Monatliches Archiv: Juli 2011

Klöster der Heiligen Hildegard von Bingen

 

8687a14610c08564 Drei Klöster spielten im Leben der Heiligen Hildegard von Bingen eine Rolle. Das erste ist Kloster Disibodenberg (siehe Klöster in Rheinland-Pfalz), dann Kloster Rupertsberg, das sie gegründet hat und in das sie mit ihren Schwestern gezogen ist und dann Sankt Hildegard in Rüdesheim, das 1904 oberhalb von Eibingen als Wiederbelegung des von Hildegard in Eibingen gegründeten und 1803 im Zuge der Säkularisation aufgehobenen Klosters bezogen wurde.

Zum Leben dieser Heiligen, die heute wieder total “in” ist, wie man neudeutsch so schön sagt. 2008 drehte Margarethe von Trotta den Film “Vision” mit Barbara Sukowa in der Hauptrolle und 1998 wurde im Mainzer Dommuseum die Jubiläumsausstellung zu ihrem 900. Geburtstag gezeigt.

Hildegardmedizin, Hildegardkochbücher usw. haben Konjunktur.

Hildegard wird 1098 geboren, der genaue Tag ist nicht bekannt. Sie stammt aus der Familie von Bermersheim. Als Geburtsort wird Bermersheim heute wieder in Frage gestellt. Ihre Eltern Hildeberd und Mechthild von Bermersheim stammten aus einem edelfreien Geschlecht und gehörten dem rheinfränkischen Hochadel an. Urkunden und Güterverzeichnisse belegen umfangreichen Grundbesitz der Familie in der Umgebung von Bermersheim. Man kann als sicher annehmen, dass Hildegard die ersten 8 Lebensjahre auf dem Herrenhof der Eltern verbracht hat. Sie ist das zehnte Kind. Von 9 sind 7 ihrer Geschwister aus Urkunden namentlich bekannt. Drutwin ist der älteste. Er übernimmt das elterliche Gut. Die Brüder Hugo und Rorich gehören dem geistlichen Stand an. Hugo hat in Mainz das Amt des Domkantors inne. Er ist einer der drei höchsten Würdenträger im Bistum. Als solcher fungiert er auch als Erzieher an der Domschule.

067dd98f0f8b7194Viele Schüler Hugos steigen zu bedeutenden Positionen im Reich auf. So wird  Radulf von Zähringen Erzbischof von Lüttich und hat engste Beziehungen zu Friedrich Barbarossa. Hildegard hat auch im Altar noch engen Kontakt mit ihrem Bruder Hugo. Nach 1175 übernimmt er zeitweilig die Seelsorge an ihrem Kloster.

Ihr Bruder Rorich tritt als Kanonikus in das Kloster Tholey an der Saar ein, dem frühesten Kloster auf deutschen Boden. Er ist in das älteste Totenbuch des Klosters Rupertsberg eingetragen.Von Hildegards Schwestern Irmengard, Odilia und Jutta, deren Namen in Schenkungsurkunden eingetragen sind, ist nichts weiter überliefert. Eine weitere Schwester, Clementia wird zu einem nicht bekannten Zeitpunkt Nonne in dem von Hildegard gegründeten Kloster auf dem Rupertsberg. Vier der zehn Kinder derer von Bechtersheim führen ein geistliches Leben, erhalten eine geistige Bildung. Die illustre Herkunft ist Voraussetzung für Hildegards Lebensgeschichte. Hildegard bleibt sich zeitlebens ihres hochadeligen Standes und ihrer Herkunft bewusst. Auffallend ist, dass zahlreiche Verwandte und Bekannte der Familie hohe geistliche und weltliche Ämter bekleiden. Hildegards Neffe Arnold ist von 1169-1184 Erzbischof in Trier, einer der höchsten Kirchenfürsten des Reiches. Arnolds Bruder Wezelin ist Propst von St. Andreas in Köln. Die Erhebung in derartige Führungspositionen bestätigt die Bedeutung der Familie. Auch Hildegard nutzt ihre verwandtschaftlichen Bindungen zu den Einflussreichen in Reich und Kirche.

Als Hildegard geboren wird ist Urban II. Papst (1088-1099) Er hatte zu den Kreuzzügen aufgerufen und 1099 wird Jerusalem eingenommen. Der Salier Heinrich IV. (1050-1106) war Kaiser. Er und der Papst liegen im Investiturstreit. Es geht um die Einsetzung von Bischöfen und Äbten und damit zugleich um die politische Macht im Abendland. 1098 gründet Robert von Molesme im burgundischen Citeaux den Orden der Zisterzienser. Eine neue Blütezeit der Frömmigkeit bricht an.

Schon zu Hildegards Lebzeiten wird ihre Lebensbeschreibung begonnen, in drei Bücher gegliedert in Form einer Heiligenlegende. Das erste Buch verfasst der Disibodenberger Mönch Gottfried. Dieser war von 1174-1176 Probst des Klosters Rupertsberg und Hildegards Sekretär. Nach Gottfrieds und Hildegards Tod erhält der Mönch Dietrich von Echternach den Auftrag, die Vita fertigzustellen. Gottfried schilderte Hildegards Lebensweg von ihrer Geburt bis zu ihrer Übersiedlung auf den Rupertsberg. Er würdigt ihre visionäre Begabung. Dietrich schildert unter Verwendung autobiographischer Aufzeichnungen Hildegards und den Materialen ihres Sekretärs Wibert von Gembloux die Visionen Hildegards, im dritten Buch die von ihr gewirkten Wunder. Beide Biographen, dass sie von Geburt an schwächlich war und ständig von Krankheiten geplagt.

1106, so die Vita, beschließen Hildebert und Mechthild ihr zehntes Kind – gleichsam als Zehnten- Gott zu weihen. Ein günstiger Umstand erleichtert ihnen diese Entscheidung. Jutta von Sponheim ist 1092 geboren. Sie ist die Tochter des begüterten Grafen Stephan und Sophias von Sponheim, einer hochadligen Familie mit Sitz auf der an der Nahe gelegen Burg Sponheim in der Nähe von Bad Kreuznach. Sie hat sich kurz zuvor entschlossen, ihr Leben in völliger Abgeschiedenheit zu verbringen. Sie will eine Frauenklause beziehen, die dem Mönchskloster Disibodenberg angebaut ist. Am 1. November 1106 ziehen Jutta, Hildegard und eine dritte Gefährtin in die Klause ein. Im Gegensatz zur Hildegard-Vita nennt die 1137 verfasste und 1192 veröffentlichte Jutta-Vita das Jahr 1112 für den Einzug. Das Datum ist etwas plausibler, da der Disibodenberg erst 1108 wieder besiedelt wird. Wo sich Jutta und Hildegard von 1106-1112 aufhalten ist auch durch neueste Forschungsergebnisse nicht zweifelsfrei zu klären. Bei der Tagesangabe stimmen die Quellen aber überein. An Allerheiligen hat der feierliche Einzug stattgefunden.

220px-Kloster_Disibodenberg_03Die Eltern entrichten eine angemessene Mitgift an das Benediktinerkloster . Im Jahr ihres Eintritts legen die drei Frauen die monastischen Gelübde ab.

Der Bamberger Bischof Otto (um 1060-1139), aus schwäbischem Adel stammend auch bekannt als “Apostel der Pommern” und 1189 heiliggesprochen, gibt ihnen den Ordensschleier.

Otto_der_HeiligeDas gemeinsame Einschließen in der Klause und die Profess erregen das Aufsehen und große Anteilnahme von Seiten des Konvents aber auch von der Bevölkerung des Umkreises.

Jutta ist für die geistige und religiöse Erziehung der jungen Hildegard verantwortlich. Spätestens mit dem Eintritt in die Klause wird sie nach der Regel des Heiligen Benedikts für das klösterliche Leben herangebildet. In ihrer Unterweisung in das vielschichtige benediktinische Bildungsgut wird Jutta von dem Disibodenberger Mönch Volmar unterstützt. Hildegard lernt lesen und schreiben.

Sie übt die Psalmen und den Gesang des täglichen Stundengebets in lateinischer Sprache ein. Wie in der Frauenbildung der damaligen zeit üblich erhält Hildegard aber keine formale Unterweisung in den “Sieben Freien Künsten”, also Grammatik, Dialektik und Rhetorik, dazu Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Musik. Sie bezeichnet sich selbst als “indocta” also ungelehrt, ihr eigenes literarisches Werk zeigt jedoch, dass sie umfassende Kenntnisse der Heiligen Schrift, der Texte der Kirchenväter und der weltlichen Wissenschaften hat. Aus den ersten beiden Jahrzehnten nach ihrer Profess gibt es keine nennenswerte Aufzeichnungen über ihr Leben. Die Vita berichtet nur über den tugendhaften Lebenswandel der jungen Nonne und auch, dass sie häufig schwer erkrankte.

Ora et labora! Ihr Tag verlief wie im benediktinischen Alltag üblich. Der Lebensrhythmus war geprägt durch den Wechsel von Gebet, Arbeit, Studium und geistliche Lesungen. Acht Stunden Schlaf, drei bis vier Stunden Gebet, acht Sunden manuelle Arbeit. Sieben Mal am Tag versammelten sich die Schwestern zum gemeinsamen Stundengebet. Der beengte Raum und die konzentrierte Lebensweise sorgen dafür, dass ihre außergewöhnlichen Wahrnehmungen ihren Mitschwestern nicht verborgen bleiben.

Am 22. Dezember 1136 stirbt Jutta von Sponheim. Für Hildegard ist das der Beginn eines neuen Lebensabschnittes. Ihre Mitschwestern wählen sie zur neuen Meisterin. Das mag einmal mit ihrer hohen sozialen Herkunft zusammenhängen, ist aber sicher auch ihrer spirituellen Reife und ihre wachsender Fähigkeit, zu führen zu verdanken. Der Ruf der neuen Meisterin dringt nach draußen. Immer mehr adlige Frauen ersuchen um Einlass in der Klause. Die Frauengemeinschaft am Disibodenberg wächst.

Das prägende und auch zukunftsbestimmende Ereignis im Leben der Heiligen Hildegard geschieht 1141. Nach ihren eigenen Aussagen erhält sie von Gott den Auftrag, ihre Visionen schriftlich festzuhalten. Sie zögert den Auftrag auszuführen. Angst vor der eigenen Unfähigkeit, aber auch Angst vor dem Gerede der Menschen lässt sie zaudern. Sie wird krank und bettlägerig. Nach wiederholten Aufforderungen beginnt sie die Herausforderung anzunehmen. Sie beginnt zu schreiben – und wird gesund.

