Klöster der Heiligen Hildegard von Bingen

 

8687a14610c08564 Drei Klöster spielten im Leben der Heiligen Hildegard von Bingen eine Rolle. Das erste ist Kloster Disibodenberg (siehe Klöster in Rheinland-Pfalz), dann Kloster Rupertsberg, das sie gegründet hat und in das sie mit ihren Schwestern gezogen ist und dann Sankt Hildegard in Rüdesheim, das 1904 oberhalb von Eibingen als Wiederbelegung des von Hildegard in Eibingen gegründeten und 1803 im Zuge der Säkularisation aufgehobenen Klosters bezogen wurde.

Zum Leben dieser Heiligen, die heute wieder total “in” ist, wie man neudeutsch so schön sagt. 2008 drehte Margarethe von Trotta den Film “Vision” mit Barbara Sukowa in der Hauptrolle und 1998 wurde im Mainzer Dommuseum die Jubiläumsausstellung zu ihrem 900. Geburtstag gezeigt.

Hildegardmedizin, Hildegardkochbücher usw. haben Konjunktur.

Hildegard wird 1098 geboren, der genaue Tag ist nicht bekannt. Sie stammt aus der Familie von Bermersheim. Als Geburtsort wird Bermersheim heute wieder in Frage gestellt. Ihre Eltern Hildeberd und Mechthild von Bermersheim stammten aus einem edelfreien Geschlecht und gehörten dem rheinfränkischen Hochadel an. Urkunden und Güterverzeichnisse belegen umfangreichen Grundbesitz der Familie in der Umgebung von Bermersheim. Man kann als sicher annehmen, dass Hildegard die ersten 8 Lebensjahre auf dem Herrenhof der Eltern verbracht hat. Sie ist das zehnte Kind. Von 9 sind 7 ihrer Geschwister aus Urkunden namentlich bekannt. Drutwin ist der älteste. Er übernimmt das elterliche Gut. Die Brüder Hugo und Rorich gehören dem geistlichen Stand an. Hugo hat in Mainz das Amt des Domkantors inne. Er ist einer der drei höchsten Würdenträger im Bistum. Als solcher fungiert er auch als Erzieher an der Domschule.

067dd98f0f8b7194Viele Schüler Hugos steigen zu bedeutenden Positionen im Reich auf. So wird  Radulf von Zähringen Erzbischof von Lüttich und hat engste Beziehungen zu Friedrich Barbarossa. Hildegard hat auch im Altar noch engen Kontakt mit ihrem Bruder Hugo. Nach 1175 übernimmt er zeitweilig die Seelsorge an ihrem Kloster.

Ihr Bruder Rorich tritt als Kanonikus in das Kloster Tholey an der Saar ein, dem frühesten Kloster auf deutschen Boden. Er ist in das älteste Totenbuch des Klosters Rupertsberg eingetragen.Von Hildegards Schwestern Irmengard, Odilia und Jutta, deren Namen in Schenkungsurkunden eingetragen sind, ist nichts weiter überliefert. Eine weitere Schwester, Clementia wird zu einem nicht bekannten Zeitpunkt Nonne in dem von Hildegard gegründeten Kloster auf dem Rupertsberg. Vier der zehn Kinder derer von Bechtersheim führen ein geistliches Leben, erhalten eine geistige Bildung. Die illustre Herkunft ist Voraussetzung für Hildegards Lebensgeschichte. Hildegard bleibt sich zeitlebens ihres hochadeligen Standes und ihrer Herkunft bewusst. Auffallend ist, dass zahlreiche Verwandte und Bekannte der Familie hohe geistliche und weltliche Ämter bekleiden. Hildegards Neffe Arnold ist von 1169-1184 Erzbischof in Trier, einer der höchsten Kirchenfürsten des Reiches. Arnolds Bruder Wezelin ist Propst von St. Andreas in Köln. Die Erhebung in derartige Führungspositionen bestätigt die Bedeutung der Familie. Auch Hildegard nutzt ihre verwandtschaftlichen Bindungen zu den Einflussreichen in Reich und Kirche.

