Sophie von La Roche

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Das letzte Werk von Sophie La Roche erschien 1806 in Halle. “Melusines Sommerabende”. Der Herausgeber war Christoph Martin Wieland und damit schließt sich der Kreis. Schließlich hatte er auch ihr erstes Werk “Die Geschichte des

Fräulein von Sternheim” herausgegeben, dass Sophie praktisch über Nacht bekannt gemacht hatte. Auf Wielands Wunsch wurde dem letzten Werk Sophies Autobiographie voran gestellt. Und so will ich Sophies letztes Werk an den

Anfang setzen, weil es das möglich macht, die Erzählung von Sophies Leben praktisch von ihr selbst zu kommentieren.Zitiert wird aus der 1806 im Verlag der N.Societäts-Buch-und Kunsthandlung in Halle erschienenen Ausgabe.

Auch Wieland weist darauf hin, dass er der Herausgeber von Sophies erstem und letzten Werk ist: “Eine Verkettung von kleinen Umständen, oder wie mir zu glauben angenehmer ist,  die unsichtbare, diese Umstände leitende Hand

des Genius einer mehr als sechs und fünfzigjährigen Freundschaft zwischen der Verfasserin der Sommer-Abende und dem Herausgeber hat es so gefügt, daß eben derselbe der vor fünf und dreißig Jahren den ersten Abdruck des Geistes

und Herzens seiner Freundin in die Welt einführte, nun auch derjenige ist, der das Vergnügen hat, dieses letzte Werkchen, womit sie als Schriftstellerin ihren Lauf zu beschließen gedenkt, Ihren gleich mit Ihr gestimmten und in Ihren

Schriften Sie selbst liebenden Freundinnen und Freunden darzubringen.” (S.4,5)

Am 6. Dezember 1730 wurde Marie Sophie Gutermann von Gutershofen in Kaufbeuren geboren. Ihr Vater Georg Friedrich Gutermann war Arzt in Kaufbeuren und stammte aus Biberach an der Riss.

Er hatte in Tübingen, Leiden und Straßburg Medizin studiert.

Ihre Mutter Regina Barbara stammte aus Memmingen. Georg Friedrich war der Stiefbruder von Georg Rauh. Und dieser wieder war der Vater von Regina Catharina Kück,

der Mutter von Christoph Martin Wieland. Diese Verwandtschaft war ja mit der Grund, dass Sophie in die Familie von Christoph Martin Wieland kam.

Sophie war das älteste von 13 Kindern der Familie Gutermann.Ihr einziger Bruder Jacob Immanuel wird erst 14 Jahre nach ihr geboren. Außer Sophie überleben nur zwei Schwestern und der Bruder die Babyjahre.

Die Familie kommt von Kaufbeuren über Lindau nach Augsburg. Der Vater unterrichtet Sophie selbst, möchte sogar so etwas wie ein Wunderkind aus ihr machen. Schon mit drei Jahren konnte das Mädchen lesen.

Mit fünf hatte Sophie die Bibel durch.

Dazu Sophie selbst “Nachher machte mich mein Vater mich früh die Bücher lieben, da er mich oft, ehe ich volle zwei Jahre alt war, in seine Bibliothek trug, wo er mich mit den schönen Verzierungen der Einbände und

Titelblätter zu belustigen suchte, und es damit auch so weit brachte, dass ich mit 3 Jahren vollkommen lesen konnte..” (Seite IX,V) und weiter “ Mein Vater, ein ansehnlicher, hübscher, aber auch sehr heftiger, dabei frommer Mann,

benutzte meine Lesekunst nur in der Bibel, welche ich ( wie er mir in der Folge sagte) in dem Alter von fünf Jahren zum ersten Mal ausgelesen hatte.” (S. V)

Auch Astronomie und Französisch lernt sie beim Vater. Sie erhält Klavierunterricht. Natürlich wird sie auch in Kochen und allen Hausfrauenpflichten unterrichtet.

oder wie Sophie weiter berichtet “Doch wurde ich daneben auch die beste Tänzerin, lernte französisch, zeichnen und Blumen malen, sticken, Clavier spielen und Küche und Haushaltung besorgen.” (S VII)

Geschichtsunterricht bekam sie von Johann Jakob Brucker. Er war Leiter der Lateinschule in Kaufbeuren und kam 1744 wieder nach Augsburg zurück. In seinem  „Bilder-sal heutiges Tages lebender und durch Gelahrheit berühmter Schrifft-steller […]“.

stellte Brucker auch die Verdienste von vier Wissenschaftlerinnen vor, was zu einer Zeit, in der immer noch mit größtem Misstrauen betrachtet wurde, wenn Frauen gelehrte Studien betrieben eine sehr fortschrittliche Einstellung war.

Als Sophie allerdings ihren Vater bat, bei Brucker Latein lernen zu dürfen, lehnte der Vater rundweg ab. Das war nichts für Mädchen. Diese “männliche” Ausbildung schmälerte nur die Chancen auf dem Heiratsmarkt. Und die Töchter gut an den

Mann zu bringen, das war damals vorrangige Aufgabe der Väter aus guter Gesellschaft. Davon konnte ihn auch der Pädagoge und Freund Brucker nicht abbringen.

Mit 9 Jahren war Sophie zu den Großeltern nach Biberach geschickt worden. Der Großvater Hans Adam Gutermann war dort Ratsherr und Spitalpfleger Er wohnte dort am Marktplatz 8.

als Sophie drei Jahre später nach Augsburg zurückkehrte, war Georg Friedrich Gutermann inzwischen in den Adelsstand erhoben worden. Er nannte sich nun Gutermann von Gutershofen.

Auch wurde er Dekan des Collegium Medicum. Das ist so etwas wie die erste medizinische Ständevertretung in Deutschland und ist erstmals 1567 in Augsburg belegt.

Sein Haus und damit auch die Atmosphäre, in der Sophie aufwuchs, kann man als gutbürgerlich bezeichnen. Mitglieder des Augsburger Bildungsbürgertums zählten zum Freundeskreis.

Johann Jakob Brucker wurde schon erwähnt, der selbst Mitglied in vielen wissenschaftlichen Gesellschaften war. Georg Friedrich Gutermann gehörte der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft Augsburgs an.

Dort war auch Jakob Wilhelm Benedikt von Langenmantel Mitglied, der auch Stadtpfleger, also Bürgermeister von Augsburg war. Auch bei der Leopoldina wird Dr. Gutermann seit 1731 als Mitglied geführt.

Zum Freundeskreis zählte auch Johann Adolf von Amman,der in Augsburg Ungeldherr war, modern ausgedrückt ist das sowas wie Stadtkämmerer. Aus dem Freundeskreis Bruckers wird für uns dann

Giovanni Lodovico Bianconi  interessant. Sophie kam also schon ab ihrer frühesten Kindheit mit Angehörigen des Bildungsbürgertums in Kontakt. Sie hatte eine umfassende Ausbildung, dank ihres Vaters

nicht zuletzt auch in Naturwissenschaften. Auch das spiegelt sich in der Autobiographie wieder. Sophie erzählt von den Gelehrtentreffs, die dienstags stattfanden.

Mit 15 wurde sie, wie es in der Reichsstadt üblich war, in die Augsburger Gesellschaft eingeführt. Bald fand sie auch an einem Bewerber Gefallen. Es war eben dieser

Giovanni Lodovico Bianconi . Er war 17 Jahre älter als Sophie, stammte aus Bologna und war wie Sophies Vater selbst auch Arzt und zwar Leibarzt des Fürstbischofs von Augsburg Joseph Ignaz Philipp von Hessen-Darmstadt.

Er  war neben seiner Tätigkeit als Arzt auch Antiquar. Er blieb nicht allzu lange in Augsburg. Er ging dann an den sächsischen Hof weiter und war da auch beim Aufbau der Gemäldegalerie beteiligt. Dabei spielte er auch beim Ankauf der

sixtinischen Madonna eine Rolle. Er kam dann schließlich als Gesandter Friedrich August II. nach Italien zurück. Sophies Mutter fand durchaus Gefallen an dem Bewerber. Sie unterstütze auch die Verlobung, die 1747 stattfand.

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Im folgenden Jahr stirbt die Mutter noch keine vierzig Jahre alt, damals ein durchaus übliches Frauenschicksal, erschöpft von vielen Schwangerschaften. Zwar reisen Vater und Schwiegersohn gemeinsam nach Bologna.

Auch scheint die Familie durchaus zu gefallen. Sophie wurde in dieser Zeit wieder nach Biberach geschickt.

Originalton Sophie: “Mein Vater reiste mit Bianconi ein ganzes Jahr nach Italien, um die Familie selbst kennen zu lernen, in welche ich gleich nach ihrer Zurückkunft treten sollte. Wir Kinder wurden zu seinen Aeltern

nach Biberach geschickt, wo ich diese freundliche Stadt, ihre guthmütigen Bewohnern und einfache ländliche Schönheit, mehr als das prächtige Augsburg und seine Kunstgärten, lieb gewann…” (S. XI) und weiter: “Man arbeitete

an den Artikeln des Ehevertrages. Meine Religionsfreiheit wurde in Dresden, wo Bianconi Leibarzt des Königs geworden war, versichert. Er wollte aber alle Kinder katholisch- mein Vater hingegen die Mädchen lutherisch haben,

und dies umso eifriger, als er nach seiner physischen Kenntnis glaubte, da ich in vollblühender Gesundheit erst 19 Jahre, Bianconi hingegen 35 Jahre Jahre zählte, und viel gelebt habe,- mehr Kinder von meinem Geschlechte

bekommen, als von dem seinen, also die lutherische Kirche mehr Seelen gewinnen. “ (S. XII).

Aber auf diese Bedingung  ging Bianconi nicht ein. Der Verlobte versuchte Sophie zur Flucht zu überreden.

Das wollte sie aber nicht,”weil ich meinen Vater nicht betrüben, nicht ohne seinen Segen aus seinem Hause wolle” (S. XII,XIII.) Nun zwang der Vater sie, die Verlobung zu lösen. “ Ich musste meinem Vater alle seine Briefe, Verse, schöne

Alt-Arien,mit meinen sehr pünktlich ausgearbeiteten geometrischen und mathematischen Übungen, in sein Cabinet bringen, musste alles zerreißen und in einem kleinen Windofen verbrennen, Bianconis Porträt…musste ich mit der Schere

in tausend Stücke zerschneiden..” (S XIII) Auch den Ring muss sie zerbrechen. “Die Ausdrücke meines Vaters dabei will ich nicht wiederholen” Sie fügt sich ohne Auflehnung, verzeiht ihrem Vater das aber zeitlebens nie.

