit der Glaubensspaltung in allen beim alten Glauben gebliebenen Klöstern lebendig wurde,verdient machte. Siehe dazu den Beitrag über Kloster Baindt und Heggbach. Reformation und Bauernkrieg

machten ihre  Aufgabe nicht einfacher. Zwar ging ihr Kloster im Gegensatz zu vielen anderen – Gutenzell  wurde geplündert,Salem musste die Bauern des Seehaufens verpflegen,Baindt und Weissenau gingen in Flammen auf- relativ unbeschadet aus

dem Bauernkrieg hervor, aber es musste doch durchgestanden werden. Äbtissin Veronika starb 1551 .

Anfang des 17. Jahrhunderts ließ Äbtissin Anna Stebenhaber das Münster ausmalen und frühbarock ausstatten. Dann brach der Dreißigjährige Krieg aus. Nach der Schlacht von Rain am Lech wurde Oberschwaben

Kriegsschauplatz. Ulm wurde Stützpunkt der schwedischen Armee. Bis zur Niederlage der Schweden bei Nördlingen hatten schwäbische Städte und Klöster unter schwedischen Überfällen zu leiden. Auch Heiligkreuztal wurde mehrfach von den Schweden überfallen

und ausgeplündert. Der Prager Friede von 1634 brachte zunächst ruhigere Zeiten. Doch kehrte der Krieg 1643 zurück und die Plünderungen setzten aufs neue ein. Heiligkreuztal war auch wieder betroffen. Nach dem Krieg erholte sich das Kloster rasch.

1652 wurde östlich des Konventsbaus ein neues Äbtissinnenhaus errichtet. 1686 entstand eine Apotheke mit Krankenzimmern. Weitere Verwaltungs-und Wirtschaftsgebäude kamen hinzu.

Eine Äbtissin mit langer Amtszeit war Maria Anna von Holzapfel. Sie regierte von 1723-1761. Sie ließ eine Remise errichten, in der die Kutsche der Äbtissin untergebracht war. Durch die Hintertür kam man in den Pferdestall.1744 ließ sie die Bibliothek und das Archiv

im ehemaligen Sommerrefektorium unterbringen.

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In der Kirche ließ sie eine zweite Orgel errichten. Bei Joseph Anton Feuchtmayr (1696-1770)dem  bekannten Stukkateur und Bildhauer des Rokoko gab sie einen stuckmarmornen Altar in Auftrag. Stuckmayr hat ja auch für Salem gearbeitet.

Der Honigschlecker auf der Birnau zählt zu seinen bekanntesten Werken. Der bauliche Zustand zeugte von der wirtschaftlichen Stärke des Klosters. Die Klostermauer war fast zwei km lang und umfasste ein Gelände von etwa 16 ha.

Darin waren Münster, ein Kornhaus, eine Pfisterei mit Mühle, eine Brauerei, ein Bauhof, eine Ziegelei, der “Lange Bau”, der als Viehstall und Scheune diente. Im “Verwaltungsbereich” war ein Amtshaus für den Oberamtmann, ein Gästehaus,

ein Beichtigerhaus für den Nonnenseelsorger und das Äbtissinnenhaus.

Reichsunmittelbar war das Kloster nie geworden. Der Konvent umfasste meist etwa 25 Nonnen, fast alle adliger oder patrizischer Herkunft. Der höchste Stand war 1382 mit 125 Nonnen. Bis zur Säkularisation war es unter österreichischer Landeshoheit.

es gehörte zu Vorderösterreich,hatte Sitz und Stimme bei den Landständen. Die Steuern entrichtete es in die schwäbisch-österreichische Kasse. Zu seinem Herrschaftsgebiet zählten acht Dörfer und Weiler und drei Höfe. (Heiligkreuztal,Andelfingen, Binzwangen,

Friedingen,Ertingen,Waldhausen, Beuren und Hundersingen. Es hatte 3279 Einwohner und übte für Teile seines Herrschaftsgebiets sogar die Blutgerichtsbarkeit aus. Die Vogtei hatten seit 1535 die Grafen bzw. Fürsten von Hohenzollern inne.

Kurz vor dem Ende des Klosters wurde es nochmals in Kriegswirren gestürzt. Die nachrevolutionären Kriege hatten 1796 nochmals Oberschwaben voll erfasst. Im Sommer hatten die Franzosen systematisch zur Ernährung und Bezahlung ihrer Armee

die Gegenden Südwestdeutschlands hemmungslos ausgeplündert. Die kleinen  Staaten des schwäbischen Reichskreise mussten horrende Kontributionen für die Unterhaltung der Rhein-Mosel-Armee aufbringen. Viele Landesbewohner dienten im Landsturm,

einer Art Miliz. Das Land zwischen Oberrhein und Oberschwaben befand sich im offenen Aufstand gegen die Franzosen. Österreichische Truppen lagen bei Ravensburg, der französisch General Moreau lag im September in Bad Buchau. Am 2. Oktober  kam es

dann zur Schlacht bei Biberach. Die Heiligkreuztaler Äbtissin  Maria Bernharda Kohlund war  mit ihren Nonnen auf der Flucht. Nur 8 Jahre später kam dann aber das aus für das Kloster.Die Regensburger Reichsdeputation vom August 1802 beendete 650 Jahre

Klostergeschichte. Am 16.Juli 1804 wurde das Kloster Herzog  Friedrich II. von Württemberg übergeben, der als Friedrich I. 1806 zum König aufstieg. Die 36 Nonnen durften zwar im Kloster bleiben, doch wurde ihr klösterliches Leben zunehmend eingeschränkt.

1809 wurde der Chorgesang unterbunden. Das Kloster verwahrloste. Die letzte Äbtissin verstarb 1822. 1843 verließen die letzten Schwestern Heiligkreuztal 1972 erwirbt die 1948 von Alfred Lange in Aulendorf gegründete Stefanusgemeinschaft  Kloster

Heiligkreuztal.Die Gemeinschaft nahm umfassende Renovierungs-und Umbauarbeiten vor und richtete eine Stätte für religiöse und wissenschaftliche Tagungen ein. Das Land restaurierte das Äußere der ehemaligen Abteikirche.

Heute präsentiert sich in Heiligkreuztal eine bestens erhaltene Vierflügelanlage mit Klosterkirche, den ehemaligen Amtshäusern und Wirtschaftshäusern. Sie spiegelt das Klosterbauschema der Zisterzienser , aber auch den Herrschaftsanspruch der Barockzeit

wider.

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16 Juli 2012

Kloster Baindt

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1240 machte Konrad von Winterstetten eine Schenkung. Daraufhin wurde das Kloster Baindt gebaut. Aber man muss eigentlich ein paar Jahre zurückgehen, nämlich ins Jahr 1237. Da taten sich einige Frauen in

Seefelden am Bodensee, heute eine Teilgemeinde von Unteruhldingen-Mühldorf zusammen. Unter geistlicher Aufsicht und Leitung von Eberhard von Rohrdorf, dem 5. Abt der Zisterzienser Abtei Salem, lebten sie in klösterlicher Gemeinschaft

nach der Regel der Zisterzienser. Werfen wir erst einen Blick auf Eberhard von Rohrdorf. Er ist um 1160 vermutlich in Messkirch geboren. Er war der erste deutschstämmige Abt und der erste Salemer Abt, der nicht aus dem Gründungskonvent des

elsässischen Mutterklosters Lützel stammte. Er war der bedeutendste Abt der Frühzeit des Klosters. Er hatte Frauengemeinschaften im oberschwäbischen Raum unterstützt und sie dem Orden der Zisterzienser zugeführt.

So kam es in rascher Folge zu Klostergründungen in Gutenzell, Heggbach, Heiligkreuztal, Wald, Rottenmünster und Baindt. Eberhards Einfluss bei Wald, Rottenmünster und Heggbach war so stark, dass man ihn fast als Mitbegründer

bezeichnen kann. Er vermittelte die Aufnahme der neugegründeten Klöster in den päpstlichen Schutz und die vollberechtigte Integration in den Ordensverband. Dabei hilfreich dürfte es auch gewesen, dass er mit Konrad von Urach verwandt war, der Nachfolger

Bernhards in Clairvaux war und später Abt von Citeaux und zu diesem Zeitpunkt auch schon Generalabt der Zisterzienser war. Er erlangte wie für Wald die Exemtion von der bischöflichen Gewalt, wobei ihm die Verwandtschaft mit dem Konstanzer Bischof Diethelm

von Krenklingen (1189-1206) sicherlich hilfreich war. Die entsprechende Urkunde für Wald ließ er in seiner Abtei schreiben. Eberhard verband religiöse Motive mit Ordensinteressen und politischen Interessen. Er war zeitlebens aktiver und treuer Anhänger der

Staufer, was nicht verwunderlich ist, entstammt er doch einem hochadeligen Familienverband, der zur staufischen Partei in Schwaben zählte. In seinem weiteren Verwandtenkreis waren Graf Gottfried von Helfenstein-Sigmaringen (1210-ca.1240) und dessen Frau

Adelheid, Graf Egino von Urach und Heinrich von Neuffen (1200-1240) mit seinen Söhnen Heinrich und Gottfried und dann natürlich Konrad von Urach (1177/80-1227). Seit der Erbschaft Friedrich Barbarossas war Oberschwaben aus einem welfischen

Herrschaftsgebiet zu einem staufisch beherrschten Raum geworden.Der Zisterzienserorden hatte ja ein besonderes Schutzverhältnis zum Kaiser bzw. König, in das die neuen Frauenabteien eingebunden wurden, was wieder eine weitere Stärkung der

staufischen Herrschaft in Schwaben und damit im  Reich bewirkte. Wenn man die geographische Lage der neuen Klöster betrachtet, lässt sich das sicher so deuten. Baindt befand sich im Zentrum des ursprünglichen welfischen Machtbereichs

zwischen Donau und Bodensee, Heggbach und Gutenzell an dessen nördlichen Rand. Rottenmünster lag vor den Toren der staufischen Stadt Rottweil, die ein alter Vorort des Herzogtums Schwaben war. Wald lag im ehemaligen Herrschaftsbereich der Grafen von

Pfullendorf, der auch über Erbschaft an Friedrich I. gekommen war.

