Kloster Kemnade
Autor: Franz-Karl | Kategorie: Klöster in Niedersachsen
Kloster Kemnade wurde um 960 von zwei Töchtern des Billungergrafen Wichmann dem Jüngeren († 22. September 967) als Kanonissenstift gegründet.Es iiegt an der Weser und ist heute Ortsteil von Bodenwerder, dem Dorf aus dem der “Lügenbaron” Freiherr Hieronymus Carl Friedrich von Münchhausen
stammt.Sein Grab ist in der Klosterkirche von Kemnade.
Namengebend war der beheizbare Teil des Frauengemachs. Auch der Name des Dorfes leitet sich davon ab.
Nach dem Zeugnis des Annalista Saxo (a. 967) wurde von Otto dem Großen das Erbe Wichmanns des Jüngeren an Kemnade und Lüneburg überwiesen. Daher wird in der Forschung die Meinung vertreten, bei Friderun und ihrer Schwester Imma handle es sich um Töchter des Wichmann des Älteren ohne dass es direkte Quellenbelege hierfür gibt.
König Heinrich II. (1004-1024 stellte )am 2. November 1004 zwei Urkunden aus, in denen er bekundet, dass die Äbtissin Frederuna und ihre Schwester Imma mit Hilfe des Grafen Gero das Kloster Kemnade gegründet haben. In dieser Urkunde wird der umfangreiche Besitz aufgeführt, den die
beiden dem Kloster Kemnade geschenkt haben.
Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen C 001u / Fürstabtei Corvey / Urkunden, Nr. 37
In einer zweiten Urkunde auch vom 2.11. wird vor allem auf Rechtsgrundlagen des Klosters eingegangen. Zum einen steht die Inschutznahme durch den König, dann auch die Exemtion des Gerichts und vor allem die freie Wahl der Äbtissin.
Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen
W 701 / Urkundenselekt, Nr. KU 64
Kloster Kemnade hatte mit der Schenkung umfangreichen Grundbesitz nämlich Dölme, Grave Hehlen, Heyen, Hohe, Linse, Halle, Lüerdissen, Rühle, Forst, Börry, Tündern, Ohr Esperde. Latferde, Grohnde, Hajen, Pegestorf und Bodenwerde bekommen.
Kaiser Otto II.(973-983) hatte der Schenkung zugestimmt.
Friederuna verstarb 1025.
Auch König Heinrich III. (1039-1056) bestätigte 1039 das Kloster und die Schenkung. Heinrich III. – [RIplus] Regg. Heinrich III. n. 7
Die Weihe der Klosterkirche fand am 15. Juli 1046 durch den Mindener Bischof Bruno von Waldeck (1037-1055) statt.
Unter Äbtissin Judith erfuhr das Kloster einen Niedergang. Sie war die Schwester von Siegfried IV. von Boyneburg (um 1095- 1144). Dieser war Vogt von Kloster Corvey und hat dem Konvent von Corvey seinen Bruder Heinrich als Abt aufgezwungen.
Es war wohl auch dem Einfluss Siegfrieds zu verdanken, dass sie Äbtissin von Kemnade wurde. Abt Heinrich wurde 1146 in Corvey wegen Unfähigkeit abgesetzt und durch Abt Wibalds von Stablo (1146-1158), ersetzt.
In seiner Briefsammlung schreibt dieser auch über Judith. Sie führte ein ausschweifendes Leben und verteilte die Güter des Klosters an ihre Getreuen und Liebhaber. Wie ihr Bruder wurde sie 1146 abgesetzt.
In einer am 19. März 1147 bezeichnete König Konrad Kemnade als “ einen gemeinsamen Sündenpfuhl für alle des Weges Ziehenden” ( Hans Pfeifer, Kloster Kemnade und seine Kirche in Zeitschridft für Bauwesen, Bd. 49, 1899 S.351)
Sie wurde durch den päpstlichen Legaten Kardinalpriester Thomas von S. Vitale(1145-1146) am 15. Juli 1146 abgesetzt und durch Klostervogt Dieter von Richlingen aus Kemnade vertrieben.Dieser hoffte, dass er seine Tochter, die ebenfalls Judith hieß, auf den Abtsstuhl von Kemnade bringen konnte .