82px-Hildegard Der Mönch Volmar ist von 1141 bis 1173, ihrem Tod, ihr Berater, Sekretär und “symmysta”, Mitwisser ihrer Geheimnisse. Er unterstützt sie beim Formulieren der lateinischen Texte und beim Übertragen der Schriften auf Pergament. Eine weitere Gehilfin und Sekretärin ist die gebildete Nonne Richardis von Stade, zu der sie ein besonders inniges Verhältnis hat. Diese ist 1125 als Tochter der Markgräfin Richardis geboren, die Hildegard bei ihrer Klostergründung auf dem Rupertsberg nach Kräften unterstützt. Allerdings wird sie 1151 das Kloster Rupertsberg verlassen, da der Bruder von Richardis Hartwig Erzbischof von Bremen geworden war und seine Schwester auf dem Äbtissinenstuhl von Bassum sehen. Gegen den Willen Hildegards nimmt Richardis das Angebot an. Hildegard wollte Richardis nicht ziehen lassen, selbst an den Papst wandte sie sich. Richardis stirbt aber plötzlich 1152. Zurück ins Jahr 1141. Von 1141-1151 verfasst Hildegard ihre erste theologisch-kosmologische Visionsschrift “Scivias” eine Abkürzung die für scivias domini steht, Wisse die Wege des Herrn. Es ist eine Glaubenslehre, die sich an der Dogmatik der Zeit orientiert. Sie befasst sich mit den drei Hauptpunkten der Heilsgeschichte – Schöpfung, Erlösung, Ende der Zeiten. Es ist ein Werk in drei Teile gegliedert, das in 26 Visionen das ganze Schöpfungs-und Erlösungswerk darstellt. Die Mönche müssen von der Abfassung gewusst haben, denn Volmars Unterstützung bei der Niederschrift setzt das Einverständnis des Klosterabts voraus. Hildegard ist bei der Abfassung immer noch von Zweifeln geplagt. In einem Brief wendet sie sich an Bernhard von Clairvaux (1091-1153) den einflussreichen Zisterzienserabt. Sie erhofft sich die Bestätigung ihrer Sehergabe und ihres

richardisvonstade_w220q95                                       Volmar, Hildegard und Richardis

prophetischen Auftrages. Das Antwortschreiben Bernhards ist respektvoll aber auch mahnend gehalten. Es löst noch nicht ihre Zweifel. Ein Jahr später findet in Trier eine Synode statt. Unter dem Vorsitz des Zisterzienserpapstes Eugen III. (1145-1153) versammeln sich Geistliche aus allen Teilen Europas. Auch Bernhard von Clairvaux nimmt teil. Der Mainzer Erzbischof Heinrich I. informiert auf Bitten des Disibodener Abtes Kuno die Anwesenden über die Visionen Hildegards. Eine Untersuchungskommission wird auf den Disibodenberg geschickt, um Hildegards Sehergabe zu prüfen. Sie kehrt mit positiven Ergebnissen Zurück. Hildegard ist päpstlich legitimiert. Sie ist von ihren Selbstzweifeln befreit, sieht sich bestärkt in der Fortsetzung ihres Werkes. Sie ist vor dem Vorwurf der Häresie geschützt.

Das Kloster, der Ort an dem Hildegard zur Seherin heranreifte, erhält 1148 eine päpstliche Schutzurkunde ausgestellt. Ein stetig wachsender Strom von Ratsuchenden pilgert zum Disibodenberg und sichert dem Kloster eine kontinuierliche Einnahmequelle. Und die Frauenklause erhält Zuwachs von begüterten Aspirantinnen aus dem Adel.

Hildegard aber will den Disibodenberg verlassen. Die stetig anwachsende Frauengemeinschaft braucht mehr Raum. Aber sicher war auch das Streben nach Unabhängigkeit ein wichtiger Beweggrund für Hildegard.  Nur, Abt Kuno, der Abt vom Disibodenberg, dessen Befehlsgewalt die Benediktinerinnen in der Klause unterstellt sind, will die Frau natürlich nicht ziehen lassen. Sie ist gerade vom Papst als Prophetin anerkannt worden. Kuno will weder auf den neugewonnen Ruhm Hildegards, noch auf die damit verbundenen  Spenden und Schenkungen der Pilger und Ratsuchenden verzichten, genauso wenig auf die Einkünfte aus der Mitgift der Nonnen. Aber auch viele Schwestern sind nicht begeistert und zögern. Der von Hildegard ins Auge gefasste Ort ist ein unbesiedelter Hügel an der Mündung der Nahe in den Rhein bei Bingen. Ein Wegzug von fruchtbaren Feldern und Weinbergen und einer lieblichen Gegend in ein wasserloses Gebiet, so Hildegards eigene Worte, wirkte nicht gerade ermutigend. Wie zeitlebens bei großen Entscheidungen und widrigen Umständen erkrankt Hildegard. Während Hildegard paralysiert im Bett liegt, verwendet sich die Markgräfin von Stade, die Mutter von Hildegards Mitschwester Richardis beim Mainzer Erzbischof Heinrich. Sie hat Erfolg. Der Erzbischof befürwortet die Neugründung und fördert sie durch Schenkungen.

Nun muss auch Abt Kuno Hildegard ziehen lassen. Sie wird von weltlichen Gönnern finanziell unterstützt und so kann sie das Gelände auf dem Rupertsberg kaufen.

Erste Rodungs-und Bauarbeiten beginnen.

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Die Umsiedlung erfolgt zwischen 1147 und 1151. In Hildegards Vita wird berichtet, dass dieser Platz Hildegard in einer Schau gezeigt worden sei. Hier treffen die wichtigsten Wasser-und Landwege aufeinander, die die drei Bischofsstädte Köln, Mainz und Trier verbindet. Der Rupertsberg liegt auch ganz in der Nähe der Zentren der damaligen weltlichen macht, aus geographischen Gesichtspunkten also eine gute Wahl. Im frühen Mittelalter hatte an dieser Stelle der Heilige Rupertus gewohnt. Dort sind auch die Reliquien des Heiligen und seiner Mutter Berta aufbewahrt. Die Gründungszeit verläuft turbulent. Die ersten Jahre sind von Armut und Entbehrung geprägt. Konflikte und Auseinandersetzungen bleiben nicht aus.  Einige Nonnen verlassen den Konvent. Aber Hildegard kann ihren Scivias beenden. In diese Gründerjahre fällt auch die Trennung von Richardis.

Am 1. Mai 1152 weiht der Mainzer Erzbischof die neue Klosterkirche auf dem Rupertsberg.

Die Konflikte sind aber noch nicht zu Ende. Die Disibodenberger Mönche weigern sich auch nach der Übersiedlung auf den Rupertsberg die beim Eintritt der Nonnen in die Klause gemachten Schenkungen und die Erträge daraus an die Schwesterngemeinschaft auszuhändigen. Zudem soll auch noch Volmar, der Sekretär Hildegards und Propst der Nonnengemeinschaft dieser entzogen werden soll, reitet Hildegard auf den Disibodenberg. Dort kommt es zu einer harten Auseinandersetzung mit dem Abt und den Mönchen. Kurz danach, 1155, stirbt Abt Kuno. Mit Abt Kunos Nachfolger Helenger gibt es weitere Verhandlungen zur Klärung der güterrechtlichen und geistlichen Beziehungen. Aber Hildegard erkämpft die Herausgabe aller Güter und am Ende auch die vollkommene Unabhängigkeit ihres Klosters. Den Nonnen wird freie Äbtissinenwahl zugesichert und sie sind auch in der Wahl des Propstes frei, den der Disibodenberg stellen muss.. Hildegard vermeidet auch die Einsetzung eines weltlichen Vogtes erfolgreich.

Auf dem Rupertsberg zeigt sich auch Hildegards musikalische Produktivität. Der erste Beleg stammt aus dem Jahr 1148.

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Ab diesem Zeitpunkt bis zu ihrem Tod beschäftigt sie sich mit Gesängen auf der Basis hochmittelalterlicher Gregorianik. Sie schreibt auch ein Singspiel “Ordo virtutum” (Spiel der Kräfte), das den ewigen Kampf zwischen Gut und Böse thematisiert. In der neuen Abtei auf dem Rupertsberg kommt das Werk zur Uraufführung. In den fünfziger Jahren arbeitet sie auch an der Abfassung ihrer natur- und heilkundlichen Schriften. Die “Physika”, das ist Hildegards Naturkunde gliedert sich in neun Bücher. Sie beschreibt darin die Schutz-und Heilkräfte von Pflanzen, Tieren, Metallen, Edelsteinen und Elementen. Dies wurzelt auf eigenen Beobachtungen der einheimischen Tier und Pflanzenwelt. Man kann keine bestimmten Quellen nachweisen aber Vergleichbares findet sich auch bei Plinius, Isidor von Sevilla, Galen und Soranus. Ihre Natur-und Heilkunde wurzelt in einem ganzheitlichen Weltbild. Sie stehen innerhalb ihrer visionären Kosmologie. Hildegard hat auch eine “unbekannte Sprache”, die lingua ignota” erfunden. Diese gibt heute noch Rätsel auf.

Nach den harten Anfangsjahren stabilisiert sich der Konvent. Schenkungen und Vermächtnisse gewährleisten einen stetig wachsenden Wohlstand. Es gibt positive, geradezu euphorische Schilderungen des Klosterlebens auf dem Rupertsberg wie der Bericht von Wibert von Gembloux aber auch durchaus kritische Stimmen wie die der Tengswich von Andernach, Meisterin eines Kanonissenstifts in Andernach, die in einem Schreiben an Hildegardkritisiert, dass am Rupertsberg nur Adlige aufgenommen werden oder auch “ dass eure Nonnen an Festtagen beim Psalmengesang mit herabwallendem Haar im Chor stehen und als Schmuck leuchtendweiße Kleider tragen…” Hildegard antwortet schroff, verteidigt das Adelsprivileg und begründet den Rupertsberger Brauch sich an Festtagen mit Seide und Gold zu schmücken mit der besonderen Stellung der geweihten Jungfrau.

Hildegard führt auch ausgedehnte Korrespondenz mit Klerikern und Laien, Adligen und Nichtadligen. Über 300 Briefe sind aus dem Zeitraum zwischen 1146 und 1179 überliefert. Ihre Korrespondenzpartner sind der Konstanzer Bischof Hermann von Arbon (1138-1165). Der Brief an Bernhard von Clairvaux ist oben erwähnt. Dann gab es einen Briefwechsel mit Friedrich Barbarossa mit 5 erhaltenen Briefen, 4 von Hildegard einen von Kaiser Friedrich. Die drei rheinischen Erzbischöfe von Köln, Mainz und Trier schätzten ihren Rat. Es gab auch Austausch mit Äbten, Pröpsten, Äbtissinnen. Zwischen dem Benediktinerkloster in Zwiefalten und Hildegard ist ein reger Briefwechsel dokumentiert und auf ihrer letzten Reise 1170/1171 besucht sie das oberschwäbische Kloster selbst.