Erste Äbtissin der Seefelder Klostergemeinschaft war Tudecha. Nach sechseinhalb Jahren wurde das Kloster nach Boos bei Saulgau verlegt. 1231 hatten hier Mengener Beginen von dem Edelfreien Adelbert von Bittelschieß und seinen Söhnen für 48 Mark Silber

ein Gut mit Kirche gekauft. Der Kauf wurde unter anderem von Burkhard von Weckenstein bezeugt, der Kloster  Wald gestiftet hatte. Damit laufen die Fäden wieder in  Richtung Salem. Am 20.06.1236 stellt Bischof Gregor IX. (1227-1241) das Kloster unter seinen

besonderen Schutz.Im selben Jahr  erhalten die Äbte von Tennenbach (Rudolf I. von Zähringen) und Wettingen (Konrad)  den Auftrag, das finanziell schlecht gestellte Kloster in Augenschein zu nehmen, es dem Orden anzugliedern und Salem zu unterstellen. Das

Votum der Äbte fiel allerdings nicht sehr günstig aus. Außerdem scheinen die Beginen auch Probleme mit  benachbarten

Edelleuten gehabt zu haben. Auf Vermittlung Salems kam nun Schenk Konrad von Winterstetten ins Spiel, der sich ihrer annahm und versprach ein anderes Kloster zu stiften.

Wer war Konrad Schenk von Winterstetten?

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Konrad war Neffe von Eberhard von Tanne-Waldburg (1170-1234), der als Stammvater des Hauses Waldburg gilt. Beide bekleideten hohe Ämter am staufischen Hof. Eberhard wird erstmals

1225 als Reichstruchsess genannt. Konrad war Schenk. Beide waren von 1220-1225 als Vormünder und Ratgeber König Heinrichs VII. (12111-1242)tätig. Die Beziehungen zu den Staufern waren eng. In der Zeit von 1220-1225 wurden die Reichskleinodien auf der

Waldburg verwahrt. Konrad war an wichtigen politischen Entscheidungen beteiligt. So war er 1223 an den deutsch-dänischen Verhandlungen in Nordhausen beteiligt, als König Waldemar II. (1202-1241) gefangen genommen worden war. Konrad war auch Suevie

procurator und suevie prefectus . Ab 1214 nannte er sich nach der Burg Winterstetten in der Nähe von Biberach. Sicherlich hilfreich für die neue Stiftung war, dass der zuständige Konstanzer Bischof Heinrich von Tanne (1233-1248) ebenfalls aus dem Hause Waldburg

stammte und damit ein enger Verwandter Konrads war.

Konrad  besaß die Hälfte von Baindt als kaiserliches Lehen. Die andere war ihm von den

Grafen Bertold und Konrad zu Heiligenberg verpfändet. Von diesen erwarb er den Weiler Baindt und die Pfarrkirche. Äbtissin war Anna von Frankenberg, die 1232 auf die verstorbene Tudecha gefolgt war.

1240 hatte Propst Wilhelm und der Konvent von Weissenau Schenk Konrad zugesagt, wegen des Weissenauer Hofs in Sulpach gegen seine Klostergründung in Baindt keine Einwände zu machen.

Am 28. Dezember 1240 rief er die Klosterfrauen nach Baindt und übergab ihnen die Güter. Am 21. August 1240 übergaben die beiden Heiligberger Grafen ihr Lehen, das Dorf Baindt samt Kirche und Patronat den von Boos nach Baindt übergesiedelten Schwestern

“sanctimonialibus”  des Zisterzienserordens. Die Übergabe fand zweimal auf öffentlicher Straße statt, einmal vor der Klosterpforte in Salem und dann  nochmals in Altdorf und zwar in Anwesenheit König Konrads IV.

Am 3.1. 1241 weihte der Konstanzer Bischof Heinrich die Kirche und das Kloster in Baindt. Am selben Tag bestätigte der Bischof, dass Schenk Konrad von Winterstetten die Pfarrkirche zu Baindt samt ihrem Wittum, also das unbewegliche Vermögen der Pfarrpfründe

für die Errichtung des Zisterzienserinnenkloster Baindt bestimmt. Nach bischöflichem Spruch sollte er dafür mit der Hälfte eines Gutes im “burgo” Altdorf entschädigt werden.

Am 14. März und 15. Oktober 1241 ließ er die Stiftung durch Friedrich II. und dessen Sohn Konrad bestätigen. Sie unterstellten das Kloster auch dem unmittelbaren Schutz des Reiches.

“genehmigt auf bitte des schenken Conrad von Winterstetten dass dieser das cisterciensernonnenkloster Baindt aus gütern gründe die derselbe vom grafen Heiligenberg kaufte und aus anderen die er vom reiche zu lehen trug, nachdem er diesen gütern andere

vom grafen Gotfrid von Marstetten zu Ursingen erkaufte mittelst aufgabe an könig Conrad und rückempfang derselben zu leben substituirt hat, und nimmt das kloster mit dessen besitzungen in des reiches schutz. “ wie es im Regest 4337 steht.

Im Juli 1241 schloss Schenk Konrad mit Abt Hugo von Weingarten einen Tauschvertrag ab. Kloster Baindt erhielt aus diesem Tausch einen Hof in Holzhäusern sowie den Zehnten in Grünenberg und auf dem Entersberg. Um mögliche spätere Streitereien zwischen

Kloster Baindt und Weingarten auszuschließen, bestätigte Bischof Heinrich diesen Tauschvertrag.

Im Oktober 1241 nimmt König Konrad auf Bitten Konrads von Winterstetten das Kloster nochmals in seinen Schutz und befreit es von jeglicher Vogtei. So erlebte Baindt, der “hortus floridus”, wie es 1478 erstmals genannt wird, gleich zu seiner Gründung eine

Blütezeit.

Schenk Konrad vermachte dem Kloster noch kurz vor seinem Tod die Güter in Wizmannsreuti und Morschweiler. Der Klostergründer verstarb am 24. Februar 1243 auf seinem Schloss in Altenthann.  Er wurde in Baindt bestattet, wo auch seine Gattin Guta von Neuffen

ihre letzte Ruhe fand.

Zu der Zeit war Adelheid von Zusdorf Äbtissin. Sie war 1242 auf Anna von Frankenberg gefolgt. Um 1242 wird auch die Baindter Konventanlage vollendet.

In der Amtszeit Adelheids erfolgen mehrere Stiftungen.  So macht um 1246 Heinrich von Herlazhofen eine Stiftung “zur Abwaschung der Kleider der Schwestern”

1246 übergibt um seines und des Seelenheils seiner Eltern willen und mit Einwilligung seiner Erben Konrad von Zusdorf sein ganzes Gut in Waldhausen dem Kloster Baindt und erhält es dann als Lehen wieder zurück.

Am 12. Oktober 1249 nimmt Papst Innozenz IV. (1243-1254) das Zisterzienserinnenkloster Baindt mit dessen Angehörigen und Besitzungen in seinen Schutz und verleiht ihm zahlreiche Rechte und Begünstigungen.

1255 kaufen Äbtissin Adelheid und der Konvent von Baindt ein Gut in Wänizhofen an der Schussen für 40 Mark Silber.

Im Mai 1257 schenkt Irmengard von Schmalegg dem Kloster Baindt einen Hof in Haidgau. Dies genehmigen die Schenken Heinrich und Konrad von Schmalegg mit Einwilligung ihrer Brüder, die Kanoniker sind. Irmengard ist mit Konrad verheiratet und die

Tochter von Konrad Schenk von Winterstetten, dem Klostergründer.Nach dem Tod ihres Gatten tritt sie ins Kloster Baindt ein, wird dort aber nicht Äbtissin wie in manchen älteren Quellen angegeben. Mit ihrem Gatten hatte sie 6 Söhne und 4 Töchter. Einer

der Söhne ist Ulrich, der sich später von Winterstetten nennt und als Minnesänger bekannt ist.

Am 11. März 1262 nimmt Papst Urban IV. (1262-1264) wie sein Vorgänger Papst Innozenz das Kloster in seinen besonderen Schutz.

