Tägliches Archiv: 7. Februar 2011

Schmid von Sulmingen

 

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Die genauen Lebensdaten von Ulrich (oder Huldrich) Schmid aus Sulmingen sind nicht bekannt. Sicher ist, dass er 1496/1497 wohl als Leibeigener des Klosters Heggbach von seinem Vater die Schmiede in Sulmingen übernahm. Er war in eine stürmische Zeit geboren worden. Unter den Bauern gärte es. Die spürbaren Belastungen des Feudalsystems noch verstärkt durch Missernten, die für die Jahre vor 1525 nachgewiesen sind,  führten zu zahlreichen Klagen der Bauern. 1524 konnten die Bauern einen “Untertanenvertrag” mit ihrer Herrschaft, dem Kloster Heggbach, aushandeln. Alle “Fall-Lehen”, dort konnte im Todesfall der Hof nicht vererbt werden, sondern fiel an den Grundherren zurück, wurden in Erb-Lehen umgewandelt. Im Wirtshaus saßen die Baltringer Bauern zusammen und berieten,

“wie sie ire Sachen wellent anfahen” Die Bauern fordern den Sulminger Schmid auf, ihr Anführer zu werden, denn  er galt als fromm gutherzig und auch redekundig.

Die Baltringer trafen sich regelmäßig zu Zusammenkünften im Baltringer Ried. Diese Zusammenkünfte haben sich schnell bei der Obrigkeit herumgesprochen.

Der Schwäbische Bund, der Zusammenschluss von weltlichen und geistlichen Fürsten, Adeligen und Reichsstädten nahm Kontakt mit dem Baltringer Haufen auf.

Verhandlungspartner war der Ulmer Bürgermeister Neidhart. Er forderte die Bauern auf, ihre Beschwerden nieder zu schreiben. Mitte Februar 1525 übergaben die Bauern mehr als 300 Beschwerdeschriften. Beschwerden über die Leibeigenschaft standen an erster Stelle, dann sollte Zins und Gült gemindert werden und die Abgaben bei der Hofübergabe sollten abgeschafft werden. Außerdem wollten sie weniger Belastung bei Frondiensten. Der Baltringer Haufe hatte mittlerweile einen Schreiber und zwar den Kürschnergesellen Sebastian Lotzer aus Memmingen. Nicht umsonst hatte sich Schmid nach Memmingen orientiert. Die Stadt stellte sich früh auf die Seite der Bauern. Dort wirkte auch der Prediger Christoph Schappeler, der der Reformation beim Rat und der Bürgerschaft zum Durchbruch verhalf. Er war Anhänger von Zwingli. In Memmingen trafen sich in den Kramerzunftstuben 50 Vertreter von drei Bauernhaufen, dem Allgäuer Haufen, dem Baltringer Haufen und dem Seehaufen. Die Allgäuer wollten “dapfer mit dem Schwert” durchdringen. Die Baltringer hofften immer noch auf einen friedlichen Ausgleich mit den Herren. Nach komplizierten Verhandlungen einigte man sich schließlich auf die Verabschiedung von zwei Papieren. Das erste kam unter dem schlagwörtlichen Titel “Zwölf Artikel” rasch in Umlauf wurde in 20 Auflagen gedruckt und als Flugschriften massenhaft verbreitet. Im Schlussartikel wurden alle Einzelforderungen dem Urteil der Heiligen Schrift unterworfen. So war dies zugleich ein Reformprogramm und der Versuch,  dies in die  reformatorische Bewegung zu integrieren. Die Idee der Orientierung am Göttlichen Recht stammt von Zwingli. Als die Vertreter vom Schwäbischen Bund dann  Schmid dann fragten, wie er sich das vorstelle, da Gott wohl kaum vom Himmel herabsteige, antwortete er, dass gelehrte Männer aus ihrer Bibelkenntnis heraus entscheiden sollten, was Göttliches Recht sei. Dann wurde auch die “Christliche Vereinigung“ gegründet, der Zusammenschluss der Bauernhaufen. Dies wurde dem Schwäbischen Bund mit einem höflichen Schreiben mitgeteilt und nochmals ausdrücklich versichert, keine Gewalt anzuwenden.Diesem mäßigenden Einfluss Schmids wird es auch zugeschrieben, dass das Kloster Heggbach nicht zerstört wurde. Die Adelsvertreter im Schwäbischen Bund hatten sich aber bereits für die Gewalt entschieden, allen voran Georg Truchsess von Waldburg, der “Bauernjörg” . Herzog Ulrich von Württemberg lag im Kampf mit dem Bund. Er wollte sein Herzogtum zurückgewinnen verlor aber die militärische Auseinandersetzung gegen gegen das Bundesheer unter Führung des Truchsessen. So besserte sich die Lage für den Bund ständig. Nacheinander wurden die Bauern in blutigen Schlachten niedergemetzelt. Bei der Schlacht von Leipheim kamen mindestens 1000 Bauern vom Baltringer Haufen ums Leben. Bauernführer, deren man habhaft werden konnte, wurden hingerichtet. Ulrich Schmid, Sebastian Lotzer und Christoph Schappeler konnten mit ihren Familien in die Schweiz fliehen und so ihr Leben retten. Schmid kehrte nicht mehr unter die Heggbacher Herrschaft zurück.Sein weiterer Verbleib ist unbekannt. Er ist vermutlich vor 1541 gestorben. Lotzers Spuren verlieren sich in Sankt Gallen.