Ihre dritte und letzte Visionsschrift, das “Liber divinorum Operum” entstand zwischen 1165 und 1174. Kurz vor Fertigstellung stirbt Volmar. Sein Tod erschüttert die Äbtissin sehr, wie sie schreibt “ da durchbohrte Traurigkeit mir Seele und Leib, weil ich dieses Mannes beraubt, eine Waise war auf dieser Welt”

Im letzten Lebensjahr hatte Hildegard einen erbitterten Konflikt mit der Mainzer Kirchenverwaltung. Die Äbtissin lässt einen  exkommunizierter, jedoch kurz vor dem Tod vom Kirchenbann befreiten Edelmann auf dem Klosterfriedhof beerdigen. Trotz Androhung des Interdikts, also das Verbot des Gottesdienstes und des Empfangs der Heiligen Sakramente verweigert Hildegard die Exhumierung. Sie wendet sich direkt an den Mainzer Erzbischof Christian von Buch . Nach eingehender Untersuchung des Sachverhalts wird das Interdikt aufgehoben, Hildegard aber zurechtgewiesen. Kurz nach dieser Auseinandersetzung stirbt Hildegard im Alter von 81 Jahren am 17. September 1179 in ihrem Kloster auf dem Rupertsberg. Ihr Leichnam wird im 13. Jahrhundert unterhalb des Altarraums der Abteikirche umgebettet. 1489 wird der Sarg geöffnet. Über den Zustand der sterblichen Überreste ist nichts bekannt. Im Dreißigjährigen Krieg gelangt ein Teil der Gebeine nach Köln. Die restlichen Reliquien verbleiben auf de Rupertsberg und überstehen die Zerstörung der klosteranlage 1632. Aufzeichnungen aus dem Jahre 1660 bezeugen die Überführung ins Eibinger Kloster. Das Kloster wird 1802 aufgehoben.Hildegards Reliquien werden zum Teil verschenkt gelangen aber meist nach der Neukonsekrierung der Eibinger Klosterkirche 1831 nach Eibingen zurück.

 

                                  Das Kloster Rupertsberg

220px-Kloster_RupertsbergAm 1. Mai 1152 weiht der Mainzer Erzbischof Heinrich die Rupertsberger Klosterkirche. Eine dreischiffige Kirche, 30 m lang mit zwei breiten Türmen. In der Kirche war eine gewölbeartige Gruft in der die Reliquien des Klosterheiligen Rupertus und seiner Mutter Berta aufbewahrt wurden. Eine Urkunde des Mainzer Erzbischofs bezeugt die Weihe. In einer am 22. Mai 1158 ausgestellten Urkunde bestätigt der Mainzer Erzbischof Arnold von Seelenhofen (1153-1160) dem Konvent all seine Besitzungen.  Den Nonnen wird die freie Äbtissinnenwahl und die freie Wahl des Propstes zugesichert, den das Kloster Disibodenberg stellen muss.

Auf Bitten Hildegards nimmt Kaiser Friedrich am 18. Mai 1163 das Kloster in seinen Schutz und er bestätigt die Urkunde von Erzbischof Arnold. Er verbietet doe Einsetzung eines Vogtes und befreit es von allen Abgaben. Als zeugen fungieren die Erzbischöfe Konrad von Mainz, Wichmann von Magdeburg und Eberhard von Salzburg, weiter 5 Bischöfe und verschiedene weltliche Große.

Schon mit dem Tod der Gründerin verliert das Kloster einen Teil seine Bedeutung.

Die Nachbarschadt zwischen Bingen und dem Kloster war konfliktreich. Eine spirituelle Rolle hat das Kloster aber nicht mehr spielen können. Es war eine “Versorgungsanstalt für die Töchter des Adels mit benediktinischen Elementen. Anna Lerch von Dirmstein war die letzte Äbtissin Rupertsbergs.Sie musste 1642 ihr Amt niederlegen.

1632 wurde das Kloster Rupertsberg  von den Schweden in Brand gesetzt und zerstört. Es wurde nie mehr aufgebaut. 5 Arkadenbögen der Klosterkirche sind noch erhalten und heute Teil des Ausstellungshauses der Firma Würth.

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                                     Kloster Sankt Hildegard in Eibingen

 

1148 gründete die Adlige Marka von Rüdesheim ein Augustinerkloster. Aber schon 17 Jahre späte wurde es von den Truppen Friedrichs verwüstet. Hildegard lässt die Anlage wieder aufbauen. Geplant ist Raum für 30 Nonnen. Sie pendelt zwischen Rupertsberg und Eibingen und betreut beide Klöster bis zu ihrem Tod. In Eibingen werden auch Nichtadelige oder weniger begüterte Frauen aufgenommen. Am 22. April 1219 nimmt Papst Honorius III. (Papst von 1216-1227)das Kloster Eibingen in seinen Schutz.

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Das Aufsichtsrecht über Eibingen hatten die Rupertsberger Äbtissinnen, was in einer Urkunde vom28. November 1268 geregelt war. Im 14. und 15. Jahrhundert erlebte das Kloster eine Blütezeit. Die Eibinger Äbtissinnen nannten sich zunächst Meisterin. Am längsten in Amt und Würden war Benigma von Algesheim. Sie stand 44 Jahre dem Kloster vor, von 1373-1417 und damit länger als Hildegard. Politische Spannungen im Umfeld wie z.B. zwischen Kurmainz und Pfalz wirkten sich auch auf das Kloster aus. Unter Erzbischof Jakob von Liebenstein (1504-1508) erfolgte eine Klosterreform. Der Mainzer Erzbischof war in seinem Bistum nachdrücklich um eine Klosterreform bemüht. 1506 wurde er in die Bursfelder Kongregation aufgenommen. In Eibingen aber war die Entwicklung trotz Reform rückläufig.1575 lebten in Eibingen nur noch drei Schwestern. Auf Anweisung des Mainzer Erzbischofs Daniel Brendel von Homburg (1555-1582) siedelten diese in das nahegelegene Zisterzienserinnenkloster Marienhausen über. Sie machten so Platz für die Augustinerinnen von St. Peter bei Kreuznach, die vor der Reformation flüchteten. Die Rupertsberger Nonnen erreichten aber dir urkundlich verbürgte Rückgabe des Kloster Eibingen und seiner Besitzungen. Dies hatte Äbtissin Cunigundis  Freiin von Dehrn nach langwierigen unterreden erreicht. Seit 1603  war der Titel Äbtissin von Rupertsberg und Eibingen üblich. Nach der Zerstörung von Kloster Rupertsberg durch die Schweden 1632 kamen die Rupertberger Nonnen 1636 über Köln nach Eibingen. Aber auch dort herrschten natürlich bedingt durch die Kriegswirren Not und Entbehrung. Die junge Äbtissin Magdalena Ursula von Sickingen schaffte wieder einen Neubeginn. Das monastisch Leben erblühte wieder und auch die wirtschaftliche Lage besserte sich so, dass auch größere Bauvorhaben wieder möglich wurden. Äbtissin Magdalen starb allerdings im Sommer 1666 im Alter von 52 an der Pest.

Von 1681-1683 wurden  Kirche und Westflügel der Abtei betreut von dem Architekten Giovanni Angelo Barello von Grund auf restauriert. 1737 wurde der Ostflügel abgebroch und nach Plänen des Mainzer Architekten Johann Valentin Thoman neu errichtet.. Zwischen 746 und 1752 entstanden der Südflügel und die Scheune. Von 1780 bis 1788 war Maria Hildegard von Rodenhausen Äbtissin. Der Einfluss der neuen Geisteströmung,  der Aufklärung verstärkte sich. Der Mainzer Erzbischof Kurfürst Friedrich Karl Joseph von Erthal (1774-1802) wollte aus Kloster Eibingen ein weltliches Damenstift machen. Das löste bei den Nonnen heftigen Widerspruch aus. 1789 wurde das Klosterarchiv vorsorglich nach Alzey gebracht. Dort verblieb es bis 1798. Der Verlust der linksrheinischen Güter beeinträchtigte die Wirtschaftliche Lage des Klosters erheblich.

1802 wurde das Kloster mit der Säkularisation aufgehoben. Auf Beschluss der nassauischen Regierung wurde es 1814 geräumt. Der Ostflügel wurde zum Zeughaus, die Kirche zum Waffenlager. West-und Südflügel wurden abgerissen. 1837 kaufte die Gemeinde Eibingen das Anwesen. Die ehemalige Klosterkirche wurde nun zur Pfarrkirche, das Patrozinium der Dorfkirche Johannes der Täufer übernommen.

1857 konnte Pfarrer Ludwig Schneider die Echtheit der Hildegard-Reliquien  nachweisen.

Der Limburger Bischof  Peter Josef Blum (1842-1883) und während des Kulturkampfes von 1876-1833 seines Bischofsitzes enthoben, regte an, ein neue Kloster zu gründen, welches das alte in  Eibingen wiederbeleben  und zugleich auf das von den Schweden im Dreißigjährigen Krieg zerstörte Kloster Rupertsberg zurückgreifen sollte. Fürst Karl zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg, bei dem der vertriebene Bischof Zuflucht gefunden hatte, nahm den Gedanken begeistert auf.

Auf diese Weise konnte er das säkularisierte Kirchengut, das seiner Familie 1803 zugefallen war, zurückerstatten. Seine älteste Tochter Benedicta, die Nonne in der Abtei St. Cécile in Solesmes in Frankreich war, sollte die erste Äbtissin des wiederzugründenden Kloster werden. Sie starb allerdings unerwartet am 2. Juli 1896 im Alter von nur 36 Jahren. Trotz des Todes wurde der Plan weiterverfolgt. Am 2. Juli 1900 legte Erzabt Placidus Wolter aus Beuron den Grundstein. In vier Jahren war der Bau fertiggestellt. 12 Benediktinerinnen aus der Abtei St. Gabriel in Prag zogen ein. Das ist das erste Frauenkloster der Beuroner Kongregation. Am Einzugstag, 17. September 1904, wurde es zur vollgültigen Abtei erhoben und mit allen Rechten und Privilegien des ehemaligen Klosters der Heiligen Hildegard ausgestattet. Das Kloster ist exemt und wurde direkt dem Heiligen Stuhl in Rom unterstellt. Der Limburger Bischof Dominikus Willi weihte die Kirche, die von P.Paulus Krebs und seinen Schülern ausgestaltet wurde am 7. September 1908. Die bisherige Priorin Regintrudis Sauter (1908-1955) wurde zur Äbtissin und 36. Nachfolgerin der Heiligen Hildegard geweiht. Das Kloster wurde unter den besonderen Schutz der Heiligen Hildegard gestellt. Den ersten Weltkrieg und die Inflation überstand das Kloster relativ glimpflich. Unter den Nationalsozialisten vertrieb die Gestapo am 41. Jahrestag der Grundsteinlegung 115 Nonnen. Der Klosterbesitz wurde enteignet. Nachdem amerikanische Truppen im März 1945 einmarschiert waren, wurde der Klosterbesitz rückerstattet. In einem Teil des Klosters fanden durch die Bombardierung von Rüdesheim obdachlos geworden Bürger sowie Flüchtlinge aus den Ostgebieten für 10 Jahre Unterkunft.