Und sie schwört sich,”So soll auch Niemand mehr jemals meine Stimme, mein Clavierspiel, die italiänische Sprache… oder irgend etwas, so er mich lehrte, von mir hören, oder nur in mir vermuthen- Ich habe Wort gehalten.”(SXV.)

Dazu merkt Wieland als Herausgeber an, dass er aus eigener Erfahrung bezeugen kann, dass sie es streng und buchstäblich gehalten hat. Der Vater, nun auf der Suche nach einer neuen Frau, schickt Sophie wieder nach Biberach, diesmal zur Familie seiner Cousine

Regina Katharina und Thomas Adam Wieland, den Eltern von Christoph Martin. Sophie soll ihren Geliebten vergessen aber auch dem Vater aus den Augen kommen, zu dem das Verhältnis ja massiv gestört war.

In Biberach begegnen sich Christoph Martin Wieland und Sophie. Sophie ist 19, Christoph Martin 17. Die beiden empfindsamen Seelen verlieben sich zum Entsetzen der beiden Familien heftigst.

Im August 1750 verloben sie sich sogar. Der Überlieferung nach soll das an der Wielandlinde geschehen sein. Eine Gedenktafel an der Linde erinnert daran, pikanterweise mit einem falschen Datum. Dort  wird Wielands Sterbejahr mit

1818 angegeben. Da war er aber schon fünf Jahre tot. Der Vater Wieland hatte wohl gehofft, dass sich Wielands Verliebtheit legt. Wielands Mutter agiert mit Kräften gegen die Verbindung. Sophie muss nach Augsburg

zurück. Die Mutter hält Sophies Briefe an den Verlobten zurück. Wieland nimmt im Oktober 1750 in Tübingen sein Jurastudium auf, gibt es aber bald wieder auf.

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Sophie löste die Verlobung.Die Verlobung mit Wieland liest sich bei Sophie viel undramatischer als ihre erste Beziehung: “Wielands vorzügliche Freundschaft für mich machte für mich das Beste und schönste der Alten

und Neuen bekannt; ich verehrte und liebte ihn dankbar, war auf seine Kenntnisse stolz, weil ich sie mein ganzes Leben zu theilen hoffte, denn ich sollte mit ihm verbunden werden. Mißverständnisse aus den edelsten

Beweggründen trennten uns.” (XVI) Wieland war mit der Charakteristik “Freundschaft” wohl nicht ganz zufrieden, den im  Text merkt er an “ Was für eine Art von Freundschaft es war, können unsere Leser

oder Leserinnen, wenn sie Lust haben, aus einem vor vielen Jahren an Psyche gerichtete Gedichte, die erste Liebe betitelt, ersehen. W.”

Georg Michael La Roche,  wohl der illegitime Sohn des Grafen Anton Friedrich von Stadion, hält um Sophies Hand an. Sophies Vater hatte bei seiner Wiederverheiratung

seinen Stiefsohn als Erben ein. Sophie brauchte also jemanden der sie versorgte. Außerdem war sie inzwischen 23, höchste Zeit also unter die Haube zu kommen zumal zwei geplatzte Verlobungen die Chancen auf

dem Heiratsmarkt nicht gerade verbesserten. Zwar war auch La Roche katholisch, aber der Vater leistete nun keinen Widerstand mehr. Sophie stellte gleich zu Anfang die Verhältnisse klar. Sie erklärte ihrem Mann, dass

sie ihn nicht liebe, aber schätze und dass sie Bianconi und Wieland nicht vergessen könne. In der Tat besteht die Verbindung zwischen Wieland und Sophie das ganze Leben.

Wieland war auf die Lösung der Verlobung zunächst tief betroffen. Am 20. März 1754 schreibt er an Sophie. Darin vermutet er, dass wohl Briefe von ihm zurückgehalten worden waren, womit er ja nicht Unrecht

hatte. Er sagt, dass er Verständnis für Sophies Entscheidung habe. Er drückt aber die Hoffnung aus,” dass Sie meinen Vorschlag von Fortsetzung unser innerlichen und geistigen Verbindung, und wo es seyn kann

auch unseres Briefwechsels annehmen werden”. Beides geschah ja. Er lässt sich auch Herrn La Roche empfehlen und ihm versichern, “ dass ich gegen denjenigen, den Sie als Gemahl lieben, nicht anders als eine besondere Hochachtung tragen kann”.

Nach der Eheschließung schreibt er am 19. März 1754 an La Roche selbst. Dabei drückt er die Hoffnung aus, dass La Roche Sophie glücklich machen wird.

Sophie erkennt die Vorzüge, die für sie in der Ehe mit La Roche liegen.”Durch meine Verbindung mit La Roche ward ich in dem gräfl. Stadionschen Hause mit dem Werthe der glänzenden Vorzüge des Adels bekannt,

die ich täglich in allem vor mir hatte und da mein Mann neben Churmainzischen Kabinettsgeschäften auch die Oberdirektion aller großen Besitzungen der Stadionschen in Schwaben,  Böhmen und Wirtenberg hatte…” (S.XVIII)

Das junge Paar zieht nach Mainz. Dort arbeitet La Roche für den Grafen von Stadion. Er wurde von dem kurmainzischen Oberhofmeister mit der Abfassung von Depeschen betraut, keine schlechte Vorbereitung für seine spätere

Tätigkeit am kurtrierischen Hof.

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In Mainz bildet sie sich zunächst weiter. Sie liest Voltaire und Diderot. Graf von Stadion hatte ja auf seiner Kavalierstour Voltaire persönlich kennengelernt und Wieland las Voltaire ja auch. Er wird ja immer wieder als deutscher Voltaire

bezeichnet. Sie kümmerte sich um die französische Korrespondenz ihres Mannes. Sie lernte aber auch englisch. So konnte sie dem Grafen die neuesten Nachrichten gleich übersetzen. In Mainz werden drei ihrer Kinder

geboren, Maximiliane 1756, Fritz 1757 und Luise 1759. Graf von Stadion zog sich 1761 aus der kurmainzischen Politik zurück und übersiedelte auf sein Schloss in Warthausen. Die Familie La Roche ging von Mainz mit nach Warthausen.

Frank La Roche verwaltete die gräflichen Güter. Ihre Warthausener Zeit wird Sophie später als ihre glücklichste Zeit bezeichnen. Wieland war 1760 wieder nach Biberach zurückgekehrt und dort erst Senator, dann aber Kanzleiverwalter geworden.

Sophies Schwester Katharina hatte 1753 den Biberacher Kanzleiverwalter und späteren Bürgermeister Johannes von Hillern geheiratet. Nicht zuletzt ihrem Einfluss hatte es Wieland zu verdanken, dass er nach Biberach gerufen wurde und dort dann

zum Kanzleiverwalter gewählt wurde.  Am Warthausener Hof traf sich ein kleiner aufgeklärter Zirkel zu geistvollen Gesprächen. Die Runde wurde später als Warthauser Musenhof bezeichnet. Wieland war oft zu Gast, aber auch Sebastian Sailer,

der wortgewaltige Prediger aus dem nahen  Prämonstratenser Kloster Obermarchtal, Maria Maximiliana von Stadion, die Tochter des Grafen und später die letzte Fürstäbtissin vom Damenstift Buchau und der Warthauser Pfarrer

Ignaz Valentin Heggelin. Der Warthauser Hof war sicher ein Vorbild für Sophies späteren Kreis in ihrem Haus in Ehrenbreitstein. Und sie nutze die Bibliothek “und versäumte auch sonst keine Gelegenheit,in der prächtigen Bibliothek

des Grafen Stadion etwas Nützliches oder Schönes bemerken konnte” (S. XVIII,XIX)

Als Graf  Anton Heinrich Friedrich verstarb am 26. Oktober 1768 in Warthausen verstarb, zog die Familie von La Roche nach Bönnigheim,wo die Familie von Stadion auch ein Schloss hatte. Frank La Roche war mit Conrad von Stadion,dem Sohn

des verstorbenen Grafen nicht klar gekommen und er war auf eine Oberamtmannstelle in Bönnigheim abgeschoben worden. Nachdem er vorher praktisch die rechte Hand des Grafen war, empfand er das natürlich als Abstieg. Aber schon in Warthausen

hatte er den  Freiherrn Franz Eustach von Hornstein kennengelernt. Seine Besitzungen lagen  in der Nähe von Warthausen. Von Hornstein war Mitglied der Domkapitel von August und Freising. In Trier war Clemens Wenzeslaus von Sachsen 1768 Erzbischof

und Kurfürst von Trier geworden. Von 1763 bis 1768 war er Fürstbischof von Freising. 1768 war er auch Bischof von Augsburg geworden. Bei den Bischofswahlen in Freising und Augsburg hatte er von Hornstein kennengelernt.

Hornstein schlug Clemens Wenzeslaus vor, La Roche als Wirklichen Geheimen Rat in die Regierung aufzunehmen. La Roche lernte Clemens Wenzeslaus Anfang 1771 auf einer Reise nach Augsburg persönlich kennen. Er entschied sich endgültig für das Trierer

Angebot und zog Ende März nach Ehrenbreitstein

Auch für Sophie war Bönnigheim mehr als gewöhnungsbedürftig. Der geistreiche Zirkel fehlte ihr. Neue Freunde fand sie kaum. Nur Johann Jakob Brechter (1734-1772), Pfarrer im drei Stunden entfernten Schwaigern bei Heilbronn war ihr Vertrauter.

Er hatte pädagogische Schriften verfasst, zum Beispiel “Briefe über den Aemil des Herrn Rousseau”. Schon in Warthausen war ihre Kinder auf Empfehlung des Grafen Stadion zur Erziehung weggeben. Und da er ja eigentlich der Großvater war, hatte er sicher ein

gewichtiges Wort mit zu reden. Maximiliane und Luise wurden in Straßburg in einem Kloster erzogen, Fritz in Erfurt wo Wieland dank der Protektion durch Graf von Stadion mittlerweile Professor war. In Warthausen hatte Sophie zum Zeitvertreib zu

schreiben begonnen. Pfarrer Brechter ermunterte sie nun weiter zu schreiben, um ihres Kummers Herr zu werden. Nicht nur für Sophie war Brechter wichtig. Er hat auch zusammen mit ihrem Mann die “Briefe über das Mönchswesen” geschrieben,

die 1771 anonym erschienen.

