Tägliches Archiv: 10. November 2018

Prämonstratenserabtei Weissenau

 

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Gebizo von Ravensburg, der sich selbst all Ministerial Herzogs Welf bezeichnet und Burgvogt auf Neuravensburg war, stiftet in der kleinen Hube Au in der Schusseniederung Au ein Kloster. Sein Vater war Hermann der Reiche und seine Schwester Luitgard. Das Kloster wurde auch Minderau genannt, zur Unterscheidung des Klosters in der Au bei Bregenz Mehrerau. Da die Prämonstratenser ein weißes Ordensgewand trugen, bürgerte sich bald der Name Weissenau ein. Der Stiftungskonvent kam aus Rot an der Rot. Das von einem Propst geleitet Stift war ein Doppelkloster. Zwar starb der Stifter schon 1153 als noch nicht die gesamte vorgesehene Ausstattung übertragen war. Er war bei Streitigkeiten der Marktleute auf dem Markt von Ravensburg von einem Bauern erstochen, als er schlichten wollte. Der 1. Propst war Hermann I.Unter ihm begann man 1156 mit dem Bau der Klosteranlage und am 12. September  1172 konnte die Kirche St. Maria und Peter vom Konstanzer Bischof Otto II. (1165-1174) geweiht werden.Der von Weisenau abhängige Frauenkonvent wurde in Maisental errichtet und blieb dort bis ins 14. Jahrhundert bestehen. Maisental entstand rund 500 m vom ursprünglichen Doppelkloster entfernt. Seine Kirche konnte früher fertig gestellt werden und wurde wurde am 7. November 1166 Maria und Nikolaus geweiht. Auch das Männerkloster entwickelte sich rasch. Am 1. November 1164 stellte Friedrich I. eine Urkunde für das Kloster aus. “ Kaiser Friedrich (I.) nimmt das Kloster Weißenau mit genannten Besitzungen in seinen unmittelbaren und ausschließlichen Schutz und verleiht demselben einige weitere ausgedrückte Begünstigungen.” (WUB Band II., Nr. 383, Seite 147-148)

Das Kloster wuchs rasch weiter und konnte schon 1183 den Gründungskonvent für Schussenried abgeben. Um 1200 zählte es 24 Chorherren und 60 Laienbrüder. Am 31. März 1219 stellte Papst Honorius III. (1216-1227) eine Urkunde für das Stift aus.

“Papst Honorius III. nimmt das Kloster Weißenau in seinen Schutz, bestätigt seine Einrichtungen und Besitzungen, darunter eine Reihe namentlich bezeichneter, und verleiht ihm verschiedene ausgedrückte Begünstigungen.”  (WUB 143 Band III., Nr. 614, Seite 77-80)Unter Besitzungen ist ein Weinberg und ein Haus in Überlingen angeführt. Ob das bereits ein Stadthof ist, lässt sich aus der Papsturkunde nicht ersehen. Die Papsturkunde von 1262 listet auch Häuser in Buchhorn und Lindau auf. In diesen drei Reichsstädten hatte Weissenau jeweils einen Stadthof über die das Kloster seine landwirtschaftlichen Überschüsse absetzte, die auf selbst bewirtschafteten Grangien erzielt wurden (WUB 52 Band VI., Nr. 1650, Seite 50-52).

Der Prämonstratenserorden war immer enger als andere Orden mit seiner jeweiligen Diözese verbunden, was auch mit seiner Eigenart als Priesterorden erklärt wird. Auch die Zugeständnisse an Bischöfe waren eine Eigenart der Prämonstratenser. In den Conseutudines, die 1236 zum wiederholten male revidiert wurden, wurden den Bischöfen große Rechte in den inneren Angelegenheiten des Ordens eingeräumt. Auch in Bezug auf die Filiationen war die Einflussnahme der Bischöfe sehr ausgeprägt.

Das zeigte sich zum Beispiel bei der Zuweisung von Rüti. 1230 erhielt es das Prämonstratenserstift Rüti am Zürcher See als Tochter zugewiesen. Rüti wurde vom Stift Churwalden getrennt und der Konstanze Bischof Konrad von Tegerfelden (1209-1233) wies es dem Kloster Weissenau als Tochter zu. Rüti war von Liutuld von Regensberg gestiftet worden. die Regensberger sind ein bedeutendes Schweizer Adelsgeschlecht und sie bedachten das Kloster mit großzügigen Spenden. Schon als es Weissenau zugewiesen wurde, war es ein sehr wohlhabendes Kloster.