Am 2. Juli 1945 wurde das klösterliche Leben unter der mittlerweile 80-jährigen Äbtissin Regintrudis Sauter wieder aufgenommen. Mit 90 legte sie 1947, nach 47 Amtsjahren ihr Amt nieder. Ihr folgte Fortunata Fischer nach.

Das Kloster betreibt einen Klosterladen, ein Weingut und Kunstwerkstätten.

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31 Juli 2011

Reichsabtei Heggbach

 

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Heggbach gehört zu den 5 Zisterzienserinnenklöster in Oberschwaben die zwischen 1216 und 1237 kurz hintereinander gegründet worden waren. An den 5

zukünftigen Klosterstandorten hatten sich schon jeweils informelle Frauengemeinschaften gebildet, die von dem Salemer Zisterzienserabt Eberhard von Rohrdorf (1191-1240) tatkräftig unterstützt und ermutigt wurden, eine Klostergemeinschaft zu gründen und sich dem Orden der Zisterzienser anzuschließen. In Maselheim hatten die beiden adeligen Fräulein von Rosenberg und von Laudenburg eine Beginenklause gegründet. Eine Familie Rosenberg ist in der Schweiz seit dem 10. Jahrhundert nachzuweisen, eine andere in Nordbaden und Nordwürttemberg seit 1270. Laudenburg gibt es nicht, es gibt nur Landenburg. Die von Landenburg waren bei Rottweil, Sulz, Oberndorf und Tuttlingen begütert.Diese Familien treten aber in den Urkunden nicht auf. Die Oberamtsbeschreibung nennt eine Frau von Landau. Deren Familie ist jedoch erst seit 1269 erwähnt. Die erste Erwähnung Heggbachs ist 1143. Das Kloster Weingarten hatte in Heggbach ein Gut “Predium at Hegebach, das auch 1155 erwähnt ist, beides im Württembergischen Urkundenbuch (WUB II 20 und 86). Als “Heggbacher Geburtsurkunde” gilt die am 16. April 1231 in Salem ausgefertigte Urkunde. Sie wurde von dem Konstanzer Bischof Konrad von Tegerfelden (1231-1233) ausgestellt. Darin gewährt der Bischof den Schwestern die Wahl des Priesters der Pfarrkirche und auch die Einkünfte der Kirche, damit das Kloster mit notwendigsten ausgestattet werden kann. In der Urkunde wird ausdrücklich erwähnt,dass das von Heinrich VII., dem ältesten Sohn des Kaiser Friedrichs II. an das Kloster Salem gelangt ist. Daraus kann man schließen, dass der Auftraggeber des Kirchenbaus ein Ritter oder Ministerialer der Staufer gewesen sein muss. Man kann aber nicht sagen ob es sich um Grafen wie die von Berg oder Grüningen gehandelt hat oder Baustetter, Maselheimer oder Freyberger Ortsherren handelt. Bereits 1233 oder 1234 wurde das Kloster dem Zisterienserorden inkorporiert. Um das im Aufbau befindliche Neukloster Heggbach zu unterstützen, gewährte Papst Gregor VII. (1227-1241) einen zwanzigtägigen Ablass und forderte die Gläubigen auf, Gaben zu spenden. Gleichzeitig dürften von Adligen aus der Nachbarschaft Gütereinkünfte und Grundstücke gestiftet worden sein. Am 12. April 1234 nahm Papst Gregor das Kloster und seine Besitzungen insbesondere den Klosterort in seinen persönlichen Schutz. Und er bestätigte das Patronatsrecht. 1243 stellte Papst Innozenz IV.(1243-1254) dem Zisterzienserorden das Privileg für Salem aus. Darin belegte er diejenigen mit Exkommunikation die vom Kloster den Zehnten verlangen. Abt Eberhard II. von Wollmatingen (1241-1271) gab dieses Privileg auch an die Frauenzisterzen weiter,die unter der Salemer Paternalität standen.

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1246 schenkte Graf Ulrich von Berg den Nonnen und dem Kloster die Maselheimer Mühle. Der Nachfolger Konrads von Tegerfelden auf dem Konstanzer Bischofsstuhl war Heinrich von Tanne (1233-1248) aus der Familie Waldburg. Er stärkte vor allem die Klöster in seinem Bischof. So wurde Heggbach, nachdem es das große Ordensprivileg erhalten hatte, auch vom Diözesanbischof Heinrich freigestellt. Abt Eberhard II. erhob Heggbach 1248 zur Abtei.

Der Name der ersten Äbtissin ist uns nicht bekannt, die 2. um1250 nur als G. Nach ihr regieren Williburgis, Irmengard, Getrud und Hailwig . Mit der jungen Abtei ging es langsam aufwärts. 1248 gehörte der Ort Heggbach wohl schon dem Kloster und wurde als Grangie betrieben, was ja die vorherrschende Gutsform der Zisterzienser war.

1273 bestellte Äbtissin Irmengard Heinrich von Freyberg zu ihrem Anwalt in der Streitsache gegen Ritter Siefried von Steinbach um einen Hof in Kadeltshofen. Daraus könnte man schließen, dass das Kloster keinen Vogt hatte.

Der klösterliche Grundbesitz vergrößerte sich. Es begann sich ein eigenes Herrschaftsgebiet abzuzeichnen. Der Besitz lag in den im nahen Umkreis gelegenen Dorfschaften des Klosters und zum Teil auch Pfarreien wie Maselheim, Sulmingen und Wennedach, einigen Höfen und Rechten in Baltringen und zwei Drittel von Baustetten. Im weiteren Umfeld, im Bodenseeraum hatte die Abtei noch Rebbesitz in Meersburg, Markdorf und Bermatingen. Bis 1504 verwaltete die Abtei ihre Rebgüter zusammen mit Gutenzell. Auch der Konvent wuchs, so dass ähnlich wie in den anderen 4 oberschwäbischen Frauenzisterzen ein neues Klausurgebäude errichtet werden musste. In Heggbach geschah dies im letzten Drittel des 13. Jahrhunderts. Die Arbeiten zogen sich aber bis 1320 hin. Für 1288 sind schon eine Marienkirche und für 1294 ein Muttergottesaltar belegt.

Grabungen, die durchgeführt wurden, als nach 1973 Platz für die Behindertenwerkstatt geschaffen wurde, belegen, dass das Mauerwerk bis in die Spätromanik zurückreicht. 1347 wurde ein frühgotische Münster geweiht. Dabei wurde in der Predella des Muttergottesaltars ein Andachtsbild “Maria im Wochenbett” aufgestellt. Wahrscheinlich wurde es über Salem bei einem seeschwäbischen Bildhauer in Konstanz in Auftrag gegeben. Es ist eines der frühesten Andachtsbilder dieser Art. Seit dem Spätmittelalter war das Kloster reichsunmittelbar.

Am 21. April 1429 verlieh Kaiser Sigismund dem Kloster Heggbach die Gerichtsbarkeit über alle seine eigenen Leute sowie über alle Dinge, die auch von fremden Leuten auf seinem Gebiet geschehen mit Ausnahme der Hals- und Blutgerichtsbarkeit, die wie bisher das Kloster Salem ausübt und die 4 Fälle, die dem Landvogt vorbehalten sind.

Am  5. Juli 1481 nahm  Kaiser Friedrich III.(1440-1493) das reformierte Kloster Heggbach als oberster Vogt und Beschirmer in seinen Schutz und setzte den Bürgermeister und Rat der Stadt Biberach, in deren Schutz es seit alters (100Jahren) ist von neuem zu Vögten und Beschirmern an Kaisers statt ein. Das Kloster hatte das Recht, der Stadt Biberach die Vogtei aufzukündigen. Eine Strafe von 40 Mark Gold, in die sich die Stadt und das Kloster teilen, wird denen angedroht, die die Rechte und Freiheiten des Klosters antasten.

800px-Heggbach_Abbey_main_gate_01Die Reformäbtissin Elisabeth Kröhl (1454-1480) oder ihre Nachfolgerin Agnes Sauter (1480-1509) gab bei einem Ulmer Künstler des Multscher-oder Syrlin-Umkreises eine Mondsichelmadonna in Auftrag. Diese Madonna des “Heggbacher Meisters hat alle Stürme der Zeit überdauert und steht heute noch in der Heggbacher Kirche. Seit dem frühen 15. Jahrhundert hatte die Klausurstrenge allgemein nachgelassen,  so auch in Heggbach. Die aus Lindau stammende Äbtissin Elisabeth II. Kröhl hatte 1467 eine grundsätzliche Klosterreform durchgeführt. Ihre Nachfolgerin konnte in Ulm Memmingen und Biberach neue Flügelaltäre in Auftrag geben., die Klosterkirche umgestalten die herrschaftlichen Grabstätten verlegen –die Familien von Freyberg und Baustetten hatten im Kloster ihre Grablegen- , eine Kapitelskapelle errichten, den Kreuzgarten verschönern und höchstwahrscheinlich einen eigenen Äbtissinnenflügel anfügen lassen.

1496 erneuerte Kaiser Maximilian alle Privilegien und Freiheiten, die das Kloster früher erhalten hat und ermahnt alle, insbesondere den Landvogt von Schwaben, das Kloster in der Ausübung seiner Rechte nicht zu behindern.

1504 nahmen die Konvente und Äbtissin Waldpurg von Gutenzell und Äbtissin Agnes von Heggbach ihre im Laufe der letzten Jahrzehnte gemeinsam erworbenen Güter, meist Weinberge zu Markdorfmit Zustimmung des Abtes Johann von Salem in getrennte Verwaltung. Die Teilung erfolgt durch ein unparteiisches Los.

Am 14. Januar 1504 nahm Papst Julius II. (1503-1513) das Kloster in seinen besonderen Schutz und bekräftigte alle ihm von Päpsten, Königen und Fürsten erteilten Privilegien insbesondere das Patronat über die Pfarrkirche in Maselheim und Burgrieden.

1521 wurde das Kloster in der Reichsmatrikel geführt, sichtbares Zeichen der Reichsfreiheit. Wie Gutenzell hatte es keine Abgaben zu entrichten aber 5 Fußsoldaten zu stellen.

Im Frühjahr 1525 erschütterte der Bauernkrieg Süddeutschland. Heggbach lag an exponierter Stelle. Auf seinem Gebiet hatte sich der Baltringer Haufe gebildet. Der Anführer Ulrich Schmid war Klosteruntergebener, wahrscheinlich Leibeigener. Er war aber durchaus gemäßigt und wahrscheinlich ist es seinem Einfluss zu zu- schreiben, dass das Kloster Heggbach im Gegensatz zu anderen Klöstern relativ glimpflich davon gekommen ist. Zwar wurden auch hier die Vorräte weggeführt, aber es wurde nicht geplündert oder gebrandschatzt und vieles einfach zerstört, sowie es zum Beispiel den Klöstern Weissenau, Schussenried, Schönthal oder Steingaden ergangen ist. Das geschah in der Amtszeit von Barbara Ellenbog (1515-1526). Am 27. Oktober 1525 erschienen die Untertanen  aus Mietingen, Sulmingen, Maselheim, Wennedach und zum Stein vor der Gotteshaus des Klosters in Anwesenheit des Vertreter des Schwäbischen Bundes Wilhelm von Stotzingen zu Dischingen, gaben ihre Waffen ab und huldigten ihrer Obrigkeit (dem Kloster Heggbach).