Wieland macht sich ebenfalls stark für Sophies Roman. 1770 schreibt er ihr ohne Datum”Allerdings beste Freundin, verdient Ihre Sternheim gedruckt zu werden; und sie verdient es nicht nur; nach meiner vollen Überzeugung erweisen sie Ihrem Geschlecht

einen wirklichen Dienst dadurch. Sie soll und muß gedruckt werden, und ich werde Ihr Pflegevater seyn” (zitiert nach MDZ Reader Bayrische Staatsbibliothek digital, Briefe an Sophie von La Roche, S.125) Er gibt dann noch einige Details, wie die Ausgabe aussehen

soll.

“Die Geschichte des Fräuleins von Sternheim – von einer Freundin derselben aus Original-Papieren und anderen zuverlässigen Quellen gezogen” , so lautete der  Originaltitel des Werkes, das in zwei Teilen erscheint, der erste Teil im Juni 1771, der zweite im

September/Oktober. Herausgeber ist Christoph Martin Wieland. Zwar war es anonym erschienen, enthielt aber doch so viele Hinweise auf die Autorin, dass deren Name bald bekannt war. Sophie wurde schlagartig berühmt und “zur ersten deutschen Dichterin”.

Es war eine glückhafte Wendung für die Familie La Roche. Frank La Roche machte rasch Karriere. Er hatte ein gutes persönliches Verhältnis zum Trierer Erzbischof. 1773 erhielt er den Rang eines Wirklichen Geheimen Staatsrat. 1774 wurde er Regierungskanzler

und zusammen mit Hornstein und Christoph Philipp Freiherr von Hohenfeld gehörte er zu den entscheidenden Ratgebern des Kurfürsten. Sophie nun berühmte Schriftstellerin konnte in Ehrenbreitstein einen literarischen Salon

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unterhalten. Goethe beschreibt ein solches Treffen im 13. Buch von Dichtung und Wahrheit  “Sie war die wunderbarste Frau, und ich wüßte ihr keine andre zu vergleichen. Schlank und zart gebaut, eher groß als klein, hatte sie bis in ihre höheren Jahre eine gewisse

Eleganz der Gestalt sowohl als des Betragens zu erhalten gewußt, die zwischen dem Benehmen einer Edeldame und einer würdigen bürgerlichen Frau gar anmutig schwebte. Im Anzuge war sie sich mehrere Jahre gleich geblieben. Ein nettes Flügelhäubchen stand

dem kleinen Kopfe und dem feinen Gesichte gar wohl, und die braune oder graue Kleidung gab ihrer Gegenwart Ruhe und Würde. Sie sprach gut und wußte dem, was sie sagte, durch Empfindung immer Bedeutung zu geben.”

Sie empfängt bedeutende Künstler und Literaten. Johann Bernhard Basedow (1724-1790) war da. Er war 1771 nach Dessau berufen worden und wollte dort das Philanthropinum gründen eine „Pflanzschule der Menschheit“, in der Kinder verschiedener Herkunft im

Sinne des aufklärungspädagogischen Gedankenguts (standesgemäß) erzogen werden sollten. Er hatte 1774  er mit Goethe und Lavater eine Lahnreise unternommen und war möglicherweise bei dieser Gelegenheit bei Sophie in Ehrenbreitstein gewesen zumal

auch Lavater zu Sophies Gästen zählte. Lavater war Pfarrer Philosoph und Schriftsteller aus der Schweiz.Lavater besuchte Collegium Carolinum in Zürich, wo u.a. Johann Jakob Bodmer sein Lehrer war. Wieland weilte ja ab 1752 auf Einladung Bodmers

in der Schweiz.Also auch hier gab es Querverbindungen. Auch die Gebrüder Jacobi verkehrten in Sophies Salon. Johann Georg gab 1731 mit Wieland den Teutschen Merkur heraus. Sein Bruder Friedrich Heinrich war hauptsächlich als Philosoph tätig.

Er arbeitete ab 1804 zusammen mit Schelling an der Bayrischen Akademie der Wissenschaften. Auch Johann Jakob Wilhelm Heinse war bei Treffen dabei. Er kam auf Fürsprache von Wieland in den Dichterkreis um Gleim.

Modern gesprochen könnte man sagen, dass der Salon von Sophie La Roche wie ein Netzwerk wirkte. In diesen Ehrenbreitsteiner Tagen – Goethe war gerade 22 Jahre alt, wurde er durchaus als Hochzeitskandidat für Maximiliane, Sophies

älteste Tochter gehandelt. Er wurde zwar nicht Maximilianes Gemahl, aber die schwarzen Augen Lottes im Werther gehen auf Maximiliane zurück.

Wieland kam 1771 nach Ehrenbreitstein und besuchte Sophie. Friedrich Heinrich Jacobi war bei der Begegnung dabei und hatte sie geschildert:”Wieland – Wieland – O ja, Sie sind es, Sie sind noch immer mein lieber Wieland!‹ – Wieland, von dieser rührenden

Stimme geweckt, richtete sich etwas in die Höhe; blickte in die weinenden Augen seiner Freundin, und ließ dann sein Gesicht auf ihren Arm zurücksinken. Keiner von den Umstehenden konnte sich der Tränen enthalten”

Bevor wir in Sophies Leben weiterfahren, werfen wir einen Blick auf den Roman, der so viel Furore machte:

 

Das Fräulein Sternheim

Buch Frl. Sternheim

Wieland war ja der Herausgeber von Sophie von La Roches “Das Fräulein Sternheim” oder “geistiger Ziehvater” wie er in seinem Brief an Sophie geschrieben hatte. Das war nur folgerichtig, denn im 18. Jahrhundert hatten Frauen weder das Recht,

noch die Möglichkeit ohne einen  männlichen Mentor irgendetwas zu veröffentlichen. Und auch die Form des Briefromans bot sich, denn der Brief stellte eine gebilligte Form sprachlicher Aktivität der Frau dar. Hier bewegte sich eine Frau auf

vertrautem Terrain. Sophie hatte mit ihrem Roman ja durchaus eine pädagogische Absicht, nämlich die Erziehung des weiblichen Geschlechts.

Der Roman ist in zwei Teile gegliedert. Ihm wird der Herausgeberbericht Wielands vorangestellt. Er gibt darin vor, die Herausgabe sei ohne Wissen der Autorin geschehen.Er erwähnt mit Richardson und Fielding Vorgänger. Das Fräulein Sternheim

lehnte sich ja durchaus an Richardsons Pamela an, die auch für Goethes Werther Vorbild war. Er preist die Vorzüge aber auch Schwächen des Romans und nimmt so möglicherweise aufkommende Kritik schon vorweg.

Die Geschichte beginnt mit Sophies Vorgeschichte, Sophies Eltern. Ihr Vater war ein englische Offizier, ihre Mutter eine englische Baronesse, die nicht standesgemäß geheiratet hatte, denn Sternheim war erst später aufgrund

seiner persönlichen Verdienste geadelt worden. Sophie wird nach christlichen Werten erzogen. Als das Mädchen neun ist, stirbt ihre Mutter. Nun ist hauptsächlich der Vater für ihre Erziehung verantwortlich. Sie durchläuft den für Mädchen typischen

Bildungsgang, wird aber auch anhand von Rechnungsbüchern ihrer Mutter zum Beispiel mit der Leitung eines Guts vertraut gemacht. Als Sophie 19 ist, stirbt auch ihr Vater und sie muss zu ihrem Onkel und ihrer Tante. Die Gräfin Löbau

war die Schwester ihrer Mutter. Die Gräfin hatte damals die Heirat ihrer Schwester mit einem Bürgerlichen schwer missbilligt. Nun aber bringen die beiden Sophie am Hofe unter. Sie versuchen sie zur Mätresse des Fürsten zu machen,

weil sie sich daraus persönliche Vorteile versprechen.Den weiteren Verlauf erfahren wir aus Briefen der Akteure. Da ist einmal Sophie selbst, dann zwei englische Adlige, Lord Seymour und Lord Derby. Die tugendhafte Sophie verabscheut die Umgangsformen des

Hofs. Lord Seymour erscheint in Sophies Briefen als tugendhaft. Bei einem Hoffest bestätigt sich scheinbar das Liebesverhältnis zum Fürsten. Sie wird öffentlich verleumdet. Lord Derby bietet Sophie als Ausweg eine heimliche Ehe an.

In einem Brief an seinen Freund in Paris legt er diesem seine niederträchtigen Pläne dar. Er inszeniert eine Trauung, bei der sein Diener als Pfarrer verkleidet, die Trauung vornimmt. Damit endet der erste Teil.

Lord Derby hatte Sophie verlassen, aber ihr vorher noch seine gemeine Tat enthüllt.

Sophie lebt nun in ihrer neuen selbstgewählten Identität als Madame Leiden. Sie war zu ihrer Freundin Emilia, an die alle Briefe Sophies gerichtet sind gezogen. Mittlerweile war sie völlig verarmt, da sie in ihrer Gutmütigkeit

für drei Jahre alle Einkünfte ihres Gutes an die Gräfin Löbau abgetreten hat. Sie verkauft ihre Brillanten mit Bildnissen ihrer Eltern. Sie lebte von den Zinsen. Sie tut aber weiter Gutes und unterrichtet arme Mädchen an einer Gesindeschule von

Madam Hill. Auf einer Badereise in Spaa lernt sie Lady Summers kennen. Sie folgt dieser als Gesellschafterin nach England. Als Gutsnachbar lebt dort Lord Rich, der sich in Sophie verliebt. Sophie ist zurückhaltend aber nicht abweisend.

Doch Sophies Leiden sind noch nicht zu Ende. Denn der Schurke Derby tritt wieder auf den Plan. Zufällig hatte er eine Nichte von Lady Summers geheiratet. Er fürchtet entlarvt zu werden und lässt Sophie deshalb entführen. Er bringt sie bei einer armen Familie in

Schottland unter. Sie ist von der Außenwelt abgeschnitten und kann deshalb keine Briefe mehr schreiben. Aber ihre Gedanken hält sie in einem Tagebuch fest.Nun kommt eine neue Gattungsvariante zum Tragen. Nicht mehr Briefe sondern

Tagebucheinträge werden nun wiedergegeben. Daraus erfahren wir, dass sie eine erneute Werbung von Lord Derby zurückgewiesen hat. Der Diener misshandelt Sophie schwer. Sie ist dem Tode nahe. Der mitleidige Wärter bringt die Schwerverletzte auf

ein nahegelegenes Schloss einer Gräfin. Derby aber meldet er den Tod Sophies. Lord Seymour, der inzwischen von der Intrige und Verleumdung erfahren hatte und Lord Rich, der wie sich herausstellt der ältere Bruder von Lord Seymour ist,

machen sich auf den Weg nach Schottland, um das Grab der toten Sophie aufzusuchen. Sie ist aber nicht tot, sondern lebt im Haus der Gräfin. Lord Rich verzichtet edel und großmütig zugunsten seines Bruders auf die Hand Sophies. Ihre

Tugend wird mit ihrer zukünftigen Rolle als Gattin und Mutter belohnt.