Der Konvent wählte aber die bisherige Pröpstin Helmbugis zur Äbtissin. Dies wies aber die Wahl zurück. Dann wurde Judith von Eberstein gewählt.
Der päpstliche Legat befahl dem Bischof von Minden Heinrich I. ( 1140-1153), Judith aus Kemnade zu vertreiben
Dieter von Richlingen verärgert über die Nichtberückschtigung seiner Tochter wandte sich wieder Judith zu, der vertriebenen Äbtissin von Kemnade , um diese mit Gewalt in Beitz von Kemnade zu bringen.
Die neugewählte Äbtissin, die Pröpstin Helmburgis und die Dechantin mussten m das Schloss Lohra fliehen
Ende Januar 1147 unterstellte König Konrad das Kloster Kemnade dem Abt Wibald von Stablo und Corvey mit dem Auftrag zu dessen Reform.Konrad III. – RI IV,1,2 n. *433
Kemnade sollte wieder ein Männerkloster werden Kloster Corvey setzte einen von Corvey abhängigen Propst in Kemnade ein.
Da man durchaus Ursache hatte, die vertrieben Judith und ihren Anhang zu fürchten, wurde der Klosterschatz nach Corvey gebracht.
Judith erhob Einspruch gegen die Einsetzung der Mönche.
Der frühere Klostervogt Dieter von Richlingen zog mit bewaffneter Macht vor Kloster Kemnade, um es wieder in die Hände Judiths zu bringen.
Auch die nach Lohra geflüchtete Äbtissin legte gegen die Neuordnung des Konvents Widerspruch ein.Zwar war Dieter von Richlingen von bewaffneten Kräften aus Corvey zurück gedrängt worden.
Judith konnte mit Unterstützung ihrer Günstlinge Kloster Kemnade einnehmen. Der Propst wurde kurzerhand in die Weser geworfen.
Konrad befahl dem Herzog von Sachsen , dem Unwesen in Kloster Kemnade eine Ende zu bereiten und Dieter von Richlingen und seien Söhne zur Rechenschaft zu ziehen.
Papst Eugen III. (1145-1153) befahl dem Bischof von Minden Heinrich I.(1140-1153), der auch zu den Unterstützern Judihs zählte, diese mit kirchlichem Bann zu belegen, falls sie nicht innerhalb von 30 Tagen das Kloster zurückgab. Auch die Bischöfe
Bremen Adalbero (1124-1148) und Verden Dietmar II (1116-1148) wurden aufgefordert, Abt Wibald bei der Wiedererlangung der verschleuderten Klostergüter behilflich zu sein.
Judtih wurde wohl Äbtissin von Geseke im Kreis Soest wo sie zwischen 1145 und 1147 nachzuweisen ist.
1149 fanden größere Instandsetzungsarbeiten in der Klosterkirche statt.Die Neuweihe der Kirche verzögerte sich aber, weil der Mindener Bischof sich hartnäckig weigerte, die Kirche zu weihen.
Erst als sich Papst Eugen III. einschaltete, nahm der Bischof die Weihe vor.
Das Klosterleben in Kemnade kam aber nicht in Gang. 1168 zog Kloster Corvey die Mönche wieder aus Kemnade ab.
Das Kloster stand nun bis 1194 leer.Dann erst wurde es wieder besiedelt und zwar mit Nonnen aus Kloster aus dem Kloster Gehrden
Dem Konvent stanfd eine Priorin vor. Das Kloster blieb unter der Aufsicht des Abtes von Corvey.
Erste Priorin war eine Judith oder Jutta.
Das Kloster hatte das Patronatsrecht an der örtlichen Pfarrkirche St. Dionysius . Das war die Kirche für die Dorfbevölkerung,die zur Klosterkirche keinen Zutritt hatte.
