Prämonstratenserabtei Obermarchtal

600px-Oberamt_Ehingen_Kloster_Obermarchtal

Die Besiedlung Obermarchtals lässt sich schon bis in keltische Zeit belegen. Auf der heutigen Gemarkung von Obermarchtal war eine trapezförmige keltische Viereckschanze und 95 hallstattzeitliche Grabhügel. Die Funde werden auf 2600 v. Ch. datiert.

Die schwäbische Familie der Ahalolfinger war an den Oberläufen von Neckar und Donau ansässig. Vor 776 stiftete Ahalolf zusammen mit seiner Frau Hildiberga ein Petrus-Kloster, das dessen Nachfahren der Abtei Sankt Gallen übertrugen. Das monastische Leben konnte sich allerdings nicht entfalten, wohl weil Verwandte der Ahalolfinger das Kloster bedrängt hatten. 993 bestand das Kloster als Kanonikerstift, das Herzog Hermann II und seine Frau Gerbera den Aposteln Petrus und Paulus gewidmet hatten. Doch auch dieses Stift konnte sich nicht erhalten. Nach dem Tod Hermann II. kam es auf dem Erbweg wieder an weltliche Personen. 1173 hatte Pfalzgraf Hugo von Tübingen Besitz in Marchtal. Während seiner Gefangenschaft, in der er von Herzog Welf gehalten wurde, gelobte er für den Fall seiner Befreiung die Stiftung eines Klosters. Das weltliche Chorherrenstift wurde auch auf Betreiben von Hugos Frau Elisabeth von Bregenz reformiert und der Neuaufbau den Prämonstratensern übertragen, die ihre erste Abtei in Süddeutschland in Ursberg errichtet hatten. Die Besiedlung des Klosters Obermarchtal erfolgte über die Abtei Rot. Erster Probst war Eberhard von Wolfegg. Die Stiftungsurkunde wurde 1171 in Tübingen gefertigt. Papst Cölestin bestätigte die Stiftung 1192 und Kaiser Heinrich VI. 1193. In dem Doppelkloster lebten 1204 20 Chorherren, 40 Chorfrauen und 20 Konversen. Für die Prämonstratenserinnen wurde  1214 eine Kirche, die der heiligen Katharina geweiht war, errichtet. Die Schutzvogtei lag anfangs bei den Tübinger Pfalzgrafen. Bald aber machte sich die Abtei davon frei und stellte sich unter den Schutz des Reiches und Österreichs. 1273 wurde ein Aufnahmeverbot für Nonnen erlassen, was zur Folge hatte, dass der Frauenkonvent ausstarb.

1440 wurde Marchtal zur Abtei erhoben. 1518 verlieh Maximilian der Abtei die Hochgerichtsbarkeit, was der letzte Schritt zur Reichsunmittelbarkeit war. Das Kloster hatte immer wieder unter den Auseinandersetzungen der Grafen von Württemberg und den Reichsstädten zu leiden. 1343 wurde Dorf und Kloster  von Graf Eberhard überfallen, angezündet und geplündert. 1449 überfiel es der Graf von Leiningen, der Verbündete Herzog Ulrichs im Kampf gegen die Städte und beschädigte das Kloster schwer. 1520 brannte ein Großteil des Dorfes ab. Durch den Bauernkrieg kam das Kloster unter Abt Heinrich Stölzle (1518-1538) relativ unbeschadet.

Ab 1609 hatte der Abt, das Recht, die Mitra zu tragen.

Schwer hatte sie aber im Dreißigjährigen Krieg zu leiden. 1632 zerstörten die Schweden Dorf und Kloster. Karl Gustav  schenkte das Kloster seinem General, dem Grafen von Hohenlohe, der es säkularisierte. Nach der Schlacht von Nördlingen 1634 musste der Graf zwar wieder weichen, aber erst mit dem Westfälischen Frieden 1648 war der vorherige Stand wiederhergestellt. Allerdings war das Kloster im Krieg so verarmt, dass es sogar seine Glocken verkaufen musste. Allmählich erholte sich das Kloster und konnte sein Territorium wieder erweitern. Trotzdem gab es 1692 und 1694 nochmals Hungersnöte bedingt durch Missernten und Hagelschlag.