Am 3. Dezember 1262 bestätigt Konradin die von seinem Großvater Friedrich (März 1241) und von seinem Vater Konrad (Oktober 1241) erhaltenen Rechte und Freiheiten. Auch billigt er Erwerbungen des Klosters sowohl von denen seiner Vogtei

unterworfenen Kirchen und Klöstern als auch von  seinen Dienstmannen, Bürgern und anderen Leuten.

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Am 29. Oktober 1268 war Konradin in Neapel hingerichtet worden. Damit endete die Dynastie der Staufer. Es folgte das Interregnum, die “schreckliche,die kaiserlose Zeit”. Als Rudolf von Habsburg (1273-1291)zum Kaiser gewählt wurde, war ein Kloster,  das so stark

auf die Staufer ausgerichtet war, natürlich darauf angewiesen, dass es auch mit dem neuen Herrscher gut zurecht kam.  Schon am 28. Juni 1275 nahm Rudolf das Kloster in seinen Schutz und bestätigte ihm” das allen Cisterzienserklöstern gewährte recht zu

erwerbungen von den unter  königlicher vogtei stehenden klöstern und kirchen, sowie die von ministerialen, bürgern oder andern leuten des reiches herrührenden und alle andern besitzungen”.

1275 stirbt Äbtissin Adelheid wohl schon vor dem Mai. Denn am 8. Mai tritt ihre Nachfolgerin,  Tudecha II. in einer Kaufurkunde auf. Abt Heinrich II. (1270-1279) und der Konvent von Weissenau verkaufen “um ihrer Schulden willen der Äbtissin Tudecha ihren Hof in

Sulpach um 220 Mark Silber. Diesem Verkauf stimmten auch der Roter Abt Berchtold und sein Konvent sowie der Konstanzer Bischof Rudolf I. von Habsburg Laufenburg (1274-1293) zu, wobei die Zustimmung des Roter Abts wohl früher folgte, denn in der mir

vorliegenden Roter Abtsliste wird dieser nur bis 1273 geführt. Der Weissenauer Abt versichert übrigens, dass er das  Geld voll erhalten habe und zum “Bedarf unseres Kloster nützlich ausgegeben habe (in usus nostri monasteri utliter expendisse). Der Kauf wird durch

eine Schuldverschreibung am selben Tag an den Juden Isaak, Sohn des Leo finanziert, der in Schaffhausen  saß. Auch mussten sie die Hilfe von Kloster Weingarten in Anspruch nehmen und verkauften diesem ihre Güter in Eggenreute. 1278 musste dann aber

Weingarten die Restschuld von 51 Mark Silber übernehmen von dem Juden König in Schaffhausen und erhielt dafür von Baindt Güter in Altdorf und Witzmannsreute.

Tudecha regierte nur 4 Jahre. Aus sie folgte Guta I. von Gundelfingen. Sie war wohl die Tochter des Ulrich von Gundelfingen genannt von Otterswang.

1275 und 1320 wurden Hochaltäre errichtet der von 1320 wird am 14.02 von Bischofvikar Recrehensis geweiht wird. 1309 erhielt die Abtei ein frühgotisches Chorgestühl.

1293 richtete das Kloster eine Grangie in Bürgberg ein, also einen wirtschaftlichen Außenbetrieb der Zisterzienser im  Mittelalter, der in Zisterzienserinnenklöstern meist von Konversen bewirtschaftet wurde. Konversen kamen meist aus dem bäuerlichen Umfeld.

Sie mussten wie die Mönchen ein Gelöbnis ablegen, ohne Vollmönch werden zu können. Das band sie ans Kloster, bot ihnen aber lebenslange Versorgung und Sicherheit.

Am 28. Mai erteilte König Heinrich VII., der erste Luxemburger (1308-1313) Holzrechte im Altdorfer Wald. “Äbtissin und Konvent des Zisterzienserinnenklosters Baindt in der Diö­zese Konstanz, seinen Frommen (.. abbatisse et conventui de Bunde, Cystercien. ordinis,

Con­stancien. dyocesis, dilectis devotis nostris), sich aus seinem und des Reiches Forst, ge­nannt »Altdorferwald« (de nemoribus nostris et imperii dictis ›Altdorferwalt‹), mit Holz zum Bauen, Heizen und für ihre und ihrer Höfe Um­zäu­nun­gen zu versorgen und dort

dreihundert Schweine zu weiden. “ Kurze Zeit später erhielt das Kloster von Heinrich die Zollfreiheit gewährt. “

König Heinrich begnadet die Nonnen des Zisterzienserinnenklosters Baindt (religiosas et in Christo nobis dilectas sanctimoniales monasterii in Bunde [!] ordinis Cystercien.) mit dem Ver­bot, daß die Eigen­leute des Klosters (homines proprietatis titulo predicto

monasterio per­ti­nen­tes) von seinen und des Reiches Städten als Bürger (in concives) aufgenommen werden und dort Bürgerrechte er­hal­ten; darüber hinaus befreit er die Nonnen von der Zahlung jegli­chen Zolls und Un­gelds (a solucone [!] thelonii cuiuslibet et ungelti

de rebus suis quibuslibet fa­cien­da)”

Am 30.4. 1215 bestätigte Philipp der Schöne (von 1314-1330 Gegenkönig des Heiligen Römischen Reiches) alle Rechte des Kloster Baindt, auch die Holzrechte im Altdorfer Wald sowie das Recht, dort 300 Schweine zu mästen.

1347 wird Europa von der ersten Pestwelle überrollt. 1349 war die Pest in Süddeutschland ausgebrochen. Man nimmt an, dass in Deutschland jeder 10. Einwohner der Seuche zum Opfer fiel. Das Kloster Baindt wurde auch heftig betroffen. Ein Teil der Konventualinnen

starb. Um 1350 wurde das große Pestkreuz errichtet.

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Von dieser ersten Pestwelle scheint sich das Kloster aber rasch erholt zu haben. Schon 1355 wurde die Priorin Elisabeth von Gundelfingen mit 12 Schwestern nach Oberösterreich entsandt. Dort übernahm sie die neugegründete Abtei

Mariensaal in Schlierbach. Eberhard V. von Walsee hatte das Kloster in diesem Jahr gestiftet. Sein Großvater Eberhard III. (+1288) war ein  Gefolgsmann Rudolfs von Habsburg. Mit ihm schlug seine Familie im Südosten Wurzeln. Er war

mit Adelheid von Waldburg (+1275) verheiratet. Seine Söhne und deren Nachkommen standen bald an der Spitze des Habsburger Hofadels.Aus dieser engen Verwandtschaft heraus ist auch die Beziehung zu Baindt klar.

Am 22. Februar wurde von Eberhard V. und seiner Frau Anna die Stiftungsurkunde ausgestellt. Er war zu der Zeit Landeshauptmann ob der Enns. Einen Tag später gab  Bischof Gottfried von Weißeneck (1342-1362) seine Einwilligung zu der Stiftung.

Herzog Albrecht II übernahm im April 1355 den Schutz des Klosters und die Vogtei. Das Kloster bestand bis 1620 als Frauenkloster und wurde dann von Zisterziensermönchen übernommen. Im Stift steht heute noch die Schlierbacher Madonna (um 1320),

die die Schwestern alter Tradition folgend aus Baindt mitgebracht hatten. Dies geschah in der Amtszeit von Hiltrudis von Königsegg (1345-1358), die ja schon in der schlimmen Pestzeit regiert hatte, aber auch diese Tochtergründung miterleben konnte.

Am 18.10.1374 wurde die Pfarrkirche in Boos dem Kloster Baindt inkorporiert. 1376 wurde Baindt reichsunmittelbar, war aber der Reichsabtei Salem unterstellt.

Am 5. April 1376 stellt Karl IV. (1355-1378)  in Nürnberg eine Urkunde aus in der er “empfängt in des reichs beschirmniss abt und convent von Roth, Weissenau, Schussenried, Weingarten, Baindt, Buchau, sämmtlich in Constanzer diöces, sammt gütern und rechten,

freit sie von allen beschwernissen, wie sie von seinen reichsvorfahren gefreit sind, und gebietet allen reichsständen namentlich in Oberschwaben, deren güter und habe zu schützen.” Anna IV Humpis (1375 –1383) war wohl die erste Baindter Fürstäbtissin und

Mitglied im  Reichsprälatenstand.  1522 war die Abtei im Reichsmatrikelverzeichnis aufgeführt und hatte ebenso wie Heggbach und Gutenzell 5 Fußsoldaten zu stellen.

1437 wurde der Abtei Baindt wie auch Gutenzell von Kaiser Sigismund die niedere Gerichtsbarkeit erteilt. Die Folgejahre scheinen ohne gravierende Ereignisse verlaufen zu sein.

Ein  einschneidendes Ereignis, nicht nur für das Kloster Baindt sondern mit Sicherheit für ganz Süddeutschland war der Bauernkrieg 1525. Das Verhältnis zwischen Abtei und Dorf scheint zu diesem Zeitpunkt nicht mehr das beste gewesen zu sein.