1257 wurde Weissenau vom Generalkapitel zur Abtei erhoben, was auch auf die wirtschaftliche Stärke der bisherigen Propste schließen lässt. Heinrich I. wurde der erste Weissenauer Abt (1257-1266).Mitte des 13. Jahrhunderts war Weissenau eines der reichsten Klöster Schwabens geworden. Das Stift hatte als Mitgift eintretender Männer und Frauen zahlreiche Besitzungen erhalten.Der Wohlstand des Klosters lässt sich auch am Kreuzzugszehnten von 1275  ablesen. Demnach musste in Zehnt auf die Einnahmen nach Selbsteinschätzung gezahlt werden, das waren bei Weissenau 16 Mark Silber. Abgedruckt im Liber decimationis cleri Constanciensispto papa de anno 1275, Freiburger Diözesanarchiv, Bd 1-2 Freiburg 1865, S. 131.  Nach der Blüte in der Stauferzeit setzte mit dem Interregnum ein wirtschaftlicher Niedergang ein, verschärft durch Raub und Plünderungen und Zerstörungen. Der Mangel an Bargeld zwang ab 1266 das Kloster zum Verkauf zahlreicher Lehensgüter und der Aufgabe mehrerer Eigenbetriebe. Als mit Rudolf von Habsburg wieder ein König auftrat, wurde mit dem Eingreifen des Königs gegen den schwäbischen Adel der Talfahrt ein Ende gesetzt. 1283 schenkte Rudolf dem Stift eine Heilig Blut Reliquie, was die wirtschaftliche Lage weiter verbesserte. “schenkt (anno 1283) dem sehr verarmten Kloster Weissenau bei Ravensburg auf bitten des abtes pretiosissimum suum Argentinae acceptum thesaurum sanctissimum Christi Jesu cruorem in pulcro clinodio cum appensis annulis candidis candidissimis patriarchae Norberti” (RI VI, n.1757 a)Der Abt, der sich das Geschenk von Kaiser Rudolf erbat, war Heinrich von Ankenreute (1279-1284) Das Kloster wurde zum Wallfahrtsort. Es konnte einen Teil der verlorengegangenen Besitzungen zurückgewinnen, die alte Wirtschaftskraft aber nicht mehr erreichen, zumal der Rückgang der Laienbrüder das Kloster zur Verleihung der Gutshöfe an Bauern zwang.

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Die Verleihung war 1335 abgeschlossen. Die Eigenwirtschaft wurde bis 1803 nur in unmittelbarer Umgebung des Klosters beibehalten.Nun wurde auch in Weissenau ein neuer Schwerpunkt gesetzt, nämlich die Seelsorge. Damit vollzog Weissenau aber nur eine Entwicklung, in der sich der Prämonstartenserorden seit seinen Anfängen befand. Chorherren waren primär Geistliche. Sie empfingen geistliche Weihen, waren aber eben auch zum Dienst in der Gemeinde bestimmt. Sie lebten zwar in einer klösterlichen Gemeinschaft zusammen, wirkten aber in Offenheit zur gesamten Gemeinde und damit zur Welt hin.

1286 beauftragte Kaiser Rudolf “die brüder Ulrich und Marquard von Schellenberg, die güter welche das von ihm in schutz genommene kloster Weissenau in Isenbach und Manzell besitzt, vor gewaltthätigen angriffen zu schützen. “ RI VI, 1 N.2033)

Am 12. März 1373 kaufte das Kloster Weissenau den Kirchensatz in Ummendorf, Besitzungen in Rottum und Ehrensberg sowie den Burgstall in Ummendorf “mit all seiner Zugehördt” von Ulrich von Schellenberg für 2500 Pfund Heller. 1376 wurde die Pfarrei Ummendorf durch eine Bulle Papst Gregors XI.dem Kloster Weissenau inkorporiert. Das Kloster stockte nun seinen Besitz in Ummendorf auf und kaufte einen Hof um den anderen. Zuletzt erwarb es 1440 ebenfalls um für 2500 Pfund auch die Höfe und Güter der Herren von Essendorf. Jetzt ist praktisch ganz Ummendorf im Besitz von Weissenau.