Auf Richardsons Pamela wurde schon hingewiesen. Auch Das Leben der Schwedische Gräfin von G… (1747-48) von Christian Fürchtegott Gellert oder La Nouvelle Héloïse (1761) von Jean-Jacques Rousseau waren Vorgänger.

Bei allen drei war die verführte Unschuld  Leitmotiv des Briefromans. Aber Sophie von Sternheim findet sich nicht passiv mit ihrem Schicksal ab. “Im Gegensatz zu ihren Zeitgenossinen überwindet Sophie von Sternheim ihr

Unglück durch soziale Aktivität und Wohltätigkeit. Ihr aktives und selbstbewußtes Handeln unterscheidet sie hauptsächlich von anderen empfindsamen Heldinnen und prägt sie als individualisierter Charakter innerhalb der

festgelegten Weiblichkeitsschablonen.” (Dolors Sabaté Schöne Seele, denkender Körper: Das Weiblichkeitsbild in Sophie Geschichte des Fräuleins von Sternheim Revista  de Filología Alemana 2000 8,S.138)

Gleich im Erscheinungsjahr mussten drei Auflagen gedruckt werden. Fünf weitere folgten in den nächsten 15 Jahren. Und es gab Übersetzungen ins Französische, Englische, Holländische und Russische.

Sophie von La Roche hatte begeisterte Leser. Aber auch die Literaturkritik äußerte sich sofort positiv. Goethe verfasste in den “Frankfurter Gelehrten Anzeigen” eine Rezension. Darin schrieb er, dass sich viele “ungebetene Beurtheiler”

eingefunden hätten, der “Mann von der großen Welt, dessen ganze Seele aus Verstand gebaut ist”, dann “ der Schönkünstler” “der Kritiker” und schließlich “der fromme Eiferer” und dann fährt er fort: “allein alle die Herren irren sich,

wenn sie glauben, sie beurteilen ein Buch- es ist eine Menschenseele; und wir wissen nicht, ob diese vor das Forum der großen Welt, des Aesthetikers, des Zeloten und des Kritikers gehört.” (Goethes Werke, Vollständige Ausgabe letzter Hand, Bd.33 S. 51).

Auch Herder äußert sich in einem Brief an Johann Heinrich Merck, dem Herausgeber der “Frankfurter Gelehrten Anzeigen”begeistert. Allerdings kommt Wieland hier ziemlich schlecht weg. Herder hebt sie ab gegenüber Richardsons Clarissa und sagt:

“ sie ist für mich einzig und weit mehr als Clarisse mit all ihren herausgewundenen Thränen. Dies ist auch etwas, was ihr ewigen Werth geben wird- nur Wielands Noten sind abscheulich.- Ich weiß nicht, ob der elendste Commentator je  so

zuwider dem Sinne seines Autors glossirt als dieser: Sternheim, ein Engel vom Himmel, der uns Glauben an die Tugend durch sich selbst predigt, und Er, ich mags nicht sagen!” Herder in Briefe an Johann Heinrich Merck von Goethe, Herder, Wieland und andern

S.29. Gegen Ende des Jahrhunderts ließ die Begeisterung für das Fräulein Sternheim nach, bis er allmählich in Vergessenheit geriet. Heute sieht die moderne feministisch geprägte Literaturwissenschaft in Sophie von La Roche mehr als die Verlobte Wielands und die

Freundin des jungen Goethes oder die Großmutter der Romantiker Bettina und Clemens von Brentano.

Sophie sagt selbst dazu: “Mein erster Versuch, die Geschichte des Fräulein von Sternheim, ist die Frucht des größten Unmuts, welchen ich damals empfinden konnte. Ich trennte mich ungern von meinen beiden Töchtern, welche durch Zwang der Umstände

in Straßburg bei St. Barbara erzogen wurden, und ich sprach öfters davon in einem Tone voll Trauer mit meinem zu früh verstorbenen Freund Brechter, Prediger in Schwaigern bei Heilbronn, einem an Verstand und Herzen so vortrefflichen Manne,

welcher das Urbild aller Pfarrherren war, die so oft in meinen Erzählungen vorkommen, so wie seine Frau das Modell von meiner Emilie in meiner Sternheim ist.” (S. XXIV,XXV). er sagt ihr,dass es nicht gut sei, dass dieser Kummer an ihr nagt

und er empfiehlt ihr: “Wissen Sie was: Bringen Sie alles, was Sie mir von Zeit zu Zeit zu Ihrer Erleichterung mündlich sagen, so wie Ihre Ideen sich folgen, genau zu Papier…. üben zugleich Ihren Geist und erfüllen Ihre durch Abwesenheit Ihrer Töchter

einsame Stunden”.(S. XXVI) und weiter ”-Doch ich wollte nun einmal ein papiernes Mädchen erziehen, weil ich meine eigenen nicht mehr hatte und da half mir meine Einbildungskraft aus der Verlegenheit und schuf den Plan zu Sophiens

Geschichte. – Ihre Aeltern erhielten den Charakter der meinigen;” (S. XXVII)

Zurück nach Ehrenbreitstein. Die Familie von La Roche war ganz oben angekommen.  Frank von La Roche war kurtrierischer Kanzler, Sophie geachtete und gesuchte Schriftstellerin. 1776 wurde Frank von La Roche in den Reichsadel

erhoben- aufgrund seiner eigenen Tüchtigkeit und nicht aufgrund der Geburt, obwohl sein Vater ja dem Adel angehört hatte, aber La Roche eben nicht als legitimen Sohn anerkannt hatte. Allerdings folgte kurz danach ein

tiefer Sturz. 1780 wurden die beiden Minister Hornstein und Hohenfeld gestürzt. Kurz darauf folgte ihnen La Roche nach. Inzwischen war heraus gekommen, der Verfasser  der “Briefe über das Mönchswesen” war. Das war willkommener Anlass, ihn

vollends zu diskreditieren. Baron von Hohenfeld war nach Speyer in sein Haus gezogen und hatte auch die Familie La Roche nach Speyer geholt. Dort verbrachte die Familie sechs Jahre.

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Die Familie stürzte nicht ins finanzielle Elend, wie das manches Mal so durchklingt. Frank La hatte immer noch die einträgliche Stelle eines Zollschreibers inne, die er bis an sein Lebensende behielt. Auch bezog er zeitlebens eine Pension.

Was für ihn sicherlich wesentlich problematischer war, die Verdammung zur Untätigkeit. Das hatte ihm in seiner Zeit in Bönnigheim am meisten zu schaffen gemacht, und er war ja gewohnt, zu arbeiten und zu gestalten.

Das hatte er schon in den Diensten des Grafen von Stadion in Mainz und Warthausen bewiesen und erst recht natürlich als kurtrierischer Konferenzminister. Was sicherlich auch ein Problem war, Sophie war ja schon erfolgreiche

Schriftstellerin aber Frank von La Roche wollte nicht, dass seine Frau einer Verdienstarbeit nachging. Aber Sophie schrieb eifrig und erfolgreich weiter.

Wenden wir uns noch kurz den Kindern der Familie von La Roche zu.  In Renate Feyls Roman die “Profanen Stunden des Glücks” wird sehr schön geschildert, wie Sophie bemüht war, ihre Töchter vor allem wirtschaftlich

abgesichert unter die Haube zu bringen. Und obwohl sie ja selbst auf ihrem Lebensweg mit ihren Verlobungen durchaus einschlägige Erfahrungen gemacht hatte, war es wohl so, dass ihre Vorstellungen, was gut für die Töchter ist,

den Ausschlag gaben. Maximiliane heiratete 1774 den reichen Witwer und Kaufmann Peter Anton Brentano. Aus seiner Ehe mit Paula Maria Josefa Walpurga Brentano-Gnosso hatte er 6 Kinder als die Frau 1770 verstarb.

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Der Ehe mit Maximiliane entsprossen 12 Kinder, von denen 4 erwähnt sein sollen. Der älteste Georg wurde 1775 geboren. Er führte zusammen mit seinem Halbbruder Franz das Handelshaus Brentano, das sich ab 1830 auf das Bankgeschäft konzentrierte. Er schuf in

Frankfurt-Rödelheim einen großen Landschaftspark. 1776 wurde Sophie geboren. Sie starb sehr jung 1880 als sie zu Wieland in Ossmannstedt zu Besuch war und ist dort bestattet. Clemens folgte 1778. Sein Taufpate war noch der Trierer

Kurfürst. Clemens wurde zum Schriftsteller der Romantik. Bekanntestes Werk ist die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn zusammen mit Achim von Arnim. Bettina, das 7. Kind Maximilianes lernte in Frankfurt den literarischen Arbeitskollegen

von Clemens kennen. Sie heirateten 1811 und waren bis zum Tode Achims 1831 verheiratet.

Maximiliane starb kurz nach der Geburt ihres 12. Kindes 1793. Maximilian hatte zwar dank der Heirat mit einem sehr reichen Mann einen gewissen Lebensstandard erreicht, aber ihren künstlerischen Ambitionen hatte sie entsagen müssen.

Goethe wunderte sich etwas über Sophie, die ihre älteste Tochter nach Frankfurt verheiratet hatte,” … und konnte sich nicht recht in den Zustand finden, den sie doch selbst ausgewählt hatte. Anstatt sich darin behaglich zu fühlen, oder zu irgend einer Veränderung

Anlaß zu geben, erging sie sich in Klagen, so daß man wirklich denken mußte, ihre Tochter sei unglücklich, ob man gleich, da ihr nichts abging und ihr Gemahl ihr nichts verwehrte, nicht wohl einsah, worin das Unglück eigentlich bestünde “ (Dichtung und Wahrheit

13. Buch). aber er konnte es auch nachempfinden “weil sie sich auch in ihre neue Umgebung nicht zu finden wußte und, obwohl mit Glücksgütern gesegnet, aus dem heiteren Thal-Ehrenbreitstein und einer fröhlichen Jugend in ein düster gelegenes Handelshaus

versetzt, sich schon als Mutter von einigen Stiefkindern benehmen sollte.” (Goethe imselben Absatz).