1701 aber konnte die neue, heutige frühbarocke Kirche geweiht werden.

index1 index3

Im 17. Jahrhundert hatte die Abtei das von Jesuiten geprägte Bildungswesen übernommen. Eine Lateinschule ist seit den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts nachzuweisen. Nach 1650 gab es eine Schule, an der Schulgeld zahlende Knaben unterrichtet wurden. In der Reichsabtei gab es noch sehr späte Hexenprozesse, nämlich von 1745-1757, denen noch sieben Frauen zum Opfer fielen.index5

Ein berühmter Chorherr in Marchtal war Sebastian Sailer, 1714 in Weißenhorn geboren und schon als Schüler ins Kloster eingetreten. Er war ein bekannter schwäbischer Dialektdichter. Aus seiner Feder stammt die “Schwäbische Schöpfung” aber auch die “Sieben Schwaben”. Er zählte zum Kreis um den “Schwäbischen Musenhof” in Warthausen im Schloss des Grafen von Stadion. Auch als Prediger war er gefragt. Er hat zum Beispiel  gepredigt, als Marie-Antoinette auf ihrem Weg von Wien nach Frankreich in Marchtal Station machte. An der Klosterschule war er als Lehrer unter anderem für Kirchenrecht tätig. Dann versah er noch seinen Dienst als Pfarrer in Seekirch. Nach seinem Tod 1777 wurde er in der Klostergruft beigesetzt.
Obermarchtal nach der Säkularisation
Der Reichsdeputationshauptschluss von 1802 wies die Abtei den Fürsten von Thurn und Taxis zu. 
Die Familie Thurn und Taxis betrieb seit dem 16. Jahrhundert die Beförderung der kaiserlichen Kurierpost im Heiligen Römischen Reich.
Im Zuge der französischen Revolution verlor die Familie zunächst die Post in flandern und Brabant. Bei den Auseinandersetzungen der nachrevolutionären Kriege, die in Oberschwaben auch als die „Räuber und Franzosenzeit in die Geschichte eingegangen ist, (das berührt auch einige meiner Blogbeiträge) werden auch die schwäbischen Besitzungen der Thurn und Taxis, das sind zu der Zeit die Herrschaften Scheer, Dürmentingen und Bussen in Mitleidenschaft gezogen.
I,m Frieden von Lunéville (9. Februar 1801) wurde die Abtretung der linksrheinischen Gebiete, die Frankreich seit 1794 besetzt hielt, festgeschrieben.
Der Reichsdeputationshauptschluss vom 25. Februar 1803 war ein Entschädigungsplan für die deutschen Fürsten, die ihre Gebiete verloren hatten. Mit einem Federstrich wurde die Existenz praktisch aller süddeutschen Klöster beendet. Der Familie Thurn und Taxis wurde das Damenstift Buchau und die Abteien Neresheim und Marchtal zugesprochen. Fürst Karl Anselm von Thurn und Taxis (1733-1805) konnte sich jetzt Fürst von Buchau, Marchtal und Neresheim nennen. Kleine Anmerkung dazu. Seine erste Ehefrau hatte mehrere Mordversuche unternommen. Von einer Anzeige sah er ab, verbannte sie allerdings zunächst nach Schloss Trugenhofen bei Dichingen und späzer nach Hornberg, wo sie 1787 starb. Nach dem Reichsdeputationshauptschluss hatte es alle Fürsten sehr eilig, ihre neuen Besitzungen zu übernhemen. In Marchtal erschien am 4. Oktober 1802 in Vertretung des verhinderten Fürsten Karl Anselm Graf Alexander Ferdinand von Westerholt (1763-1827) seit 1813 Geheimer Rat in Dienste von Thurn und Taxis. Damit dollte vermieden werden, dass Bayern, Baden oder Württember der Regensburger Fürstenfamilie zuvorkommt. Graf Alexander Ferdinand nahm im August 1803 auch die Erbhuldigung für den verhinderten Fürsten entgegen. Der letzte Obermarchtaler Abt Friedrich II. von Walter und sein Konvent
traten alle Rechte und Einkünfte an die Fürsten von Thurn und Taxis ab.Die verbliebenen 41 Mönche mussten bis zum 31. März 1803 das Kloster geräumt haben. Als Abfindung erhielten sie Pensionen. Die Zivilbesitznahme, die als konstitutiv galt, hatte Hofrat Franz Anton von Dollé (1760-1829), der Zivilgerichtsrat in Regensburg war,
vorgenommen.
Das Haus Thurn und Taxis richtetet in dem Klostergebäude die Verwaltungszentrale für die neuen oberschwäbischen Besitzungen ein. Das Klostr wurde zum Schloss umgewandelt. Am 30. März 1804 zog Fürst Karl Anselm feierlich ins Schloss ein. In Obermarchtal wurde ein Oberamt, ein Rentammt und ein Patrimonialamt eingerichtet.
Das Oberamt war für die Verwaltung, das Rentamt für die Finanzen und das Parimonialamt für die Justiz (Gericht und Notariat) zuständig.
Fürst Karl Anselm verstarb 1805 bei Regensburg. Auf ihn f9olgte Karl Alexander bis 1827 und als sechster Fürst von Thurn und Taxis Maximilian Carl von 1827 bis 1871.
Auf Initiative von Napoleon wurde 1806 der Rheinbund gegründet. Als Folge davon wurden die meisten Fürsten mediatisiert, das heißt sie bekamen einen Landesherren. Sie galten nun als „Standesherren“. Sie hatten ihre unmittelbaren Herrschaftsrechte verloren, galten aber den herrschenden Dynastien als ebenbürtig. Die Standesherren hatten daran aber zu kauen oder wie deer Fürst von Zeil das drastisch formulierte „Lieber Sautreiber in der Türkei als Standesürst in Württemberg“ Das Haus Thurn und Taxis verlor nun 1806 die Souveränität über die oberschwäbischen Besizungen. Sie kamen unter württembergische Staatshoheit.
In Obermarchtal wurde um 1830 eine Pflichtfeuerwehr eingeführt. 1846 wird der thurn und taxische Bezirksamtmann Löchner erwähnt. Er hält dieses Amt bis 1860 inne. Im Juli diesen Jahres wird er pensioniert. 1847 wird in Obermarchtal durch Pfarrer Schefold eine Sparkasse gegründet „zur Förderung der Sparsamkeit und Hebung des Kredits“ Während der 48-er Revolution warist Löchner r in Erscheinigung getreten. Er hatte während dieser unruhigen Zeiten täglich einen Kurier nach Ehingen geschickt um Depeschen aus Regensburg zu erhalten. 1848 gibt er den Aufruf zur Huldigung bekannt.
1973 erwarb die Diözese Rottenburg-Stuttgart die ehemaligen Konventsgebäude. Heute ist dort die Kirchliche Akademie für Lehrerfortbildung untergebracht.