1488 kam es im Klostergebiet von Weissenau zu ersten lokalen Unruhen.Ein Vertrag zwischen Abt Johannes (1483-1495)und Bauern wurde geschlossen. Es ging um die Rechtsform der Güter, um das Erbrecht der Bauern und ihre Verlassenschaft, das sind alle Rechte und Verbindlichkeiten des Verstorbenen,  die im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Erben übergehen und schließlich um die persönliche Rechtsstellung, also Leibeigenschaft. Die Vertragspartei der Bauern waren in Weissenau “des Gottshaus aigenen Leuthen, Mannen, Frawen, Knaben und Töchtern, allen gemainlich die denne unnß unndt unserem Gottshaus mit aigenschafft zugehören” (zitiert bei Peter Blickle, Grundherschaft und Agrarverfassungsvertrag, als pdf unter

https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/vuf/article/viewFile/16421/10268 Seite 245)

  In Weissenau wurde der einzige von 15 Verträgen zwischen Herrschaft und Bauernschaft ohne Vermittlung Dritter geschlossen. Der Vertrag zeigte, dass das Kloster im Zugzwang war. Die Städte waren durch die Bevölkerungsverluste durch die Pest für die Landbevölkerung attraktiv geworden und der Wegzug der Bauern war mit dem Verlust der wirtschaftlichen Grundlage der Herrschaft verbunden. Wegzugsverbot bzw. das Verbot der Unterstellung unter eine fremde Herrschaft ebenso wie die Bestrafung “ungenoßsamer Ehen” sollten das Problem für die Herrschaften mildern.

Am Vorabend des Bauernkrieges fühlten sich die Untertanen unter der Klosterherrschaft durchaus wohl, vor allem wenn sie ihre Situation mit den benachbarten Gebieten verglichen. Ihre Güter wurden als Fallehen vom Kloster auf Lebenszeit verliehen.

In der Herrschaft Salem wurden sie als Handlehen jeweils nur für ein Jahr vergeben. Allerdings gab es eine Reihe von Veränderungen, die in der Gesamtheit schließlich zum Großen Bauernkrieg führten. Nach der Pestwelle nahm das Bevölkerungswachstum wieder stark zu. Die daraus resultierende Landknappheit führte dazu, dass immer mehr Menschen von den Erträgen eines Hofes leben mussten. Grundherren erhöhten die Abgaben, was die Lasten ebenfalls steigerten. Im Jahre 1489 kam die “Große Teuerung”. Die Getreidepreise explodierten geradezu und stiegen zum Teil um das Fünffache. Ein anderer Faktor war die Reformation. Die Bibel war zum Maßstab für Glaube und Kirche gemacht worden. Am “göttlichen Recht” sollten nun die konkreten Lebensumstände der Menschen gemessen werden. Gegen 1500 gab es in Süddeutschland immer mehr Konflikte. Im Allgäu gab es Probleme der Kemptener Bauern mit dem Abt. Am Oberrhein waren es die Bundschuhverschwörungen. Schwierigkeiten gab es auch im Herrschaftsbereich von Kloster Salem, wo sich Gemeinden z. B. Bermatingen gegen die Ausweitung und Intensivierung herrschaftlicher Rechte wehrten. 1514 war es der “Arme Konrad”  im Herzogtum Württemberg um Schorndorf. Im Zuge der Reformation kam es ab 1524 immer mehr zu Zehntverweigerungen. Mitte Februar 1524 befand sich bereits das ganze Allgäu im Aufstand. Auch in Oberschwaben breiteten sich die Unruhen aus. Begünstigt wurde das durch die militärische Schwäche der Herrschaften. Das kaiserliche Heer kämpfte in Italien gegen den französischen König und ein zweites Heer in Oberdeutschland konnte so schnell nicht aufgestellt werden. Die Niederlage der Franzosen bei Pavia am 24. Februar ermöglichte dann im Frühjahr die Rückkehr der dort gebunden Kräfte, die
sofort gegen die Bauern eingesetzt wurden. Schon im Januar und Februar bereiteten sich die Herrschaften in Oberschwaben auf einen Aufstand vor. Die Reichsstadt Ravensburg überprüfte ihre Geschütze und sammelte Proviant. Die Klöster Weingarten und Weissenau brachten ihre Wertsachen und Urkunden nach  Ravensburg, weil sie dort sicherer waren. Binnen kurzer Zeit schlossen sich  die Untertanen der Klöster Weissenau und Weingarten, der Reichsstadt Ravensburg und der österreichischen Landvogtei zusammen und bildeten einen eigenen großen Abteilungshaufen im Seehaufen.