Luise Sophies zweite Tochter, war 1779 an den kurtrierischen Hofrat Joseph Christian von Möhn verheiratet worden. Im Bekanntenkreis der Familie La Roche stieß das auf blankes Unverständnis vor allem Goethes Mutter ließ sich darüber recht scharfzüngig aus.

So schrieb sie an an Herzogin Anna Amalia in Weimar: “Theureste Fürstin ! Könte Docter Wolf den Tochtermann sehen, den die Verfasserin der Sternheim Ihrer zweyten Tochter Louise aufhengen will; so würde Er nach seiner sonst löblichen Gewohnheit mit den

Zähnen knirschen, und gantz Gottloß fluchen. Gestern stellte Sie mir das Ungeheuer vor – Großer Gott ! ! ! Wenn mich der zur Königin der Erden / : Americka mit eingeschloßen : / machen wolte; so – ja so – gebe ich Ihm einen Korb – Er sieht aus – wie der Teufel in

der 7 ten Bitte in Luthers kleinem Catesichmus [!]– ist so dumm wie ein Heu Pferd – und zu allem seinem seinem[!] Unglück ist Er Hoffrath – Wann ich von all dem Zeug was begreife; so will ich zur Auster werden. Eine Frau wie die la Roche von einem gewiß nicht

gemeinem Verstand, von zimlichen Glücksgütern, von Ansehn, Rang u.s.w. die es recht drauf anfängt Ihre Töchter unglücklich zu machen – und doch Sternheime und Frauenzimmer Briefe schreibt – mit einem Wort, mein Kopf ist wie in einer Mühle. Verzeihen Ihro

Durchlaucht, daß ich Ihnen so was vor erzähle, ich habe aber eben das Awentheuer vor Augen – und die Thränen der guten Louise kan ich nicht ausstehn.” (Catharina Elisabeth Goethe, Brief an Anna Amalia Herzogin von Sachsen-Weimar und Eisenach, Frankfurt am

Main, 11. April 1779, zit. nach: Leis u. a. 1996, S. 95 f.) Allerdings war der Hofrat Alkoholiker was sich erst später herausstellte. Er musste aus seiner Stellung am Revisionsgericht in Koblenz ausscheiden. Louise trennte sich von ihrem Mann und zog 1789 zu ihrer

Mutter nach Offenbach. Auch ihre Ehe war nicht glücklich.

Der älteste Sohn Fritz, er war wohl das Ebenbild seines Vaters, wurde zu Wieland nach Erfurt zur Erziehung gegeben. Wieland war inzwischen dort Professor. Fritz wurde dann Kavallerieoffizier in französischen Diensten. Er nahm 1780 am amerikanischen

Unabhängigkeitskrieg teil. Dort zeichnete sich aus nahm aber seinen Abschied. Er diente dann in den Gardes francaises. Bei einem Urlaub, den er mit einem Kameraden, einem holländischen Edelmann in Holland machte, lernte er eine junge Witwe kennen. Sie

heirateten bald. Sophie und ihre Schwiegertochter Elsy  de l’Espinasse verstanden sich bestens. Die Frau von Fritz war sehr vermögend. So könnte er einen Teil der dritten Schweizreise von Sophie finanzieren. Fritz und Elsy wanderten nach Amerika aus. Allerdings

verschleuderte Fritz in Amerika fast das ganze Vermögen seiner Frau. Die Ehe zerbrach. Sophie litt stark darunter, dass er seine Frau in eine solche Lage gebracht hatte. Sie schrieb an Elsy: ”Sie und Ihre Kinder in einer so grausamen Lage, durch meinen Sohn ! O

meine Elsy ! Nichts kann ausdrücken, was ich durch Ihre Situation und meine Machtlosigkeit leide” Sophie von La Roche, Brief an Elsy von La Roche, Offenbach am Main, 17. Oktober 1797, zit. nach Maurer , S. 365. Fritz kehrte späte nach Europa zurück gilt aber als seit

1814 in Russland verschollen.

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Sophies zweiter Sohn Carl Georg war in preussische Staatsdienste getreten . 1786 arbeitete er als Bergrat im Salzbergbau in Schönenbeck bei Magdeburg. Später zog er mit seiner Familie dort verstarb er 1839 als Oberbergrat.

Sophies jüngster Sohn Franz wurde 1768 geboren. Er war ihr Lieblingssohn und er war das einzige Kind, das sie selbst gestillt hatte. Er kam 1784 nach Colmar. Dort hatte Gottlieb Konrad Pfeffel seine „École militaire“  gegründet,

eine Erziehungsanstalt für protestantische Knaben. Die Zöglinge waren meist aus dem Adel und kamen aus Frankreich, der Schweiz und Deutschland. Aus ihr gingen hohe Militärs, Verwaltungsbeamte und Diplomaten der Revolutions- und Direktorialzeit

hervor. Im Gegenzug nahm Sophie die fünfzehnjährige Tochter Pfeffels, Peggi, zu sich nachhause, um sie bei sich auszubilden. Die Erziehungsziele orientierten sich an Rousseau. Nach seiner Zeit in Colmar studierte Franz Forstwirtschaft

in Marburg. 1791 hatte er eine Stelle als Forstbeamter am Hof zu Hessen-Darmstadt erhalten, aber kurz nachdem er seinen Dienst angetreten hatte, verstarb er an einer Darmentzündung im alter von nur 23 Jahren. Sophie war tief betrübt und hat diesen Schicksals-

schlag nie verwunden. Das war der zweite schwere Schicksalsschlag, den sie zu ertragen hatte. Die Familie war 1786 von Speyer nach Offenbach übergesiedelt. Kurz vor der Übersiedlung hatte Frank von La Roche einen Schlaganfall erlitten. Von den Folgen erholte

er sich langsam. doch dann erlitt er kurz hintereinander mehrere Schlaganfälle. Sophie pflegte ihren Mann nun fast zwei Jahre. Er verstarb am 23.11.1788 und wurde auf dem katholischen Friedhof in Bürgel bestattet und nur drei Jahre später wurde

Franz neben seinem Vater beerdigt.

Gehen wir zurück nach Speyer, nachdem wir uns mit Sophies Familie beschäftigt haben. In Speyer begann  Sophie mit der Herausgabe der Zeitschrift: „Pomona für Teutschlands Töchter“ “An meine Leserinnen. Das Jahrbuch der

Denkwürdigkeiten für das schöne Geschlecht-zeigen meinen Leserinnen, was teutsche Männer uns nützlich und gefällig achten. Pomona — wird Ihnen sagen,was ich als Frau dafür halte-“ so schrieb Sophie im Vorwort des ersten Heftes ihrer

Zeitschrift. Sie schreibt dann weiter “Gelehrsamkeit,meine Liebe! Sollten sie nicht darinn finden, einmal, weil ich selbst keine besitze,…” (1.Heft Seite 13) Wir wissen ja, dass Sophie eine umfassende Ausbildung erfahren hatte. Aber es war ja nicht schicklich

für eine Frau, mit ihrer Bildung zu prahlen. Auch der Name wurde genannt und erklärt: “Mein Büchelgen soll Pomona heißen—diese ist die Göttin des Herbsts. Ich bin in dem Herbst meines Lebens, und der Entwurf dazu entstand in dem Herbst—“

(S.14/15) Sie erschien von Januar 1783 bis Dezember 1784 als Monatsschrift. Die Hefte hatten einen Umfang von ca. 100 Seiten und hatten sofort eine enorme Resonanz, was sicher damit zusammenhängt, dass Sophie von La Roche eine der

bekanntesten Autorinnen ihrer Zeit war.Pomona hatte sofort eine große Anzahl von Abonnenten. Die Liste der  ist lang: Rund siebenhundert Namen sind verzeichnet, nicht nur Frauen, auch Männer. Leser aus dem Bürgertum wie aus den aufgeklärten Kreisen des

Adels bestellen ihre Monatszeitschrift, die bekannteste Abonnentin ist sicherlich die russische Zarin Katharina die Große, sie abonnierte gleich 500 Exemplare. Billig ist sie nicht.4 Gulden und 30 Kreuzer Reichsgeld soll sie kosten. Das ist der Lohn eines

Kochs für drei Monate oder es deckte die Miete für ein bescheidenes Zimmer für zwei Monate.Einige Artikel erscheinen durchgängig, zum Beispiel “Die Briefe an Lina” und die “Moralischen Erzählungen”. Das zweite,vierte, sechste und achte Heft des Jahrgangs 1783

ist jeweils einem bestimmten Land gewidmet, nämlich Frankreich, England, Italien und Deutschland. Das hatte Sophie aber schon im ersten Heft angekündigt. Das Konzept von Pomona ist durchaus modern, Betrachtungen über weibliche Erziehung,

Haushaltsführung aber auch Reiseberichte. Auch über Literatur, Kunst und Musik wurde berichtet. Einen breiten Raum nahmen die Leserzuschriften ein, die ausführlich beantwortet wurden. Auch die direkte Ansprache des Lesers, bzw. der Leserin

ist ja durchaus in heutigen Zeitschriften noch üblich. Nach nur zwei Jahren stellte Sophie La Roche die Zeitung wieder ein. Warum ist nicht ganz klar. Es war aber sicherlich sehr arbeitsaufwendig, zumal die Herausgeberin die meisten

Beiträge selbst verfasste. Was ihr möglicherweise zu schaffen machte, waren die vielen Raubkopien, die den wirtschaftlichen Erfolg doch schmälerte. Aber sie konnte die Ausbildung ihrer beiden Söhne finanzieren, was ihren Mann alles andere als begeisterte.

In Speyer starte Sophie auch ihre 3. Karriere. Sie war mittlerweile über 50 Jahre alt und startete von Speyer aus auf ihre Reisen in die Schweiz, die Niederlande, Frankreich und England und sie berichtete darüber. So wurde sie zur ersten Reiseschriftstellerin

Deutschlands. Ihre Art zu schreiben unterschied sich durchaus von den gängigen spröden Reisebeschreibungen ihrer Zeitgenossen. Sie war ja versierte Autorin, die die literarischen Techniken beherrschte. Schon bei der Pomona hatte sie ihr journalistisches

Talent bewiesen und auch bei ihre Reiseberichten zeigte sie, dass sie offensichtlich wusste, was ihr Publikum gern liest.Sie schreibt oft regelrecht mitreissende Reportagen.