Als Hildegard geboren wird ist Urban II. Papst (1088-1099) Er hatte zu den Kreuzzügen aufgerufen und 1099 wird Jerusalem eingenommen. Der Salier Heinrich IV. (1050-1106) war Kaiser. Er und der Papst liegen im Investiturstreit. Es geht um die Einsetzung von Bischöfen und Äbten und damit zugleich um die politische Macht im Abendland. 1098 gründet Robert von Molesme im burgundischen Citeaux den Orden der Zisterzienser. Eine neue Blütezeit der Frömmigkeit bricht an.

Schon zu Hildegards Lebzeiten wird ihre Lebensbeschreibung begonnen, in drei Bücher gegliedert in Form einer Heiligenlegende. Das erste Buch verfasst der Disibodenberger Mönch Gottfried. Dieser war von 1174-1176 Probst des Klosters Rupertsberg und Hildegards Sekretär. Nach Gottfrieds und Hildegards Tod erhält der Mönch Dietrich von Echternach den Auftrag, die Vita fertigzustellen. Gottfried schilderte Hildegards Lebensweg von ihrer Geburt bis zu ihrer Übersiedlung auf den Rupertsberg. Er würdigt ihre visionäre Begabung. Dietrich schildert unter Verwendung autobiographischer Aufzeichnungen Hildegards und den Materialen ihres Sekretärs Wibert von Gembloux die Visionen Hildegards, im dritten Buch die von ihr gewirkten Wunder. Beide Biographen, dass sie von Geburt an schwächlich war und ständig von Krankheiten geplagt.

1106, so die Vita, beschließen Hildebert und Mechthild ihr zehntes Kind – gleichsam als Zehnten- Gott zu weihen. Ein günstiger Umstand erleichtert ihnen diese Entscheidung. Jutta von Sponheim ist 1092 geboren. Sie ist die Tochter des begüterten Grafen Stephan und Sophias von Sponheim, einer hochadligen Familie mit Sitz auf der an der Nahe gelegen Burg Sponheim in der Nähe von Bad Kreuznach. Sie hat sich kurz zuvor entschlossen, ihr Leben in völliger Abgeschiedenheit zu verbringen. Sie will eine Frauenklause beziehen, die dem Mönchskloster Disibodenberg angebaut ist. Am 1. November 1106 ziehen Jutta, Hildegard und eine dritte Gefährtin in die Klause ein. Im Gegensatz zur Hildegard-Vita nennt die 1137 verfasste und 1192 veröffentlichte Jutta-Vita das Jahr 1112 für den Einzug. Das Datum ist etwas plausibler, da der Disibodenberg erst 1108 wieder besiedelt wird. Wo sich Jutta und Hildegard von 1106-1112 aufhalten ist auch durch neueste Forschungsergebnisse nicht zweifelsfrei zu klären. Bei der Tagesangabe stimmen die Quellen aber überein. An Allerheiligen hat der feierliche Einzug stattgefunden.

220px-Kloster_Disibodenberg_03Die Eltern entrichten eine angemessene Mitgift an das Benediktinerkloster . Im Jahr ihres Eintritts legen die drei Frauen die monastischen Gelübde ab.

Der Bamberger Bischof Otto (um 1060-1139), aus schwäbischem Adel stammend auch bekannt als “Apostel der Pommern” und 1189 heiliggesprochen, gibt ihnen den Ordensschleier.

Otto_der_HeiligeDas gemeinsame Einschließen in der Klause und die Profess erregen das Aufsehen und große Anteilnahme von Seiten des Konvents aber auch von der Bevölkerung des Umkreises.

Jutta ist für die geistige und religiöse Erziehung der jungen Hildegard verantwortlich. Spätestens mit dem Eintritt in die Klause wird sie nach der Regel des Heiligen Benedikts für das klösterliche Leben herangebildet. In ihrer Unterweisung in das vielschichtige benediktinische Bildungsgut wird Jutta von dem Disibodenberger Mönch Volmar unterstützt. Hildegard lernt lesen und schreiben.