Kurz vor der Vertrag von Weingarten geschlossen wurde (17.04.1525), brannten die Baindter Bauern das Kloster nieder. Anna VII. (1520-1529) war zu der Zeit Äbtissin. Sie ließ aber das Kloster umgehend wieder aufbauen  1529 waren die Gebäude erneuert und 1560

erhielt die Kirche ein spätgotisches Deckengewölbe.

Die Reformation scheint in Baindt weniger Probleme bereitet haben als anderswo. Vielleicht hat sich da die Nähe zum Kloster Weingarten ausgewirkt, in dem mit Abt Gerwig Blarer einer der führenden Köpfe der Gegenreformation tätig war.

Zwei Ereignisse erzwangen eine Reform des Zisterzienserordens. Das eine war die Reformation, die auch viele Zisterzienserklöster erfasste. Das andere war das Konzil von Trient (in vier Sitzungsperioden von 1545 und 1563) Die Filiationskette, das verbindende

Element der Zisterzienserklöster war an vielen Stellen unterbrochen. Nun trat an ihre Stelle wie auch vom Tridentinum gefordert an ihre Stelle Generalvikariate oder Provinzen. Ihnen standen vom Generalkapitel des Ordens ernannte Generalvikare vor.

Das bedeutet eine Beschneidung der Kontrollrechte der Äbte der Primarabteien und eine Ausrichtung der Klöster auf einheitliche Ziele. Im Kloster Fürstenfeld im heutigen Fürstenfeldbruck versammelten sich vom 14. September bis 20. September 1595

17 Äbte aus dem oberdeutschen Raum auf Einladung des Generalabtes Edmond de la Croix (1584-1604). In den Fürstenfelder Statuten wurden die Grundlagen einer Reform festgelegt. Zum ersten Generalvikar wurde der Salemer Abt Petrus Müller (1593-1615)

ernannt. Auch in der Folgezeit war immer der Salemer Abt Generalvikar der Oberdeutschen Zisterzienserkongregation, die 1624 gegründet wurde und auch noch Elsässer und Schweizer Klöster umfasste.

Die oberdeutsche Kongregation war in vier Provinzen gegliedert. In der schwäbischen Provinz waren Salem, Kaisheim, Schöntal und Stams in Tirol. Natürlich gehörten die Nonnenklöster, die ihren

Vaterabteien unterstellt waren, automatisch dazu, so auch Baindt. Papst Urban VIII. (1623-1644) bestätigte die Kongregation am 10.07.1624. Für die Nonnenklöster blieb das System der Vateräbte aufrecht erhalten. Dabei wurde einmal jährliche Visitation durch den

Vaterabt  und alle 4 Jahre durch den Provinzvikar festgelegt. Schon 1573 hatte Nicolas I. Bucherat die deutschen Klöster visitiert und dabei eine strenge Klosterreform gefordert. Gemeinsamer Tisch und strenge Klausur, eigentlich alte zisterziensische Lebensregeln

sollten wieder beachtet werden. Äbtissin Elisabeth IV.Hartmann (1598-1625)führte dies 1607 auch wieder für Baindt ein. 1606 schloss die Äbtissin einen Vertrag mit dem Erbtruchsess Heinrich von Waldburg wegen der beiderseitigen Ansprüche des Klosters in den

erbtruchsessichen Landen. Das Kloster konnte die Lehen mit eigenen Leuten besetzen und diese mit Ehrschatz, Handlohn,Weglöse, Zinsen und Gülten belegen und sonstige Leibeigenschaftsabgaben erheben. Lehensbrief und Reverse mussten vom Truchsessen

oder dessen Beamten besiegelt werden. Für alle übrigen Fälle, hohe und niedere Gerichtsbarkeit, Bußen, Schlaghändel, Gebot und Verbot, forstliche und alle übrige Obrigkeit war die Herrschaft Waldburg zuständig. Frondienste beanspruchte sie in dem bisher

üblichen Maß.

1622 ließ Äbtissin Elisabeth den Langbau erstellen und die Klostermühle umbauen. Das deutet auf wieder prosperierende Verhältnisse. Dann aber suchte der Dreißigjährige Krieg das Land heim.

Unbenannt

Am 14./15. April 1632 verlor Tilly die Schlacht bei  Rain am Lech. Ulm wurde Stützpunkt der schwedischen Armee. Im Mai überfallen erstmals schwedische Truppen Kloster Baindt. Die meisten Klosterfrauen fliehen. Nach der Schlacht bei Rain hatte  Aldringen  den

Oberbefehl über die Truppen der Liga erhalten. 1633 richtete er sein Hauptquartier in Ravensburg ein.Gegen den Befehl Wallensteins vereinigte er sich Am 29. September 1633  in der Nähe von Ravensburg mit den Truppen des Herzogs von Feria. Das heißt ganz in

der Nähe von Baindt lagen  über 10.000 Soldaten. Am 3. Oktober entsetzten sie das von General Horn belagerte Konstanz und am 20. Oktober Breisach. Die Erfolge der beiden habsburgischen Truppenteile verwundern, wenn man weiß, wie heruntergekommen und

ausgehungert diese Truppen waren. Die Schlacht von Nördlingen am 6. September 1634 sah die kaiserlichen Truppen als Sieger über die Schweden und ihre protestantischen deutschen Verbündeten. Das führte in der Folge zum Prager Frieden und

brachte zunächst mal wieder ruhiger Zeiten für Oberschwaben und damit auch für Kloster Baindt. Allerdings war wieder einmal die Pest ausgebrochen, zum zweiten Mal in Baindt. Innerhalb von kurzer Zeit starben 7 Mitglieder des Konvents. Da ein Großteil der

Klosterfrauen ja schon bei dem schwedischen Überfall geflohen waren, war das natürlich ein weiterer gravierender Aderlass. Und der Krieg dauerte ja noch weitere 13 lange und schwere Jahre. 1643 war er wieder mit voller Wucht nach Oberschwaben

zurückgekehrt. Das Kloster wurde dreimal ausgeplündert und war ohne Vieh. Das Kloster wurde wieder größtenteils zerstört. 4 Äbtissinnen hatten das Kloster während des Krieges regiert. Auf Äbtissin Elisabeth war Juliana Rembold gefolgt (1625-1630).

Ihre Nachfolgerin war Katharina III. Rueff. Erst Äbtissin Barbara I. Weglin (1644-1653) durfte den Frieden, der 1648 in Münster geschlossen wurde, erleben.

1649 wurde das Ordensleben wieder aufgenommen und auch mit der Wiederherstellung des Klosters begonnen. 1675 wird ein neuer frühbarocker Hochaltar aufgestellt. Der Salemer Vaterabt Anselm I. (1664-1680) weihte diesen am 02.07. 1675.

Äbtissin ist in dieser Zeit Barbara II. Sauther (1672-1688) Zwei Jahre später wird ein Nebenaltar zu Ehren des Heiligen Joseph geweiht. 1688 herrschte schon wieder Krieg im Lande. Der Pfälzische Erbfolgekrieg (1688-1697). Im ersten  Kriegsjahr

wurde auch in Südwestdeutschland gekämpft, vor allem in der Pfalz und der Kurpfalz. Er erreichte Oberschwaben und den Bodensee aber nicht mehr, reichte jedoch aus, um die Bevölkerung in Angst und Schrecken zu versetzen. So fliehen die Baindter

Konventualinnen in Richtung Bodensee.

Die Barockisierung der Abtei geht weiter. Um 1700 wird der Nonnenchor auf die Westempore verlegt. 1705 weiht der Salemer Abt Stephan I. Jung (1698-1725) eine Barockglocke für die Pfarrkirche St. Johannes.

In der Abteikirche wird 1720 ein neues Gestühl und eine Tragekanzel eingebaut. Von 1724-1729 wird die Kirche weiter barock ausgestaltet. Das Kloster erhält ein neues Gästehaus,das Äbtissin Maria Magdalena von Dürrheim (1723-1751) 1729 erbauen  lässt.

klosterhof1

 

Doch nicht nur bei der barocken Ausgestaltung der Kirche, die 1742 weitergeführt und 1764 unter der Äbtissin Cäcilia Seitz (1751-1768) 1764 schließlich abgeschlossen wurde, erwarb sie sich Verdienste. Auch auf der politischen Ebene hatte sie Meriten.

Der Habsburger Karl VI. (1711-1740) erneuerte 1735 die 1437 gewährte niedere Gerichtsbarkeit. Schon 1741, also in den Anfangsjahren von Maria Theresia (1740-1780)wurde diese Privileg erneuert.

1742 wurde die Orgel erneuert.

Am 18.7. 1743 werden die beiden Katakombenheiligen Donatus und Bonifatius übertragen. Zwischen dem 16.und 19. Jahrhundert wurden in Rom. Viele Gebeine aus den Katakomben entfernt. Es ist dabei nicht sicher, ob es sich um Christen oder gar um

Märtyrer handelt. Den Gebeinen wurde posthum ein Name zugeordnet und ein schwunghafter Handel vor allem in die deutschsprachigen Gebiete nördlich der Alpen getrieben. Dieser Handel kam erst um 1860 zum Erliegen. So hat auch Gutenzell seine

Katakombenheiligen, nämlich die heilige Märtyrerin Juliana, Schussenried, Rot an der Rot aber auch normale Pfarrkirchen wie Biberach oder Wolfegg und Kisslegg.