Am 21. Oktober 1527 erteilte Kaiser Maximilian in Speyer dem Kloster Heggbach ein Privileg wider das Leihen und andere Kontrakte der Juden mit Untertanen. Ohne Erlaubnis des Konvents darf kein Jude den Untertanen “leihen oder fürstrecken” und kein Jude darf dagegen klagen.

Ihre Nachfolgerinnen Walburga Bitterler (1526-1532) und  Margarete Hauptmann (1532-1539) sahen sich den Stürmen der Reformation ausgesetzt. 1529 hatte sich in der Reichsstadt Biberach die Reformation durchgesetzt und die biberachischen Reformatoren setzten alles daran, die Nonnen zum Abfall zu bewegen. In Burgrieden sollte die Reformation eingeführt werden. Dort hatte die Stadt die Obrigkeit, das Kloster aber den Kirchensatz inne.

Im Schmalkaldischen Krieg(1546/1547) besetzte die Stadt Biberach 1546 das Kloster, so dass von August bis Dezember kein Gottesdienst möglich war. Nach der Zerschlagung des Bundes verzichtete die Stadt Biberach 1548 auf ihr Besetzungsrecht der Pfarrei Burgrieden.

Wie Gutenzell beteiligten sich die Äbtissinen von Heggbach von 1500 bis 1539 am Schwäbischen Reichsprälatenkolleg . Seit 1562 waren sie in der Kammer vertreten, ließen sich aber meist durch den Abt von Salem vertreten. Nur wenn ganz wichtige Entscheidungen anstanden so z. B. 1768 waren alle Klostervorsteherinnen von Gutenzell, Heggbach, Baindt und Rottenmünster persönlich anwesend als Abt Anselm II. Schwab, der Salemer Abt zum Kollegiumsdirektor gewählt wurde.

Am 27. März 1560 stellte Kaiser Ferdinand I. (Kaiser von 1558-1564) dem Kloster denselben Bestätigungsbrief aus wie schon 1496 Kaiser Maximilian. 1573 hatte Äbtissin Lucia Hildebrand (1559-1590) das Kloster in eine wirtschaftliche Schieflage geführt. So musste Abt Georg II. Kaisersberger (1558-1575) den Haushalt überprüfen und in Ordnung bringen aber nur ein Jahr später lobte der Visitator Nikolaus I. Boucherat von Citeaux die vorbildliche Ordenszucht Heggbachs. Trotz der Wirtschaftskrise konnte das Kloster 5 junge Zisterienserinnen in die unterbesetzten und veräußerlichten Schweizer Klöster Rathausen und Olsberg entsenden.

Veronika von Freyberg(1605-1610) konnte den Kreuzgang einwölben und mit frühbarocken Stuckelementen auszieren. Dann brach der Dreißigjährige Krieg mit seinen katastrophalen Folgen für das ganze Land aus.

Heggbach hatte schwer zu leiden. Mietingen und Äpfingen lagen an der großen Heerstraße Nord-Süd und Äpfingen war ständiges Quartier mal der Kaiserlichen, mal der Schweden. 1632 mussten sich Äbtissin und Konvent vor den heranrückenden Schweden in Sicherheit bringen. Sie weilten bei ihren Mitschwestern in Rohrschach, Magdenau, Feldbach, Kalchrain, Tänikon und Appenzell. Die Zurückgebliebenen wurden überfallen, geschlagen und vergewaltigt. Oft raffte sie der Schwarze Tod hinweg.

Die Stadt Biberach beauftragte in den Jahren 1633/64 den Advokaten Dr. Isaak Andler beim Tübinger Hofgericht mit der Wahrnehmung ihrer Interessen. Dr. Andler war der Schwager des Biberacher Amtsbürgermeisters Joachim Schaupp. Dabei sollten Gebiete der Klöster Gutenzell, Heggbach und Schussenried dem Biberacher Spital übereignet werden. 1633 nahmen aber die Kaiserlichen Biberach wieder ein. Erst bei der neuerlichen Besetzung am 26. März 1634 durch die Schweden konnten die Verhandlungen wieder aufgenommen werden. Zwar bestätigt Gustav Adolf eine Schenkung an Biberach, aber der schwedische Kanzler Oxenstierna hatte am 22. April das von Biberach beanspruchte Schussenried dem schwedischen Obersten Christoph Martin von Degenfeld geschenkt. Die Bemühungen Biberachs, die Schenkung rückgängig zu machen, blieben erfolglos. Auch mit Gutenzell und Heggbach kam man in Biberach nicht voran. Die Schlacht bei Nördlingen am 8. September 1634 ging für die Schweden verloren und für 12 Jahre behielten die Kaiserlichen wieder die Oberhand in Süddeutschland.

Nach Kriegsende kamen die Nonnen zurück. Die Gebäude waren zwar verwahrlost, aber in der Substanz erhalten. Als erstes wurde dann die Abteikirche, die unter dem Kriegsvolk schwer gelitten hatte, wieder instand gesetzt und mit einem frühbarocken Hochaltar unbekannter Herkunft ausgestattet. Unter Äbtissin Maria Scholastika Eberhardt (1636-1663) wurde an Christi Himmelfahrt 1656  die Kirche durch den Konstanzer Bischofsvikar Georg Sigismund Müller wieder geweiht. Auch die übrige Konventsanlage wurde wieder ausgesegnet. Äbtissin Maria Cäcilia I. Vöhlerin (1675-1683) ließ in den achtziger Jahren die Klausurbäckerei und die Klostermühle von Grund auf erneuern, ein eigenes Sägewerk einrichten und den Schlafsaal der Chorfrauen mit Einzelzellen versehen.

Was die Gerichtsbarkeit anging, so gab es allerdings Schwierigkeiten. 1606 übertrug Erzherzog Maximilian III. (1558-1618), Sohn Kaiser Maximilians II.  die hohe und malefizische Gerichtsbarkeit über das gesamte Heggbacher Klostergebiet dem Kloster Salem. Ausführendes Organ war die salemische Pflege in Schemmerberg. Über die Abgrenzung von niederer und hoher Gerichtsbarkeit konnte sich Heggbach und Vaterkloster nicht einigen und hatte damit dasselbe Problem wie das benachbarte Gutenzell. Gemeinsam gingen die beiden Klöster gegen ihr Vaterkloster juristisch vor. Nach jahrzehntelangem Rechtsstreit zunächst vor dem vorderösterreichischen Lehenshof und dann vor dem Reichskammergericht einigte man sich schließlich auf einen Kompromiss. Salem blieb für Totschlag, Notzucht, Brandstiftung und schweren Diebstahl zuständig. Heggbach durfte keine Todesurteile verhängen. Gutenzell unterstellte sich im Einvernehmen mit Generalabt Trouvé dem Kloster Kaisheim, nachdem Abt Anselm Schwab die Paternalität aufgekündigt hatte. Heggbach verblieb beim Vaterkloster Salem.

Heggb-nah-02grZurück zur Erholung nach dem Dreißigjährigen Krieg. Äbtissin Maria Barbara IV. Hager ( 1687-1700) barockisierte die Kirche weiter und versah sie mit einem zwiebelgekrönten Nordturm. Außerdem bekam sie ein neues Orgelwerk. Äbtissin Maria Magdalena Sohler erlebte Licht und Schatten in ihrer Amtzeit 1700-1712. Sie ließ Sankt Pankratius hochbarock ausgestalten, legte einen Abteigarten an und ließ den Pferde-und Mastviehstall umbauen. Wegen des Spanischen Erbfolgekriegs 1700-1714 war der Kirchenschatz mit kostbaren Ornatstücken nach Tirol verbracht worden. Dort fiel er am 23. Mai 1703 der verheerenden Reutter Feuersbrunst zum Opfer. Nicht genug damit. In Heggbach schlug am 8. Juni 1714 der Blitz ein und die meisten Wirtschaftsgebäude brannten nieder. Der Wiederaufbau kostete mehr als 8000 Gulden, die bereits für andere Vorhaben eingeplant waren. Die aus Cham stammende Äbtissin Maria Cäcilia II. Constantina (712-1742) hatte mit dreißig Jahren die längste Amtszeit aller heggbacher Äbtissinnen. Unter ihr hatte das Kloster seine letzte Glanzzeit. Sie setzte, wie die Inschrift unter ihrem Porträt besagt, “daß Gotts-Hauß in einen gueten Stand”. Im Frühjahr 1716 erhielt die Klosterkirche drei neue Barockaltäre mit figürlichem Schmuck des Bildhauers Johann Baptist Hops aus Mietingen. Dieser hatte in Mietingen 1708 seine Werkstatt gegründet. Vorher war er Geselle in der Werkstatt des Ignaz Waibl in Heimertingen bei Memmingen. Zwei Kleinaltäre “Heiland an der Geiselsäule”, zwei Kreuze ohne Signatur, eine heilige Nonne mit Buch und eine heilige Nonne mit Äbtissinenstab, beide in der Klausur aufgestellt, sind in Heggbach noch erhalten. Von dem Sohn des Meisters Johann Adam stammt eine sitzende, händeringende Schmerzensmutter die Johann Adam 22-jährig 1730 schnitzte.

1727 wurde in Biberach das Heggbacher Festgeläute gegossen. Zwei Jahre vorher war der Grundstein zu einem neuen Gästehaus gelegt worden. Mit Maria Aleydis Zech 1742-1773) endete die jahrzehntelange Bautätigkeit mit dem spätbarocken Torhaus von 1753, auf dem noch ihr Wappen prangt. Sie war Oberin über rund 40 Zisterzienserinnen, verwickelte ihre Abtei aber immer wieder in kostspielige Rechtshändel. 1755 gab es nochmals ein großes barockes Fest, als ein Prager Jesuskind, ein Wiesheiland und ein Ruhechristus vom vorderen Klosterhof wurden mit großer Prachtentfaltung in die Kirche übertragen. Auf einem heute verschollenen Kupferstich, der wohl noch lange nach der Säkularisation auf der Chorempore hing und wohl von einem Augsburger Künstler stammte, war der Festzug dargestellt. Unter der vorletzten Äbtissin Maria Juliana Kurz (1773-1792) ließ nur noch eine neue Schmiede erstellen, das Brunnenwerk modernisieren, die Schwesternempore mit klassizistischen Altären versehen und die Barockorgel überholen. Zur Jahrhundertwende mehrten sich die Hiobsbotschaften. Angeblich sollten nach österreichischem Vorbild auch in Süddeutschland zahlreiche Klöster aufgehoben werden. Bald nach dem Amtsantritt der letzten Äbtissin Maria Anna Vogel (1792-1803, + 1835) trafen vertriebene Trappisten in Heggbach ein. Andere Flüchtlinge folgten, so zwei Benediktiner aus Disentis, 5 Thurgauer Zisterienserinnen. 1796 überführte man die wertvollsten Habseligkeiten in die Schweiz. Ständig gab es Truppendurchzüge, Einquartierungen und Requisitionen. 1803 erfolgte die Säkularisation. Der Konvent wurde enteignet. Das klösterliche Herrschaftsgebiet ging wie Buxheim an den Grafen von Waldbott-Bassenheim und Plettenberg über. Das letzte Kapitel überschreibt Ludwig Haas in seinem Buch “750 Jahre Kloster Heggbach” mit “Aufgehoben – ausgeplündert- abgerissen”

Der Konvent war zum Absterben verurteilt. Die 40 Nonnen erhielten ein bescheidenes Kostgeld, das bei jedem Todesfall weiter gekürzt wurde. Was in den Ökonomiegebäuden nicht niet-und nagelfest war, wurde versteigert. Das Biberacher Haus, die Birkendorfer Mühle, das Daisendorfer Rebgut und die landwirtschaftlichen Anwesen gelangten in andere Hände. Der Klosterhof, das Bräuhaus, die Taverne und der Ziegelstadel wurden von Pächtern übernommen.