Das Kloster nahm das Pfarrecht durch en Propst von Kemnade wahr.
1245 kam die St. Nikolaus-Kapelle in Bodenwerder (1245) und später die St. Gertrudskapelle in die Obhut des Klosters.
Eine enge Beziehung hatte Kloster Kemnade vor allem zu den Herren von Homburg.
Sie waren auf der Grundlage Corveyischer Lehen im 13. Jahrhundert Landesherren in Kemnade.
Diese enge Beziehung wirkte sich positiv auf Kloster Kemnade aus. Es war neben Kloster Amelungsborn das Hauskloster der Herren von Homburg.
Das Kloster konnte seinen Besitz ständig erweitern.
Besonder wichtig war der Besitz unmittelbar um Kemnade.
1354 belegte der Mindener Bischof Dietrich III. Kagelwit(1353 –1361 ) Kloster Kemnade mit einem Interdikt, weil es eine von ihm präsentierte Dame nicht in das Kloster aufnehmen wollte.
Abt Dietrich I. von Dalwigk (1336-13549) von Kloster Corvey wandte sich an den Kölner Erzbischof Wilhelm von Gennep (1349-1362) und erreichte die Rücknahme des Interdikts.
Das Verhältnis besserte sich aber. So gewährte der Mindener Bischof Wittekind II.(1369 –1383) all denen , die dem Kloster Kemnade und dem Bild des Kreuzes Zuwendungen machten, einen 40- tägigen Ablass.
Ein Beleg, dass die Einkünfte des Klosters zur Deckung seiner Ausgaben nicht mehr ausreichten.
Mit Heinrich VIII. von Homburg starb das Geschlecht der Edelherren von Homburg aus.
Schon vorher hatte er am 2. Februar 1407 einen seiner Lehenshöfe der Kirche zu Bodenwerder vermacht, um in Bodenwerder eine Kapelle zu errichten und einen Friedhof anzulegen.
Den Hof befreite er von aller weltlichen Gerichtsgewalt und stellte ihn unter geistliches Recht.
Der Einfluß der Grafen von Pyrmont auf das Kloster nahm zu.
Gebetsverbprderungen mit dem Stift Fischbeck und dem Zisterzienserkloster Walkenried wurde abgeschlossen.
Das Kloster verarmte aber merklich.
1460 verkauften die Priorin Antonia und ihr Konvent den Lenekmapmit Hof, um die Lichter für den Johannes-Altar zu beschaffen.
Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen F 008u / Kloster Kemnade / Urkunden, Nr. 109
Das Kloster war bettelarm geworden.
1504 trat Kloster Kemnade der Bursfelder Kongregation bei.
1538 hatte Hermann von Malsberg Kloster Kemnade in Besitz genommen, nachdem der Propst, Domina und Nonnen vertrieben worden waren-
Domina müsste Anna von Nyhusen gewesen sein, Priorin Elisabeth Hake, denn dies stellten am 7.4.1539 eine Urkunde aus, in der es um eine Geldleihe von
150 rheinischen Gulden ging.
Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen F 008u / Kloster Kemnade / Urkunden, Nr. 126
Pattensenj, eine Kleinstadt bei Hannover , war der Versammlungsort vieler wichtiger Landtage. 1541 beschloss ein Landtag dort die Einführung der Reformation und die Aufhebung der im
Kalenbergischen befindlichen Klöster.
Der Konvent in Kemnade blieb aber zunächst bestehen. Er konnte sich zunächst einer protestantischen Visitation entziehen.
Die finanzielle Lage des Klosters blieb aber prekär. Es musste weiteren Besitz verkaufen.
Herzog Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel (1568-1589) erließ am 1. Januar 1569 eine neue Kirchenordnung für sein Land und begann die Reformation durch zu setzen.
1579 verkündete er die lutherische Reform von Kloster Kemnade. Er setzte den Ortspfarrer von Kemnade als neuen Propst ein und setzte lutherische Nonnen im Kloster ein.