In der Herrschaft des Klosters Weissenau lebte Stefan Rahl, Pächter auf dem Hof Herbisreute. Er war einer der vermögendsten  Untertanen Weissenaus und wohl auch ein  sehr guter Redner. Er wurde zum Anführer der Bauern aus dem Weissenauer Klostergebiet. Er zog  mit seinem Bauernhaufen vor das Kloster und forderte den Abt Jacob Murer (1523-1533) auf, sich der Reformation anzuschließen. Das Kloster wurde geplündert und zerstört, was Murer in seiner illustrierten Chronik des Bauernkriegs eindringlich schilderte. Die Mönche hatten sich nach ravensburg geflüchtet. Über Rahl schrieb Murer “Was er redete gefiel den Bauern, hielten ihn für einen Herrgott” 

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Kurz nach der Plünderung Weissenaus wurde in Weingarten zwischen den aufständischen Bauern “der Weingartener Vertrag” zwischen dem Heerführer des Schwäbischen Bundes Georg III. Truchseß von Waldburg-Zeil und den Hauptleuten des Seehaufens geschlossen wurde.Dieser Vertrag machte dem “Bauernjörg” den Rücken frei. Er konnte sein Heer aufstocken und dann gegen die anderen Bauernhaufen ziehen und diese nacheinander besiegen. Stefan Rahl überlebte den Bauernkrieg. Allerdings wurde sein Hof an Ostern 1525 niedergebrannt. Dabei kam eines seiner Kinder ums Leben.

Die oberschwäbischen Reichsstädte waren mittlerweile evangelisch geworden, Ravensburg als eine der letzten erst 1545. Zur politischen Absicherung schloss sich die Stadt 1546 dem schmalkaldischen Bund an. Im Juni 1546 eröffnete Kaiser Karl den Krieg gegen den evangelischen Städte. In Oberschwaben waren die Truppen des Schmalkaldischen Bundes zunächst sehr erfolgreich. Neben Kempten und Ottobeuren besetzten sie die Klöster Gutenzell, Heggbach, Weingarten und Weißenau. Diese beiden Klöster wurden Ravensburg unterstellt. die Reichsstadt sollte dort die neue Lehre einführen. Weissenau sollte 4000 Gulden Schatzung zahlen. Das Kriegsglück wendete sich allerdings sehr rasch. Die sächsischen und hessischen Truppen zogen sich nach Norddeutschland zurück, den oberschwäbischen Reichsstädten ging das Geld zum Krieg führen aus und so mussten sie alle dem Kaiser huldigen. Ravensburg hatte alle Weingarten und Weißenau zustehenden Pfarrkirchen mit allen Rechten und Besitzungen zurückzugeben.  Nach dem Sieg bei Mühlburg im April 1547  entzog der Kaiser den Reichsstädten die Schirmvogtei über die Reichsklöster, so Ravensburg für Weissenau übereignete sie Österreich.

1554 verkauft das Kloster unter Abt Andreas Rietmann (1554-1557) seine Ummendorfer Besitzungen an den Königlichen Rat und Augsburger Patrizier Matthias Manlich für 42.500 Gulden. Das entspricht einer heutigen Kaufkraft von über 2  Millionen Euro. Anlässlich des Verkaufs wird  ein genaues  Urbar-Register über Ummendorf anno 1554  erstellt. Es enthält auch eine Aufzählung der zur Herrschaft Ummendorf gehörenden Leibeigenen. Die Urkunde wurde am 20. Juni 1554 erstellt. Für den Verkauf gab es sicher zwei Gründe. Zum einen waren die Plünderungen unter Ludwig dem Bayern noch nicht allzu weit zurück. Die Folgen des Bauernkriegs mit  Plünderung und Zerstörung waren nach kaum 30 Jahren wohl noch kaum bewältigt.  Mit dem im Kupferhandel reich gewordenen Kaufmann Matthias Manlich stand auch ein sehr finanzkräftiger Interessent zur Verfügung.

1596 erhielt  Abt Christian Hablitzel(1595–1599) von Papst Clemens VIII. das Recht, bei der Liturgie eine Mitra zu tragen

Die Reichsstandschaft der Abtei ist seit dem 15. Jahrhundert gesichert. In den Reichsmatrikeln von 1521 wurde Weissenau mit 2 Pferden, 20 Fußsoldaten und dem Betrag von120 Gulden geführt. Das war der Beitrag zur Romzugshilfe.