Gegen 1820 ließ Graf Friedrich Karl von Waldbott-Bassenheim die Bibliothek nach Buxheim schaffen, sein Sohn Hugo Philipp 1836 das Archiv und zehn Jahre später Kostbarkeiten aus Abtei und Kirche: Gemälde, Skulpturen, Musikinstrumente Liturgiegeräte und Paramente. Im Herbst 1834 wurde die hochmittelaterliche Pankratiuskirche abgebrochen und auch der Rest fiel nach und nach der Spitzhacke zum Opfer. Der Maselheimer Pfarrer Vinzenz Henkel versuchte, die aus der Schweiz ausgewiesenen Zisterienserinnen von Tänikon anzusiedeln. Auch sein Plan, die Redemporisten anzusiedeln. Der Konkurs der Stadnesherrschaft verhinderte das Heggbach völlig abgerissen und als Baumaterial verwendet wurde. Es stand einige Zeit unter Gerichtshoheit. Der Maselheimer Pfarrer Johann Georg Mühling erreichte bei Fürst Franz von Waldburg-Wolfegg-Waldsee, dass dieser das ehemalige Klosterterritorium für 1 1/4 Million Gulden ersteigerte und es den Franziskanerinnen von Reute übereignete. Am 1. April 1887 wurde im Einvernehmen mit König Wilhelm II. von Württemberg die vom Stifter gewünschte Pflegeanstalt für geistig und körperliche Behinderte eingerichtet. Am 21. März 1893 brannte das wiederbelebte Kloster aber bis auf die Umfassungsmauern nieder.

Während des Nationalsozialismus wurden 193 Patienten  aus Heggbach und 70 Kinder aus dem Kinderasyl Ingerkingen vergast.

Als Praktikant in Heggbach habe ich noch die Erzählungen von Behinderten gehört, die die Selektionen mitgemacht und überstanden haben.

Heute ist Heggbach eine große und moderne Anstalt für Behinderte, die in einem großen Teil Oberschwabens arbeitet.

auf dem Stock Mittagspause

Peterle Mittagessen

Heggbach anders rumdas Kloster

16 Juli 2011

Reichsabtei Gutenzell

 

499px-Gutenzell_Schutzbrief_1238

Zwischen 1216 und 1240 entstanden in Oberschwaben in rascher Folge Frauenzisterzen, nämlich Wald 1216, Rottenmünster 1220,  Heggbach und Heiligkreuztal 1231, Baindt 1236 und schließlich 1237 Gutenzell. Die Prämonstratenser in Rot und Schussenried hatten mit ihrem Kapitelbeschluss von 1198 festgelegt, keine Schwesterngemeinschaften mehr zu betreuen. Offener zeigten sich dagegen die Zisterzienser mit dem Salemer Abt Eberhard von Rohrdorf (1191-1240). Er war der 5. Abt des Klosters und verwandt mit dem damaligen Konstanzer Bischof Diethelm von  Krenkingen (Bischof von 1189-1206). Er wurde mit gerade mal 30 Jahren zum Abt gewählt und spielte in staufischer Zeit eine gewichtige Rolle und hatte auch einen sehr guten Draht zum damaligen Papst Innozenz III. (1198-1216). Von ihm wurde er immer wieder zu Vermittleraufgaben herangezogen. Abt Eberhard unterstützte im oberschwäbischen Raum informelle Schwesternsammlungen und führte sie dem Zisterzienserorden zu. Die Klosterchronik nennt zwei Schwestern aus dem Geschlecht derer zu Schlüsselberg, die um 1230 das Kloster gegründet haben. Die Beschreibung des Oberamts aus dem Jahr 1837 berichtet von zwei Schlössern in der Nähe von Gutenzell, eines auf dem sogenannten Schloßberg bei Gutenzell. Allerdings ist ein Adelsgeschlecht von Schlüsselberg urkundlich nicht belegt. Wahrscheinlicher ist aber, dass die Stifter aus der Familie der Edelfreien von Aichheim kamen, entweder aus der Hauptlinie von Illereichen oder dem nach Burgrieden benannten Zweig. Die Herren von Aichheim lassen sich auch als Förderer von Gutenzell nachweisen und sie errichteten dort auch ihre Grablege.

Wie Ausgrabungen zeigen, bestand im 12. Jahrhundert im Bereich der Klosterkirche auch schon eine Kirche und auch Klostergebäude waren wohl schon vorhanden. Ein benachbarter Zisterzienserabt musste um Aufnahme in den Orden gebeten werden. Die Schwesterngemeinschaft richtete ihren Klosterbau und ihre Lebensweise nach den zisterzienzischen Vorschriften ein. Der Abt hatte das zu begutachten und wenn er es verantworten konnte, stellte er beim nächsten Generalkapitel den Antrag auf Inkorporation. Das Gutenzeller Patrozinium mit Kosmas und Damian ist bei den Zisterziensern eher unüblich und deutet auch darauf hin, dass schon vor der Aufnahme in den Orden eine Kirche bestand. Die Paternität im Zisterzienserorden bedeutete die Aufsicht über Frauenklöster, seelsorgerliche Betreuung sowie Beratung in wirtschaftlichen Dingen und rechtlichen Fragen. So waren zum Beispiel die Klöster Heggbach und Gutenzell zur Rechnungslegung in Salem verpflichtet.

Im Gegensatz zu Heggbach, das auch für Frauen bürgerlicher Herkunft offenstand, nahm Gutenzell nur Adlige auf.

Abt Eberhard setzte Mechthildis von Aichheim zur Äbtissin ein, die als 1. Äbtissin in der Abtsliste geführt wird. 1238 bestätigte Papst Gregor IX. (1227-1241) die Inkorporierung Gutenzells in den Zisterzienserorden. Gleichzeitig nahm er das Kloster in seinen Schutz. 1259 trat der erstmals belegte Name Bona Cella deutsch Guotencelle an die Stelle von Cella Dei.

Schon Konrad III., der erste Staufer auf dem Königsthron, hatte das Kloster Salem zum Reichskloster erhoben. Unter Abt Eberhard waren die Beziehungen zu den Herrschern ebenfalls bestens und Friedrich II. stellte dem Kloster eine Reihe Schutzurkunden aus. Davon profitierten natürlich auch die von Abt Eberhard geförderten Frauenklöster im oberschwäbischen Raum und wie Salem konnte Gutenzell auch nach dem Ende der Staufer seine Position behaupten.

Im liber decimationis, das ist das Zehntbuch des Bistums Konstanz, ein Amtsbuch, das zum Zweck des Einzugs des Kreuzzugszehnten angelegt wurde, ist Gutenzell und Heggbach steuerfrei gestellt.

Am 7.1. 1283 stellte Rudolf von Habsburg (König von 1273-1291) in Ulm eine Urkunde aus, die es dem Nonnenkloster Gutenzell erlaubte, reichslehnbare und andere Güter bis zum Wert von 100 Mark zu erwerben.

1336 gab der Würzburger Baumeister Bernolt dem Chorraum ein frühgotisches Gepräge.

Am Palmsonntag 1369 schlug der Blitz ein und legte das ganze Kloster in Schutt und Asche. Die meisten Urkunden gingen verloren. Aber unter Äbtissin Becht war das Kloster 1390 schon wieder aufgebaut. Die Herren von Aichheim spendeten so reichlich, dass man sie fast als zweite Gründer des Klosters ansehen kann.

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Am 10. September 1418 stellte Kaiser Sigmund in Ulm eine Urkunde mit der er das Frauenkloster Gutenzell von allen Steuern, Diensten usw. befreite. Am 1. August 1437 erteilte Kaiser Sigmund in Eger dem Kloster Gutenzell unter Äbtissin Agnes “die Erlaubnis, für sein Gebiet ein besonderes Gericht über Unzucht, Schuld, Geldschuld und Frevel zu errichten”. Bisher hatte die Landvogtei Schwaben jegliche Gerichtsbarkeit im Gutenzeller Territorium ausgeübt. Die Blutgerichtsbarkeit verblieb bei der Landvogtei.Seine Nachfolger Friedrich III. und Maximilian bestätigen die Privilegien  1444 und 1496.

Da die Brandkatastophen die Urkunden vernichtet hatten, gibt erst ein 1469 angelegtes Urbar einen Überblick über die Besitzverhältnisse des Klosters. Außer Gutenzell hatte das Kloster Besitz in acht Weilern. Ein Drittel von Achstetten und Kirchberg sowie halb Oberholzheim gehörten dem Kloster.

Im Bodenseeraum hatte das Kloster Weingärten mit Schwerpunkt Markdorf und Kippenhausen. Zunächst war das gemeinsamer Besitz von Heggbach und Gutenzell bis 1504 eine Teilung erfolgte.

1521 wird Gutenzell in der Reichsmatrikel aufgeführt, das war ein Verzeichnis der Reichsstände, in dem auch festgelegt war, wieviele Truppen der jeweilige Stand für das Reichsheer zu stellen hatte. Gutenzell musste ebenso wie Heggbach und Baindt je 5 Fußsoldaten stellen. Der Eintrag in die Matrikel wurde immer auch als Indiz für die Reichsunmittelbarkeit angesehen.

Nachdem die Kirche 1390 nach dem Blitzschlag wieder aufgebaut worden war, wurde sie auch mit pfarrlichen Rechten versehen. Ein Kaplan war auch angestellt worden. 1471 machte  Kaplan Ströhlin  eine Stiftung von 900 Gulden mit der Bedingung, dass außerhalb der Kirche ein Haus für einen Laienpriester und Kaplan gebaut wurde.

1522 kam bei einem Brand das Konventsgebäude zu Schaden. Um den Wiederaufbau zu finanzieren musste das Kloster das Dorf Steinberg wieder verkaufen, das es erst 1503 von der Ulmer Familie Rembold gekauft hatte.