Sie übt die Psalmen und den Gesang des täglichen Stundengebets in lateinischer Sprache ein. Wie in der Frauenbildung der damaligen zeit üblich erhält Hildegard aber keine formale Unterweisung in den “Sieben Freien Künsten”, also Grammatik, Dialektik und Rhetorik, dazu Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Musik. Sie bezeichnet sich selbst als “indocta” also ungelehrt, ihr eigenes literarisches Werk zeigt jedoch, dass sie umfassende Kenntnisse der Heiligen Schrift, der Texte der Kirchenväter und der weltlichen Wissenschaften hat. Aus den ersten beiden Jahrzehnten nach ihrer Profess gibt es keine nennenswerte Aufzeichnungen über ihr Leben. Die Vita berichtet nur über den tugendhaften Lebenswandel der jungen Nonne und auch, dass sie häufig schwer erkrankte.

Ora et labora! Ihr Tag verlief wie im benediktinischen Alltag üblich. Der Lebensrhythmus war geprägt durch den Wechsel von Gebet, Arbeit, Studium und geistliche Lesungen. Acht Stunden Schlaf, drei bis vier Stunden Gebet, acht Sunden manuelle Arbeit. Sieben Mal am Tag versammelten sich die Schwestern zum gemeinsamen Stundengebet. Der beengte Raum und die konzentrierte Lebensweise sorgen dafür, dass ihre außergewöhnlichen Wahrnehmungen ihren Mitschwestern nicht verborgen bleiben.

Am 22. Dezember 1136 stirbt Jutta von Sponheim. Für Hildegard ist das der Beginn eines neuen Lebensabschnittes. Ihre Mitschwestern wählen sie zur neuen Meisterin. Das mag einmal mit ihrer hohen sozialen Herkunft zusammenhängen, ist aber sicher auch ihrer spirituellen Reife und ihre wachsender Fähigkeit, zu führen zu verdanken. Der Ruf der neuen Meisterin dringt nach draußen. Immer mehr adlige Frauen ersuchen um Einlass in der Klause. Die Frauengemeinschaft am Disibodenberg wächst.

Das prägende und auch zukunftsbestimmende Ereignis im Leben der Heiligen Hildegard geschieht 1141. Nach ihren eigenen Aussagen erhält sie von Gott den Auftrag, ihre Visionen schriftlich festzuhalten. Sie zögert den Auftrag auszuführen. Angst vor der eigenen Unfähigkeit, aber auch Angst vor dem Gerede der Menschen lässt sie zaudern. Sie wird krank und bettlägerig. Nach wiederholten Aufforderungen beginnt sie die Herausforderung anzunehmen. Sie beginnt zu schreiben – und wird gesund.

82px-Hildegard Der Mönch Volmar ist von 1141 bis 1173, ihrem Tod, ihr Berater, Sekretär und “symmysta”, Mitwisser ihrer Geheimnisse. Er unterstützt sie beim Formulieren der lateinischen Texte und beim Übertragen der Schriften auf Pergament. Eine weitere Gehilfin und Sekretärin ist die gebildete Nonne Richardis von Stade, zu der sie ein besonders inniges Verhältnis hat. Diese ist 1125 als Tochter der Markgräfin Richardis geboren, die Hildegard bei ihrer Klostergründung auf dem Rupertsberg nach Kräften unterstützt. Allerdings wird sie 1151 das Kloster Rupertsberg verlassen, da der Bruder von Richardis Hartwig Erzbischof von Bremen geworden war und seine Schwester auf dem Äbtissinenstuhl von Bassum sehen. Gegen den Willen Hildegards nimmt Richardis das Angebot an. Hildegard wollte Richardis nicht ziehen lassen, selbst an den Papst wandte sie sich. Richardis stirbt aber plötzlich 1152. Zurück ins Jahr 1141. Von 1141-1151 verfasst Hildegard ihre erste theologisch-kosmologische Visionsschrift “Scivias” eine Abkürzung die für scivias domini steht, Wisse die Wege des Herrn. Es ist eine Glaubenslehre, die sich an der Dogmatik der Zeit orientiert. Sie befasst sich mit den drei Hauptpunkten der Heilsgeschichte – Schöpfung, Erlösung, Ende der Zeiten. Es ist ein Werk in drei Teile gegliedert, das in 26 Visionen das ganze Schöpfungs-und Erlösungswerk darstellt. Die Mönche müssen von der Abfassung gewusst haben, denn Volmars Unterstützung bei der Niederschrift setzt das Einverständnis des Klosterabts voraus. Hildegard ist bei der Abfassung immer noch von Zweifeln geplagt. In einem Brief wendet sie sich an Bernhard von Clairvaux (1091-1153) den einflussreichen Zisterzienserabt. Sie erhofft sich die Bestätigung ihrer Sehergabe und ihres