Johann Christoph I. Härtlin 1616–1654 regierte die Abtei während des gesamten 30-Jährigen Krieges. Lange vor die Kampfhandlungen nach 1630 Oberschwaben erreichten, machte sich der Krieg bemerkbar. Einquartierungen, aber auch Kontributionen, die  die kleineren Herrschaften zahlen mussten, waren spürbar. Schwierig wurde die Lage aber erst, als die Schweden 1630 in den Krieg eingriffen und dann auch nach Süddeutschland vorrückten. 1632 saßen die Schweden in Ulm und forderten von dort aus Monatssteuern auch von Kloster Weissenau. Der Abt hatte sich nach Münsterlingen geflüchtet. Der Konvent flüchtete insgesamt 4 mal. Abt Johann Christoph kehrte im Oktober 1633 nach Weissenau zurück.Härter traf es Klosterdörfer. 1634 zündeten die Schweden Manzell an und bis auf die Kirche brannte das ganze Dorf ab. Der Abzug der Schweden nach der Schlacht von Nördlingen schaffte Oberschwaben nun etwas Ruhe. Allerdings war die Pest ausgebrochen und die beiden folgenden Jahre waren die schlimmsten des Krieges. So starben z.B. in Ravensburg täglich mehr als 40 Menschen. 1648 wurde schließlich nach dreißig Jahren Krieg der “Westfälische Friede” zu Münster und Osnabrück geschlossen.

Schon währende des Krieges hatte Abt Johann Christoph Herdtlin von 1628-31anstelle des  mittelalterlichen Altarhauses einen neuen Langchor erstellenlassen. Als Baumeister war der in Eichstätt ansässige Misoxer Baumeister Martin Barbieri (1583–1633)

1654 verstarb Abt Johann Christoph, der die Abtei während des gesamten Krieges regiert hatte. 6-7mal war das Kloster geplündert worden.Sein Nachfolger wurde Abt Bartholomäus Eberlin (1654–1681). Vorräte gab es im Kloster keine mehr. Bargeld war praktisch keines mehr vorhanden, dafür eine Schuldenlast von 70.000 Gulden. Das Schwäbische Reichsprälatenkollegium, dessen Direktor der Vorgänger von Abt Bartholomäus 34 Jahre lang war, schuldete der Abtei zwar 1700 Gulden. aber da auch die Kassen des Kollegiums leer waren, erhielt der neue Abt nicht mal 600 Gulden. als erum eine schriftliche Bwestätigung der Armut und Zahlungsunfähigkeit des Konvents erbat, erhielt er diese nicht. Die schwäbische Landvogtei stellte ihm dies aus. Damit ging er nach Innsbruck. Von der dortigen Hofkanzlei bekam er immerhin die Zinsen auf ein Kapital von 5000 Goldgulden, die das Haus Habsburg dem Stift schuldete. Er reiste dann weiter nach Wien. Dort wurden die Rückstände auf die Reichsmatrikelsteuer, die sich immerhin auf 7000 Gulden beliefen erlassen. Außerdem wurde der Beitrag von 80 Gulden auf 20 ermäßigt. 1654 bestätigte Kaiser Ferdinand auch sämtliche Privilegien, die seine Vorgänger dem Stift erteilt hatten. 1657 konnte Abt Bartholmäus Streitigkeiten mit dem Fürstbischof von Konstanz beilegen, die über Jahre hinweg vieler dem Stift inkorporierten Pfarreien bestanden hatten. Es gab auch langwierige Streitigkeiten mit einem Konventualen Pater Wilhelm Kayser, der bei der Abtwahl von Bartholomäus unterlegen war. Erst der damalige päpstliche Legat in der Schweiz Kardinal Friedrich Borromeo entschied den Streit zugunsten von Abt Bartholomäus. Positiver Nebeneffekt dieser unschönen Angelegenheit. der Sekretär von Friedrich Borromeo, Dr. Felix Paradiso schenkte 1665 dem Stift die Reliquien des Saturnius, was der Wallfahrt weitere Impulse gab. Die Reunionspoltik Ludwigs XIV. sorgte dafür, dass die Zeiten nicht ruhig blieben. Es gab immer wieder Einquartierungen und hohe Kontributionen, die sich für Weissenau auf 22867 Gulden beliefen (Zahlen nach Wilhelm Fox: Zur Geschichte der Reichsabtei Weißenau, in: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung, 43. Jg. 1914, S. 25–37 ) Abt Bartholomäus verstarb 1681 nach 26 Regierungsjahren in seinem 75. Lebensjahr. Er konnte die Schuldenlast des Stiftes um 47000 Gulden mindern. Sein Nachfolger wurde Norbert Schaller 1681–1684, der schon vor seiner Wahl ein enger Mitarbeiter von Abt Bartholomäus war. Auf einer Reise mit ihm nach Roggenburg hatte er 1670 einen Schlaganfall erlitten, der zwar nicht lebensbedrohend war, aber ihn doch beeinträchtigte. So dauerte seine Regierungszeit auch nur drei Jahre, nach denen er resignierte. Seine kurze Amtszeit war hauptsächlich durch Streitereien mit der Landvogtei geprägt, die inzwischen auf das Haus Habsburg übergegangen war. Mit Verweis auf alte kaiserliche und päpstliche Privilegien konnte das Stift schließlich seine Stellung wahren. Michael II. Musacker (1684–1696) wurde am 18. November 1684 zum neuen Abt gewählt und auch hier versuchte die Landvogtei wieder in die Wahl einzugreifen und erklärte diese für ungültig, wurde aber abgewiesen. Kurz nach Beginn seiner Regierungszeit brannte in Grünkraut, die Kirche, der Pfarrhof und das Mesnerhaus vollständig ab. Schon 50 Jahre vorher hatten die Schweden die Kirche in Schutt und Asche gelegt. Die Wiederherstellung kostete das Stift 3378 Gulden, eine große Summe bei noch immer angespannter Finanzlage. Als Mitglied der Reichsstände reiste Abt Michael 1689 nach Augsburg zur Wahl und Krönungsfeier zum deutschen König von Josef I. dem Sohn Leopolds I. Er begleite dann Leopold auf dessen Einladung nach Wien und blieb dort sechs Jahre bis zur Erledigung der Streitsache mit der schwäbischen Landvogtei. Die Amtsgeschäfte führte in dieser Zeit sein Prior Gottfried Schütz. Im Jahr 1696 wurde Abt Michael von einer Krankheit befallen und starb am 15. Juni 1696.