Pröpste und Äbte Obermarchtals

  • Eberhard v. Wolfegg 1171-1179
  • Ulrich I 1179-1187
  • Gerlach 1187
  • Manegold 1191-1204
  • Meinrad 1204-1208
  • Heinrich I v. Suppingen 1208-1309
  • Walter I Westernach 1209-1214
  • Rudiger 1214-1217
  • Rudolf v. Ertingen 1217-1229
  • Walter II v. Schmalstetten 1229-1243
  • Theodor v. Wittenhausen 1243-1251
  • Friedrich I 1251-1252
  • Heinrich II v. Munderkingen 1252-1266
  • Konrad I v. Taugendorf 1266-1273
  • Werner I 1274-1281
  • Engelher 1281-1282
  • Berthold I 1282-1292
  • Heinrich III v. Datthausen 1292-1299
  • Burchard I 1299-1304
  • Siffridus 1304-1308
  • Werner II 1308-1310
  • Konrad II Volk 1310-1312
  • Burkard II Steiner 1312-1322
  • Konrad III 1322-1329
  • Harmann Hutter 1329-33
  • Heinrich IV Walk 1333-1340
  • Eberhard II Griff 1340-1344
  • Konrad IV Gager 1344-1348
  • Konrad V von Roth 1348-1367
  • Berthold II 1368-1377
  • Ludwig 1377-1399
  • Stephan Wocherer 1399-1401
  • Jakob I Kupferschmid 1401-1409
  • Jakob II Klingler 1409-1425
  • Albert Pfluger 1425-1436
  • Heinrich V. Mörstetter 1436-1461

ABBATES:

  • Jodocus Blanck 1461-1482
  • Simon Götz 1482-1514
  • Johann I Haberkalt 1514-1518
  • Heinrich VI Stölzle 1518-1538
  • Johann II Gudin 1538-1550, res.
  • Christoph I Bonner 1550-1559
  • Christoph II Schenz 1559-1571, res.
  • Conrad V Frey 1571-1591
  • Johann III Riedgasser 1591-1600
  • Jakob III Heß 1600-1614
  • Johann IV Engler 1614-1637
  • Konrad VI Kneer 1637-1660
  • Gottfried Dorner 1660-1661
  • Nikolaus Wierieth 1661-1691
  • Adalbert Rieger 1691-1705
  • Friedrich II Herlin 1705-1711
  • Edmund I Dilber 1711-1719
  • Ulrich II Blanck 1719-1746
  • Edmund II Sartor 1746-1768
  • Ignatius Stein 1768-1772
  • Paulus Schmid 1772-1796
  • Bernhard Kempter 1796-1802
  • Friedrich III Walter 1802-1803

Kommentare (2)

  1. S.Terry

    Vielen Dank für diese detaillierte Beschreibung.
    Könnten Sie mir sagen welcher fürstliche Beamter (zu Diensten Maximilian Karl T und T) im Schloss Obermarchtal tätig war ungefähr im Jahre 1846? Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir Näheres über dieses Kloster, das um 1802 in ein Schloss umgewandelt wurde – was das Jahr 1846 anbetrifft.
    Im voraus vielen Dank.

    Antworten
    1. Franz-Karl (Beitrag Autor)

      Hallo Frau Terry,
      ich werds versuchen, muss mich allerdings erst selbst schlau machen. Das kann ein bisschen dauern.
      Ich melde mich, sobald ich mehr weiß
      Gruß
      F.-K.Gnant

      Antworten

Schreibe einen Kommentar zu S.Terry Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.