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prophetischen Auftrages. Das Antwortschreiben Bernhards ist respektvoll aber auch mahnend gehalten. Es löst noch nicht ihre Zweifel. Ein Jahr später findet in Trier eine Synode statt. Unter dem Vorsitz des Zisterzienserpapstes Eugen III. (1145-1153) versammeln sich Geistliche aus allen Teilen Europas. Auch Bernhard von Clairvaux nimmt teil. Der Mainzer Erzbischof Heinrich I. informiert auf Bitten des Disibodener Abtes Kuno die Anwesenden über die Visionen Hildegards. Eine Untersuchungskommission wird auf den Disibodenberg geschickt, um Hildegards Sehergabe zu prüfen. Sie kehrt mit positiven Ergebnissen Zurück. Hildegard ist päpstlich legitimiert. Sie ist von ihren Selbstzweifeln befreit, sieht sich bestärkt in der Fortsetzung ihres Werkes. Sie ist vor dem Vorwurf der Häresie geschützt.

Das Kloster, der Ort an dem Hildegard zur Seherin heranreifte, erhält 1148 eine päpstliche Schutzurkunde ausgestellt. Ein stetig wachsender Strom von Ratsuchenden pilgert zum Disibodenberg und sichert dem Kloster eine kontinuierliche Einnahmequelle. Und die Frauenklause erhält Zuwachs von begüterten Aspirantinnen aus dem Adel.

Hildegard aber will den Disibodenberg verlassen. Die stetig anwachsende Frauengemeinschaft braucht mehr Raum. Aber sicher war auch das Streben nach Unabhängigkeit ein wichtiger Beweggrund für Hildegard.  Nur, Abt Kuno, der Abt vom Disibodenberg, dessen Befehlsgewalt die Benediktinerinnen in der Klause unterstellt sind, will die Frau natürlich nicht ziehen lassen. Sie ist gerade vom Papst als Prophetin anerkannt worden. Kuno will weder auf den neugewonnen Ruhm Hildegards, noch auf die damit verbundenen  Spenden und Schenkungen der Pilger und Ratsuchenden verzichten, genauso wenig auf die Einkünfte aus der Mitgift der Nonnen. Aber auch viele Schwestern sind nicht begeistert und zögern. Der von Hildegard ins Auge gefasste Ort ist ein unbesiedelter Hügel an der Mündung der Nahe in den Rhein bei Bingen. Ein Wegzug von fruchtbaren Feldern und Weinbergen und einer lieblichen Gegend in ein wasserloses Gebiet, so Hildegards eigene Worte, wirkte nicht gerade ermutigend. Wie zeitlebens bei großen Entscheidungen und widrigen Umständen erkrankt Hildegard. Während Hildegard paralysiert im Bett liegt, verwendet sich die Markgräfin von Stade, die Mutter von Hildegards Mitschwester Richardis beim Mainzer Erzbischof Heinrich. Sie hat Erfolg. Der Erzbischof befürwortet die Neugründung und fördert sie durch Schenkungen.

Nun muss auch Abt Kuno Hildegard ziehen lassen. Sie wird von weltlichen Gönnern finanziell unterstützt und so kann sie das Gelände auf dem Rupertsberg kaufen.

Erste Rodungs-und Bauarbeiten beginnen.

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Die Umsiedlung erfolgt zwischen 1147 und 1151. In Hildegards Vita wird berichtet, dass dieser Platz Hildegard in einer Schau gezeigt worden sei. Hier treffen die wichtigsten Wasser-und Landwege aufeinander, die die drei Bischofsstädte Köln, Mainz und Trier verbindet. Der Rupertsberg liegt auch ganz in der Nähe der Zentren der damaligen weltlichen macht, aus geographischen Gesichtspunkten also eine gute Wahl. Im frühen Mittelalter hatte an dieser Stelle der Heilige Rupertus gewohnt. Dort sind auch die Reliquien des Heiligen und seiner Mutter Berta aufbewahrt. Die Gründungszeit verläuft turbulent. Die ersten Jahre sind von Armut und Entbehrung geprägt. Konflikte und Auseinandersetzungen bleiben nicht aus.  Einige Nonnen verlassen den Konvent. Aber Hildegard kann ihren Scivias beenden. In diese Gründerjahre fällt auch die Trennung von Richardis.