Pfeifer setzt die Reform von Kloster bereits auf 1549 an. Da aber Julis von Braunschweig erst 1568 auf seinen katholischen Vater folgte, scheint mir die Reformation nach 1569 schlüssiger.
Der Abt von Kloster Corvey, das ja immer noch die Aufsicht über Kemnade hatte, das war Abt Reiner II. von Bocholtz (1555-1585), klagte beim Reichskammergericht gegen die Reformation von Kemnade.
Im Reichskammergericht liegt unter AR 1-A/520 Prozessakte eine Prozessakte vor.
Die Restitution des vertriebenen Prälaten und der Nonnen wurde angeordnet. Auch die Rückgabe von Kloster Kemnade an Kloster Corvey.
1584 wurde der lutherische Konvent aufgelöst. 1593 kam das Kloster wieder unter die Verwaltung Corveys. Dieses siedelte aber keine Klostergemeinschaft mehr in Kemnade an.
Corvey zog alles, was sich in Kemnade befand, ab –Messgewänder, Antependien,Kruzifixe und Leinwand.
Ein Herr von Ersleben wurde Propst in Kemnade.1620 entsagte er dem geistlichen Stand und heiratete und blieb Ritter in Kemnade. Dieses beanspruchte er für sich als Ausgleich für die für Kemnade ausgegebenen Gelder.
Herzog Friedrich Ulrich von Braunschweig(1613ö-1634) erkannte ihn als rechtmäßigen Gläubiger von Kemnade an.Natürlich beschwerte sich der Abt von Corvey Heinrich V. von Aschenbrock (1616-1624) sofort beim Reichskammergericht.Zwar wurde Herzog Friedrich Ulrich mit seinen Ansprüchen auf Kemnade zurückgewiesen, aber Ritter Christoph von Ersleben (1580-1646) blieb im Besitz von Kemnade. Er hatte sich 1633 in einem Vergleich mit Kloster Corvey geeinigt. Danach durfte er bis zu seinem Tod den Besitz behalten.
Der Besitz war auch Gegenstand bei den Verhandlungen zum Westfälischen Frieden. Nach seinem Tod blieb er als Pachtgut im Besitz seiner Witwe. Nach ihrem Tod 1656 fiel es an Braunschweig zurück, auch wenn Corvey diesen Besitz weiter beanspruchte.
Ritter Christoph und seine Frau wurden im Querhaus der Klosterkirche bestattet.
Das Grabgewölbe ging 1724 an die Familie von Münchhausen über.
Deswegen ist dort auch Hieronymus Carl Friedrich Freiherr von Münchhausen (1720-1797), der “Lügenbaron” bestattet.
1678 und 1697 kamen Rezesse zwischen Kloster Corvey und dem Hause Braunschweig zustande.
1699 bekam Abt Florenz von dem Felde (1696-1714) von Kaiser Leopold I (1658-1705) Kloster Kemnade als Lehen.
Der Abt setzte in Kemnade wieder Pröpste und Äbtissinen ein und auch Amtsleute. Kloster Kemnade erhielt seine alte Selbstständigkeit nicht wieder.
Das Haus Braunschweig gab seiene Ansprüche auf Kloster Kemnade nicht auf. Erst 1777 einigten sich Corvey unter Abt Johann Karl Theodor von Brabeck (1776-1792) und Herzog Karl I von Braunschweig-Bevern (Braunschweig Wolfenbüttel war im Jahr 1735 ausgestorben)
(1735-1780). Kloster Corvey erhielt den Amelungbornischen Hof in Höxter und den Zehnten von Beverungen und verzichtete dafür auf Kemnade.
Kloster Kemnade kam an die Domäne Wickensen, die dann den Unterhalt der Kirche erbringen musste und den Pfarrer zu besolden hatte.
Der Klosterhof wurde 1842 für 49.700 Taler an den Grafen von der Schulenburg verkauft.
Von Kloster Kemnade ist heute nur noch die romanische Pfeilerbasilika erhalten und es besteht noch ein ehemaliges Wirtschaftsgebäude des ehemaligen Konvents.
05 Mai 2025