Die Memminger Artikel gelten als erste Niederschrift von Menschen und Freiheitsrechten in Europa.

Das Andenken Ulrich Schmids wird heute noch gewahrt zum Beispiel in dem heimatgeschichtlichen Verein “Baltringer Haufen”, der beim Sulminger Dorffest, beim Biberacher Schützenfest oder beim Laupheimer Heimatfest auftritt.

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07 Feb. 2011

Kloster Wiblingen

 

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Die Brüder Hartmann und Otto, Grafen von Kirchberg stifteten im Jahre 1093 das Kloster Sankt Martin in Wiblingen. Die Grafen nennen sich nach ihrem Stammsitz, der Burg in Kirchberg und treten im 11. Jahrhundert in die Geschichte ein. Sie waren wie viele Familien des schwäbischen Hochadels papsttreu und können zur Adelsopposition gegen die salischen Herrscher gerechnet werden. Das zeigte sich auch in zahlreichen Klostergründungen wie Ochsenhausen, Elchingen, Blaubeuren, Roggenburg oder eben Wiblingen. Die Klöster wurden immer schnell unter den Schutz des Papstes gestellt. Graf Hartmann nahm wahrscheinlich auch am ersten Kreuzzug teil. Er geriet in eine Fehde mit den Grafen Rudolf von Bregenz, bei der es unter um Vogteirechte  im Illertal des Kloster Einsiedeln ging. Bei Jedesheim kam es 1108 zu einer Ritterschlacht, bei der Graf Hartmann als Sieger hervorging.

Das 1093 gestiftete Kloster sollte zu Ehren des Heiligen Martin von Tours errichtete werden und nach den Regeln des Heiligen Benedikt von Nursia geführt werden. Otto, der Abt der Benediktinerabtei Sankt Blasien wurde um Gründung einer Filiation gebeten. So wurde innerhalb kurzer Zeit eine weitere Filiation in Oberschwaben (1090 Ochsenhausen) gegründet. Unter Führung von  Werner von Ellerbach wurden Mönche nach Wiblingen entsandt. Noch im selben Jahr weihte

wi43.157490.jpg.170311 Bischof Gebhard III. von Konstanz die zunächst wenigen Gebäude. Die Stifter vermachten dem Kloster Partikel des heiligen Kreuzes, natürlich eine sehr kostbare Reliquie, die zusammen mit weiteren Schenkungen und großzügig gewährten rechtlichen Freiheiten rasch für den dynamischen Aufstieg der Gründung  sorgten. Die Stifter erwirkten schnell eine Schutzbulle von Papst Urban II. (1098). Für den Schutz hatte das Kloster jährlich ein Goldstück, einen “Byzantier” nach Rom zu entrichten. Die Schutzbriefe wurden immer wieder neu ausgestellt, so durch Papst Honorius II. 1126, Eugen III.  1148, Cölestin 1194,

Johannes XXII. 1334, Gregor XI.1371, Bonifaz IX. 1392, Eugen IV. 1431 und schließlich 1671 durch Papst Gregor XV., der ausdrücklich befahl, dass niemand die Heilig Kreuz Reliquie entwenden solle.

Erster Abt war Werner von Ellerbach, der als Seliger verehrt wurde. An ihn erinnert ein Epitaph mit dem Kirchenmodell in der nördlichen Seitenkapelle.

Im Jahre 1271 wurde das Kloster durch Brand zerstört, was einen Neubau erforderlich machte. Der Brand leitete eine Phase des wirtschaftlichen Niedergangs ein, von dem sich das Kloster sehr langsam erholte. Auch die vormals vorbildliche Klosterzucht  erlitt unter schwachen Äbten einen Tiefpunkt. Um die Jahrhundertwende 13./14. Jahrhudert wurde Wiblingen in Personalunion mit dem Kloster Ochsenhausen verwaltet. Das Kloster konnte sich aber neu orientieren. Man übernahm die Melker Reform und das Kloster erlebte einen neuen Aufschwung. Man konnte den Besitz zwischen Rot und Iller wieder ausdehnen. In der Reichsstadt Ulm wurde 1386 ein Pfleghof erworben. Klosterschule und Schreibwerkstatt, das Skriptorium wurden mit der Übernahme der Melker Reform besonders gefördert. Aus diesen Anfängen, steten Ankäufen und eigener Herstellung entsteht die berühmte Klosterbibliothek, die 1757  15.000 Bände umfasst. Die Vogteirechte blieben bis ins 15. Jahrhundert bei der Stifterfamilie, sowie es auch Grablege der Familie von Kirchberg war.