Johann Christoph II. Korros (1696–1708) gewählt. Abt Johann Christoph überließ es seinem Prior Gottfried Schütz, den immer noch schwelenden Rechtshandel weiter zu führen. Aber brachte ihn auch nicht zu ende zumal er 1704 in Wien verstarb. Der Spanische Erbfolgekrieg (1701-1714) brachte wieder Truppendurchzüge und Winterquartiere für das Stift. Die Kriegskosten beliefen sich für Weissenau auf 4000 Gulden. Der Weissenauer Abt erwies sich als nicht sonderlich mutig und floh nach Überlingen, während der Schussenrieder Abt Tiberius Mangold (1683–1710) sich in Weissenau sicher genug fühlte. 1704 resignierte Abt Johann Christoph nach einer für sein Stift nicht allzu glücklichen Regierungszeit. Er war noch 4 Jahre als Pfarrer und ausgezeichneter Prediger in Eschach tätig, wo er nach schmerzhafter Krankheit verstarb.

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Sein Nachfolger wurde der 1673 in Wangen geborene Leopold Mauch. Er war der Sohn von Georg Heinrich Mauch und der Anna Stüblin und ist in Wangen geboren. Er trat Prämonstratenserabtei  Weissenau ein und legte dort 1691 seine Profess ab. Er studierte in Dillingen und wurde 1697 zum Priester geweiht. Am 17. Juli 1704 wurde er zum Abt von Weissenau gewählt. Seine Karriere im Orden ging weiter. Von 1708 bis 1721 war er Generalvikar und Visitator der Zirkarie Schwaben der   vom 16. bis zum 18. Jahrhundert folgende Abteien angehörten: Allerheiligen im Schwarzwald, Bellelay (ehemals Zirkarie Burgund), Obermarchtal, Roggenburg, Schussenried, Ursberg, Weissenau. 1707 überzeugte er seinen Konvent von einem Neubau der Klosteranlage, mit der Franz Beer II von der Auer Zunft beauftragt wird. In nur drei Jahren von 1708-1711 wurden die mittelalterlichen zweigeschossigen Konventbauten südlich der Kirche durch die barocken, dreigeschossigen Ost und Südflügel. In seiner Eigenschaft als Visitator des Klosters Bellelay lernte er auch die Stiftskirche kennen, ein Bau auch  von Franz Beer, der 1714 eingeweiht wurde. 1717 gab er die neue Stiftskirche in Weissenau in Auftrag und opferte dafür auch den erst 1623 erneuerten Turm und die mittelalterliche Basilika für die größere neue Kirche. Sein schlechter Gesundheitszustand zwang ihn anfangs 1722 zur Resignation. Im Mai 1722 starb er mit nur 49 Jahren.Kirche und Westflügel sind bis dahin stuckiert und freskiert. Ein Chorneubau war noch von Abt Leopold geplant worden. Neben seiner Tätigkeit als Bauabt belebte er die Heilig-Blut-Verehrung in Weissenau neu. Er gründete eine Fünf-Wunden-Bruderschaft, eine Gebetsverbrüderung, die im Spätmittelalter in Mitteleuropa aufkam. Die Heilig Blut Reliquie ließ er neu fassen und einen Herz-Jesu-Rubin anbringen.