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Am 15.10.1743 wird der neue Choraltar und das Pestkreuz von Abt Konstantin Miller (1725-1745) geweiht. Aber auch auf wirtschaftlichem Gebiet geht es weiter. 1746 wird das Wasch-und Schlachthaus gebaut. Das war noch unter Äbtissin Magdalena.

Ihre Nachfolgerin Cäcilia lässt 1766 das klösterliche Bräuhaus errichten.  1763 werden 3 neue Glocken gegossen  und die Klostermauer erweitert. Ein Jahr später wird der Chorraum stuckiert und 1760 wird durch Abt Anselm II. (1746-1778),

dem Erbauer der Birnau, ein Altar mit einem Geißelheiland geweiht. Noch zwei weitere Altarweihen erlebt das Kloster, nämlich 1777 und 1780.

1788 erwirbt Baindt unter Äbtissin Bernarda von Markdorf (1768-1802) vom Augustinerstift in Waldsee dessen Weingärten in Markdorf, was nicht weiter wundert, den sie stammte ja aus der Familie von Markdorf.

Am 15.01. 1797 wird mit 37 Konventualinnen die seit langem höchste Zahl erreicht.

Am 25.02. 1802 weihte Abt Kaspar Oexle (1802-1804) die letzte Äbtissin Xaveria Lohmiller, die 1836 verstarb.

Der Reichsdeputationshauptschluss vom 25.Februar 1803 regelte die Entschädigung für die durch den Friedensvertrag  von Lunéville 1801  an Frankreich abgetretenen  linksrheinischen Güter deutscher Fürsten. Dies geschah durch die Säkularisation der

geistlichen Herrschaften. Das bedeutet das Ende der Klöster in Süddeutschland. Graf von der Leyden, der in Hohengeroldseck in der Gemeinde Seelbach in der Ortenau ansässig war, nahm das Kloster in Besitz. Von ihm ging es an das Haus Aspermont-Linden

und 1812 ging es schließlich in Privatbesitz über. Die Abteikirche wurde 1817 zur Pfarrkirche erklärt. 1841 wurde mit dem Abriss der Klausurgebäude begonnen. Nur der Ostanbau des Südflügels, das Gästehaus und das um 1600 errichte Amtshaus blieben bestehen

1850 starb die letzte Baindter Klosterfrau.

Die Gebeine des Klostergründers wurden 1842 in die Kirche übertragen und im Südschiff beigesetzt.

1903 wurden Teile des Gebäude, vor allem das Gästehaus von den Franziskanerinnen in Heiligenbronn übernommen und zum  Kinderasyl ausgebaut. Als Kinderheim St. Josef wurde es bis 1980 geführt. 1980 wurde dort eine Heimsonderschule

für Sehbehinderte und Blinde gegründet. Auch ein kleiner Schwesternkonvent im Haus St. Menas besteht noch. Dort werden auch Gäste und Pilger aufgenommen und zu Gespräch und Gebete eingeladen. So wird doch noch eine über 750 dauernde Klostertradition

fortgeführt.

08 Juli 2012

Kloster Hördt

 

 

 

 

 

Wappen Hördt

 

Hördt war schon um 5000 vor Christus also in der Jüngeren Steinzeit besiedelt. Auf den Ortsfluren hat man Steinbeile und Gefäße gefunden, die die Anwesenheit des Menschen bezeugen.

1937 wurde ein spätbronzezeitliches Urnengräberfeld aus der Zeit um etwa 1000 vor Christus entdeckt. Auch römische Spuren lassen sich belegen. Auf einer Anhöhe nach Bellheim war ein römischer

Wachturm an der Grenze zweier Verkehrswege im Gewann “Alter Turm”. Man hat auch Göttersteine und einen Brückenstein aus dem 2. nachchristlichen Jahrhundert gefunden, was eine römische Siedlung vermuten lässt.

Eine erste urkundliche Erwähnung erfolgt um 800 als Agboto, ein Edler aus dem Elsass, dem Kloster Fulda eine Kirche,mehrere Höfe und 63 Leibeigene schenkt und zwar in der Regierungszeit von Abt Baugulf des 2. Abtes von Fulda (779-802).

Aufgeführt ist die Urkunde im Kopialbuch des Rabanus Maurus, dem 3. Nachfolger von Baugulf, also dem 5. Fuldaer Abt.

Die “Geburtsurkunde” von Kloster Hördt stammt aus dem Februar 1103. Die Gesamtquellenlage zu Hördt ist allerdings sehr schlecht und auch aus der Bausubstanz ist nur noch wenig vorhanden.

Anlass ist eine Schenkung an den Bischof von Speyer.Ein Herimann wird in der Urkunde als homo ingenuus bezeichnet und als Stifter genannt. Homo ingenuus lässt sich am besten mit “Gemeinfreier” übersetzen.

In der Schenkungsurkunde ist nichts über den Stifter gesagt. Der Speyrer Archivdirektor Anton Doll vermutet, dass dieser Herimann aus dem Geschlecht der Staufenberger mit dem Nebengeschlecht der Ebersteiner

entstammt.Möglich ist sogar eine Verbindung des Herimann mit dem ersten Stifter in Hördt, Agboto. Agboto war begütert in Hördt und stammte aus dem Elsass. Die Vorfahren des Herimann waren rechts des Rheines um Karlsruhe herum ansässig

waren aber auch begütert im Elsass und der Ostpfalz. Eine Verbindung zwischen den beiden Familien ist also gar nicht so abwegig. Auffallend ist, dass der Stifter bei der Schenkung selbst nicht zu gegen war.

1638 wurde im Innenraum der Kirche eine Darstellung des Stifters gefunden, die ihn in militärischer Tracht darstellt. Das lässt denkbar erscheinen, dass er an einem Kreuzzug teilgenommen hat und deshalb an dem Schenkungsakt

selbst nicht anwesend war. Die Schenkung erfolgt an den Bischof Johannes I. Graf im Kraichgau, der in Speyer von 1090-1104 in Speyer regierte. Er stammte aus der Familie der Zeisolf-Wolfram und war im Investiturstreit der treueste  Parteigänger des Kaisers

Heinrich IV. der auch als Zeuge in der Schenkungsurkunde genannt wird. Bischof Johannes war Neffe des Kaisers. Sein Vater war Graf Wolfram, seine Mutter Azela eine Schwester Kaiser Heinrichs. Johannes starb im Bann. Seine Nichte Adelheid, mit der er

zusammen an der Gründung des Klosters Blaubeuren beteiligt war, reist nach seinem Tod nach Rom und versuchte beim Papst den Bann zu lösen.

Der Stifter stattete errichtete das Kloster auf seinem Eigengut und stattete es reich mit Gütern aus. So erhielt es seine Güter in Hördt, Kuhardt, Bellheim, Ottersheim, Karlbach, Rietburg und Knielingen sowie den halben Zoll in Hochstatt. Es wurde der Gottesmutter

Maria geweiht. Das Kloster und die Dorfkirche wurden dem Speyrer Bischof übergeben, wie man aus einer Passage der Schenkungsurkunde entnehmen kann, die besagt, dass das Kloster auf Bitten des Kaisers und des Bischofs Johannes der Speyrer Domkirche zu

Eigentum gibt. Hördt war im Reformverbund der Augustinerchorherren im 1089 gegründeten Stift von Marbach im Elsass,zu dem auch Frankenthal, Backnang, Indersbach und Interlaken, Goldbach, St. Leonhard in Basel und im Elsass Schwarzenthann in den Vogesen

und St. Arbogast und St.Trinitas in Straßburg gehörten. Eine der wichtigsten Persönlichkeiten aus der frühen Klostergeschichte Marbachs war Manegold von Lauterbach, der erste Propst von Marbach und großer Anhänger Papst Gregors, des Gegenspieler Heinrichs

IV. im Investiturstreit war.

1139 bestätigte Papst Innozenz II. in seiner Bulle vom 26.4., dass im Kloster Hördt die Regel des Heiligen Augustinus befolgt werden soll. Außerdem bestätigte er die Schenkungen des Stifters. 1140 verstarb der erste gewählte Propst des Stifts

Anselm. Auf ihn folgt Burkard, der 1147 verstarb. In der Amtszeit von Albert, dem 3. Propst stellt Kaiser Friedrich I. am 18.Dezember 1155 auf dem Trifels eine Urkunde aus,in der er  das Augustiner-Chorherrenstift Hördt (Herdensem itaque ęcclesiam in honore beatę

dei genitricis et perpetuę virginis Marię constructam) in seinen Schutz nimmt, bestätigt die Besitzungen, den Domvogt von Speyer als zuständigen Vogt, verbietet die Einsetzung eines Untervogtes, verfügt, daß die anfallenden Gebühren zu zwei Dritteln an den Propst

von Hördt und zu einem Drittel an den Vogt fallen sollen, und setzt die dem Vogt zu leistenden Abgaben während des zweimal im Winter und einmal im Sommer zu haltenden Gerichtstages im einzelnen fest. Außerdem bestätigt er die auf Bitten Heinrichs III. (=IV.)