Am 1. Mai 1152 weiht der Mainzer Erzbischof die neue Klosterkirche auf dem Rupertsberg.

Die Konflikte sind aber noch nicht zu Ende. Die Disibodenberger Mönche weigern sich auch nach der Übersiedlung auf den Rupertsberg die beim Eintritt der Nonnen in die Klause gemachten Schenkungen und die Erträge daraus an die Schwesterngemeinschaft auszuhändigen. Zudem soll auch noch Volmar, der Sekretär Hildegards und Propst der Nonnengemeinschaft dieser entzogen werden soll, reitet Hildegard auf den Disibodenberg. Dort kommt es zu einer harten Auseinandersetzung mit dem Abt und den Mönchen. Kurz danach, 1155, stirbt Abt Kuno. Mit Abt Kunos Nachfolger Helenger gibt es weitere Verhandlungen zur Klärung der güterrechtlichen und geistlichen Beziehungen. Aber Hildegard erkämpft die Herausgabe aller Güter und am Ende auch die vollkommene Unabhängigkeit ihres Klosters. Den Nonnen wird freie Äbtissinenwahl zugesichert und sie sind auch in der Wahl des Propstes frei, den der Disibodenberg stellen muss.. Hildegard vermeidet auch die Einsetzung eines weltlichen Vogtes erfolgreich.

Auf dem Rupertsberg zeigt sich auch Hildegards musikalische Produktivität. Der erste Beleg stammt aus dem Jahr 1148.

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Ab diesem Zeitpunkt bis zu ihrem Tod beschäftigt sie sich mit Gesängen auf der Basis hochmittelalterlicher Gregorianik. Sie schreibt auch ein Singspiel “Ordo virtutum” (Spiel der Kräfte), das den ewigen Kampf zwischen Gut und Böse thematisiert. In der neuen Abtei auf dem Rupertsberg kommt das Werk zur Uraufführung. In den fünfziger Jahren arbeitet sie auch an der Abfassung ihrer natur- und heilkundlichen Schriften. Die “Physika”, das ist Hildegards Naturkunde gliedert sich in neun Bücher. Sie beschreibt darin die Schutz-und Heilkräfte von Pflanzen, Tieren, Metallen, Edelsteinen und Elementen. Dies wurzelt auf eigenen Beobachtungen der einheimischen Tier und Pflanzenwelt. Man kann keine bestimmten Quellen nachweisen aber Vergleichbares findet sich auch bei Plinius, Isidor von Sevilla, Galen und Soranus. Ihre Natur-und Heilkunde wurzelt in einem ganzheitlichen Weltbild. Sie stehen innerhalb ihrer visionären Kosmologie. Hildegard hat auch eine “unbekannte Sprache”, die lingua ignota” erfunden. Diese gibt heute noch Rätsel auf.

Nach den harten Anfangsjahren stabilisiert sich der Konvent. Schenkungen und Vermächtnisse gewährleisten einen stetig wachsenden Wohlstand. Es gibt positive, geradezu euphorische Schilderungen des Klosterlebens auf dem Rupertsberg wie der Bericht von Wibert von Gembloux aber auch durchaus kritische Stimmen wie die der Tengswich von Andernach, Meisterin eines Kanonissenstifts in Andernach, die in einem Schreiben an Hildegardkritisiert, dass am Rupertsberg nur Adlige aufgenommen werden oder auch “ dass eure Nonnen an Festtagen beim Psalmengesang mit herabwallendem Haar im Chor stehen und als Schmuck leuchtendweiße Kleider tragen…” Hildegard antwortet schroff, verteidigt das Adelsprivileg und begründet den Rupertsberger Brauch sich an Festtagen mit Seide und Gold zu schmücken mit der besonderen Stellung der geweihten Jungfrau.