Nachdem die Truppen des Schwäbischen Bundes ihren Kriegszug gegen Herzog Ulrich im März 1525 beendet hatten, trafen die ersten Reiter in Oberschwaben ein. Es gab Überfälle auf Dörfer, über die sich der Baltringer Haufe am 25. März mit einem Schreiben beschwerte. Die Lage eskalierte. Am 26. März stürmten die Bauern das Schloss des Salemer Abtes in Schemmerberg. In den folgenden Tagen wurde das Schloss Laupheim geplündert. Die Klöster Wiblingen, Ochsenhausen, Marchtal, Heggbach und Gutenzell wurden zum Anschluss an den Haufen  genötigt. Gutenzell wurde auch geplündert. Dass es in Ochsenhausen und Heggbach keine Plünderungen gab, ist in Ochsenhausen wohl der 1502 zwischen Abt und Bauern nach Bauernunruhen im Klosterterritorium geschlossenen Vereinbarung und in Heggbach der besonnenen Haltung des Klosteruntertanen von Heggbach und Führer des Baltringer Haufens Ulrich Schmid von Sulmingen zu verdanken.

Ab 1521 drang in die Reichsstadt Biberach die Reformation ein. 1529 hatte sie sich praktisch durchgesetzt. Die Mehrheit des katholischen Rates wurde verdrängt und Biberach war eine protestantische Stadt. An Mariä Himmelfahrt 1525 wollten Biberacher Bürger in Gutenzell die Reformation einführen, dies allerdings ohne Erfolg.

Zwischen 1500 und 1539 beteiligte sich die Abtei ebenso wie Baindt und Heggbach

an der Reichsprälatenkammer.1562 trat sie ihr bei, war aber meist durch den Salemer Abt vertreten. Sitz und Stimme im Schwäbischen Reichskreis und in der Reichspälatenkammer gaben der Abtei Zugang zu Informationen und Netzwerken. Sie sah sich immer in sehr enger Beziehung zu Kaiser und Reich.

Die schwerste Zeit erlebte die Abtei im Dreißigjährigen Krieg. Schon 1621 setzte der Krieg dem Kloster so zu,  dass nur noch 10 Klosterfrauen im Kloster lebten. Während des Krieges wurde das Kloster mehrmals geplündert so 1631 und 1637.

1632 flüchtete der Konvent vor den herannahenden Schweden in die Steiermark. Diese verwüsteten das Kloster und setzten es in Brand.

1647 besetzten die Schweden das Kloster nochmals und zündeten bei ihrem Abzug die Kirche an. Brände und Plünderungen zerstörten Teile des Klosterarchivs. Am Ende des Krieges lebten noch drei Nonnen.

Das Kloster musste sich in Schulden stürzen und der Aufbau dauerte Jahrzehnte. Um den Wiederaufbau machte sich die Äbtissin Barbara Thum von Neuburg (1630-1663) verdient.

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Im Unterschied zu Heggbach stammten die Äbtissinnen aus dem Adel, zum Beispiel aus den Familien von Aichheim, Griesingen, Freyberg, Landenberg, Stotzingen, Donnersberg, Brunegg und von Gall.

Der oberste Verwaltungsbeamte des Klosters führte den Titel eines Hofmeisters. Ab 1521 nahm er im Auftrag der Äbtissin an den Sitzungen des Schwäbischen Kreises teil.

Von 1685 erhielt die Abtei von Österreich den Blutbann als Lehen bis 1717. 1742 übertrug Österreich die Blutgerichtsbarkeit an das Kloster Salem. Als ausführendes Organ für das Territorium der Abtei fungierte die Salemer Pflege Schemmerberg. Es gab nun allerdings Abstimmungsschwierigkeiten über hohe und niedere Gerichtsbarkeit. Auch die Abtei Heggbach hatte das Problem. Beide prozessierten vor dem Reichskammergericht.  1752 kündigte Abt Anselm Schwab die Paternaliät Salems auf. 1753 unterstellte sich Gutenzell im Einvernehmen mit dem Generalabt Trouvé der Abtei Kaisheim und verblieb in deren Paternaliät bis zur Säkularisation.

Die Gutenzeller Zisterzienserinnen übten kunsthandwerkliche Tätigkeiten aus, vor allem Paramentenstickerei. Beredtes Zeugnis dafür ist die Gutenzeller Barockkrippe

220px-Krippe_Gutenzellaber auch die Bekleidung und der Schmuck der Reliquien der Katakombeheiligen Justina und Christina in der Gutenzeller Kirche. 1698 gab es Gebetsbrüderschaften mit den Augustinern von Memmingen und 1701 mit den Benedikinern von Ochsenhausen. Wirtschaftlich hatte sich das Kloster soweit erholt, dass es zwischen 1755 und 1756 die Kirche nach Plänen von Dominikus Zimmermann barock umgestalten konnte. Äbtissin war Maria Alexandra Zimmermann (1759-1776), die Tochter von Dominikus Zimmermann. Die Umgestaltung der Klosterkirche war Bestandteil ihrer Aussteuer. Die Stuckaturen schuf Franz Xaver Feuchtmayer, auch das ein Bezug zur neuen Mutterabtei Kaisheim.

Ihre Nachfolgerin war Maria Justina von Erolzheim (1756-1803). Sie war die letzte Äbtissin von Gutenzell. Nach der Säkularisation von 1803 ging das Kloster an den Reichsgrafen Joseph August von Toerring. Das Kloster wurde als sogenanntes Aussterbekloster geführt, das heißt es durften keine Novizinnen mehr aufgenommen werden. Die ehemalige Äbtissin verstarb 1809, die letzte Nonne 1851. Der neue Eigentümer war nicht sehr glücklich mit seiner neuen Besitzung. Bauliche Tätigkeit, juristische Prozesse und die Folge der napoleonischen Kriege, Kontributionen und Einquartierungen hatten eine  verschuldeten Konvent hinterlassen. Dazu kamen noch die Nonnenpensionen, die noch weiterhin Kosten verursachten. 1806 kam das Gebiet an Württemberg. 1864 wurde das Konventsgebäude bis auf den Ostflügel abgerissen, der noch heute als Pfarrhaus und Forstamt dient. Erhalten geblieben ist auch die ehemalige Torwache.

Das Kloster war ein wichtiger Arbeit und- Auftraggeber für die Handwerker. Mit der Aufhebung des Klosters fiel er weg. Gutenzell verfiel zunächst mal in bittere Armut,

ein Problem, das eine ganze einstmals blühende Klosterlandschaft betraf.

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08 Juli 2011

Kloster Amorbach

 

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Im Otterbachtal bei Amorbach entsprang eine Quelle, der schon in römischer Zeit Heilkraft nachgesagt wurde. Schon die Römer sollen hier einen Altar zu Ehren der dort wohnenden Quellnymphe errichtet haben. Es zählte durchaus zur “Strategie der iro-schottischen Mönche, die kurz nach 700 in den Südwesten des damaligen Germaniens zur Mission gekommen sind, heidnische Kultstätten um zu widmen. So soll der fränkische Gaugraf Ruthard 714 Pirmin und seine Gefährten gerufen haben, um den Odenwald zu christianisieren. Sie sollen auch ins Otterbachtal gekommen sein und sich an der Quelle niedergelassen haben und dort eine hölzerne Kirche gebaut haben. 734 wurde dann das Kloster Marienmünster gebaut und die Kirche angeblich von Bonifatius geweiht. Der erste Abt soll Amor gewesen sein und über 20 Jahre dort  regiert haben. Daher leitet sich auch der Name Amorbach ab. Andere leiten den Namen aber auch von “amarbach” her, was auf den Wasserreichtum der Gegend hinweist aber auch vom lateinischen amara=Sumpf abgeleitet sein könnte.

Aber weder Pirmin noch Amor sind für die Gründung Amorbachs historisch belegt und Pirmin war wohl in der fraglichen Zeit an anderen Orten. Auf jeden Fall hatte das Kloster eine interessante Lage an der Kreuzung eines alten Fernwegs gelegen, der vom Mainknie bei Miltenberg an den Necker nach Wimpfen führte und der Straße von Worms durch den Odenwald nach Würzburg. Es passte sicher in den Ausbauplan  der Karolinger, aber dass die vier um den Odenwald liegenden Klöster Fulda, Lorsch, Mosbach und Amorbach von der Zentralgewalt praktisch den Auftrag hatten, das unbesiedelte Waldgebiet zu erschließen lässt sich aus den Urkunden nicht erschließen. Für Lorsch (772) und Fulda (774) ist die Erhebung zur Reichsabtei urkundlich belegt, für Amorbach und Mosbach nicht. Auch erhalten Lorsch und Fulda

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großzügige Schenkungen von den Karolingern und viele Privilegien. Für die beiden kleineren Abteien ist nichts derartiges belegt.  Aus der Zeit der Karolinger gibt es nur zwei Urkunden die Amorbach betreffen, die eine ist eine Urkunde von 788, in der Karl der Große der Kirche von Würzburg Schenkungen seines Vaters für die Kirche Würzburg bestätigt. Das aber ist genau die Urkunde, mit denen das Bistum gegenüber Otto III. seine Ansprüche auf Amorbach “dokumentiert”. Die andere ist eine Schenkung Ludwig des Deutschen aus dem Jahr 849. Doch auch diese wird nicht als echt angesehen. Amorbach soll auch wegen seiner Rolle als Reichskloster stark in die Sachsenmission einbezogen gewesen sein. So stellte es die ersten 6 Bischöfe des um 800 gegründeten Bistums Verden an der Aller. Allerdings ist erst Haruch bis 808 Abt in Amorbach “echt” nachgewiesen. Der erste Verdener Bischof war Suitbert, ein Angelsachse und von 767-775 Abt in Amorbach. Er soll 786 von Karl dem Großen als Bischof nach Ostfalen entsandt worden sein. Die angeblich von Karl dem Großen am 29. Juni 786 ausgestellte Urkunde ist aber, wie man weiß, eine Fälschung aus dem 12. Jahrhundert, um mit der Konstruktion einer falsche Frühgeschichte des Bistums Verden von Hermann von Verden, um Ansprüche des Erzbistums Bremen abzuwehren.

Zwischen 915 und bis zur Schlacht auf dem Lechfeld 955 und dem Sieg Ottos des Großen über die Ungarn fallen diese immer wieder sengend und mordend im südlichen Teil des Reiches ein. Auch Amorbach wird zwei Mal geplündert und niedergebrannt. Viele Mönche werden ermordet. Der Maler Oswald Onghers hat “Die Ermordung der Mönche des Klosters Amorbachs durch die Hunnen” 1662 gemalt. Die Urkunden gehen verloren, vielleicht ein Grund, für die urkundenlose Zeit Amorbachs unter den Karolingern.