Zu ihren Reisen bemerkt Sophie: “Meine Reisen sind reine treue Erzählung dessen, was ich bei dem entzückenden Genusse des Anblicks von tausend Schönheiten der Natur und Beobachtung guter Menschen, Arbeiten und Handlungen,

dacht und empfand;” (S. XXXVIII)

1787 und  erschienen “Tagebuch einer Reise durch die Schweitz” und Journal einer Reise durch Frankreich und 1788 Tagebuch einer Reise durch Holland und England und schließlich 1793 Erinnerungen aus meiner dritten Schweizerreise.

Als Sophie aus England zurückkehrte war ihr Mann nach Offenbach umgesiedelt. Mit Hilfe seines Schwiegersohns Peter Anton Brentano hatte die Familie ein Haus in Offenbach erworben, das Sophie später liebevoll “Grillenhütte” nannte.

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Frank La Roche war der Aufenthalt in Offenbach wohl empfohlen worden und wahrscheinlich wollte er auch der Familie seiner Tochter näher sein. Über die Schicksalsschläge, die Sophie zu Beginn ihrer Offenbacher Zeit trafen wurde oben schon

berichtet.

1784 bricht Sophie auf die immer wieder verschobene Reise in die Schweiz auf. Auch ihr Sohn Franz ist dabei. Als Verfasserin der Sternheim und dann Herausgeberin der Pomona hatte Sophie ja auch eine Berühmtheit erlangt und wen sie auf ihren Reisen traf,

das liest sich fast wie ein “who’s who” der damaligen Zeit.

Die Reise führte über Schaffhausen nach  Zürich und dann nach Bern.In Zürich traf sie Horace Bénédict de Saussure, der 1787 die erste wissenschaftliche Besteigung des Mont Blanc unternahm. Sie lernte Johann Heinrich Füssli kennen, den

schweizerisch-englischen Maler und Publizisten; Johann Georg Schulthess, den Schweizer Theologen, der schon mit Wieland befreundet war dann Leonhard Usteri , der Professor für hebräische Sprachen war. Nächste Stationen waren dann Luzern, Lausanne und

Genf.In Lausanne war Guillaume-Thomas François Raynal zugegen. Er war einer der meistgelesenen französischen Autoren der Spätaufklärung.Seine “Geschichtezweier Indien” war in Frankreich vom Parlament verboten worden und sogar vom Henker auf dem

Scheiterhaufen verbrannt. Da er in Frankreich bedroht worden war und er sich dort nicht mehr sicher fühlte, hielt er sich zu derzeit in  der Schweiz auf. Sein Landsmann Louis-Sébastien Mercier war mit dabei. Er hatte einen utopischen Roman geschrieben “2440”,

aber auch Theaterstücke oder das “Tableau de Paris”, eine Stadtbeschreibung von Paris.

In Lausanne traf sie auch auf den Schweizer  Arzt Simon  Auguste André David Tissot und Edward Gibbon, den englischen Historiker der Aufklärung. Sein wichtigstes Werk war eine Geschichte Roms. Bei einem Spaziergang in Lausanne traf  Sophie Mademoiselle

Necker, die spätere Madame de Stael.

In Genf besuchte Sophie verschiedene Malerinnen, die damals Berühmtheiten waren. Von Genf aus besuchte Sophie Fernay  “um die Überreste des Wohnsitzes von Voltaire zu sehen” ( Tagebuch einer Reise durch die Schweitz S. 233) Sophie hatte Voltaire in Mainz

gelesen und oben wurde ja schon ausgeführt, dass Graf von Stadion Voltaire auf seiner Kavalierstour kennengelernt hat und auch Wieland Voltaire gelesen hatte. Sophie scheint dagegen kritische Distanz gehalten zu haben. Das zeigt auch schön in der Schilderung

von Voltaires Garten. Da schreibt sie “In dem Garten, in welchen man von dem artigen Saal komt, ist eben so viel Unkraut wie in seinen Schriften, und die schönsten Anlagen in dem fruchtbarsten Boden.” (ebd. S. 239)

Ganz anders dagegen die Schilderung von Vevey, das sie kurz später besuchte besucht.Denn das ist die Stadt, die Rousseau nun wörtlich “welche dieser außerordentliche Mann zum Schauplaz alle der hinreißenden Auftritte wählte, welche in dieser Geschichte

(Nouvelle Heloise) vorkommen.” (ebd. S.313). Touristischer Höhepunkt ihrer ersten Schweizreise war ein Abstecher nach Chamonix und von dort unternahm sie einen Ausflug ins Mont Blanc Massiv. Wie ihr  von ihren savojardischen Reiseführer die

ältesten “sagten, dass ich die erste teutsche Frau sey, welche sie zu Chamoni und bey dem Eis gesehen”. (ebd. S 262)Sie war auf dem Montanvert und hatte von dort beste Sicht auf den Mont Blanc, kam zum Arveron, durchlebte ein heftiges Gewitter

und beschreibt dies sehr anschaulich. Zurück gings dann von Lausanne aus wieder über Murten nach Bern, wo sie den gesamten Bekanntenkreis von Wieland nochmals sah. Den Abschluss ihrer Reise bildete Basel. Dort besuchte sie Jakob Sarasin, der ähnlich wie sie

selbst ein dichtes Netz von Bekanntschaften und Freundschaften mit vielen Vertretern der Aufklärung und des Sturm und Drang pflegte. Auch Sophie gehörte zu diesem Netz.

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Ihre erste Schweizer Reise hatte nicht mehr den großen publizistischen Erfolg wie Pomona, ganz zu schweigen von dem Fräulein Sternheim. Sie schreibt noch wie vor zwanzig Jahren. An den Veränderungen der aufkommenden Klassik nimmt sie nicht teil oder lehnt

sie ab. Man schätzt nun eine neue Natürlichkeit. Manche empfinden ihre Prosa aber auch ihre Lebensform als maniriert oder gekünstelt so wie Goethe zum Beispiel in einem Brief an Schiller “Es ist schrecklich was eine bloße Manier durch Zeit und Jahre immer

leerer und unerträglicher wird”  (Frankfurt am 12.und 14.8 1797). Auch die Weimarer Herzogin Amalia empfand das so und sprach von “Fühlen à la Roche” (Briefe an und von  Johann Heinrich Merck, Aus den Handschriften hsg. von Karl Wagner, Darmstadt 1838,

S.164) Aber sie kann sich ihre Auslandsaufenthalte über den Verkauf der verkauften Journale zum Teil selbst finanzieren. Ihre Erlebnisse vermarktet sie geschickt. Sie reiste allein als Begleitung wohlhabender Freunde,die Reisen mitfinanzierten und ihr

darüber hinaus Schutz boten. Nach ihrer ersten Schweizer reiste sie mit Elise von Bethmann nach Frankreich. Über Straßburg, wo sie wieder ihren Sohn zusammen mit Pfeffel trifft, geht es nach Paris. Dort erlebte sie einen Auftritt Ludwigs XV. anlässlich

der Geburt eines Prinzen. Etwas später erlebte sie auch den Einzug Marie Antoinettes in Paris und dabei sah sie auch den Kontrast zum König. Bei Ludwig jubelte das Volk. Bei Marie Antoinette schwieg es.

Rousseaus Grab besuchte Sophie auch und wie schon in ihrer Schweizer Reise zeigt sie ihre große Verehrung für Rousseau. “Ich nahm Gras und Blümgen mit, welche zu seinem Haupt aufgewachsen waren; möge es eben so leicht werden, das Gute aus seinen

Schriften zu sammeln.”(Journal einer Reise durch Frankreich, S.223) Sie besuchten Nordfrankreich, kamen nach Bordeaux, wo der Vater ihrer Reisebegleiterin Elise Konsul war. Sie besuchte das Schloss Brede und war dort in der Bibliothek von

Montesquieu. (ebd. S. 289) Sie war in Orléans und in Blois. Die Reise dauerte von März bis Juli. Dass Sophie se sich leisten konnte über Monate von der Familie abwesend zu sein, zeugt ebenso wie ihre Schriftstellerei von ihrer Selbstständigkeit und Unabhängigkeit.

Schon im nächsten Jahr reiste sie mit der Freiin von Erthal nach Holland und von dort weiter nach England. Diesmal startete sie in Bingen. Dort traf sie ihren Sohn Karl. Als sie dann an Lahnstein vorbeikam, weckte das natürlich zwiespältige Gefühle.

“-Obschon Lahnstein, und die die Thürme von der Vestung zu Coblenz tausend schlummernde, unangenehme Ideen weckten, welche durch den Anblick des neuen churfürstlichen Pallastes an dem Ufer des Rheins doppelt lebhhaft wurden…”

(Tagebuch einer Reise durch Holland und England, Offenbach 2. Auflage 1791, S.30)Die Reise ging über Nimwegen, Amsterdam. In Leiden besuchte sie das Grab von Voerhave, der an der dortigen Universität der Lehrer von Sophies Vater war.

“Ich gieng, als Tochter eines verdienstvollen Vaters und Verehrers von Voerhave, wirklich mit Andacht dahin,..” (ebd. S.148) Weiter ging es nach Harwich. Als sie nach einer stürmischen Überfahrt, bei der so mancher seekrank geworden war,bei

Harwich die englische Küste sah empfand sie tiefe Freude oder wie sie selbst schreibt “Schon der Gedanke: Du siehst England (im Text gesperrt gedruckt) machte mich mit Freud beben.. denn ich bekenne Bücher und Reisen (gesperrt) waren immer

für mich die einzige Glückseligkeit dieses Lebens. Besonders England…-war immer ein Punkt, nach welchem meine ganze Seele begierig war; (ebd. S. 183). In London hatte ihr Herr Hurter, der Agent des Markgrafen von Baden und alter Freund von Frank von Laroche

das Quartier besorgt. Er “ nahm sie dann auch in die Kost” (S.203) und begleitete sie an “merkwürdige Orte”so in eine Fabrik für mathematische und physikalische Instrumente. Die Abende wurden meist mit Theaterstücken verbracht. In London traf sie bald

versehen mit einem Empfehlungsschreiben von Sarasin den Grafen Cagliostro, einen Alchimisten, Wunderheiler und Hochstapler, der durch Europa reist und viele Bewunderer hatte. Aufgrund der Empfehlungsbriefe “konnte (sie sich) also seine Bekanntschaft

versprechen, nach welcher, ich bekenne es, ich sehr neugierig war, indem das Leben, die Handlungen, die Freunde und das Schicksal diesen Mann merkwürdig gemacht haben.” (ebd. S. 283). Sie staunt über die breiten Straßen Londons und die vielen Menschen, die

abends noch unterwegs sind. “Man trift bis 11 Uhr Nachts immer so viele Menschen auf dieser Straße an, wie in Frankfurt während der Messe; “(ebd. S. 293). Sie trifft auch Madame La Fitte. Sie hatte das Fräulein von Sternheim ins Englische übersetzt, aber auch

Lavaters Physionomik. außerdem hatte sie eigene Schriften verfasst. Über Madame La Fitte lernt sie auch andere Persönlichkeiten der englischen Gesellschaft kennen, so Madame Fielding, die Oberhofmeisterin der königlichen Prinzessinnen war.Stark beeindruckt

hatte sie Warren Hastings, der von 1773 bis 1785 Generalgouverneur von Ostindien war. Höhepunkt ihrer Englandreise war sicher der Empfang durch die englische Königin Charlotte von England, die aus dem Haus Mecklenburg-Strelitz stammte. Ihr Mann

Georg wurde als Georg III. englischer König und war der dritte englische König, der aus dem Haus Hannover stammte, aber der erste, der in England geboren wurde. Die ganze Königsfamilie sprach deutsch mit Sophie. Die Königin machte ihre Komplimente:

“Sie sagte mir gütevoll ihre Zufriedenheit, mich persönlich zu kennen, und dass sie Gutes von mir und meiner Feder denke.-“ (ebd. S. 394) Auch an Sophies Gatten wurde erinnert. “ Es wurde sehr gnädig nach eurem Vater gefragt; ich sagte unter anderem, Er

würde sich über das Glück freuen, so ich hätte, Ihro Majestät die Königin zu sehen..” (ebd. S. 394) Nach einem Aufenthalt von über einem Monat in London kehrte sie nach Deutschland zurück. In Calais trennte sie sich von ihrem Sohn.