Hildegard führt auch ausgedehnte Korrespondenz mit Klerikern und Laien, Adligen und Nichtadligen. Über 300 Briefe sind aus dem Zeitraum zwischen 1146 und 1179 überliefert. Ihre Korrespondenzpartner sind der Konstanzer Bischof Hermann von Arbon (1138-1165). Der Brief an Bernhard von Clairvaux ist oben erwähnt. Dann gab es einen Briefwechsel mit Friedrich Barbarossa mit 5 erhaltenen Briefen, 4 von Hildegard einen von Kaiser Friedrich. Die drei rheinischen Erzbischöfe von Köln, Mainz und Trier schätzten ihren Rat. Es gab auch Austausch mit Äbten, Pröpsten, Äbtissinnen. Zwischen dem Benediktinerkloster in Zwiefalten und Hildegard ist ein reger Briefwechsel dokumentiert und auf ihrer letzten Reise 1170/1171 besucht sie das oberschwäbische Kloster selbst.

Ihre dritte und letzte Visionsschrift, das “Liber divinorum Operum” entstand zwischen 1165 und 1174. Kurz vor Fertigstellung stirbt Volmar. Sein Tod erschüttert die Äbtissin sehr, wie sie schreibt “ da durchbohrte Traurigkeit mir Seele und Leib, weil ich dieses Mannes beraubt, eine Waise war auf dieser Welt”

Im letzten Lebensjahr hatte Hildegard einen erbitterten Konflikt mit der Mainzer Kirchenverwaltung. Die Äbtissin lässt einen  exkommunizierter, jedoch kurz vor dem Tod vom Kirchenbann befreiten Edelmann auf dem Klosterfriedhof beerdigen. Trotz Androhung des Interdikts, also das Verbot des Gottesdienstes und des Empfangs der Heiligen Sakramente verweigert Hildegard die Exhumierung. Sie wendet sich direkt an den Mainzer Erzbischof Christian von Buch . Nach eingehender Untersuchung des Sachverhalts wird das Interdikt aufgehoben, Hildegard aber zurechtgewiesen. Kurz nach dieser Auseinandersetzung stirbt Hildegard im Alter von 81 Jahren am 17. September 1179 in ihrem Kloster auf dem Rupertsberg. Ihr Leichnam wird im 13. Jahrhundert unterhalb des Altarraums der Abteikirche umgebettet. 1489 wird der Sarg geöffnet. Über den Zustand der sterblichen Überreste ist nichts bekannt. Im Dreißigjährigen Krieg gelangt ein Teil der Gebeine nach Köln. Die restlichen Reliquien verbleiben auf de Rupertsberg und überstehen die Zerstörung der klosteranlage 1632. Aufzeichnungen aus dem Jahre 1660 bezeugen die Überführung ins Eibinger Kloster. Das Kloster wird 1802 aufgehoben.Hildegards Reliquien werden zum Teil verschenkt gelangen aber meist nach der Neukonsekrierung der Eibinger Klosterkirche 1831 nach Eibingen zurück.

 

                                  Das Kloster Rupertsberg

220px-Kloster_RupertsbergAm 1. Mai 1152 weiht der Mainzer Erzbischof Heinrich die Rupertsberger Klosterkirche. Eine dreischiffige Kirche, 30 m lang mit zwei breiten Türmen. In der Kirche war eine gewölbeartige Gruft in der die Reliquien des Klosterheiligen Rupertus und seiner Mutter Berta aufbewahrt wurden. Eine Urkunde des Mainzer Erzbischofs bezeugt die Weihe. In einer am 22. Mai 1158 ausgestellten Urkunde bestätigt der Mainzer Erzbischof Arnold von Seelenhofen (1153-1160) dem Konvent all seine Besitzungen.  Den Nonnen wird die freie Äbtissinnenwahl und die freie Wahl des Propstes zugesichert, den das Kloster Disibodenberg stellen muss.

Auf Bitten Hildegards nimmt Kaiser Friedrich am 18. Mai 1163 das Kloster in seinen Schutz und er bestätigt die Urkunde von Erzbischof Arnold. Er verbietet doe Einsetzung eines Vogtes und befreit es von allen Abgaben. Als zeugen fungieren die Erzbischöfe Konrad von Mainz, Wichmann von Magdeburg und Eberhard von Salzburg, weiter 5 Bischöfe und verschiedene weltliche Große.