Die erste Urkunde für Amorbach ist 996 ausgestellt. Mit dieser Urkunde verleiht Otto dem Kloster die Immunität. Am 4. April 999 stellt Otto III. für das Bischof Würzburg auf Bitten des verstorbenen Bischofs Bernward (990-995) eine Urkunde aus, mit der er die Abteien Neustadt am Main, Schwarzach, Amorbach, Murrhardt und Schlüchtern dem Bistum Würzburg unterstellt, weil sie diesem ungerecht entzogen worden seien. Allerdings ist da Otto einer Fälschung aufgesessen.

Unter Erzbischof Brun von Köln (925-965) wurde 951 im Kloster Lorsch der ordo Gorziensis eingeführt.  Die Klöster von Fulda, Corvey, St. Gallen, St. Martin in Köln und Amorbach sind von dort aus reformiert worden. Die Gorzer Reformbewung unterschied sich stark von der von Cluny. Gorze plädierte für ein Reichsmönchtum unter weltlicher Herrschaft. Amorbach wird bis 1000 im Sinne Gorzes reformiert. Heinrich II.(1002-1024) war ein Schüler des Reformanhängers Erzbischof Adalbert von Magdeburg (910-981). Er förderte auch die Reformbewegung in den Klöstern des deutschen Reiches. 1013 setzte er in Fulda den Abt Brantho II., obwohl rechtmäßig gewählt kurzerhand ab und ersetzte ihn durch den Lorscher Reformabt, der dann in Fulda und Lorsch in Personalunion Abt war. Als dieser 1018 starb brachte er den Amorbacher Reformabt Richard ins Spiel, der dann auch gewählt wurde und von 1018-1039 ebenfalls in Personalunion Abt von Fulda und Amorbach war.

Schenkungen vom Kloster Lorsch um 1000 hängen wohl mit der Reformierung Amorbachs zusammen.

1015 gründete Heinrich II. das Kloster Michelsberg in Bamberg. Die ersten Mönche kamen aus Amorbach und Fulda.

Am 15. April 1016 verleiht Heinrich II. in Bamberg dem “ in der Wildnis des Odenwalds gelegenen  Abtei Amorbach” auf Bitten des Bischofs Heinrich von Würzburg die Immunität, das ist die Befreiung kirchlicher Personen oder Gütern von weltlichen Diensten oder Abgaben, aber auch die Zugriffsbeschränkung weltlichen Rechts auf kirchliche Besitztümer oder Orte.

Im Oktober 1016 verleiht er dem Kloster Prüm unter Abt Urold Immunität und Königsschutz. Das geschieht auf Bitten mehrerer Bischöfe und Auch Abt Richards von Amorbach.

Aus dieser Zeit stammt der Watterbacher Tragaltar, eine Goldschmiedearbeit aus dem frühen 11. Jahrhundert. Sie wurde möglicherweise für das Kloster Amorbach

401px-Watterbacher_Tragaltar_c1020geschaffen und ist heute im Bayrischen Nationalmuseum zu bewundern.

Nachfolger Abt Richards wird Abt Ezzelin. Er konnte durch Kauf des “Mudauer Odenwalds den Amorbacher Grundbesitz vergrößern. Gekauft hat er ihn um 1050 wohl von den Herren von Lohrbach. Die Benediktiner von Amorbach legten hier Rodungssiedlungen an, aus denen die Ortschaften um Mudau herum ihren Ursprung fanden. 1271 gelangten die Herrschaftsrechte durch Kauf von den Herren von Dürn an das Erzstift Mainz. Mudau bildete den Mittelpunkt der “Mudauer Zehnt”.Nach 1100 fand auch die Hirsauer Reformbewegung Anhänger im Kloster Amorbach, was noch heute die Westtürme der Abtei bezeugen. Die doppeltürmige Westfassade war Merkmal des Hirsauer Baustils.

1168 bestätigt Friedrich I. dem Bischof Herold von Würzburg die hohe Gerichtsbarkeit und untersagt gleichzeitig den Wiederaufbau der Burg Frankenberg,weil von da aus der Frieden in der gesamten Provinz ins besondere der Abtei Amorbach zerstört worden sei. Man kann annehmen, dass damit auch ein Vogteiwechsel für die Abtei erfolgt ist. Die Herren von Dürn werden zwar expressis verbis 1246 in dieser Funktion bezeugt. Es ist aber wahrscheinlich, dass sie schon zu Barbarossas Zeiten Vogteirechte über die Abtei ausübten. Rupert von Dürn war ein treuer Gefolgsmann Friedrichs I. und nahm an sechs Italienzügen des Kaisers teil. Er war bei der Krönung Barabarossas als König des Arelats sowie Heinrichs zum König  von Sizilien teil Außerdem fungierte bei ungefähr 140 Herrscherurkunden als Zeuge. Die Staufer hatten Interesse an diesem Raum und übten über Edelfreie wie die Herren von Dürn indirekte Herrschaft aus. Ihren Verwaltungssitz hatten sie in Walldürn. 1253 erhob Konrad von Dürn den Klosterort Amorbach zur Stadt. Die Familie der Dürn erlebte unter Konrad den Höhepunkt ihrer Macht, aber es setzte auch schon der Niedergang ein. Konradstarb 1253 danach wurde die Herrschaft unter die drei Söhne geteilt. Der Wildenberger Zweig unter Ulrich verkaufte 1271 Wildenberg samt umliegenden Dörfern an das Erzstift Mainz, 1272 die Stadt Amorbach den Zehnt und die Vogteirechte über das Kloster. Damit nahm das Stift im Odenwald den Platz der Dürn ein. Das Erzstift war der weltliche Herr geworden. Die kirchliche Herrschaft verblieb beim Bistum Würzburg.

Von 1373 bis 1397 war Friedrich Feyser Amorbacher Abt. Er ließ 1395 das Amorbacher Urbar anlegen, ein Güter-und Rechtsverzeichnis der Abtei.Wie viele andere Klöster hatte Amorbach um 1400 mit dem Rückgang der Klosterdisziplin zu kämpfen. Abt Dietrich von Kunnich (1406-1428) öffnete das Kloster auch für Nichtadelige, ein Rezept das auch in Rot, Steingaden und Reichenau gewirkt hatte.

Der Neffe Dietrichs, Heinrich von Kunnich (1428-1456) erreichte wie wirtschaftliche Gesundung der Abtei. 1448 wurde die Klostermühle und das Backhaus neu gebaut.

Das Kloster war nun in 19 Dörfern Vogteiherr und bezog Einkünfte aus 100 Ortschaften.

Dann kam allerdings das Jahr 1525 mit dem großen Bauernkrieg. Die Klöster waren als Zehntherren der Bauern natürlich besonders im Visier der Bauern.

kolwitzbauer22Der Odenwälder Haufe kam im April in die Nähe von Burg Hornberg. Der Bauernführer Wendelin Hipler nahmen Götz von Berlichingen als Hauptmann für 4 Wochen auf. Der Helle Haufe zog auf seinem Zug von Buchen vors Kloster Amorbach. Die Bauern forderten nun von Abt und Konvent Kleinodien, goldene und silberne Kirchengefäße und Bargeld. Dann wurde das Kloster geplündert. Es sollte auch gebrandschatzt werden. Dagegen wandte sich der Rat von Amorbach, weil das Kloster zu nah an den Häusern liege. Das Kloster wurde daraufhin nicht in Brand gesteckt sondern zerstört. Nur die Zinsbücher des Klosters gingen in Flammen auf. Götz von Berlichingen wird sich auf dem Reichstag von Speyer persönlich gegenüber Georg Truchsess von Waldburg rechtfertigen und erklären, das Niederbrennen von Wildenberg, die Plünderung Amorbachs und die Verwüstung von Miltenberg sei alles gegen seien Willen geschehen. Er habe sich dem Bauernhaufen nur angeschlossen, um schlimmeres zu verhindern. Das Kloster erholte sich relativ bald von Raub und Plünderung.

Die Reformation konnte sich in Amorbach nicht durchsetzen

1547 musste Amorbach  unter dem  dem Markgrafenkrieg leiden. Sehr viel schlimmer traf es aber Kloster und Umgebung im Dreißigjährigen Krieg. 1631 nahm Gustav Adolf Amorbach ein. Er setzte einen von Gemmingen als Präfekten ein. Das Kloster aber schenkte er mit allen Gütern dem Grafen von Erbach. Das Kloster wurde aufgehoben. Nach der verlorenen Schlacht von Nördlingen 1634. Die Schweden und der Graf von Erbach wurden von den Kaiserlichen vertrieben. Kaiser Ferdinand restituierte das Kloster wieder. Der Krieg war noch lange nicht zu Ende. 1643 zogen hessische Soldaten durch. Im April 1645 kamen die Schweden nochmals zurück. Im Juni 1645 nahm die bayrische Armee ihr Hauptquartier in Amorbach. 1648 rückten Franzosen ein. Die Pest und der Krieg hatten den Odenwald fast entvölkert. Die wirtschaftlichen Grundlagen waren weggebrochen.

Es lebten  nur noch 11 Mönche im Kloster.

Zwar war 1648 der Westfälische Friede geschlossen worden.  Aber 1674 überschritten französische Truppen den Rhein unter Marschall Turenne, eroberten die Pfalz und verwüsteten sie. Amorbach entging wieder einmal nur knapp einer Brandschatzung. Erst nach diesen Kriegswirren erholte sich die Abtei wieder.

1656 war Amorbach im Zuge von Gebietsbereinigungen weltlich und auch kirchlich an Mainz gekommen. Der Mainzer Erzbischof Johann Philipp von Schönborn (1605-1673) schränkte die Rechte Amorbachs zugunsten der fürstbischöflichen Gewalt ein. Er war übrigens einer der ersten Reichsfürsten, von Friedrich von Spee nachhaltig beeinflusst, der die Abhaltung Hexenprozessen auf seinem Territorium verbieten ließ.

330px-Kloster_Amorbach_17351660 wurde ein Gebäudetrakt mit Abtswohnung, Kellerei und Gästehaus gebaut.

Unter Abt Cölestin Mann, der von 1674-1713 regierte, lebten wieder 41 Mönche im Kloster. Unter Abt Engelbert Kirnbacher, der von 1728-1753 regierte wurde 1734 groß die Tausendjahrfeier begangen. Die Abteikirche wurde von 1742-1747 barock umgestaltet. 1778-1803 regierte mit Benedikt Külsheimer der letzte Abt des Klosters. Noch in seiner Amtszeit bekam Amorbach 1782 die seinerzeit größte Orgel der Welt, erbaut von den Gebrüdern Stumm aus dem Hunsrück.1783.1786 entstand noch ein neuer Konventsbau im amorbacher Zopfstil. Eine neue Bibliothek und ein Festsaal (Grüner Saal)wurden gebaut

Mit der Säkularisation 1803 endeten über 1000 Jahre Abteigeschichte. 24
Mönche mussten das Kloster verlassen.

Das Kloster fiel an die Fürsten von Leiningen. Der ehemalige Klostergarten wurde von Friedrich Ludwig Sckell zu einem Landschaftsgarten im englischen Stil umgestaltet, dem sogenannten Seegarten. Von ihm stammen auch die Englischen Gärten in Eulbach und München.

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01 Juli 2011