Über Brüssel und Köln reiste sie nach Hause  Carl fuhr nach Paris weiter. Nach dem England “abgehakt” war, war noch ein Herzenswunsch offen: Italien und warum das nicht verknüpfen und Wieland wieder sehen? Sie schrieb am 30. Mai 1788 an ihn

“Warum geht alle Welt nach Italien und warum Sie nicht… machen Sie die Reise dahin mit mir-auf einen Winter” (zitiert nach Ludmilla Assing, Sophie von La Roche,die Freundin Wielands,Berlin 1859 S.290 f). Darauf ging Wieland nicht ein.

Dann starb Frank La Roche. Einerseits aufrichtig von Sophie betrauert. In Ihrem Nachlass fand man einen Schattenriss von ihr, auf den ihr Mann  eigenhändig geschrieben hatte: ”Sophia von La Roche, geborene von Gutermann zu Gutershofen

sophie

geboren den 6. Dezember 1731, vermählt mit mir den 27. Dezember 1753. schön von Gestalt, edlen Anstandes, glänzend an Tugend und Wissenschaften, die beste Gattin und Mutter, die wärmste Freundin, die gutthätigste Menschenseele, mit

ausgebildetem männliche Verstand, dabei anspruchslos und bescheiden. Geschrieben und gezeichnet 1775 den 28. Juli.” (zitiert nach Assing, S. 294)

Sie analysiert ihre neue Situation und erkennt auch die Chancen , die in diesem Schicksalsschlag lagen. “Doch das beste, was auch den Verändrungen,welche unter Lebenden vorgehen, und der, welche der Tod hervorbringen wird, entstehen kann,

ist meine Freiheit, nach meinem Charakter zu leben, in der Tat nach ihm zu leben, wie bisher nur mit meiner Feder geschehen konnte” in einem Brief an Gräfin Elise zu Solms-Laubach, ihre wichtigste Briefpartnerin ihrer Offenbach Zeit vom 9.9. 1788

(Maurer, Lebensbild in Briefen S. 311) Und zwei Monate später schreibt sie ebenfalls an diesselbe Empfängerin, dass sie entschlossen ist, “ die teuer erkaufte Freiheit zu edlem Genuß meiner übrigen Tage (ebd. s. 312).

Die geplante Italienreise wird in Angriff genommen. In Begleitung ihres Sohnes Fritz und dessen Gemahlin Elsy reisen sie. Die Reise geht aber nur bis nach Genf. Dort lässt sie Sohn und Schwiegertochter allein reisen. Sie sorgt sich um ihren Lieblingssohn,

zwar unbegründet, aber sie bricht die Reise ab und kehrt nach Offenbach zurück. 1790 unternimmt sie wegen ihrer Gesundheit eine Kur in Driburg und Pyrmont. Aber 1791 stirbt ihr Lieblingssohn ganz plötzlich mit nur 23 Jahren.

Da war die Katastrophe ihres Lebens, die sie trotz ihrer Tatkraft und optimistischen Weltsicht nie verwand. Wolfgang Adam bemerkt dazu: “Es ist nicht übertrieben,wenn man die letzten beiden Lebensdezennien als Trauerjahre um den geliebten Sohn

bezeichnet” (in Die Schweizer Reisen der Sophie von La Roche im Sammelband Helvetien und Deutschland: kulturelle Beziehungen zwischen der Schweiz und Deutschland 1770-1830, S.51)

Frau von Steinberg, eine ihr “innig ergebene” Frau (Assing S. 302) forderte sie auf, sie auf einer Reise nach Lausanne zu begleiten, um sie etwas zu zerstreuen. Auch ihre Töchter redeten ihr zu, auf diesen Vorschlag einzugehen. Das war sicher sehr

gut gemeint, aber wahrscheinlich nicht sehr hilfreich. Schon die erste Seite drückt nur Schmerz aus “Erinnerungen aus meiner dritten Schweizer Reise. Meinem verwundeten Herzen zur Linderung. Vielleicht auch mancher trauernden Seele zum Trost geschrieben.

Von Sophie Wittwe von La Roche. und im Vorwort schreibt sie: “Meine geliebten Töchter, Brentano und Möhn, wünschten, dass ich diese Reise mit der Frau von Steinberg machen möchte. Es däuchte meine übrigen Kinder, eine Art heilenden Balsams, für

mein durch den frühen Tod meines schätzbaren Sohnes Franz Wilhelm zu seyn.  Schönheit und Größe der Natur solten mich trösten und stärken, Freunde mich zerstreuen: aber liebe Kinder! so war es nicht..” (S.1) Alles erinnerte sie an ihren geliebten Sohn.

Aber sie wollte ihre Mitreisenden nicht mit ihrer Trauer belästigen, zumal Frau von Steinberg ihren Sohn zu einem Arzt bringen  wollte. Und diese Pflichtübung half ihr auch selbst weiter. In Paris hatte Ludwig XVI. gerade den Eid auf die neue Verfassung

abgelegt. Das wurde auch in Straßburg mit einem großen Fest gefeiert gerade als Sophie mit ihrer Reisegruppe in Straßburg ankam. Obwohl ihr nicht der Sinn nach Feiern stand ging sie mit Freunden mit. Auf dem Weg nach Basel begegnete sie vielen

Kutschen mit vornehmen Emigranten aus Frankreich, die es angesichts der unsicheren Lage vorzogen Frankreich zu verlassen. In Basel traf sie Jakob Sarasin wieder, dessen Frau mittlerweile auch gestorben war. Wo sie auch war, war natürlich Frankreich das

Thema. 1792 verließen sie ihr Reiseziel Lausanne wieder, um nach Deutschland zurück zu kehren.

Im November 1793 starb dann auch noch ihre Tochter Maximiliane. Sophie nahm ihre Enkelinnen Bettina, Loulon und Meline zu sich. Auch den Sohn ihrer Freundin Elise von Bethmann nahm sie bei sich auf. Luises Mann war inzwischen auch verstorben.

Sie wohnte inzwischen auch wieder bei der Mutter in Offenbach.

Im öffentlichen Bereich aber war, wir haben es schon bei der dritten Schweizreise gesehen, Frankreich das beherrschende Thema. Die Revolution in Frankreich erschreckte Sophie. Sie war im Verlauf dann auch ganz persönlich betroffen.

Ab 1793 bis Oktober 1794 eroberte das revolutionäre Frankreich die linksrheinischen Gebiete, die  Napoleon 1801 annektierte. Infolge der Besetzung entfiel Sophies Anspruch auf Witwenversorgung. Jetzt war das Einkommen aus der Schriftstellerei

wirklich die einzige Verdienstmöglichkeit für die Familie. Und Sophie schrieb unermüdlich weiter.Auch unmittelbare Kriegsfolgen waren zu ertragen. Im Zuge des 1. Koalitionskrieg, in dem Österreich, Preussen und einige kleinere deutsche Staaten

gegen das revolutionäre Frankreich vorgingen, hatte Österreich die Rheinflotille aufgebaut. Deren Kanonenboote sollten  Rhein, Mosel und Main  zwischen Mannheim, Frankfurt und Koblenz beherrschen. Im Mai 1796 legte die Flotte bei Offenbach an

und es gab zahlreiche Einquariertungen. Im Juli belagerten die Franzosen Frankfurt. Kaufleute schickten ihre Waren fort. Wertgegenstände wollte man verbergen. Goethe rief seine Mutter zu sich nach Weimar. Sie blieb aber in Frankfurt.

Als die Franzosen dann Frankfurt beschossen, flüchtete Goethes Mutter zu Sophie nach Offenbach. Nach ein paar Tagen war die Gefahr vorüber und sie konnte nach Frankfurt zurückkehren.

Die Zeiten waren sehr unsicher geworden und erst 1799 konnte sich Sophie wieder auf Reisen begeben: Wieland hatte 1797 sein Gut in Oßmannstedt erworben und Sophie eingeladen, ihn zu besuchen. Ihr Sohn Karl, der bei Magdeburg lebte hatte sie schon

vorher zu sich eingeladen. Und so ließ sich das gut verbinden. Sie wurde von ihrer ältesten Enkelin Sophie Brentano begleitet. Ihre Erlebnisse hielt sie fest in “Schattenrisse abgeschiedener Stunden in Offenbach,Weimar und Schönebeck im Jahre

1799” (Leipzig 1800)Im Mai schreibt sie “und jede Minute nähert mich dem Tage, an welchem ich die schönste Reise antreten werde, um einen schätzbaren Sohn und seine Familie zu besuchen, und Wieland (im Text gesperrt), den edelsten

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Freund meiner Jugend, in dem Cirkel einer Kinder, an der Seite seiner würdigen Frau… (S.6/7) Die Abfahrt hatte sich wegen einer schweren Erkrankung Luises verzögert, aber am 11. Juli konnte die Reise begonnen werden. Am 15. Juli

traf sie glücklich in Oßmannstedt ein. Wie jeden Abend beschloss Wieland seinen Tagesablauf mit einem Klavierspiel und Sophie erinnerte sich, dass sie ihn schon vor 49 Jahren in Biberach belauscht hatte. Sophie beschreibt dann

das Landgut- durchaus so, wie man es noch heute vorfindet. Vor allem imponiert ihr die Lindenallee, die auch heute noch ein Schmuckstück des Gutes ist.Sie beschreibt Wielands Bibliothek “ in Wielands Büchersammlung findet man von jedem Gelehrten alter und

neuer Zeit auch das vollkommenste Werk schöner Kenntnisihres Geistes” (S.49). Ein paar Tage später war sie mit Wieland zu Gast bei Herzogin Anna Amalia in Tieffurth. Auch Goethe war zugegen. Sie war im englischen Garten von Tieffurth unterwegs. Goethe

besuchte Wieland auch in Oßmannstedt. Das Gespräch zwischen Goethe und Wieland beeindruckte sie sehr, auch weil es ganz einfach, ohne Starallüren vonstatten ging. “mir war äußerst schätzbar, ihn (Goethe) und Wieland wie zwey Verbündete Genies, ohne

Prunk und Erwartung,mit dem vertraulichen D u der großen Alten sprechen zu hören..” (S. 58). Der Gegenbesuch fand bald im Hause Goethes in Weimar statt (Am Frauenplan).