Schon mit dem Tod der Gründerin verliert das Kloster einen Teil seine Bedeutung.

Die Nachbarschadt zwischen Bingen und dem Kloster war konfliktreich. Eine spirituelle Rolle hat das Kloster aber nicht mehr spielen können. Es war eine “Versorgungsanstalt für die Töchter des Adels mit benediktinischen Elementen. Anna Lerch von Dirmstein war die letzte Äbtissin Rupertsbergs.Sie musste 1642 ihr Amt niederlegen.

1632 wurde das Kloster Rupertsberg  von den Schweden in Brand gesetzt und zerstört. Es wurde nie mehr aufgebaut. 5 Arkadenbögen der Klosterkirche sind noch erhalten und heute Teil des Ausstellungshauses der Firma Würth.

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                                     Kloster Sankt Hildegard in Eibingen

 

1148 gründete die Adlige Marka von Rüdesheim ein Augustinerkloster. Aber schon 17 Jahre späte wurde es von den Truppen Friedrichs verwüstet. Hildegard lässt die Anlage wieder aufbauen. Geplant ist Raum für 30 Nonnen. Sie pendelt zwischen Rupertsberg und Eibingen und betreut beide Klöster bis zu ihrem Tod. In Eibingen werden auch Nichtadelige oder weniger begüterte Frauen aufgenommen. Am 22. April 1219 nimmt Papst Honorius III. (Papst von 1216-1227)das Kloster Eibingen in seinen Schutz.

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Das Aufsichtsrecht über Eibingen hatten die Rupertsberger Äbtissinnen, was in einer Urkunde vom28. November 1268 geregelt war. Im 14. und 15. Jahrhundert erlebte das Kloster eine Blütezeit. Die Eibinger Äbtissinnen nannten sich zunächst Meisterin. Am längsten in Amt und Würden war Benigma von Algesheim. Sie stand 44 Jahre dem Kloster vor, von 1373-1417 und damit länger als Hildegard. Politische Spannungen im Umfeld wie z.B. zwischen Kurmainz und Pfalz wirkten sich auch auf das Kloster aus. Unter Erzbischof Jakob von Liebenstein (1504-1508) erfolgte eine Klosterreform. Der Mainzer Erzbischof war in seinem Bistum nachdrücklich um eine Klosterreform bemüht. 1506 wurde er in die Bursfelder Kongregation aufgenommen. In Eibingen aber war die Entwicklung trotz Reform rückläufig.1575 lebten in Eibingen nur noch drei Schwestern. Auf Anweisung des Mainzer Erzbischofs Daniel Brendel von Homburg (1555-1582) siedelten diese in das nahegelegene Zisterzienserinnenkloster Marienhausen über. Sie machten so Platz für die Augustinerinnen von St. Peter bei Kreuznach, die vor der Reformation flüchteten. Die Rupertsberger Nonnen erreichten aber dir urkundlich verbürgte Rückgabe des Kloster Eibingen und seiner Besitzungen. Dies hatte Äbtissin Cunigundis  Freiin von Dehrn nach langwierigen unterreden erreicht. Seit 1603  war der Titel Äbtissin von Rupertsberg und Eibingen üblich. Nach der Zerstörung von Kloster Rupertsberg durch die Schweden 1632 kamen die Rupertberger Nonnen 1636 über Köln nach Eibingen. Aber auch dort herrschten natürlich bedingt durch die Kriegswirren Not und Entbehrung. Die junge Äbtissin Magdalena Ursula von Sickingen schaffte wieder einen Neubeginn. Das monastisch Leben erblühte wieder und auch die wirtschaftliche Lage besserte sich so, dass auch größere Bauvorhaben wieder möglich wurden. Äbtissin Magdalen starb allerdings im Sommer 1666 im Alter von 52 an der Pest.