Abt Michael III. Helmling wurde am 2. Januar 1722 gewählt, war aber nur knapp zwei Jahre im Amt. Nach 21 Monaten erlag er einem Schlaganfall.Er schloss mit Wessobrunner Franz Schmuzer (1676–1741) Stukkateur einen neuen Vertrag ab, der schon ab 1719 die Stukkaturen in Weissenau erstellte und dies dann bis 1723 fertigstellte. Auf Abt Michael folgte Anton I. Unold (1724–1765). Er wurde am 8. August 1697 Anton Unold als Sohn des Conrad Unold, Papiermüller in der Höll bei Wolfegg, geboren. Er legte 1713 in Weissenau seine Profess ab. 1721 wurde er zum Priester geweiht und nur drei Jahre später wurde  er mit erst 27 Jahren zum Abt gewählt. Man erwartete nun, dass er den Neubau der Kirche mit dem Chorneubau weiterführte. Er setzte zwar die Ausstattung des Langhauses mit Altären fort, aber dann kümmert er sich erst um die um die Neubauten der Wirtschaftsgebäude im Norden und Westen. Er fand zwar, dass der alte Chor der Stiftskirche disproportioniert sei, aber da er sonst keine Fehler aufweise, sah er keinen Grund für den noch von Franz Beer geplanten Neubau, obwohl der Konvent für einen Neubau war. Damit wurde Abt Anton zum Ausnahmefall in der Barockzeit, denn sonst stellte sich der Konvent immer gegen das Bauvorhaben der Äbte. Dieser Pragmatismus scheint der Leitfaden der Regierung von Abt Anton gewesen zu sein. Dabei war er sicher barocker Lebensfreude nicht abgeneigt, wie sein Porträt, das 1757 gemalt wurde, nahelegt. Als Bauabt war er trotzdem nicht untätig. Er erbaute Gornhofen (1728/46), Taldorf (1746/53), Oberzell (1749|50) und Obereschach (1751/54) neue Pfarrkirchen. Außerdem lies er das Lustschlösschen Rahlen erbauen und terrassierte barocke Gartenanlagen errichten. Der St. Gallener Bibliothekar Nepomuk Hauntinger, der weit herumgekommen war, bezeichnete sie als “Nymphenburg im Kleinen“.  Der fürstlich fürstenbergischer Hofpalier in Meßkirch Franz Singer fertigte die Pläne für das Schlösschen, den Sommersitz der Weissenauer Äbte, ebenso wie für das barocke Torhaus. Er arrondierte das Herrschaftsgebiet von Weissenau. 1761 erhielt der die hohe Gerichtsbarkeit für 40 Jahre als Lehen von Österreich. Abt Anton verstarb am 21. April 1765 im Alter von 68 Jahren.

Der 38. Abt Kloster Weissenaus war Ambrosius John (1765–1773). Er wurde 1714 in Waldsee geboren. Seine Profess legte er 1733 in Weissenau ab. 1765 wurde er zum Abt gewählt. Gleich zu Beginn seiner Regierungszeit fand das für ihn wohl bedeutendste Ereignis statt, nämlich die 100-Jahrfeier der Translation der Reliquien des Saturnius, die unter großer Beteiligung der oberschwäbischen Bevölkerung gefeiert wurde. Auch die Äbte von Rot, Schussenried, Marchtal und Bellelay waren anwesend. Abt Ambrosius verstarb am 26. November 1773 nach achtjähriger Regierungszeit.

Sein Nachfolger wurde Anton II. Unold. Er stammte aus Wolfegg und wurde1736 geboren. Er war ein Neffe von Abt Anton I. Unold. Er regierte nur zwei Jahre. Auf ihn folgte Karl Ummenhofer (1784–1794) . Er ist 1740 in Hayingen geboren.Vor seiner Wahl zum Abt war er Pfarrer in Bodnegg. Er wurde dann auch Generalvikar und Visitator der Schwäbischen Zirkarie des Prämonstratenserordens. Die französische Revolution war ein enormer Schlag für die Struktur und Identität der Prämonstratenser und hatte Auswirkungen auf den gesamten Orden. Übrigens, ein ähnliches Schicksal erlitten die Zisterzienser. Die französische Nationalversammlung löste per Dekret am 13. Februar 1790 alle Ordensgemeinschaften in Frankreich auf, sofern sie sich nicht primär Pflege- oder Schuldiensten widmeten. Das bedeutet das Ende des Gründungsklosters Prémontre,dessen Abt gleichzeitig Generalabt des ganzen Ordens war. Aufgrund dieser neuen Situation sah sich Abt Karl zum Handeln gezwungen. Sie Zisterzienser standen vor denselben Problemen. Da Citeaux aufgehoben worden war, hätte für den Todesfall des Generalabtes des Ordens aufgrund der Aufhebung des Mutterklosters kein Nachfolger auf herkömmlichen Weg bereit gestanden. Damit wären die Abteien unter bischöfliche Jurisdiktion gefallen. Um das zu vermeiden, hatte der Abt des Zisterzienserklosters Salem, Robert Schlecht (*1778, †1802), vom seinem Generalabt in Cîteaux am 14. Januar 1791 umfangreiche Vollmachten für die Oberdeutsche Kongregation erhalten. Diese Übertragung wurde durch ein päpstliches Breve vom 15. Juli 1791 bestätigt. Damit konnte wohl der Übergang unter die bischöfliche Jurisdiktion für die oberdeutschen Zisterzienserabteien  vermieden werden. Ein solches Modell schwebte nun auch Abt Karl vor. Der Salemer Abt Robert Schlecht