Sophie fühlt sich in “eine römische Villa” (S.61) versetzt, bewundert das an der Tür angebrachte

Salve! noch heute auf Fussabstreifer gedrucktes und viel verkauftes Souvenir im Goethehaus. Abends waren sie zu einer Feier im Park von Weimar geladen. Dort traf sie auch Herder. Der besuchte sie auch mit seiner Frau in Oßmannstedt. Dort lernt sie auch

Jean Paul Richter kennen. Danach folgten einige Tage der Ruhe. Zufällig war Sophie auch zugegen, als Wieland “als Landmann dieser Gemeine aufgenommen wurde” (S. 87). Dann ging dieser, wenn man den “Schattenriesen” glauben darf, so wohltuende

Aufenthalt für Sophie zu Sende. Ihr Sohn kam, um sie abzuholen, weil sie ihn ja in Schönebeck besuchen sollte. Die Rückreise führte nochmals über Weimar. Dort verbrachte sie nochmals einige Tage bei Wieland. Über Jena ging es dann nach Offenbach

zurück. In Jena stieß Clemens von Brentano zur kleinen Reisegruppe. Er studierte in Jena. Von  da ab unternahm Sophie keine Reisen mehr.

Die Weimarer Gesellschaft reagierte anders als Sophie begeisterte Schilderung vermuten ließe. Dass Sophie als nicht mehr in galt, wurde schon oben angeführt. Kurz vor ihrem Aufenthalt in Weimar sagt Goethe in einem Brief an Schiller  (24.7.1799)

“sie gehört zu den nivellierenden Naturen sie hebt das Gemeine herauf und zieht das Vorzügliche herunter und richtet das Ganze alsdenn mit ihrer Sauce, zu beliebigem Genuss an. Übrigens möchte man sagen dass ihre Unterhaltung interessante Stellen hat.”

(Schillers Werke. Nationalausgabe 38.I.Briefwechsel. Briefe an Schiller 1.11. 1798-31.12.1800 Hrsg. von Liselotte Blumenthal. Weimar 1975. S. 126).

Sophie von Brentano kam mit der Jugendliebe ihrer Großmutter bestens klar. Dagegen hatte Wieland mit seiner ehemaligen Verlobten doch Probleme. Ihre langatmige Sentimentalität fand er einfach nur ermüdend. Das erinnert an das oben von Goethe an

Schiller zitierte Urteil. Ganz anders die Enkelin. Sie strahlte einen Liebreiz aus, der bald Wielands Herz eroberte. und sie empfand Wieland als väterlichen Freund, dem sie sich anvertrauen konnte. Beide  verband eine zärtliche Neigung. Daraus erwuchs tiefes

Vertrauen, was zu langen Unterhaltungen führte. Wieland arbeitete damals an seinem Aristipp, was oft Gesprächsgegenstand war. Wieland bewunderte Sophie von Brentanos klaren Verstand, der ihr nach seiner Meinung einen so großen Vorzug

vor den meisten ihres Geschlechts gegeben habe. Der erste Aufenthalt dauerte ja nur 4 Wochen. Sophie und der Dichter blieben aber in Briefkontakt. Und im Juli 1800 kehrte Sophie von Brentano allein nach Oßmannstedt zurück. Es folgten wenige

idyllische Tage. Wielands Sekretär Samuel Christoph Abraham Lütkemüller schreibt dazu in seinen Erinnerungen “Wieland liebte Sophie Brentano zugleich als seine Tochter und Freundin, und sie wirkte auf seinen Aristipp als eine Muse und Grazie”

(zitiert nach Thomas C. Starnes in Wissen, Erzählen, Tradition, Wielands Spätwerk, Berlin 2010, S. 369) Und Wieland schrieb an seinen Freund Karl August Böttiger: “Wenn die liebenswürdige Sofie Brentano nicht wäre, so weiß ich nicht,

was aus meinem allmählich verglühenden Lämpchen werden könnte.” (ebd.S.369). Schon einen Monat später wurde Sophie von einem heftigen Nervenleiden ergriffen, an dem sie in 16 Tagen am 19. September 1800 auf Gut Oßmannstedt verstarb.

Sie wurde im Park direkt an der Ilm bestattet. Nur ein Jahr später starb Wielands Frau. Sie wurde neben Sophie begraben und auch Wieland fand dort seine letzte Ruhestätte. Auf dem Grab steht ein Obelisk, der die Inschrift trägt:

“Liebe und Freundschaft umschlang die verwandten Seelen im Leben, und ihr Sterbliches deckt dieser gemeinsame Stein”

Auf ein Werk soll noch eingegangen werden. Das eine ist “Mein Schreibetisch”, das in zwei Bänden 1799 erschien. Darin beschreibt sie in einer Art “Listenpoesie” alle ihre Gegenstände an ihrem Arbeitsplatz, alle Bücher ihrer Bibliothek.

Das wird verbunden mit Stationen ihres Lebens und Personen, die ihr wichtig waren. Und sie erklärt eingangs warum ihr dieser Schreibtisch so wertvoll ist. “Denken Sie dabey, dass neben diesen schätzbaren Eigenschaften auf dem wirklich etwas plumpen Tisch,

der für mein Herz sehr hohe Wert liegt, aus Holz von der gräflich stadionschen Waldung, der in meinem Vaterland liegenden Herrschaft Warthausen, verfertigt zu seyn, welches ich allen Cedern des Libanon, den Indischen Rosen-Atlas-Sandel-

Eben-und Mahagonnyholz vorziehe,” … und kurz danach weiter ” Der große weise Graf von Stadion und mein guter Mann hatten auch so viel Achtung für meine, zu diesem Tische, gefaßte Liebe, daß er 1754 mit nach Maynz kam, so wie 1760 mich wieder

nach Warthausen, 1770 nach Coblenz, 1786 nach Heimbach und 1796 nach Bönnigheim, begleitete (Mein Schreibetisch,erstes Bändchen, Leipzig 1799, S. 9/10)Sie schreibt dann weiter, dass sie an diesem Tisch seit 45 Jahre Briefe ihrer Freunde gelesen

hat, diese beantwortet hat, dass sie an diesem Tisch Englisch gelernt hat. Sie erzählt, dass sich Wieland an diesen Tisch gelehnt hat, wenn er nach Warthausen gekommen ist und dort Fragmente seiner Werke vorlas. (S.12) Sie beschreibt die Aussicht von

Schloss Warthausen. Sie erzählt dass sie sich oft in der Bibliothek aufhielt, wo sie “so oft einen der größten Staatsmänner Deutschlands, mit einem unserer größten Dichter (Wieland) über alle Gegenstände der alten und neuen Welt sprechen hörte…”

(S. 16). Dazu sei angemerkt, dass die Wände der Stadionschen Bibliothek (siehe dazu auch Blog Die Familie Stadion) mit verschieden Hölzern aus den Stadionschen Wäldern getäfelt ist, ohne Nägel, ein Zeugnis hoher handwerklicher Tischlerkunst.

Sophie bemerkt dann, dass dies in einer Zeit war, “in welcher Wielands Genius seine Fittiche ganz entfaltete” (S. 16)Und sie führt den “Agathon” an, der damals entstand und dass die Erstausgabe des Musarion in Warthausen datiert war.

Dann erwähnt sie selbst ein kleines schmales Brettchen anbrachte und zählt auf, welche Bücher darauf stehen. Sie beschreibt Bilder, die zu sehen sind, Tischbeins Eigenporträt, dass dieser selbst ihrem Mann zum Andenken gegeben hatte, weil dieser

den Maler mit dem Grafen von Stadion bekannt gemacht hatte, der ihm dann als Mäzen seine Ausbildung ermöglichte und so erst seinen beruflichen Aufstieg ermöglichte.Auch Skizzen ihres Sohnes Franz sind darunter. Erinnerungen an ihre

Reisen werden wachgerufen.

Sophies letztes Werk  “Melusines Sommerabende” begleitete uns den ganzen Blog über.

Etwas anstrengend fand ich die Lektüre von Das Fräulein Sternheim. Es ist so wohl vom Stil als vom Thema her im Jahre 2013 schwer verdaulich und eher zeithistorisch interessant. Nach wie vor lesenswert obwohl oder gerade

weil mehr als 200 Jahre dazwischen liegen durchaus fesselnd, sind die Reisebeschreibungen von Sophie von La Roche. sie sind kulturhistorisch noch gar nicht ausgewertet, aber sicherlich eine sehr gute Quelle zu den damals besuchten

Reisezielen. Ich habe das auch so für Weimar und Oßmennstedt empfunden. Im Oktober dieses Jahres war ich dort und habe die Lektüre der “Schattenrisse” als durchaus aktuell erlebt. Das Wielandgut ist

in Sophies Beschreibung  fast unverändert zu erkennen und fast schmunzelnd habe ich den Besuch bei Goethe gelesen.

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Kommentare (3)

  1. Tim Schulz

    Recht vielen Dank für den hilfreichen Post! Sehr schön Blog.

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  2. Burkhard T. Abel

    Komplimente für Ihre sorgfältige Lebensbeschreibung der SvLR!

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    1. U. Schweizer

      Danke für die ausführliche Arbeit. Nur schade, dass so viele Sätze irgendwie nicht stimmig sind. Mir schien fast, ob nicht Teile von Sätzen fehlen. Und warum die komischen Absätze?

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