erfolgte Übergabe des Stiftes an die Speyerer Domkirche durch den Gründer Hermann (von Spiegelberg), wobei die Einkünfte dem Stift zugute kommen sollen, ordnet das rechtliche Verhältnis zwischen dem Propst und dem Bischof (prelatus a fratribus canonice

electus episcopo non hominium faciat, sed curam tantum ab ipso suscipiat), gewährt das Asylrecht sowie das Recht zum Klostereintritt für alle mit Ausnahme der Hörigen (Insuper quisquis terminos prefixos quacumque occasione intraverit, nisi forte iudiciali sententia

dampnatus, donec inde exeat, pacem habeat; quisquis etiam seculum proponit relinquere et ad meliorem vitam ad idem cenobium confugere exceptis quorumlibet mancipiis, nemo illum presumat ledere aut retrahere) und setzt als Strafe 4 Pfund Goldes für Edelfreie

und Ministerialen sowie das Scheren der Haare und die Prügelstrafe oder 60 Solidi für die übrigen fest. Als Zeugen werden genannt: Bischof Gunther von Speyer, Abt Engelschalk von Weißenburg, Propst Widekind des Dreifaltigkeitsstiftes (in Speyer), Kanoniker

Theoderich von Speyer, Notar Heinrich, Pfalzgraf Konrad bei Rhein, Herzog Friedrich von Schwaben, Graf Emicho von Leiningen, Helmger, Ulrich, Wolfram, Konrad, Berthold, Wecil, Walther, Sigeboto. – Arnoldus Maguntine sedis archiep. et archicanc.;

Vorher, nämlich 1148 hatte das Kloster vom Speyrer Bischof Günter Graf von Henneberg (1146-1161) die Ägidius-Kapelle in Speyer sowie das Hospital mitsamt seien zugehörigen Besitzungen erhalten und erfüllte damit den Willen seines Gründers,

des Kanonikus Burchard zu Sankt Guido, und seiner bereits verstorbenen Mutter. Bischof Ulrich war es auch, der dem zwischen Mühlacker und Lienzingen zu gründenden Kloster seinen endgültigen Platz in Mailbronn  durch eine Stiftung des Bischofslehen in dem

abgelegenen Tal Mulenbrunnen zuwies.  Nach Albert regierte Konrad als Propst ab 1170. er starb 1193 als 4. Propst. Welche Wertschätzung das noch junge Stift “bei Hofe” schon genoss, zeigt die Tatsache, dass Kaiser Friedrich am 1. Mai 1171  in Herbrechtingen (in

loco Herbrehtingin prope fluvium Brencę) die dortigen Weltgeistlichen entfernt (… seculares clericos, qui ordinem et cultum speculativę vitę nimium excesserant, spontanea et voluntaria eorum deliberatione competenter amovimus …) und  sie ersetzt mit Zustimmung

Bischof Konrads von Augsburg sowie des Klerus und der Ministerialen dieses Bistums durch Augustiner-Chorherren aus Hördt unter Führung des Propstes Adelbert, bestätigt und erweitert die Besitzungen und Rechte dieser Kirche, wobei er selbst einen Hof zu

Herbrechtingen, den er von der Augsburger Kirche zu Lehen trägt, übergibt, eine Reihe von Lehen und Gütern für diese Kirche käuflich erwirbt und an sie überträgt und seinen Söhnen und Erben die Investiturrechte hinsichtlich der Propstei vorbehält, da er über

Herbrechtingen als Lehen von Seiten der Augsburger Kirche verfügt, spricht Bischof Konrad jeglichen Einfluß auf die Einsetzung des Propstes ab und legt hinsichtlich der Propstwahl fest, daß bei Uneinigkeit sein Sohn bzw. der Erbe, der dieses Augsburger

Kirchenlehen innehat, als Vermittler eingeschaltet werden soll. Zeugen: die Äbte Siegfried von Anhausen, Heinrich von Lorch, Hartmann von Echenbrunn und Theoderich von Donauwörth, die Pröpste Wortwin von Wettenhausen, Gerung von Roggenburg, Grim von

Ursberg und Albert von Heiligenkreuz (zu Augsburg), die Grafen Otto von (Ober-)Kirchberg, Theobald von Lechsgemünd und Ludwig von Helfenstein, Degenhard von Hellenstein, Diemo und sein Bruder Gottfried von Gundelfingen, Arnold von Biberbach, Anselm von

Duringheim (Türkheim?), Mundschenk Konrad, Folknand von Hohenstaufen und Diepold Gusse. ‒ Heinricus imperialis aulę canc. vice Christiani Moguntini archiep. et archicanc.;

1171 sind auch Besuche von Hildegard von Bingen in Hördt nachgewiesen. Auch das weist auf die Bedeutung von Stift Hördt hin.

1175 schenkte der Ritter Konrad aus Rülzheim  dem Augustinerchorherrenstift in Hördt einige Weingärten, was  Kaiser Friedrich in einer Urkunde von 1175 bestätigt (wohl irrig für 1174). Diese waren zunächst aufgelassen worden wurden dann aber an Propst

Konrad übergeben. 1182 vermachten die Eheleute Vimar und Agnes dem Stift ihre Güter in Leimersheim, die als Leimersheimer Forst bekannt waren. Der Ritter Konrad von Riet hatte dem Stift 1195 seine Güter in Offenbach und dem Dörfchen Altheim geschenkt.

In derselben Zeit erhielt das Kloster auch Güter in Dannstadt und Rohrbach. Philipp von Schwaben, der jüngste Sohn Friedrich Barbarossas bestätigt diese Schenkung in einer am 29. April 1200 in Spiegelberg ausgestellten Urkunde. Gleichzeitig nimmt er die Kirche

wie sein Vater und sein Bruder in seinen besonderen Schutz. Am 25. Februar 1220 nimmt Kaiser Friedrich II. das Kloster Hördt in seinen Schutz und verfügt, “dass niemand dasselbe belästige, weder an Sachen noch an Personen”. Als Zeugen wurden genannt

Konrad III. von Scharfenberg, der Bischof 1200-1224  von Speyer und seit 1212 gleichzeitig von Metz war und der 4 Kaisern bzw. Königen als Reichskanzler diente, sowie der Abt von Weissenburg Wolfram (1197-1224).Pfarrer Michael Frey, der 1836 einen allgemeinen

Überblick über die Geschichte des königlichen bayrischen Rheinkreises geschrieben hat, sieht diesen Brief vor allem gegen Werner von Bolanden gerichtet, der um 1220 hatte dieser die Klosterhöfe in Rohrbach und Dannstadt schwer beschädigt hatte.

1277 wird wieder ein Hördter Propst genannt, nämlich Volkert. Dieser schenkt dem Kloster Eusserthal 2 1/2 Joch Güter in Offenbach für die Aufnahme seines Bruders. Das Kloster Hördt hatte 1254 Güter vom Kloster Heimbach erworben. Bei diesem Erwerb wird kein 

Propst genannt. Auch 1267 wird kein Propst sondern ein Prior namens Walter genannt.Zweimal wurde der Landvogt des Speiergaus für das Kloster Hördt tätig. 1205 ist Graf Friedrich von Leiningen als Landvogt bezeugt und 1301 Graf Friedrich III. von Leiningen.

1277 soll eine vertragliche Einigung mit den Hördter Bauern erzielt worden sein.

1278 wurde das Kloster von einer Feuersbrunst heimgesucht.

Friedrich III. entschied  im Namen König Albrechts am 13. März 1299 einen Streit zwischen dem Kloster und der Gemeinde Dettenheim um das Grundstück Melfurt zugunsten des

Klosters. Im selben Jahr verkaufte Propst Heinrich einen Hof des Klosters in Kandel und in Steinweiler an das Kloster Selz. Heinrich von Bannacker war von 1301-1303 Landvogt des Speiergaus. Der neue Vogt schützte im Auftrag von König Albrecht das Privileg des

Klosters Hördt, in Bellheim im sogenannten Jungholz sein Vieh zur Weide treiben zu dürfen. Am 5. Mai 1304 besiegelte der Untervogt Johannes von  Mülnhofen den Entscheid des Landgerichts bei Landau eine alte Streitsache zwischen Landau und dem Kloster

Hördt. Demnach sollte jede “am Giessen” entstandene Anschwemmung dem Kloster gehören.

Kloster Hördt

Im Jahr 1306 erscheinen 3 Leute aus dem Hördter Konvent in einer Schenkungsurkunde für das Kloster Eusserthal und treten bei einer Schenkung als Zeugen auf, nämlich der Propst Ulrich, ein  Prior Friedrich sowie ein Kanoniker aus Hördt

Johannes genannt von Rülzheim. Abt in Eusserthal war zu derzeit Konrad.

Im Jahre 1328 nahm Propst Johann einen Gütertausch vor. Er tauschte die Güter des Klosters bei Mühlhausen bei Landau gegen  andere bei Ottersheim. 1336-1339  ist der Propst Volzo bezeugt. Es ist der letzte Propst, der nur mit Vornamen bezeichnet  ist.