stellte sich als Vermittler für eine solche Operation zur Verfügung. Eine Bittschrift mit diesem Anliegen ging nach Rom und wurde am 10. Mai 1793 auf drei Jahre bewilligt, allerdings nichts als päpstliches Breve, also nicht mit einem solchen rechtlichen Gewicht.

Als sich die Situation in Frankreich zunehmend verschärfte, wollte Abt Karl in Rom eine Verlängerung der Bewilligung erreichen, die Hälfte der Laufzeit war schon verflossen. Außerdem sollte die rechtlich stärkere Form eines päpstlichen Breves erreicht werden. Aber Abt Karl starb am 29. Oktober 1794. Es konnte also nichts mehr in die Wege geleitet werden. Als neuer Abt wurde Bonaventura Brem (1794–1803) gewählt. Er ist am 10. Mai 1755 in Kaufbeuren geboren. Er war ab 1780 Bibliotheksgehilfe in Weissenau und von 1783-1789 hauptverantwortlicher Bibliothekar. Außerdem war er Lehrer und Subprior. Nun war das Problem, wer sollte die Abtswahl bestätigen. Der Generalabt war nicht mehr im Amt und der Generalvikar und Visitator, der diese Aufgabe gemäss Vollmacht anstelle des Generalabtes hätte übernehmen sollen, war ausgerechnet sein verstorbener Amtsvorgänger als Abt Weissenaus. Der neue Abt musste daher erst die Wahl eines neuen Generalvikars und Visitators aus den Reihen aller amtierenden Äbte in der Zirkarie abwarten. Abt Robert Schlecht aus Salem informierte die römische Kurie über die Weissenauer Situation und er schaltete sich auch ein und erreichte, dass die Konstanzer Diözesanleitung die Abtwahl Bonaventuras ausnahmsweise bestätigte. Der neue Abt wurde in sein Amt eingeführt, die Abtsweihe und die Übergabe der Insignien durch den Konstanzer Weihbischof vorgenommen. Außerdem erreichte der Salemer Abt, dass von der Konstanzer Diözesanleitung der Status quo nicht in Frage gestellt wurde, also aus diesem Fall kein Recht  bei anderen Abtswahlen für die Zukunft ableiten konnte und das womöglich nicht nur bei den Klöstern der Prämonstratenser. Das war ja der Hauptbeweggrund des Salemer Abtes für seinen Einsatz.

Im Reichsdeputationshauptschluss 1803 wurde Weissenau zusammen  mit Schussenried der Gräfin Augusta von Sternberg-Manderscheid zugesprochen. Diese trat es 1805 an Österreich ab. Nach dem Zusammenbruch der habsburgischen Position in Schwaben 1806 konnte sich Sternberg als Inhaber der Herrschaft Weißenau behaupten. Nach der Mediatisierung war die Herrschaft 1809-1811 beschlagnahmt, danach als Standesherrschaft anerkannt. 1835 verkaufte das Haus Sternberg die Herrschaften Schussenried und Weißenau an Württemberg. 1840 wurde auf dem Klostergelände eine Bleicherei eingerichtet. 1888 kam eine „Irrenanstalt“ hinzu. Auch heute besteht die Doppelnutzung des ehemaligen Klosters durch Industrie und Psychiatrisches Krankenhaus weiter.

Der ehemalige Abt Bonaventura Brem und weitere Chorherren konnten jedoch bis ans Lebensende in einigen Räumen des Konventsgebäudes wohnen bleiben. Bonaventura Brem starb am 4. August 1818 in Weissenau.

10 Nov 2018