Einer der bedeutendsten Äbte der neuen Blütezeit ist Ulrich Hablüzel (1432-1472)

Wiblingen ist nun eines der bedeutendsten süddeutschen Reformzentren, was sich auch in der Berufung von Wiblinger Mönchen zu Äbten zeigt, so in Elchingen, Lorch, Blaubeuren, St. Ulrich und St. Afra in Augsburg und Alpirsbach. Ausdruck des gestiegenen Ansehens ist auch die Verleihung der Pontifikalien 1488. Die Abtei hatte Beziehungen zu den humanistischen Kreisen in der benachbarten Stadt Ulm.

1471 übertrug Kaiser Friedrich III. der Stadt Ulm den Schutz des Klosters. Ein knappes halbes Jahrhundert später setzten dann die gesellschaftlichen Umbrüche ein, die über Reformation, Bauernkrieg bis zu dem großen Krieg des nächsten Jahrhunderts, dem 30-jährigen Krieg fortdauern sollte. Es scheint, dass Wiblingen, anders wie die benachbarten Klöster Elchingen oder Roggenburg, nicht unmittelbar vom Bauernkrieg betroffen war. Hinweise auf Plünderungen oder Brandschatzungen konnte ich nicht finden. Die Bauernunruhen richteten sich aber den Adel und die Klöster. Diese wurden als Zehntherren ja als sehr bedrückend empfunden. So hatten diese sozialen Unruhen sicher auch ihre Auswirkungen auf das Kloster in Wiblingen. Da die Ulmer aber  die Reformation annahmen, versuchten sie diese auch im Kloster einzuführen. Das schlug allerdings fehl. Eine Besetzung im Schmalkaldischen Krieg 1546 konnten die Mönche durch hohe Kontributionszahlungen abwenden.

Die Stifterfamilie war um 1500 ausgestorben. Das Kloster kam 1504 mit allen zugehörigen Ortschaften an das Haus Österreich, bei dem es bis zum Ende des Reiches 1806 bleiben sollte. Maximilian I. übertrug 1507 die Schutzherrschaft an die Familie der Fugger. Nach einem langwierigen und teuren Prozess konnte es sich erst 1701 davon loskaufen.

Nach einer Visitation von 1572 wurde der Abt abgesetzt. Eine neue Blütezeit brach an. Unter tatkräftiger finanzieller Mithilfe des neuen Klostervogts der Fugger, wurde mit Ausnahme der Kirche der gesamte Baukomplex neu gebaut. Der 30-jährige Krieg unterbrach diese Entwicklung. Zwangseinquartierungen,Raub und Plünderungen machten dem Kloster schwer zu schaffen. Dazu kam noch der Ausbruch der Pest in Wiblingen, die viele Mönche und auch den Abt hinwegraffte. Das Kloster fiel 1633 an den schwedischen General  Joachim Wiclaff, der es aufhob. Zwar wurde die Abtei schon nach der Schlacht von Nördlingen 1634 restitutiert, aber der Konvent war zerstreut. Die Abtwahl musste in Petershausen bei Konstanz abgehalten werden. Der 1635 neugewählte Abt Benedikt Rauh (1635-1663) musste auch noch im bayrischen Heer als Feldprobst dienen. Dennoch brachte er die Abtei noch durch die Wirren des Kriegs durch. Das Kloster überstand den Krieg einigermassen glimpflich und der Aufschwung setzte rasch ein. Die folgenden Äbte Ernest Fabri, Maurus Falkner und Modest I. brachten die Abtei weiter. 1701 hatte sich das Kloster endgültig vom Vogt lösen können und wurde österreichisches Mediatkloster. Es hatte seit dem 22.06 1701 Sitz und Stimme auf der vorderösterreichischen landständischen Versammlung in Ehingen. 1714 wurde mit dem Bau der barocken Klosteranlage begonnen. Die Baumassnahmen dauerten index6 fast 70 Jahre. Trotz der kriegerischen Ereignisse im Umfeld des Klosters blühte das geistige Leben. 28 Schüler besuchten am Schluss die Klosterschule. Das Kloster hatte nach der Aufhebung des Klosters Zwiefalten auch das von diesem getragene Gymnsaium in Ehingen übernommen.

Ein badischer Komissär wollte am 20.11.1805 das Kloster übernehmen, wurde aber zwei Tage später von bayrischen Abgesandten vertrieben. Dann rückte am 31.12. württembergisches Militär an, das aber am 03.01. 1806 der bayrischen Übermacht weichen musste. Infolge des Pressburger Friedens von 1805 hob Bayern dann das Kloster am 27. März 1806 auf. Württemberg übernahm es dann am 10. September 1806. In die Klosteranlage zog dann Herzog Heinrich von Württemberg ein.

Nach 1945 wurden die Räume als Altenheim, Krankenhaus, Universitätsbibliothek und Schule für medizinische Berufe genutzt.

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07 Feb. 2011