Man könnte daraus schließen, dass bis zu ihm die Pröpste aus der Kommunität heraus gewählt wurden. Nach 1341 stammen alle Klostervorsteher aus der näheren Umgebung, z.B. Zeiskam, Kirrweiler, Kandel u.a. Man könnte daraus folgern, dass sich der Wahlmodus

geändert hat. Die Kandidaten mussten vor der Wahl nicht mehr unbedingt dem geistlichen Stand angehören. Wohl alle Pröpste von Hördt haben dem niederen Adel angehört. Der Ritterstand formiert sich und wird zu einem festen Bestandteil der Hierarchie des

Landes. Die Ritter wurden Lehensträger des jeweiligen Grundherrn und übernahmen Aufgaben ihres Herrn. Die Familien wurden zu Rittergeschlechtern und waren dem niederen Adel gleich.

Volzo hatte 1336 einen Vergleich mit dem Kloster Gottesau in Karlsruhe geschlossen. Zwischen den beiden Klöster war es zu Streitigkeiten wegen Fischereirechten im Altrhein gekommen. Am  16. September 1336 am Tag nach dem Fest der Kreuzerhöhung einigten

sich Abt Nikolaus von Gottesaue und die Gemeinde Eggenstein auf der einen Seite und Propst Volzo und der Hördter Konvent auf der anderen Seit über die Besitzverhältnisse des Altrheins zwischen Potz und Winden. Pfalzgraf Rupprecht I. erklärte dann  1361 den

Rheinarm  zwischen Potz und Schröck mit den Weiden, Inseln, Wald  und Goldgründen zwischen der Abtei Gottesaue und der Propstei Hördt als gemeinschaftlich. In diesem Vergleich erscheint auch der Propst Hugo von Zeiskam. Zwei Jahre vorher, nämlich 1359

hatte er durch seine  Räte einen Zwist zwischen der Propstei und den Bauern von Potz wegen des Beholzungsrechts aussöhnen lassen.

1381 kam es wieder mal zu einem Streit, diesmal zwischen dem Dorf Hördt und dem Kloster. Als Vermittler trat der pfälzische Hauptmann Graf Heinrich von Spanheim auf, der öfters Streitigkeiten im Namen des Pfalzgrafen zu schlichten hatte.

1418 ist Werner von Waldheim Propst. In seiner Zeit gab es Weidstreitigkeiten zwischen dem Ritter Johann von Otterbach und der Propstei Hördt. Pfalzgraf Ludwig III.(Pfalzgraf von 1410-1436 und Sohn Ruprechts der den Gottesauer Streit schlichten ließ)ließ den

Streit schlichten. Dieselbe Streitigkeit gab es auch mit dem Dorf Hördt. Diese wurde 1374 auf Initiative Kurfürst Friedrichs von der Pfalz (1425-1476) geschlichtet.                                                                                                                                                                                       

In Speyer war inzwischen Reinhard von Helmstadt 1438 Bischof geworden. Ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit war die Bemühungen um Reformen des Welt-und Ordensklerus. Auch in Hördt hatte die Tendenz zur Verweltlichung um sich gegriffen, so dass Bischof

Reinhard sich gezwungen sah 1454 in Hördt einzugreifen. in seinen Bemühungen wurde er unterstützt von Propst Heinrich von Mühlhofen, der dem Kloster eine neue , strengere Ordnung gab und damit den Anstoss zu einem neuen blühenden Klosterleben gab.  

Der Propst soll seinem Konvent ein leuchtendes Vorbild sein. Die Gottesdienstzeiten wurden geregelt, Gebetszeit festgelegt. Die Messe sollte mindestens einmal täglich gelesen werden und wenigsten einmal pro Woche eine Seelenmesse samt Vigil für die

verstorbenen Gönner und Wohltäter des Konvents abgehalten werden. Wer nicht pünktlich bei den Andachten oder der Messe war, erhielt einen Abzug auf seine tägliche Lebensmittelration. Die Chorherren sollten bei der Messe in Chorkleidung erscheinen.

Das Essen sollte gemeinschaftlich im Speisesaal eingenommen werden. Bei Tisch sollten Lesungen gehalten werden. Niemand sollte Tanzbelustigungen oder Wirtshäuser besuchen. Mit Personen des anderen  Geschlechts sollte man sich nicht in Verbindungen

einlassen. Wöchentlich sollten zwei Kapitelsversammlungen abgehalten werden, bei denen wirtschaftliche Belange beraten, Fehler gerügt und bestraft und Zerwürfnisse beigelegt werden sollten. Falls das nicht gelang, sollten Streitigkeiten vor das geistliche

Gericht in Speyer gebracht und dort entschieden werden. Für die Handhabung der Ordnung sollte ein Prior gewählt werden. Für die Eintreibung und Verwaltung der Gefälle, das waren die Abgaben an das Kloster, sollte ein Schaffner eingestellt werden, der einmal

jährlich vor dem Propst und gesamten Kapitel Rechnung legen musste. Diese, sowie die Urkunden und Privilegien des Klosters sollten in einer Lade verwahrt werden, über die nur drei Personen die Schlüsselgewalt hatten. Auch die Schule, die schon vorher

bestanden hatte, wurde erneuert. in dieser Schule wurden Adelssöhne aber auch Jungen aus dem Dorf erzogen. Es war eine wichtige Ausbildungsstätte für die Söhne der Grafen und Ritter des Speyergaus.

“Das Kloster stand in seinem besten Flor”  sagt Pfarrer Frey zu dieser  Epoche und es war wohl die blühendste Zeit, die Hördt erlebt hat.

Natürlich gab es auch weiterhin Streit. So war der Zwist mit Kloster Gottesaue wieder ausgebrochen. Aber Propst Heinrich verglich sich 1455 mit dem Gottesauer Abt Matthias. Die gemeinschaftliche Besitzung wurde geteilt und außerdem festgelegt, dass alle

5 Jahre die Teilung untersucht und erneut verglichen werden soll. Auf Heinrich von Mühlhofen  folgt Heinrich zum Jungen als Propst. Dieser soll 1466 die Propstei an seinen Vetter Georg abgetreten haben.

1471 trat Bernhard von Angelloch sein Amt an, Mitglied einer Ministerialenfamilie, die in Waldangelloch im Kraichgau ansässig war. Im 16. Jahrhundert waren 13 männliche Mitglieder dieser Familie  im Malteserorden oder Deutschen  Orden tätig.

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Bernhard ordnete 1474 die Bezüge der Pfarrei in Leimersheim neu. Pfarrer war zu der Zeit Johann Kleue. Mit der Gemeinde Hört hatte es mal wieder Streit gegeben. Unter dem Burgvogt Johann von Gemmingen schloss er einen Vergleich

mit der Gemeinde. 6 Chorherren waren allerdings der Meinung, dass dieser Vertrag die Rechte des Klosters beeinträchtige. Sie unterschrieben eine Protestation gegen diesen Vergleich. Das waren Reinhard von Monzingen, manchmal auch Gerhard von Monzingen

genannt, Eberhard von Lautern, Konrad Bock von Erfenstein, Konrad Nagel von Königsbach und Eberhard von Angelloch.Die Protestation wurde am 1. September unterzeichnet und Heinrich Oppenheimer beauftragt, die Rechte des Stifts geltend zu machen.

Gerhard von Menzingen wurde nun Propst. Er begab sich mit einigen Chorherren zum Kurfürsten Philipp von der Pfalz (1448-1508) nach Heidelberg um von ihm die Freiheiten des Klosters bestätigen zu lassen. Dabei beachtete er den Vertrag, den sein Vorgänger

Bernhard mit der Gemeinde Hördt geschlossen hatte, nicht.  Diese reichte deshalb Klage beim kurfürstlichen Hofgericht in Heidelberg ein und drohte mit Pfändung. Daraufhin fungierten Erpho, der Dechant in Klingenmünster war und Friedrich von Rosenberg

als Schiedsrichter. Diese beiden sprachen aber gegen die Gemeinde. Neun Jahre später brachte die Gemeinde neue Ansprüche vor. 1486 kam es schließlich zu einem gütlichen Vergleich. Kurz danach verstarb Reinhard von Monzingen. Auf ihn folgte Johann von

Gemmingen.Er war nur kurze Zeit Propst. Sein Nachfolger war  Georg zum Jungen. Von ihm wissen wir nur, dass er 1493 mit dem Hagenbacher Pfarrer Ort einen Vergleich wegen der Verwaltung der Pfarrei Leimersheim abschloss. Dann wurde Florenz Schlider von

Lachen Propst. Er hatte eine lange Amtszeit von über 25 Jahren, die allerdings gewaltsam beendet wurde. 1489 kaufte er eine Weingülte in Mussbach, das war eigentlich eine Abgabe, die in Wein zu entrichten war. Mit den umliegenden Gemeinden schloss der im

Laufe von 18 immer wieder Verträge ab, die aber bald verletzt und erneuert wurden. Die kleinsten Vorteile oder zu fürchtende Nachteile wurden genauestens verhandelt und die Vorgänge zeigen, dass das Verhältnis der Vertragsparteien gestört war.