Von 1681-1683 wurden  Kirche und Westflügel der Abtei betreut von dem Architekten Giovanni Angelo Barello von Grund auf restauriert. 1737 wurde der Ostflügel abgebroch und nach Plänen des Mainzer Architekten Johann Valentin Thoman neu errichtet.. Zwischen 746 und 1752 entstanden der Südflügel und die Scheune. Von 1780 bis 1788 war Maria Hildegard von Rodenhausen Äbtissin. Der Einfluss der neuen Geisteströmung,  der Aufklärung verstärkte sich. Der Mainzer Erzbischof Kurfürst Friedrich Karl Joseph von Erthal (1774-1802) wollte aus Kloster Eibingen ein weltliches Damenstift machen. Das löste bei den Nonnen heftigen Widerspruch aus. 1789 wurde das Klosterarchiv vorsorglich nach Alzey gebracht. Dort verblieb es bis 1798. Der Verlust der linksrheinischen Güter beeinträchtigte die Wirtschaftliche Lage des Klosters erheblich.

1802 wurde das Kloster mit der Säkularisation aufgehoben. Auf Beschluss der nassauischen Regierung wurde es 1814 geräumt. Der Ostflügel wurde zum Zeughaus, die Kirche zum Waffenlager. West-und Südflügel wurden abgerissen. 1837 kaufte die Gemeinde Eibingen das Anwesen. Die ehemalige Klosterkirche wurde nun zur Pfarrkirche, das Patrozinium der Dorfkirche Johannes der Täufer übernommen.

1857 konnte Pfarrer Ludwig Schneider die Echtheit der Hildegard-Reliquien  nachweisen.

Der Limburger Bischof  Peter Josef Blum (1842-1883) und während des Kulturkampfes von 1876-1833 seines Bischofsitzes enthoben, regte an, ein neue Kloster zu gründen, welches das alte in  Eibingen wiederbeleben  und zugleich auf das von den Schweden im Dreißigjährigen Krieg zerstörte Kloster Rupertsberg zurückgreifen sollte. Fürst Karl zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg, bei dem der vertriebene Bischof Zuflucht gefunden hatte, nahm den Gedanken begeistert auf.

Auf diese Weise konnte er das säkularisierte Kirchengut, das seiner Familie 1803 zugefallen war, zurückerstatten. Seine älteste Tochter Benedicta, die Nonne in der Abtei St. Cécile in Solesmes in Frankreich war, sollte die erste Äbtissin des wiederzugründenden Kloster werden. Sie starb allerdings unerwartet am 2. Juli 1896 im Alter von nur 36 Jahren. Trotz des Todes wurde der Plan weiterverfolgt. Am 2. Juli 1900 legte Erzabt Placidus Wolter aus Beuron den Grundstein. In vier Jahren war der Bau fertiggestellt. 12 Benediktinerinnen aus der Abtei St. Gabriel in Prag zogen ein. Das ist das erste Frauenkloster der Beuroner Kongregation. Am Einzugstag, 17. September 1904, wurde es zur vollgültigen Abtei erhoben und mit allen Rechten und Privilegien des ehemaligen Klosters der Heiligen Hildegard ausgestattet. Das Kloster ist exemt und wurde direkt dem Heiligen Stuhl in Rom unterstellt. Der Limburger Bischof Dominikus Willi weihte die Kirche, die von P.Paulus Krebs und seinen Schülern ausgestaltet wurde am 7. September 1908. Die bisherige Priorin Regintrudis Sauter (1908-1955) wurde zur Äbtissin und 36. Nachfolgerin der Heiligen Hildegard geweiht. Das Kloster wurde unter den besonderen Schutz der Heiligen Hildegard gestellt. Den ersten Weltkrieg und die Inflation überstand das Kloster relativ glimpflich. Unter den Nationalsozialisten vertrieb die Gestapo am 41. Jahrestag der Grundsteinlegung 115 Nonnen. Der Klosterbesitz wurde enteignet. Nachdem amerikanische Truppen im März 1945 einmarschiert waren, wurde der Klosterbesitz rückerstattet. In einem Teil des Klosters fanden durch die Bombardierung von Rüdesheim obdachlos geworden Bürger sowie Flüchtlinge aus den Ostgebieten für 10 Jahre Unterkunft.

Am 2. Juli 1945 wurde das klösterliche Leben unter der mittlerweile 80-jährigen Äbtissin Regintrudis Sauter wieder aufgenommen. Mit 90 legte sie 1947, nach 47 Amtsjahren ihr Amt nieder. Ihr folgte Fortunata Fischer nach.

Das Kloster betreibt einen Klosterladen, ein Weingut und Kunstwerkstätten.

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