1525 brach der Bauernkrieg aus und für Hördt und die naheliegenden Klöster wie Eusserthal oder Klingenmünster brachen schwere Zeiten herein. Über Hördt fiel der Nussdorfer Haufe und die Bruhrainer Bauern her, die ja auch im Bundschuh  beteiligt waren.

(siehe dazu Beitrag zu Joss Fritz). Das Kloster war natürlich eine beste Zielscheibe. Der Aufstand entlud sich ja in  Gewalt gegen Klöster und Adlige. Und ein Kloster, das viele adlige Chorherren in seinen Reihen hatte, dazuhin recht wohlhabend war,

hatte besonders zu leiden. Das Kloster wurde gebrandschatzt, geplündert und geradezu verwüstet. Der Propst wurde misshandelt. Und an den Misshandlungen starb er einige Zeit später am 7. Januar 1526. Von diesem Schlag erholte sich das Kloster nicht mehr. Der

Niedergang war eingeleitet.

Am Tag nach dem Tod von Probst Florenz versammelte Prior Johannes von  Schwalbach das Kapitel  in der Kirche.  Im Beisein des kaiserlichen Notars Nikolaus Roßbach überzeugte er seine Mitbrüder, sofort die Wahl des neuen Propstes vor zu nehmen.

Gewählt wurde Sigismund von Wittstadt genannt Hagenbuch. Er ersuchte gleich um die bischöfliche Bestätigung in Speyer. Gemäß altem Brauch wurde jeder aufgefordert, der etwas gegen die Wahl Sigismunds ein zuwenden habe, auf Montag nach

Mariä Reinigung, das ist Maria Lichtmess vor dem Bischof zu erscheinen habe. Als das nicht der Fall war, schwor Sigismund vor dem bischöflichen Generalvikar  Georg von Sternfels,  “seinem Oberhirten unterthänig und folgsam zu seyn”, die Ordensregel

treu zu beobachten und zu handhaben, das dem Kloster unrechtmäßig Entfremdete wieder einzutreiben und ohne Einwilligung des Bischofs nichts vom Habe und Gute des Konvents zu veräußern. Daraufhin erhielt er seine Bestätigung und er bekam die

Weisung, sich vom Landdechanten von Billigheim in sein Amt einführen zu lassen. Er galt als klug und fromm und kümmerte sich um das zeitliche wie geistige Wohl des Klosters. Nicht nur die Folgen des Bauernkriegs machten dem Kloster zu schaffen,

auch die Reformation mit ihrer immer stärker fühlbaren Kirchenspaltung. Von 1556 bis 1660 musste das Kloster und seine Untertanen neunmal die Religion wechseln (lutherisch,calvinisch,katholisch) 1531 erhielt das Kloster mit Philipp von Flersheim

(1529-1552), der auf Bischof Georg Pfalzgraf bei Rhein, den Bischof, unter dem Sigismund sein Amt antrat, folgte. 1535 ließ er das alte Potz nach Neupotz verlegen, weil es immer wieder vom Rhein bedroht war. Auch er hatte immer wieder Streitigkeiten

mit der Gemeinde Hördt. Diese wurden schließlich 1538 unter Vermittlung des kurpfälzischen Vogts in Germersheim, Friedrich von Fleckenstein beigelegt. Der Vergleich legte die gemeinschaftliche Nutzung des Dorfbrunnens, Weiderechte, Fischrechte

und Beholzungsrechte fest. Sigismund verstarb kurz nach der Einigung. Auf ihn folgte Melchior Reuß von Albsheim. Er schloss 1539 einen neuen Vertrag mit der Gemeinde wegen der alten Zwistigkeiten ab. 1544 schloss er mit der Gemeinde Rülzheim einen

Vergleich wegen des Beholzungsrecht der alten Klostermühle ab. Er starb am 27. April 1550 und wurde neben Propst Florenz bestattet. Sein Nachfolger Ulrich von Bernburg war 5 Jahre Propst in  Hördt. Urkundlich erscheint er nur einmal

und zwar im Jahre 1554, wo es um Überlassung einiger Felder an die Gemeinde Hördt und im Gegenzug auf Verzicht auf Weiderechte geht. Er verstarb 1555. Die letzte Wahl war dann die von Wendelin, was man zum Zeitpunkt der Wahl noch nicht ahnte.

1557 wurde auf Befehl Ottheinrichs von der Pfalz die lutherische Kirchenordnung eingeführt. Wendelin ließ sich 1559 von Kaiser Ferdinand (1558-1564), alle Freiheiten bestätigen, die das Kloster von den Kaisern Heinrich, Adolf, Albrecht, Ludwig und Maximilian

erhalten hatte, bestätigen. Dies wurde ihm auch gewährt. 1563 schloss er noch Verträge ab. Er verstarb 1566. Und mit ihm endete die Geschichte des Kloster Hördt definitiv. Die Chorherren, die noch beim alten Glauben blieben, wurden vertrieben. Der alte

Gottesdienst wurde verbannt und dafür der  calvinistische eingeführt. Die Schule wurde aufgehoben, kurze Zeit später von Kurfürst Friedrich in ähnlicher Form in der ebenfalls leer stehende Abtei in Selz neu errichtet. Die Gefälle wurden von Heidelberg aus

verwaltet. 1622, der 30-jährige Krieg tobte schon, gab es nochmals kurz Hoffnung für das Kloster. Erzherzog  Ferdinand II. von Habsburg (1619-1637) vertrieb den Grafen von Mansfeld aus dem Elsass. Österreich führte die alte Ordnung wieder ein.

Dem Speyrer Bischof von Sötern (1610-1652) der auch Bischof von Trier und damit Kurfürst sowie Fürstabt von Prüm war, wurden die Gefälle des Kloster Hördt wieder überlassen. Das Kloster war aber so verfallen, dass die Einkünfte mehrerer

Jahre nicht ausgereicht hätten, das Kloster wieder herzustellen. Auch war die militärische Lage des Klosters so ungünstig, dass Philipp beschloss die Stiftung Hördt in die Stiftung Philippsburg zu verlegen, was 1625 urkundlich bestätigt wurde.

Philipp hatte sich mittlerweile an die Franzosen angeschlossen, wurde in Trier gefangengenommen und nach Wien gebracht.  Die kaiserlichen Truppen hatten mittlerweile wieder die Gegend um Hördt besetzt und Kaiser Ferdinand übertrug Hördt wieder direkt

dem General der Augustiner. Peter Krane von Jestersheim wurde 1637 von dem Mainzer Erzbischof in sein Amt eingeführt. Dieses wiederum lag nicht im Sinne des in Wien inhaftierten Speyrer Bischof. Von Wien aus belegte er Peter Krane mit dem Bann. Trotz aller

Schikanen konnte sich Peter Krane in Hördt halten. Rom, an das sich der bedrängte Probst gewandt hatte, bestätigte 1638 seinen Besitzanspruch auf Hördt und auch Kaiser Ferdinand stellte ihm einen Schutzbrief aus.Trotz dieses Schutzbriefs wurde der Propst

schließlich aus dem Kloster gedrängt. Die Zeiten waren einfach so. Mit dem Westfälischen Frieden wurde Propst Krane wieder in sein Kloster eingeführt. Prior Peter Dancart aus Frankenthal setzte den alten Prior wieder in Amt und Würden ein. Doch Fürstbischof

von Sötern gab nicht klein bei. Im November ließ er durch bischöfliche Beamte aus Speyer Propst Krane gefangen nehmen  und aus dem Kloster werfen. Kurz danach musste der Bischof auf kaiserlichen Befehl aber Hördt mit allen Gefällen dem Kurfürsten von der

Pfalz  Karl I. Ludwig überlassen. Aber auch die Kurpfalz verblieb nicht im ungestörten Besitz. Im Jahre 1680 erhob die Reunionskammer in Breisach Anspruch auf das Oberamt Germersheim und nahm die Gegend mit bewaffneter Macht in Besitz. Die kurpfälzische

Verwaltung wurde aus Hördt verdrängt und der französische König ernannte den Straßburger Generalvikar Herr von Ratabon wurde mit Zustimmung des Papstes Propst in Hördt. Der Friede von Rijswik und vor allem die Klausel ermöglichte es dem

Kurfürsten Karl Ludwig, der katholisch war, die katholische Ansprüche durch zu setzen. 1705 wurden die Hördter Gefälle wieder unter die Aufsicht des Propstes Freiherr von Wieser gestellt. Damit werden die Pfarrer der umliegenden Gemeinden besoldet.

Nach der französischen Revolution 1789 erobern französische Truppen im Oktober 1792 Speyer, Mainz und Worms. Das linke Rheinufer war besetzt und alle Güter des Adels und der Geistlichkeit wurden an meistbietende versteigert. In Hördt gelangte zunächst eine

Gesellschaft aus Paris, dann der Rentner Vollmar aus Germersheim und später der Kaufmann Rausch aus Straßburg in den Besitz der klösterlichen Felder von Hördt. Die Gebäude wurden niedergerissen, die Steine ausgegraben, der Boden eingeebnet.

Heute ist vom Kloster praktisch nichts mehr zu sehen. Eine jahrhunderte alte Tradition war zu Ende gegangen.

13 Juni 2012